Begriffserklärung Fahrwerkseinstellung

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Moin moin,

hier mal was für Anfänger der Fahrwerkskunst. Überall steht SAG oder HSC oder LSC oder oder oder, aber was heißt das eigentlich. Da ich sowas hier noch nicht gefunden habe öffne ich hier mal ein Thread der sich mit der Begriffserklärung der Fahrwerkskunst beschäftigt. Habe hier schon mal eine meiner Meinung nach für den Anfang ganz gute Zusammenstellung gefunden. Ich bitte um rege Teilnahme und Verbesserung falls was nicht stimmt.
Viel Spaß

1. Federung/Feder
Die Federung oder Feder ist ein Medium, was bei Druck nachgibt. Das kann eine Stahl-/Titanfeder oder eine geschlossene Luftkammer sein. Früher (oder bei Dämpfern als Anschlagpuffer) kommen auch noch Elastomere (Kunststoff-Elemente) zur Verwendung.

1.1. Federhärte
Die Federhärte ist dann eine Größe, die die Stärke der Feder angibt. Je größer die Federhärte - meist in LBS/Inch ("Pfunde pro Zoll") bei Stahl-/Titanfedern und in PSI ("Pfunde pro Quadratzoll) bei Luftfedern angegeben -, desto mehr Kraft/Gewicht ist nötig, um die Feder zusammen zu drücken.

Im Falle der Luftfeder unterscheidet man zudem noch:

2.1. Positiv-Luftkammer
Das ist die Luftkammer, die beim Einfedern zusammengedrückt wird. Das erzeugt dann den zunehmenden Widerstand.

Kleines Detail: Zwar ist mittlerweile die Federung von der Dämpfung in einer Gabel rohrweise getrennt, doch auch das Luftvolumen über dem Dämpfungsöl in der Dämpfungsseite der Gabel ist meistens im Prinzip eine Positiv-Luftkammer, die aber nicht unbedingt verändert werden kann und somit nicht "gezählt" wird.

2.2. Negativ-Luftkammer
Diese Luftkammer wird auseinandergezogen, wenn die Gabel einfedert. Bei manchen Gabeln kann man sie getrennt zur Positiv-Luftkammer einstellen, meistens stellt man sie aber automatisch mit der Positiv-Luftkammer ein, ohne es zu bemerken.
Diese Luftkammer hat nur eine einzige Funktion: Das Losbrechmoment (d. h. die Kraft, die nötig ist, damit man die Gabel überhaupt zum "Bewegen" bringt) soll verringert werden.

Einfachste Erklärung: In der Positiv-Luftkammer (siehe 1.2.) ist ein Überdruck. Gegen ihn zu drücken ist so, als würde man bei einem im Wasser befindlichen Auto die Türe öffnen wollen. Es geht nicht.
Macht man den "Druckausgleich" (lässt das Auto volllaufen), kann man die Türe öffnen. Für diesen Druckausgleich sorgt die Negativ-Luftkammer.

2.3. SAG
Als SAG bezeichnet man den Federweg, den man schon nutzt, wenn man nur auf dem Rad draufsitzt. Der ist natürlich je nach Belieben, sollte aber im DH etwa 25-35% betragen.
Hat man zu wenig SAG, ist die Feder zu hart, man braucht eine Weichere.
Hat man zu viel SAG, ist die Feder zu weich, man braucht eine Härtere.
Ja, so einfach ist das!
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3. Dämpfung
Die Dämpfung ist das Wichtigste. Ohne Dämpfung keine "echte Federung"!

Grund: Drückt man eine Feder (siehe A) zusammen und lässt sie dann los, schnellt sie ungebremst zurück und knallt einem regelrecht entgegen. Das möchte man nicht!

Also muss etwas her, was die Ausfedergeschwindigkeit abbremst. Das passiert immer über Reibung. Meistens, indem Öl durch kleine Öffnungen gedrückt wird, die eine variable Größe haben. Die Abstimmung der Dämpfung erfolgt also über die Größe der Öffnungen (Plattform-Dämpfungen ausgenommen).
Je "mehr" Dämpfung man hat, desto kleiner werden die Öffnungen und desto langsamer federt das Element ein oder aus.

Man unterscheidet dabei folgende Einstellungen:

1. Zugstufe/Rebound
Der wichtigste Teil der Dämpfung, da dieser Teil dafür zuständig ist, die zusammengedrückte Feder kontrolliert durch Reibung wieder ausfedern zu lassen. Zwar unterscheidet man auch hier High- und Low-speed-Rebound, aber grade Low-speed tritt beim Fahrrad eher selten auf. Hier der Grund:

1.1. Low-speed-ReboundBeschreibt ein langames Ausfedern. Das tritt nur ein, wenn der Druck auf die Feder langsam nachlässt. Dies ist der Fall, wenn man z. B. aus einer längeren Kurve oder einem weiten Anlieger wieder herausfährt oder man über eine länger gezogene Kuppe fährt. Das Federelement federt langsam aus. Beim Biken und speziell im FR und DH tritt dieser Fall aber eher selten ein.

1.2. High-speed-ReboundBei den meisten Federelementen kennt man diese Einstellung als "Rebound" oder eben "Zugstufe". Es geht um einen Ausfedervorgang, wenn das Federelement wieder entlastet wird. Hier bestimmt lediglich die Federhärte die Geschwindigkeit in der das passiert. Daher muss man die Zugstufe auch erst NACH Auswählen der richtigen Federhärte einstellen!

Für den Großteil aller Fahrer ist es am Besten, wenn das Federelement so schnell wie möglich ausfedert, ohne nachzuwippen (beim Drauf-sitzen-bleiben) oder anzuschlagen (beim plötzlichen Loslassen). Man nennt diesen Fall "Aperiodischen Grenzfall" - aber das geht schon weit in die Schul-Physik.

Punkt ist: Man möchte, dass nach dem Einfedern über dem Hindernis, das Federelement möglichst schnell wieder in die "Normal-Position" (SAG) zurückfährt, um aufs nächste Hindernis vorbereitet zu sein.

Hat man zu viel Zugstufe eingestellt, ist das Federelement noch nicht ganz in die Normal-Position zurückgekehrt => es steht nicht der volle Federweg beim nächsten Hindernis zur Verfügung.
Hat man zu wenig Zugstufe eingestellt, ist das Federelement über die "Normal-Position" hinausgeschossen und es steht zu viel Federweg beim nächsten Hindernis zur Verfügung, was zur Folge hat, dass beim 2. Ausfedern das Federelement NOCH MEHR über die "Normal-Position" hinausschießt, und so weiter und so fort.



2. Druckstufe/Compression
Damit wird die Dämpfung beschrieben, die aktiv ist, wenn das Federelement einfedert. Bei einfacheren Federelementen kann man diese Dämpfung nicht oder nur eingeschränkt einstellen. Bei hochwertigeren Elementen unterscheidet man dabei noch zwischen:


2.1. Low-speed Compression
Dabei geht es um den Einfedervorgang, der langsam abläuft. Das tritt ein z. B. beim Tretvorgang ("Wippen", "Nicken") oder auch beim Durchfahren von Senken und Bodenwellen bzw. Kuppen, aber auch beim Durchfahren von Kurven und Anliegern. Dabei ist es im Grunde genommen unerheblich, ob die Gabel viel oder wenig eintaucht. Es geht lediglich um die Geschwindigkeit des Einfedern.

2.2. High-speed Compression
Hierbei sind schnelle (meist kurz- bis mittelhubige) Einfedervorgänge gemeint. Diese hat man in Steinfeldern, Wurzelpassagen ("Waschbrettpiste", "Rüttelpiste"), aber auch bei Drops und/oder verpatzten Landungen. Das Federelement wird dabei ruckartig zusammengedrückt.
Auch hier ist es im Prinzip unerheblich, ob es nur wenige cm sind (Kopfsteinpflaster) oder der volle Federweg benötigt wird (Drop ins Flat)
 
Es gibt keinen Highspeedrebound. Der Rebound ist nur positionsabhängig. Was beim Vivid so genannt wird ist eine zusätzliche Bohrung auf den letzten mm Hub, die dafür sorgt, dass der Dämpfer schneller ausfedert, wenn er (fast) vollständig eingefedert wurde. Mit de HSR Einsteller kann man dann einstellen wie viel Widerstand dem Öl, dass durch diese Bohrung kommt, entgegengesetzt wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Rebound reagiert nicht auf unterschiedlich schnelle Schläge. Der dämpft nur die Kraft, die die Feder erzeugt, wenn sie entlastet wird.

Je weiter der Dämpfer im Federweg steht, desto höher die Kraft, desto schneller fließt das Öl. Aber der Begriff Highspeedrebound ist und bliebt falsch.
 
Der Rebound reagiert nicht auf unterschiedlich schnelle Schläge. Der dämpft nur die Kraft, die die Feder erzeugt, wenn sie entlastet wird.

Je weiter der Dämpfer im Federweg steht, desto höher die Kraft, desto schneller fließt das Öl. Aber der Begriff Highspeedrebound ist und bliebt falsch.
Beziehst du dich auf meinen zweiten Link oder pauschalisierst du die Aussage mit dem HSR?
 
Der Rebound reagiert nicht auf unterschiedlich schnelle Schläge. Der dämpft nur die Kraft, die die Feder erzeugt, wenn sie entlastet wird.

Je weiter der Dämpfer im Federweg steht, desto höher die Kraft, desto schneller fließt das Öl. Aber der Begriff Highspeedrebound ist und bliebt falsch.
Blödsinn, wurde aber schon zur genüge abgekaspert...
 
Sag ist keine Abkürzung wie HSC und wird deshalb nicht durchgängig großgeschrieben. Sag ist englisch für Senkung/Durchbiegung und bezeichnet hier das Einsinken der Standrohre/Kolbens unter dem statischen Gewicht des Fahrers. Sag ist ein Indikator für die richtige Federhärte/Luftdruck bzgl. des Fahrergewichts und kann als Anhaltspunkt zur Federwegsausnutzung dienen.

Der Druck in Luftkammern wird hierzulande in bar angegeben.
 
Du beschwerst dich gerade nicht wirklich über die Schreibweise von sag?

Drücke werden bei Dämpfern und Federgabeln immer noch üblicherweise in PSI angegeben bzw lbs/in. Da ist egal was hier üblich ist! Oder würdest du deinen Blutdruck auch in bar angeben? Mal davon abgesehen, dass bar auch ne "falsche" Einheit ist...
 
Blödsinn, wurde aber schon zur genüge abgekaspert...
Ein Shimstack funktioniert mechanisch / mathematisch gesehen nur Geschwindigkeitsabhänig.

Aber ganz so blödsinnig ist das nicht, denn:
Desto mehr der Dämpfer eingefedert ist => desto mehr Spannenergie => desto mehr Staudruck => desto schneller ist die Ausfederbewegung=> desto mehr Kraft kommt auf den Shimstack => desto mehr öffnet der Shimstack => desto mehr wird der Dämpfungskoeffizient gesenkt. Aber hat das Rad noch Bodenkontakt, wirkt das eigene Körpergewicht dem Staudruck entgegen => der Dämpfungskoffizient ist also etwas größer und der Dämpfer federt langsamer aus.
 
Das haben auch schon andere bemerkt.

Deshalb arbeitet man ja auch mit einem "pyramidenformig" gestapelten Shimstack.
Sprich, die Shims sind unterschiedlich groß und unterschiedlich dick.
Sie öffnen nach und nach bei verschiedenen Geschwindigkeiten.
 
Danke für die nützliche Begriffserklärung. Ein Frage zur hsc hab ich. Wenn ich schnell über viele kleine Wellen fahre und es sich anfühlt als ob die Gabel hart wäre, brauch ich dann mehr oder weniger hsc? Wenn ich das richtig verstehe mehr (also richtung hard drehen) weil zu schnell der Federweg verbraucht wurde oder?



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Kann genausogut sein, dass deine Gabel einfach scheisse anspricht oder die Gabel versackt und auf Block geht, weil der Rebound überdämpft ist.
 
Du beschwerst dich gerade nicht wirklich über die Schreibweise von sag?...
Wer beschwert sich denn. Ich weise nur darauf hin, dass sag eben kein Akronym wie z. B. HSC ist. Wenn das hier schon für dummies sein soll, denn sollte man mit den Ausdrücken nicht noch mehr Verwirrung stiften.
Drücke werden bei Dämpfern und Federgabeln immer noch üblicherweise in PSI angegeben bzw lbs/in. Da ist egal was hier üblich ist! Oder würdest du deinen Blutdruck auch in bar angeben? Mal davon abgesehen, dass bar auch ne "falsche" Einheit ist...
Das liegt daran, dass z. B. Fox und RS im Ursprungsland mit imperialen Masssystemen (inch/feet/yard/mile, pound, °F) arbeiten. Manitou, Suntour, Formula und DTSwiss geben in den Bedienungsanleitungen beispielsweise den Luftkammerdruck in bar für ein Fahrergewicht in kg und nicht nur psi für pound an.
Die meisten Europäer messen ihren Reifendruck nunmal in bar und kucken wie ein Maikäfer wenn's blitzt, wenn man denen was von psi erzählt.

BTW der Blutdruck wird in mmHg angegeben, was noch weniger Leute in einen Bezug setzen können.
 
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