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Getreu dem Motto "Zwei Juristen, drei Meinungen" finden sich zum Grundrecht auf Erholung in der freien Natur zahlreiche unterschiedliche Darstellungen. Entsprechend widersprechen sich Autoren oftmals auch noch selbst. Da wird es schwierig, bisweilen unmöglich, sich über die geltende Rechtslage in Bayern wie sie wirklich ist (nicht das was einige dafür halten oder sich wünschen) zu informieren.

Wie man den Begründungen zum Bayerischen Naturschutzgesetz 1973 und zur Novelle 2011 entnehmen kann, ging es dem Gesetzgeber bei der näheren Konkretisierung des in Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV gewährleisteten Grundrechts auf Erholung in der freien Natur um Rechtssicherheit und Rechtsfrieden aber auch um Bürger- und Anwenderfreundlichkeit. Daher sollte es dem einzelnen Erholungsuchenden bereits aus dem Gesetz heraus möglich sein, sich über Inhalt und Schranken seines Rechts zusammenfassend informieren zu können.

Es liegt in der Natur der Sache, dass unterschiedliche Darstellungen ein und der selben Rechtslage, der Rechtssicherheit, dem Rechtsfrieden, der Bürger- und auch der Anwenderfreundlichkeit nicht zuträglich sind bzw. diesen Zielen direkt entgegen stehen.

Derzeit müssen wir vereinzelt erfahren, dass die Ungewissheit über die Rechtslage darin mündet, dass die Schönheit der Bayerischen Landschaft zur Verwirklichung von Einzelinteressen mit unbeachtlichen Schildern verschandelt wird, die dem gewüschten Rechtsfrieden schaden und stattdessen Konflikte schüren, die das Bayerische Naturschutzgesetz selbst eigentlich schon befriedet hatte.

Ziel dieses Threads ist daher nicht weniger als die Rechtslage in Bayern, wie sie wirklich ist, darzustellen und damit zu Rechtssicherheit und Rechtsfrieden beizutragen bzw. diese wieder herzustellen.
Hierzu werde ich nach und nach Fundstücke und Artikel aus der Literatur, Studien oder auch Urteile etc. vorstellen und erläutern.

Bevor ich mit der Historie beginne, kann man im Artikel "Latentes Konfliktpotential unter Wegenutzern" von Curd Biederman einen Eindruck gewinnen warum die geltenden Regelungen in Bayern auf der einen Seite Konflikte zwischen Erholungsuchenden untereinander sowie auch im Verhältnis zu Grundeigentümern befrieden und auf der anderen Seite einen pfleglichen Umgang mit der Natur gewährleisten.

In einem Punkt muss ich Curd Biedermann allerdings widersprechen. Auch wenn das Grundrecht auf Erholung in der freien Natur aus der Schweiz inspiriert war, ist die Trailtoleranz keine schweizer Erfindung. Nach Art. 141 Abs. 3 Satz 1 der Bayerischen Verfassung stehen die verschiedenen Arten der Erholung in der Natur grundsätzlich gleichwertig nebeneinander, ohne dass eine bestimmte Rangordnung aufgestellt werden könnte (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.7.1979 – Vf. 10-VII-77 – VerfGHE 32, 92/98 f. und die aktuellen Urteile des VG München vom 21.02.2013, Az. M 11 K 12.4120 und des BayVGH vom 21.11.2013, Az. 14 BV 13.487). Unter der Schranke der Gemeinverträglichkeit enthält die Bayerische Verfassung die Trailtolerenz demnach schon seit 1946 als unmittelbar geltendes Recht.
 
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Beschäftigte sich der Artikel von Curd Biedermann gestern vorwiegend mit dem Verhältnis der Erholungsuchenden untereinander und erklärte weshalb es die ab und an zur Verfolgung von individuellen Interessen herbeibeschriebenen Konflikte tatsächlich eigentlich nicht gibt bzw. wie diese vereinzelt verhaltensbedingt durch Mißachtung des Gebots der gegenseitigen Rücksichtnahme (Art. 26 Abs. 2 Satz 3 BayNatSchG) durch Wanderer oder Radfahrer entstehen, so möchte ich mich heute dem historischen Verhältnis zu den Waldeignern und Grundbesitzern widmen.

Wie in kaum einem anderen Land, möchte ich meinen, bekennen sich die Wald- und Grundbesitzer zur Erholungsfunktion ihrer Grundstücke.
So wenden die Waldbesitzer zur Gestaltung und Ausstattung der Wälder mit Erholungseinrichtungen (Wander-, Rad- und Reitwege, Parkplätze, Spielplätze, Lehr- und Sportpfade, Wildgehege, etc.) jährlich erhebliche finanzielle Mittel auf.

In Deutschland wurde ein Recht zum Betreten des Waldes durch die Allgemeinheit erstmals in einem Gesetz zur Erhaltung des Baumbestandes und Freigabe von Uferwegen im Interesse der Volksgesundheit aufgenommen, das 1922 in Preußen erlassen, aber nur im Bereich der Stadt Berlin und im Gebiet des Ruhrkohlensiedlungsverbandes Bedeutung erlangte. Bayern verankerte ein Betretungsrecht in seiner Verfassung von 1946. Allerdings war das Betreten fremden Waldes vielfach schon seit langem - besonders im südlichen Teil von Deutschland - als Gewohnheitsrecht ausgeübt und von allen Waldbesitzkategorien toleriert worden. In Bayern haben die Eigentümer aller Waldeigentumskategorien zumindest seit dem 19. Jahrhundert darauf verzichtet, die Bevölkerung vom Betreten des Waldes auszuschließen.

Man kann daher festhalten, dass sich die bayerischen Waldeigentümer immer schon der Sozialbindung ihres Eigentums bewusst waren und dieser ungeachtet der rechtlichen Rahmenbedingungen nachgekommen sind. Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen komme ich weiter unten noch einmal zurück.

Der historisch herausragende Verdienst, den die bayerischen Waldbesitzer für das Allgemeinwohl durch die Öffnung der Wälder für die erholungsuchende Bevölkerung geleistet haben, wird besonders im Vergleich zum Nachbarland Österreich deutlich und bewusst.

Historische Entwicklung in Österreich:

In Österreich wurde der „herrenlose“ Wald dem Volk einerseits durch den industriellen Holzbedarf ab dem 18. Jahrhundert und andererseits durch die feudale Jagdpassion ab dem 19. Jahrhundert genommen. Das Reichsforstgesetz von 1852 definierte das Betreten des Waldes abseits öffentlicher Wege, sowie das Sammeln von Beeren, Pilzen und Klaubholz etc., als Waldfrevel und stellte es unter Strafe. Das Forstpersonal war sogar verpflichtet, die Menschen aus dem Wald zu weisen. Dieses Gesetz war bis zu seiner Reform 1975 (!) gültig. Dazu kamen Landesjagdgesetze 1874-1878, die mittels Schonzeiten und Wildhege für die Jagd eine Wildstandsexplosion ermöglichten (Zunahme von Rot- und Rehwild in den letzten 100 Jahren um mehr als das 20-fache), weshalb die feudalen Jagdherren keine „Störer“ mehr im Wald dulden wollten. Trotz aufkommendem Tourismus im 19. Jahrhundert war die Priorität klar: zuerst die Jagd, dann die Holzwirtschaft und ganz zuletzt die Erholung in der Natur durch das Volk. Auf Basis dieser Gesetze und Praktiken wurden die Wanderer bis 1975 von JägerInnen aus den Wäldern getrieben, Schutzhütten in den Alpen für die Jagdzeit gesperrt, Wege entmarkiert, Wanderführer beschlagnahmt, ganze Täler zum Privatjagdgebiet deklariert und kritische Zeitungen konfisziert.

Wie die beiden folgenden beispielhaften Zitate vermuten lassen, können sich auch beinahe 40 Jahre nach der Forstreform einige österreichische Waldbesitzer noch nicht so recht mit der Sozialbindung des Eigentums anfreunden. Stattdessen werden SpaziergängerInnen und RadfahrerInnen, wie man der jüngsten Presse entnehmen kann, mit bis zu 5-stelligen Euro-Beträgen wegen Besitzstandsstörung (in D Hausfriedensbruch) auf Schadenersatz verklagt.
Auf der anderen Seite sind aber auch die österreichischen Radfahrer nicht zufrieden, wie der nun seit gut zwanzig Jahren andauernde Kampf ums Wegerecht belegt. Anders als in Bayern ist es den österreichischen Nachbarn offensichtlich nicht gelungen einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen der Erholungsuchenden und den berechtigten Interessen der Eigentümer zu erreichen.

Leserkommentar auf nachrichten.at:
In meinem Forst.... ....und damit meinem Jagdrevier hat nach meinem Rechtsverständnis ein nicht von mir genehmigter Fremder nichts verloren! ... Der Gesetzgeber sah das 1976 anders und hat uns enteignet, die rote Brut aus den Gemeindebauten brauchte Auslauf! ...

oder auf Facebook:
... Zu der Zeit als das Forstgesetz in Aut in Kraft getreten ist war die kostenlose teilweise rücksichtslose nutzung durch wanderer mountainbiker radfahrer jogger etc. weit noch nicht so wild wie heute. das wird in der Brd nicht anders sein. die Waldeieigentümer haben überhaupt nichts davon, dass ihr Wald genutzt wird. Sie haben eventuell dann nur die Klagen am Tisch wenn ein Biker in solche einer Lacke zu Sturz kommt, weil er sie zu spät gesehen hat oder gar zu schnell und rücksichtlos unterweges gewesen ist.....Es lebe der Konsum- es lebe der Komunismus!!!!!!

In seiner Arbeit "Das Recht, fremde Grundstücke zum Zwecke des Naturgenusses zu betreten, als Sozialbindung des Eigentums" beschreibt Dr. Tobias Falkner sehr anschaulich die historische Entwicklung des Betretungsrechts, aber auch wie dem Gesetzgeber mit dem Bayerischen Naturschutzgesetz bei der Konkretisierung der immanenten Schranken des Grundrechts und den Schranken aufgrund des Grundrechtskonflikts mit dem Eigentum der Interessenausgleich gelungen ist.


Im weiteren Verlauf dieses Threads werde ich mich vorwiegend chronologisch durch die Ereignisse bewegen.
 
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Ein schönes Weihnachtsgeschenk. Ich bin gespannt auf deine Ausführungen (und lese den Beitrag über mir wann anders durch ;) )!
 
Die zentrale Vorschrift im bayerischen Betretungsrecht
Art 141 Abs 3 Satz 1 BV - Recht zur Erholung in freier Natur
ist seit Inkrafttreten der Bayerischen Verfassung 1946 unverändert geblieben und ist doch aktueller denn je.

"Der Genuß der Naturschönheiten und die Erholung in der freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldfrüchte in ortsüblichem Umfang ist jedermann gestattet."

"Was sind wir in Bayern ... wegen dieser Bestimmung verlacht worden, insbesondere wegen ihres dritten Absatzes, der in großer Überlegenheit als das "Grundrecht des Pilzesammelns" lächerlich gemacht wurde. Sieht man von einigen etwas altväterlichen Redewendungen ab, so handelt es sich hier aber, wie wir heute wissen, um die modernste und weitschauendste Verfassungsnorm in diesem Zusammenhang, die immer noch so bestehen kann, wie sie 1946 formuliert wurde ...",
so der Präsident des Bundesverfassungsgerichts und spätere Bundespräsident Roman Herzog 1992.

Auch der Landtagspräsident Johann Böhm würdigte in seinen Reden 1996 zum 50-jährigen Jubiläum der Bayerischen Verfassung nochmals explizit das Recht auf Erholung in der freien Natur:
"Soviel steht fest: Die Bayerische Verfassung ist nach wie vor zeitgemäß. Sie hat als "Magna Charta Libertatum" für die Bürgerinnen und Bürger Bayerns den wirtschaftlichen und technischen Fortschritt des Freistaates ermöglicht und zugleich Vorsorge getroffen für die Pflege von Kultur und Brauchtum und für die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen. Sie hat vor 50 Jahren bereits Themen vorweggenommen, die erst später ihre volle Aktualität entfalteten und zum Teil mit großer Leidenschaft diskutiert wurden. Als Beispiel nenne ich den Artikel 141 BV - oft als "Grundrecht des Pilzesammelns" belächelt und verspottet - mit den Worten Prof. Roman Herzogs aber "die modernste und weitschauendste Verfassungsnorm, die immer so bestehen kann, wie sie 1946 formuliert wurde"."

In seinem Beitrag zur FESTSCHRIFT ZUM 25-JÄHRIGEN BESTEHEN DES BAYER. VERFASSUNGSGERICHTSHOFS (1971), "Zur sozialen Programmatik der Bayerischen Verfassung", stellte Professor Dr. Hans F. Zacher bereits fest:
Die Normen über Natur- und Landschaftsschutz (Art. 141 Abs. 2 und 3) und den Genuß der Naturschönheiten durch jedermann (Art. 141 Abs. 3) mußten sich zwei Jahrzehnte lang von einer »aufgeklärten« gemeindeutschen Öffentlichkeit belächeln lassen, bis sich herausstellte, daß Bayern in seiner historischen Tendenz zur »Ungleichzeitigkeit« die Notwendigkeit des - heute nicht selten zur Hysterie geratenden - Umweltschutzes und auch dessen soziale Dimension schon im Jahre 1946 durch einen Verfassungsartikel anerkannt hat.

Die Qualifizierung als Grundrecht erfolgte bereits in der zweiten Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes zu dieser Norm, wodurch die zuvor verwendete Bezeichnung "verfassungsmäßiges Recht" überwunden und dem Recht die einem Grundrecht zukommende Bedeutung, Justiziabilität und Höherrangigkeit beigemessen wurde. Dieses Verständnis kann sich sowohl auf den Wortlaut ("ist jedermann gestattet") als auch auf den Willen des Verfassungsgebers stützen, der entgegen anderslautender Vorschläge (in Richtung Programmsatz) an der auf den Abgeordneten Hoegner zurückgehende Fassung festgehalten hat, wobei Hoegner selbst erklärt hatte, daß es "nicht um den Wert der Pilze, sondern um die Freiheit des Menschen" gehe (Martin Burgi, "Erholung in der freien Natur", 1993).


Ohne bereits auf Details zum Grundrecht auf Erholung in der freien Natur einzugehen, zeigt schon der Blick auf die im Nachbarland Österreich zum Teil offen ausgetragene Feindseeligkeiten zwischen Erholungsuchenden untereinander (zumeist nur in den Kommentarfunktionen von Onlinezeitungen) auf der einen Seite bzw. mit Wald- und Grundbesitzer und Jägern auf der anderen, wie aktuell, wie modern und vorausschauend Art 141 Abs. 3 Satz 1 BV war und immer noch ist, dessen Schranken sich diesbezüglich gerade in gegenseitigem Respekt und gegenseitiger Rücksichtnahme konkretisieren.

Aber auch ein Blick nach Baden-Württemberg zeigt die Aktualität der befriedenden Wirkung der bayerischen Rechtslage. In Baden-Württemberg hatte sich nach einer intensiven Konfliktphase kurz nach dem Auftreten des Mountainbikens in den 1990er Jahren das Verhältnis auf den Wegen zwischen den Nutzern verbessert. Es verschlechterte sich durch eine neue Gesetzesregelung, der 2-Meter-Regel, 1995 wieder. Statt Konfliktpotentiale zu entschärfen hatte sie den sozialen Konflikt neu entfacht (Konfliktanalyse aus 2006 S. 193).

Gerne schauen wir dagegen nach Graubünden in der Schweiz. Um eventuelle Konflikte zwischen Wanderern und Bikern erst gar nicht entstehen zu lassen, gilt dort das Gebot der „Trail-Toleranz“:
Wanderer und Biker respektieren sich gegenseitig und benutzen dieselben Wege. Ein Beispiel, dass dieses Nebeneinander in der Praxis sehr gut funktioniert.
Wer hats erfunden? - Die Bayern!

In letzter Zeit schießen in verschiedenen Regionen Bayerns jedoch seltsame Schilder, man möchte meinen, wie Pilze aus dem Boden.
Unter anderem am Ochsenkopf, im Allgäu, in den Bayerischen Voralpen, im Oberland, im Fränkischen und nun auch im Altmühltal verschandeln Beschilderungen die Landschaft, die gleichsam darüber Aufschluss geben, dass die jeweiligen Aufsteller die Regelungen des Bayerischen Naturschutzgesetzes nicht verstanden haben oder sich einfach darüber hinweg setzen (dazu später im weiteren Verlaufe des Threads mehr), aber noch viel schlimmer die Errungenschaften des Art. 141 Abs. 3 Satz 1 der Bayerischen Verfassung, insbesondere den gegenseitigen Respekt und die gegenseitige Rücksichtnahme der Erholungsuchenden untereinander (vgl. Art. 26 Abs. 2 Satz 3 BayNatSchG) untergraben.
"Die Rechtsausübung anderer darf nicht verhindert oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden (Gemeinverträglichkeit)."

Österreich und Baden-Württemberg sollten hier mahnende Beispiele sein und Graubünden daran erinnern, wie begnadet Bayern ob des Art. 141 Abs. 3 in seiner Verfassung doch ist. In dessen Konkretisierung sorgt das Bayerische Naturschutzgesetz für einen vernünftigen Interessenausgleich, in den man auch aktuell vertrauen kann.
 
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Bevor ich nachher zum wohl ersten (und mir einzigen) bekannten Fall einer Selbstanzeige zum bayerischen Betretungsrecht komme, darf natürlich nicht unerwähnt bleiben, dass auch Landtagspräsident Alois Glück in seiner Rede zum Festakt 60 Jahre Bayerische Verfassung
2006 die hohe Bedeutung des freien Betretungsrechts der Natur hervorgehoben hatte, aber auch wie tagesaktuell die Bayerische Verfassung auch heute ist.
Den Ausführungen kann aber auch entnommen werden, wie verschiedene Aspekte ineinander greifen und so zu dem lebenswerten Bayern führen, das so geschätzt wird.

Von ähnlich hoher Bedeutung ist, dass der Landschaftsschutz und das freie Betretungsrecht der Natur in Artikel 141 der Verfassung festgeschrieben wurden – lange bevor aktive Umweltpolitik zu einem fest stehenden Tagesordnungspunkt auf der politischen Agenda wurde.
Prof. Roman Herzog nannte dies einmal zu Recht „die modernste und weitschauendste Verfassungsnorm in diesem Zusammenhang“.
Die Bayerische Verfassung von 1946 hat einerseits aufgenommen und bewahrt, was an historischen und kulturellen Prägungen in unserem Land immer schon vorhanden war.
Andererseits hat sie aber auch selbst wiederum identitätsstiftend gewirkt und auf diese Weise neue Kräfte freigesetzt.
Die motivierende Kraft, die aus gewachsener Identität kommt, wird in der aktuellen Diskussion oft zu wenig begriffen.
Besonders eindringlich hat das einmal der Nationalökonom Friedrich August von Hayek betont (ich zitiere): „So paradox es klingen mag, eine erfolgreiche freie Gesellschaft wird eine immer im hohen Maße traditionsgebundene Gesellschaft sein.“ (Zitatende)
Es wäre fatal, die Bedeutung von Kultur und Tradition und von lebendigen sozialen Beziehungen als Kraftquellen zu unterschätzen.
All das ist verbunden mit dem Fleiß und dem Können der Bürgerinnen und Bürger und der modernen Wirtschaft – Bayerns eigentliche Kraft.
Das prägt die besondere Lebensqualität in Bayern, die so viele anzieht und die in Deutschland und in der Welt bewundert wird. Hohen Lebensstandard haben viele – eine vergleichbare Lebensqualität nur wenige.
Heimatverbunden und weltoffen – das ist „bayerisch“, und das gilt es auch im Zeitalter der Globalisierung zu leben.
60 Jahre Bayerische Verfassung und 60 Jahre Bayerischer Landtag sind auch ein Anlass, dass wir den Beitrag würdigen, den die Flüchtlinge, Heimatvertriebenen und Zuwanderer zur Entwicklung Bayerns geleistet haben.


Man merkt schon, Toleranz ist eine gesamtgesellschaftliche Angelegenheit - nicht nur in der freien Natur - die auch mit dem Erfolg einer Gesellschaft insgesamt in Verbindung steht. An dieser Stelle darf ich auch auf meine Signatur hinweisen.
 
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Manchmal ist die Materie trocken, aber doch wieder relevant (zumindest für später, da sich Geschichte manchmal wiederholt), so dass man da einfach mal durch muss.

Aufgrund einer Selbstanzeige beschäftigte sich der Bayerische Verfassungsgerichtshof erstmals mit dem Recht auf Erholung in der freien Natur - allerdings ohne seine Entscheidung später darauf stützen zu müssen.

Am 10. März 1950 erstattete ein Wanderer bei der Staatsanwaltschaft gegen sich selbst eine Anzeige wegen Übertretung des bayer. Jagdgesetzes. Er zeigte der Staatsanwaltschaft an, daß er am 5. März 1950, vom T.-Berg kommend, auf dem über den Westgrat führenden Weg abgestiegen sei. Dieser Weg habe durch ein Wildschutzgebiet geführt, das durch eine Baumsperre und eine deutlich sichtbare Verbotstafel gekennzeichnet gewesen sei.

Das zuständige Amtsgericht sah die im Strafbefehlsantrag bezeichneten Bestimmungen des Jagdgesetzes im Hinblick auf Art. 141 Abs. 3 der Verfassung des Freistaates Bayern als verfassungswidrig an und ließ die betroffenen Vorschriften vom BayVGH prüfen.

In der Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 08.06.1951 Az.: Vf 52-V-50 finden sich sowohl kuriose und interessante Aussagen aber vor allem auch für diesen Thread später wichtige Feststellungen. Die Entscheidung umfasst insgesamt 12 Seiten und liest sich meist sperrig. Ich habe sie daher etwas zusammengefasst.

Hintergrund:
1937 wurde aufgrund der damals geltenden Jagdgesetze eine Verordnung über die Schaffung von Schutzgebieten für Rotwild und Gamswild in Bayern erlassen. Nach dieser Verordnung konnten zur Sicherung des Rotwildes und Gamswildes Wildschutzgebiete geschaffen werden, in denen es bei Strafe verboten war, sich außerhalb der besonders freigegebenen Wege und Plätze aufzuhalten. Daraufhin wurden in Bayern eine Reihe von Verordnungen über die Schaffung von Wildschutzgebieten erlassen.

Durch ein Gesetz der Militärregierung Deutschland über die Aufhebung des Reichsjagdgesetzes, das am 1. Februar 1949 in Kraft trat, waren das Reichsjagdgesetz und sämtlichen zu seiner Ergänzung und Durchführung ergangenen Gesetzen, Verordnungen und Erlassen aufgehoben worden. Dafür wurden alle diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen, welche am 30. Januar 1933 in Kraft waren wieder in Kraft gesetzt.

Am 15. Dezember 1949 hatte der Landtag ein bayerisches Jagdgesetz (BJG) erlassen, das mit Wirkung vom 1. Februar 1950 in Kraft trat mit denen insbesondere die früheren Bestimmungen zu den Wildschutzgebieten rückwirkend ab 1. Februar 1949 wiedereingeführt.
Um es kurz zu halten:
Hierbei hatte sich der Gesetzgeber eher unglücklich angestellt. (Das merken wir uns schon mal für später.)

Das Gericht befand daher Folgendes:
Es ist rechtlich unmöglich, durch eine Rückwirkungsfiktion (nachträglich) ein Verhalten - wie
das Betreten von früheren Wildschutzgebieten durch Bergwanderer zwischen 1. Februar 1949
und 30. Januar 1950 - für rechtswidrig zu erklären, während es zur fraglichen Zeit erlaubt war.

(Kurios, muss man sich aber nicht unbedingt merken.)

oder auch:
War es nach dem Gesetzesentwurf für den Rechtsunterworfenen ziemlich klar, welche Schutz-
maßnahmen und welche Strafbestimmungen gelten sollten, so wurde diese Klarheit zerstört
durch die Änderungen, die der Entwurf auf Grund der Gesetzesberatungen schließlich erfahren
hat.
(Das merken wir uns wieder.)

und:
Auch die Aufrechterhaltung der "früheren Schutzmaßnahmen" (Halbsatz 1) entbehrt dieser Bestimmtheit. Der Begriff "Schutzmaßnahmen" in Art 56 Abs 3 BJG ist so mehrdeutig, daß sein Inhalt überhaupt erst auf Grund einer Betrachtung der Entstehungsgeschichte und des Zwecks des Gesetzes bestimmt werden kann; insbesondere die Strafbestimmung, an die hinsichtlich der Bestimmtheit besonders strenge Anforderungen gestellt werden müssen, entbehrt jeglicher Klarheit und Genauigkeit. Die Formulierung "Die Schutzmaßnahmen bleiben aufrechterhalten" läßt überhaupt nicht ohne weiteres erkennen, ob es sich hier um eine Strafvorschrift handelt.
(Auch das merken wir uns.)

sowie:
Die Erkennbarkeit einer Strafvorschrift als solcher ist aber ein rechtsstaatliches Mindesterforder-
nis, das an eine Strafvorschrift gestellt werden muß. Es kann dem Rechtsunterworfenen nicht zu-
gemutet werden, daß er erst auf Grund einer mehrdeutigen Bezugnahme auf Schutzmaßnahmen
nicht näher bezeichnete Vorschriften, die eine Reihe von Jahren zurückliegen und noch dazu in-
zwischen aufgehoben worden sind, zusammensucht, um festzustellen, ob überhaupt und, wenn
ja, in welchem Umfang ein Verhalten unter Strafe gestellt ist.


Die Gültigkeit einer Strafvorschrift wird zwar nicht dadurch beeinträchtigt, daß sie im einzelnen
Fall eine Unklarheit darüber aufkommen läßt, ob eine bestimmte Betätigung unter die Strafdro-
hung fällt oder nicht. Solche Zweifel können bei jedem vom Gesetz aufgestellten strafbaren Tat-
bestand auftauchen; es ist dann Sache des Strafrichters, durch Auslegung der Strafbestimmung
festzustellen, ob das Verhalten unter den Tatbestand des Strafgesetzes fällt. Hier handelt es sich
aber nicht um die Auslegung einer Strafbestimmung, sondern hier hat der Gesetzgeber unklar
gelassen, ob überhaupt eine Strafbestimmung besteht und gewollt ist. Die Strafbestimmung ist
als solche nicht erkennbar und es ist deshalb dem Rechtsunterworfenen nicht möglich, sein Ver-
halten so einzurichten, daß er die Grenze des Verbotenen und Strafbaren nicht überschreitet. Ei-
ne derartige Unklarheit, die das Recht unberechenbar macht, widerspricht den Erfordernissen
der Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit (Art. 3 BV).

(Die obigen zwei Absätze merken wir uns auch, brauchen sie aber nicht wirklich.)

zu guter Letzt:
Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Strafbarkeit, sondern auch hinsichtlich der Rechtswidrigkeit
oder Rechtmäßigkeit des Verhaltens in den Wildschutzgebieten überhaupt; auch dieses kann nur

durch hinreichend klare gesetzliche Bestimmungen normiert werden.

(Auch diesen Absatz merken wir uns wieder.)


Interessant sind natürlich aus die Ausführungen zu den Wildschutzgebieten selbst.

Der Amtsrichter begründete seine Bedenken zur damaligen Regelung wie folgt:
Merkwürdigerweise und überraschenderweise habe das neue BJG die bisher geschaffenen Wildschutzgebiete und die für sie getroffenen Schutzmaßnahmen "zunächst" aufrechterhalten. Dies verstoße nicht nur gegen den Sinn und Zweck des Militärregierungsgesetzes, welches die seinerzeit geschaffenen Wildschutzgebiete, die wohl besser als Jagdschutzgebiete zu bezeichnen wären, aufgehoben habe, sondern vor allem gegen Art. 141 Abs. 3 Satz 1 und 2 der BV. Der in dieser Vorschrift enthaltene Gedanke bringe klar zum Ausdruck, daß eine allgemeine Pflicht des Staates bestehe, der Allgemeinheit die Zugänge zu Bergen, Seen und sonstigen landschaftlichen Schönheiten freizuhalten, evtl freizumachen. Durch die Schaffung dieser Wildschutzgebiete seien die schönsten und unberührtesten Teile der bayerischen Alpenwelt der Allgemeinheit, insbesondere den echten Bergsteigern, verschlossen worden. Diese Beschränkung sei heute um so empfindlicher, als durch Wiederherstellung der alten deutsch-österreichischen Grenzen es dem Naturfreund für lange Zeit nicht möglich sei, die landschaftlichen Schönheiten jenseits der Grenzen auszukosten.

Die Schaffung von Wildschutzgebieten sei an sich begrüßenswert, abgelehnt müsse aber werden die Art und der Umfang der seinerzeit geschaffenen Wildschutzgebiete, insbesondere die weitgehende Einschränkung der Wegebenützungsmöglichkeiten und dies um so mehr, als bekanntlich die seinerzeit errichteten Wildschutzgebiete großenteils nicht deshalb geschaffen worden seien, um den Interessen des Wildschutzes zu dienen, sondern um die Jagdinteressen bestimmter Personengruppen in einer mit den Interessen der Allgemeinheit nicht zu vereinbarenden Weise zu befriedigen. Die Belassung der Wildschutzgebiete in ihrer gegenwärtigen Form und insbesondere ihrem derzeitigen Umfang sei eine nicht zu verantwortende Beraubung des Genusses der Naturschönheiten zu Lasten der Bevölkerung.


Das Gericht führte das selbst nochmal aus:
Die Bildung von Wildschutzgebieten an sich widerspricht nicht grundsätzlich den Bestimmungen der Bayerischen Verfassung. Bei der Erlassung des in Art. 28 Abs. 3 vorgesehenen Gesetzes wird aber zu beachten sein, daß Art. 141 Abs. 3 BV den Genuß der Naturschönheiten und das Betreten von Wald und Bergweide als verfassungsmäßiges Recht statuiert hat, sowie daß eine Einschränkung dieses Rechtes nur im Rahmen der Verfassung - abgesehen von Art. 98 Satz 2 -, also insbesondere zum Zwecke der Schonung und Erhaltung der Tierarten (Art. 141 Abs. 2 BV) zulässig ist. In diesem Rahmen und zu diesem Zwecke sind auch Betretungsverbote statthaft. Dabei wird aber zu prüfen sein, ob nach dem Zweck - Erhaltung der Tierwelt - Absperrungen in einem solchen Ausmaße unbedingt erforderlich sind, wie sie die früheren Wildschutzverordnungen vorsahen, bei denen zumal angesichts der Persönlichkeit der damaligen Jagdberechtigten die Annahme nicht von der Hand zu weisen ist, daß sie zum Teil mehr den Interessen der Jagdberechtigten als denen des Tierweltschutzes dienen sollten.

Zur aktuellen Rechtslage bezüglich Wildschutzgebieten in Bayern kann man sich in der Richtlinie zur Erhaltung und Ausweisung von Ruhezonen für das Wild, insbesondere von Wildschutzgebieten, und über flankierende Schutzmaßnahmen informieren.
 
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Da einige Bestimmungen in Bayern auch direkt mit Bundesrecht in Verbindung stehen, kommt man nicht umhin einen Blick auf das Bundeswaldgesetz zu werfen. Lange bevor das Bayerische Naturschutzgesetz 1973 und noch später 1975 das Bundeswaldgesetz in Kraft getreten sind, kam im Bundestag spätestens 1965 die Frage nach einem Bundeswaldgesetz auf.

Um in der Chronologie zu bleiben, daher ohne auf die 1975 beschlossenen Regelungen einzugehen und deren Entstehung vorwegzunehmen, schauen wir mal wie sich der Bundestag bis zum Vorliegen eines ersten Gesetzentwurfs der Bundesregierung mit dem Betretungsrecht im Walde beschäftigt hatte.

Dem Plenarprotokoll zur 185. Sitzung des Bundestags, Bonn, den 20. Mai 1965 ist auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch folgende Antwort zu entnehmen:
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Hüttebräuker vom 19. Mai 1965 uf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Fritsch (Drucksache IV/3377, Frage IX/1):
Beabsichtigt die Bundesregierung in absehbarer Zeit den Entwurf eines Bundeswaldgesetzes vorzulegen?
Die Bundesregierung hat diese Absicht, zumal da der Deutsche Bundestag mit seiner Entschließung vom 27. Januar 1965 in Zusammenhang mit der Freistellung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse von der Umsatzsteuer um die Vorlage eines solchen Gesetzes ersucht hat. Einen genauen Zeitpunkt kann ich leider nicht nennen. Mein Haus und der Deutsche Forstwirtschaftsrat haben zwar schon seit mehreren Jahren Vorarbeiten geleistet. Sie konnten aber noch nicht abgeschlossen werden, weil sich neue Probleme ergeben haben und dabei auch erhebliche Interessengegensätze auszugleichen sind. Wie Sie wohl wissen, hat inzwischen die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Waldbesitzerverbände ihre Vorstellungen in dem Entwurf eines Bundeswaldgesetzes vom 19. Januar 1965 niedergelegt. Ich begrüße das und hoffe, daß dadurch die Erörterungen gefördert werden.


Wie wir heute wissen, ist das Bundeswaldgesetz erst 1975 in Kraft getreten. Da ist es schon bemerkenswert, dass das zuständige Ministerium schon im Jahr 1965 bereits mehrere Jahre Vorarbeiten geleistet hatte.

Dem Plenarprotokoll zur 13. Sitzung des 5. Bundestags ist auf die identische Frage des Abgeordneten Bauer die nur in Nuancen veränderte Antwort des zuständigen Ministers zu entnehmen:
Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 13. Dezember 1965 auf die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Bauer (Würzburg) (Drucksache V/76, Frage X/7):
Beabsichtigt die Bundesregierung, in absehbarer Zeit den Entwurf eines Bundeswaldgesetzes vorzulegen?
Die Absicht besteht, zumal auch der Bundestag durch seinen Beschluß vom 27. Januar 1965 im Zusammenhang mit der Freistellung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse von der Umsatzsteuer die Vorlage eines Bundeswaldgesetzes angeregt hat.
Einen näheren Zeitpunkt kann ich leider nicht nennen. Mein Haus hat zwar schon längere Zeit Vorarbeiten geleistet. Sie konnten aber noch nicht abgeschlossen werden, weil sich neue Probleme ergeben haben und dabei eine Fülle von Gesichtspunkten zu berücksichtigen ist.
Dem Vernehmen nach bereitet der Deutsche Forstwirtschaftsrat als repräsentative Vertretung aller Besitzarten der Forstwirtschaft zur Zeit selbst den Entwurf eines Bundeswaldgesetzes vor. Die endgültige Fassung liegt mir aber bisher noch nicht vor, so daß ich dazu noch keine Stellung nehmen kann.


Auffällig ist jedenfalls, dass anscheinend nicht die Regierung selbst, sondern zunächst
1. die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Waldbesitzerverbände und
2. der Deutsche Forstwirtschaftsrat als repräsentative Vertretung aller Besitzarten der Forstwirtschaft
Entwürfe zum Bundeswaldgesetz vorbereitet haben.

Auf die Anfrage des Abgeordneten Dröscher (Drucksache V/454, 24.03.1966):
Wann beabsichtigt die Bundesregierung den Entwurf eines Bundeswaldgesetzes einzubringen?
Antwortete Staatssekretär Hüttebräuker (Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten) in der 33. Sitzung:
Herr Abgeordneter, ich beantworte Ihre Frage wie folgt. Die Überlegungen in meinem Hause haben noch nicht zu einer kabinettsreifen Vorlage geführt, weil noch außerordentlich schwierige Fragen zu klären sind. Es gilt, vor allen Dingen einen Ausgleich zwischen den Interessen der Waldbesitzer einerseits und der Allgemeinheit andererseits zu finden.
Erörtert werden müssen Bestimmungen über Grundsätze zur Walderhaltung und zur Waldwirtschaft.
Das Betreten des Waldes als Erholungswald, die Entschädigung der Waldbesitzer im Zusammenhang mit den Schutz- und Erholungsaufgaben des Waldes und die Förderung des Waldes an sich sind Probleme, die noch der eingehenden Prüfung bedürfen.


Erstmals wird das Betreten des Waldes und auch etwaige Entschädigungen für die Waldbesitzer aufgrund der Erholungsaufgaben des Waldes thematisiert.

Der Abgeordnete Strohmayr fragte hierzu genauer nach (Drucksache V/970, 7.10.1966):
1. Trifft es zu, daß der Bundesverband der privaten Waldbesitzer die Forderung erhoben hat, für die Benützung ihrer Waldungen durch
Spaziergänger, Wanderer usw. finanziell entschädigt zu werden?
2. Trifft es zu, daß die Waldbesucher zu finanziellen Leistungen herangezogen werden sollen, falls nicht die öffentliche Hand sich zu
Zuschüssen bereit findet?
3. Wie beurteilt die Bundesregierung die in Frage 1 erwähnten Bestrebungen, vor allem im Hinblick auf das anstehende Bundeswaldgesetz?


Leider war der Abgeordnete Strohmayr bei der 33. Sitzung am 11. Oktober 1966 nicht im Hause, so dass seine Fragen hier auch nicht beantwortet werden konnten.
Jedenfalls stand nun die Frage im Raum ob eventuell der Staat oder auch die Erholungsuchenden selbst finanziell für die Erholungnutzung von den Waldbesitzern herangezogen werden könnten.

Der Abgeordnete Spitzmüller nahm sich des Themas in einer Anfrage wieder an:
Treffen Pressemeldungen zu, wonach die Bundesregierung den Entwurf eines Bundeswaldgesetzes vorbereitet, der den Waldbesitzern das fast unumschränkte Recht einräumt, ihren Wald für jedermann, also auch für Wanderer und Spaziergänger, zu sperren?
Schriftliche Antwort des Bundesministers Höcherl vom 26. Juli 1967, Drucksache V/2072:
Pressemeldungen des angegebenen Inhaltes treffen nicht zu. Sie dürften sich auf einen vom Deutschen Forstwirtschaftsrat in Verbindung mit der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Waldbesitzerverbände erstellten Initiativ-Entwurf eines Bundeswaldgesetzes beziehen, dessen Wortlaut über die allgemeine Öffnung des Waldes in der letzten Zeit von bestimmter Seite völlig entstellt wiedergegeben und unzutreffend kommentiert worden ist. In diesem Entwurf sprechen sich die Spitzenorganisationen des Waldbesitzes für ein sehr weitgehendes Betretungsrecht zugunsten der Bevölkerung aus, das nach deren Vorstellungen nur unter besonderen Voraussetzungen in zeitlich und örtlich begrenztem Umfange eingeschränkt werden soll, so z. B. zum Schutze von Kulturen und Naturverjüngungsflächen oder aus Gründen der Sicherheit, wenn die Holzfällung oder eine andere gefährliche Waldarbeit im Gange ist. Der Vollständigkeit halber will ich nicht unerwähnt lassen, daß natürlich in meinem Hause die mit der Erhaltung und Bewirtschaftung des Waldes sowie die mit seinen Schutz- und Sozialfunktionen zusammenhängenden Fragen laufend geprüft und auf neue Entwicklungstendenzen hin untersucht werden. In jüngster Zeit sind zwei auf die Initiative der Interparlamentarischen Arbeitsgemeinschaft zurückgehenden Anträge von Herrn Dr. Schmidt (Wuppertal), MdB und Genossen bemerkenswert, die sich auf den Wald erstrecken — Drucksachen V/1730, V/1832.

Damit ist bereits Mitte 1967 ein Bekenntnis der Deutschen Waldbesitzer zum freien Betretungsrecht dokumentiert. Bereits die damaligen Vorstellungen der Waldbesitzer über mögliche Einschränkungen waren schon soweit vernünftig, dass sie sich noch heute in Art. 33 Nrn. 1 und 3 Bayerisches Naturschutzgesetz wiederfinden.

Art. 33
Zulässigkeit von Sperren

Grundeigentümer oder sonstige Berechtigte dürfen der Allgemeinheit das Betreten von Grundstücken in der freien Natur durch Sperren im Sinn des Art. 27 Abs. 3 Satz 2 nur unter folgenden Voraussetzungen verwehren:

  1. Sperren können errichtet werden, wenn andernfalls die zulässige Nutzung des Grundstücks nicht unerheblich behindert oder eingeschränkt würde. Das gilt insbesondere, wenn die Beschädigung von Forstkulturen, Sonderkulturen oder sonstigen Nutzpflanzen zu erwarten ist, ...
  2. ...
  3. Flächen können ..., zur Durchführung von landschaftspflegerischen Vorhaben oder forstwirtschaftlichen Maßnahmen, ... kurzzeitig gesperrt werden.
 
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Vielleicht zitiert mal jemand einen Sun on Tour aus dem IBC-Forum ;)
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Der erste Entwurf einer Bundesregierung zum Bundeswaldgesetz stammt vom 20. Mai 1969 (Drucksache V/4233) als das Ende der 5. Legislaturperiode des Bundestags allerdings bereits absehbar war.
Der Bundesrat hielt ein Bundeswaldgesetz zwar für notwendig; er sah aber zum damaligen Zeitpunkt von einer Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf im einzelnen jedoch ab, weil keine Aussicht mehr bestünde, dass der Gesetzentwurf noch vom Bundestag der laufenden Wahlperiode verabschiedet würde.
Der Bundesrat wies im übrigen schon darauf hin, dass gegen den Gesetzentwurf verfassungsrechtliche Bedenken bestünden, weil ein Teil der Vorschriften des Entwurfs nicht der konkurierenden Gesetzgebung (Art. 74 GG) unterlägen und deshalb keine Vollregelung vorgenommen hätte werden können, sondern nur rahmenrechtliche Vorschriften in Betracht kommen könnten. Der Entwurf ließe aber kaum noch Raum für Landesgesetze.
Die Vorschriften über die Rahmengesetzgebung (Artikel 75 GG) sind übrigens im Zuge der Föderalismusreform zum 1. September 2006 weggefallen.

Der Gesetzentwurf enthielt insgesamt lediglich 11 Paragraphen von denen sich § 4 dem Betreten des Waldes widmete.
In der Begründung zum Bayerischen Naturschutzgesetz von 1973 finden sich auch Teile der folgenden Gesetzesbegründung wieder:

Zu § 4 — Betreten des Waldes
Ob und inwieweit Wald der Bevölkerung in der Bundesrepublik offensteht, ist nicht einheitlich geregelt. Abgesehen von Bayern, das in Artikel 141 seiner Verfassung u. a. das Betreten von Wald getattet, finden sich in den mehr oder weniger alten forstrechtlichen Bestimmungen der Länder Regelungen, die nur das unbefugte Betreten von Wald oder das Verweilen im Wald mit Strafe oder Geldbuße bedrohen. Dabei ist vielfach unklar, inwieweit das Recht des Waldbesitzers durch „Gemeingebrauch" oder Gewohnheitsrecht eingeschränkt wird. Da die Erholungsfunktion des Waldes seit langem anerkannt ist, und die Wälder von der Bevölkerung aus den verschiedensten Gegenden aufgesucht werden, führt die geschilderte Rechtslage zu untragbaren Verhältnissen. § 4 soll deshalb einheitliches Recht schaffen, soweit es sich um das Betreten von Wald zum Zwecke der Erholung handelt.

Nach Absatz 1 hat der Waldbesitzer das Betreten des Waldes durch Erholungssuchende zu dulden. Insoweit kann er sich nicht auf die sonst mit dem Eigentum (§§ 903, 1004 BGB) und dem Besitz (§§ 858 ff. BGB) verbundenen Rechte berufen. Aus der bloßen Duldungspflicht des Waldbesitzers folgt, daß er das Betreten des Waldes nicht von einem Entgelt abhängig machen darf, andererseits aber auch, daß die Waldbesucher den Wald auf eigene Gefahr betreten, soweit sich nicht bei besonderen Umständen aus den allgemeinen Grundsätzen der Verkehrssicherungspflicht etwas anderes ergibt.
Der Begriff „Betreten" ist im weiten Sinne zu verstehen, umfaßt also außer dem Begehen z. B. auch die Benutzung von Skiern und Handschlitten sowie das Mitführen von Kinderwagen oder Fahrrädern, nicht aber das Fahren mit Kraftfahrzeugen aller Art, z. B. mit einem Moped, oder das Reiten.

Der in Satz 1 festgelegte Grundsatz erfährt durch die Sätze 2 und 3 die nach der Sachlage gebotenen Ausnahmen. Danach kann der Waldbesitzer das Betreten des Waldes beschränken, d. h. unter Umständen auch ganz verbieten, soweit die Beschränkung zur Erhaltung, zur forstwirtschaftlichen Pflege und zur Nutzung des Waldes, zur Wildhege oder zur Sicherheit der Waldbesucher zeitlich oder räumlich notwendig ist. Die Gründe, die eine Beschränkung rechtfertigen können, sind erschöpfend aufgezählt. Um ungerechtfertigten Beschränkungen vorzubeugen, bedarf der Waldbesitzer der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde, soweit nicht zur Sicherheit der Waldbesucher Sofortmaßnahmen geboten sind.

Absatz 2 läßt Vorschriften des öffentlichen Rechts, die das Betreten von Wald beschränken oder solche Beschränkungen zulassen, unberührt, z. B. Vorschriften über das Betreten von Wasserschutzgebieten, Naturschutzgebieten, Schonungen, Forstkulturen, jagdwirtschaftlichen Einrichtungen oder Waldorten, an denen gefährliche Arbeiten ausgeführt werden. Das bedeutet, daß der Waldbesitzer insoweit auch das Betreten des Waldes oder bestimmter Waldorte nicht zu dulden braucht und keiner Genehmigung der Verwaltungsbehörde bedarf. Durch den zweiten Halbsatz des Absatzes 2 wird klargestellt, daß § 4 nur das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken regelt. Auch für das Sammeln von Waldfrüchten, Holz usw. bleibt es daher bei den hierfür geltenden Rechtsvorschriften,
zu denen auch das Gewohnheitsrecht gehört.


Während in Bayern das Betreten des Waldes ausdrücklich erlaubt war, gab es in den übrigen Bundesländern entweder Bußgeldvorschriften für das Betreten des Waldes oder man wusste nicht so genau, ob bereits ein Betretungsrecht aufgrund Gewohnheitsrecht entstanden war.
Daher wollte die damalige Bundesregierung mit dem Bundeswaldgesetz das Betretungsrecht für den Wald bundesweit einheitlich regeln.

Wie der Begründung zu entnehmen ist, ist auch im Bundesrecht der Begriff „Betreten" im weiten Sinne zu verstehen und umfaßt also außer dem Begehen z. B. auch das Mitführen von Kinderwagen oder Fahrrädern, nicht aber das Fahren mit Kraftfahrzeugen aller Art, z. B. mit einem Moped, oder das Reiten. In Abgrenzung von Fahren mit Kraftfahrzeugen muss das Mitführen von Fahrrädern wohl Radfahren bedeuten. Insoweit sah der Gesetzgeber also keine Notwendigkeit für Radfahrer andere Regelungen als für Fußgänger zu treffen, während er das Reiten vom "Betreten" ausnahm. Er stellte also alle Erholungsformen, die er dem "Betreten" zuordnete, gleich. (Das könnten wir uns eigentlich mal wieder merken.)

Bereits dieser Gesetzesbegründung kann man im Übrigen schon entnehmen, die Meinung "Erholungsuchende seien nur geduldet" im Zusammenhang mit dem Betretungsrecht Unfug ist.

Das Ergebnis mehrerer Jahre geleisteter Vorarbeit des federführenden Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und des Deutschen Forstwirtschaftsrats bezüglich des Betretens des Waldes hätte zu einer bundesweit einheitlichen Regelung geführt. Dabei hatte der Gesetzentwurf auch die Vorstellungen der Waldeigentümer nach langjähriger intensiver Mitwirkung übernommen. Der Gesetzentwürf hätte der Landesgesetzgebung wohl noch bezüglich des Reitens Raum gelassen.

§ 4
Betreten des Waldes
(1) Der Waldbesitzer hat das Betreten des Waldes durch Erholungssuchende zu dulden. Er kann das Betreten des Waldes mit Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde beschränken. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, soweit die Beschränkung zur Erhaltung, zur forstwirtschaftlichen Pflege oder zur Nutzung des Waldes, zur Wildhege oder zur Sicherheit der Waldbesucher notwendig ist. Vorübergehende Beschränkungen, die zur Sicherheit der Waldbesucher sofort getroffen werden müssen, bedürfen keiner Genehmigung.

(2) Vorschriften des öffentlichen Rechts, die das Betreten von Wald beschränken oder solche Beschränkungen zulassen, bleiben unberührt; das gleiche gilt für Rechtsvorschriften, die das Betreten von Wald zu anderen als Erholungszwecken regeln.


Aufgrund des Prinzips der Diskontinuität war dieser Gesetzentwurf allerdings mit der Wahl zum 6. Bundestag im September 1969 bereits wieder hinfällig. So dauerte es weitere sechs Jahre bis zum Inkrafttreten des uns bekannten § 14 Bundeswaldgesetz von 1975 und in dessen Folge den unterschiedlichen Regelungen zum Betretungsrecht in den jeweiligen Landeswaldgesetzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Noch bevor das Bayerische Naturschutzgesetz am 1. August 1973 in Kraft getreten war, lag dem mittlerweile 7. Bundestag am 9. Juli 1973 ein neuer Regierungsentwurf zum Bundeswaldgesetz (Drucksache 7/889) vor. Die Mitwirkung des Bundesrats dürfte bezüglich des "Betreten des Waldes" allerdings schon in einem gewissen Maße von der für das Bayerische Naturschutzgesetz beschlossenen Befugnis des Radfahrens auf Privatwegen (Art. 23 Abs. 1 BayNatSchG 1973) und des Prinzips der Gemeinverträglichkeit (Art. 21 Abs. 2 BayNatSchG 1973) beeinflusst gewesen sein.

Der vorgelegte Gesetzentwurf sollte unter anderem die Nutz-, Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes sichern und natürlich auch einen Ausgleich zwischen dem Interesse der Allgemeinheit und den Belangen der Waldbesitzer herbeiführen. Zudem enthielt er im besonderen Interesse für die Allgemeinheit wieder eine bundeseinheitliche Regelung für das Betreten des Waldes zum Zweck der Erholung.

Der Bundesrat hatte vorab schon einiges zu bemängeln bzw. klarzustellen, was wiederum die Bundesregierung zu einer Gegenäußerung veranlasste, so dass die Drucksache 7/889 bereits zwei weitere Versionen des Entwurfs enthält, bevor er in den Bundestag eingebracht wurde.

Der ursprüngliche Regierungsentwurf 1973 enthielt schon sehr viel detailliertere und umfangreichere Regelungen zum Betretungsrecht als noch der von 1969. Das federführende Ministerium ergänzte seine Begründung daher entsprechend:

Zu § 12 (Betreten des Waldes)
In der Bundesrepublik Deutschland gibt es keine einheitliche Regelung darüber, ob und inwieweit der Wald der Bevölkerung zum Zwecke der Erholung offensteht. Abgesehen von Bayern, das in Artikel 141 seiner Verfassung u. a. das Betreten von Wald gestattet, finden sich in den noch bestehenden älteren forstrechtlichen Bestimmungen Regelungen, die das unbefugte Betreten von Wald oder das Verweilen von Wald mit Strafe oder Geldbuße bedrohen. In diesem Zusammenhang ist es häufig unklar, inwieweit das Recht des Waldbesitzers durch Gewohnheitsrecht eingeschränkt wird. Ein „Gemeingebrauch am Wald" im verwaltungsrechtlichen Sinne ist allerdings nicht begründet worden.

Neue Forstgesetze regeln das Betreten des Waldes unterschiedlich, so in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein, oder gar nicht wie in Hessen. Da die Erholungsfunktion des Waldes seit langem anerkannt ist, und die Wälder von der Bevölkerung der verschiedensten Gegenden und des Auslandes aufgesucht werden, führt die geschilderte Rechtslage zu Unzuträglichkeiten. § 12 soll deshalb einheitliches Recht schaffen, soweit es sich um das Betreten von Wald zum Zwecke der Erholung handelt.

Die Gestattung des Betretens von Wald nach Absatz 1 liegt im Rahmen der Sozialpflichtigkeit des Eigentums nach Artikel 14 Absatz 2 GG, da § 12 ein Betreten nur in einem Umfang zuläßt, daß wesentliche Beeinträchtigungen des Waldbesitzers im allgemeinen nicht zu erwarten sind. Das Betreten geschieht auf eigene Gefahr. Den Waldbesitzern werden durch die Regelung neben der normalen Verkehrssicherungspflicht keine weiteren Sicherungspflichten auferlegt, die eine erweiterte Haftung begründen könnten. Der Begriff „Betreten" ist im weiten Sinne zu verstehen, umfaßt also außer dem Begehen z. B. auch die Benutzung von Skiern und Handschlitten sowie das Mitführen von Kinderwagen oder Fahrrädern, die Benutzung von Krankenfahrstühlen, nicht aber das Fahren mit Kraftfahrzeugen aller Art, z. B. mit einem Moped, oder das Reiten. Im Satz 2 werden bestimmte Waldflächen von dem Betreten ausgenommen, um Beeinträchtigungen und Schäden zu vermeiden. Zu den forst- und jagdwirtschaftlichen Einrichtungen zählen z. B. Feuerwachtürme, Waldarbeiterschutz- oder Jagdhütten, fahrbare Schutz- und Unterkunftseinrichtungen, Holzhöfe, Imprägnieranlagen, Hochsitze, Gerätelager.

In Ergänzung des Grundsatzes in Absatz 1 Satz 1 regelt Absatz 2, daß das Reiten, Fahren, Zelten und Abstellen von Wohnwagen im Wald nur gestattet sind, soweit hierfür eine besondere Befugnis vorliegt oder Wege und sonstige Flächen dazu besonders bestimmt sind. Ein unbeschränktes Betreten und Befahren des Waldes wäre nicht vertretbar. Eine räumliche Trennung der verschiedenen Verkehrsarten und Freizeitbetätigungen in möglichst weitgehendem Umfang ist im Interesse der Mehrheit der wandernden Waldbesucher, zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Wald und zum Schutz des Eigentums am Wald erforderlich.

Der in Absatz 1 Satz 1 festgelegte Grundsatz erfährt durch die Absätze 3 und 4 die nach der Sachlage gebotenen weiteren Ausnahmen. Danach kann die nach Landesrecht zuständige Behörde für bestimmte Waldgebiete die Befugnis zum Betreten einschränken, soweit dies zur Verhütung von Waldbränden oder zum Schutz der wildlebenden Tiere erforderlich ist. Durch Waldbrand gefährdet sind besonders jüngere Nadelwaldbestände während einer Trockenheit im Frühjahr oder Sommer. Wildlebende Tiere benötigen insbesondere während der Setz-, Brut- und Aufzuchtzeiten ungestörte Lebensstätten.

Außer der Behörde kann auch der Waldbesitzer den Zutritt zu bestimmten Waldflächen ganz ausschließen oder zeitlich beschränken, wenn dies aus wichtigen Gründen des Forstschutzes, der Wald- oder Wildbewirtschaftung oder zum Schutz der Waldbesucher erforderlich ist. Die Gründe, die eine Beschränkung oder den Ausschluß rechtfertigen können, sind erschöpfend aufgezählt. Um ungerechtfertigten Beschränkungen vorzubeugen, bedarf der Waldbesitzer der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Stelle, soweit nicht zur Sicherheit der Waldbesucher oder zum Schutz des Waldes, z. B. bei Maßnahmen zur Waldbrandbekämpfung, Sofortmaßnahmen geboten sind. Die Genehmigung ist nur befristet zu erteilen und kann erforderlichenfalls verlängert werden.

Absatz 5 stellt klar, daß andere öffentlich rechtliche Vorschriften, die ein Betreten des Waldes gestatten oder das Betreten des Waldes einschränken oder solche Einschränkungen zulassen, unberührt bleiben. Unverändert bestehen bleiben etwa die Vorschriften über das Betretungsrecht in Gesetzen über statistische Erhebungen, das Betretungsverbot für militärische Sicherheitsbereiche und die sonstigen Befugnisse nach dem Gesetz über die Anwendung unmittelbaren Zwanges und die Ausübung besonderer Befugnisse durch Soldaten der Bundeswehr und zivile Wachpersonen sowie Bestimmungen über Manöver und andere Übungen im Bundesleistungsgesetz und die sich aus den völkerrechtlichen Vereinbarungen im Zusammenhang mit der Stationierung ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland ergebenden Regelungen.

Privatrechtliche Abmachungen über die Einräumung oder die Eingrenzung der Befugnis, fremde Grundstücke zu betreten, werden in Absatz 5 nicht angesprochen; insoweit gelten die Bestimmungen des Privatrechts.


Für radfahrende Wanderer oder Radfahrer war es nach dieser Begründung nun nicht mehr möglich das Radfahren allein durch Abgrenzung vom "Fahren mit Kraftfahrzeugen" dem "Betreten" in Absatz 1 zuzuordnen, da das "Fahren" nun neben dem Reiten, Zelten und Aufstellen von Wohnwagen in Absatz 2 eigens geregelt war:

§ 12
Betreten des Waldes
(1) Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erholung ist auf eigene Gefahr gestattet. Ausgenommen sind Forstkulturen, Forstdickungen, Saatkämpe, Pflanzgärten, Naturverjüngungen, forst- und jagdwirtschaftliche Einrichtungen.

(2) Reiten, Fahren, Zelten und Abstellen von Wohnwagen sind im Wald nur gestattet, soweit hierfür eine besondere Befugnis vorliegt oder Wege und sonstige Flächen dazu besonders bestimmt sind.

(3) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann, soweit es zur Waldbrandverhütung oder zum Schutz der wildlebenden Tiere erforderlich ist, für bestimmte Waldgebiete die Befugnis zum Betreten des Waldes nach Absatz 1 einschränken.

(4) Der Waldbesitzer kann den Zutritt zu bestimmten Waldflächen aus wichtigen Gründen des Forstschutzes, der Wald- oder Wildbewirtschaftung oder zum Schutz der Waldbesucher ausschließen oder beschränken. Er bedarf hierfür der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde. Die Genehmigung darf nur befristet erteilt werden. Maßnahmen, die zum Schutz der Waldbesucher oder des Waldes sofort getroffen werden müssen, bedürfen keiner Genehmigung.

(5) Andere Vorschriften des öffentlichen Rechts, die das Betreten des Waldes gestatten, dieses Betreten einschränken oder solche Einschränkungen zulassen, bleiben unberührt.


Das Ziel die Bereiche Naturschutz und Landschaftspflege während des 6. Bundestags in die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zu überführen hatte im Bundesrat keine Mehrheit gefunden. So äußerte der Bundesrat in seiner Stellungnahme erneut Bedenken, ob diese Regelungen im Rahmen der Rahmengesetzgebung noch Raum für landesrechtliche Vorschriften mit substantiellem Gehalt ließen. Diese Bedenken könnten nur durch eine Umgestaltung u. a. des § 12 behoben werden.

Aber auch Inhaltlich sah der Bundesrat Änderungs- und insbesondere bezüglich des Radfahrens Klarstellungsbedarf:

Eine Beschränkung des Rechts zum Betreten des Waldes auf den Zweck der Erholung ist nicht kontrollierbar; es ist deshalb darauf zu verzichten.

Ein generelles Betretungsverbot für Forstdickungen erscheint nicht notwendig.

Im Interesse der Walderhaltung in den waldarmen Ländern ist es sachlich geboten, das Betretungsrecht grundsätzlich auf die Waldwege aller Art zu beschränken und den Ländern die Möglichkeit zu geben, in bestimmten Gebieten dieses Betretungsrecht zu erweitern (z. B. durch die Ausweisung von unbeschränkt betretbaren Erholungswäldern) und die Kontrolle einschränkender Maßnahmen abweichend zu gestalten.

Das Betretungsrecht findet seine Grenze an den Rechten der anderen (Gemeinverträglichkeit).

Es erscheint angebracht, die Benutzung für das Radfahren und das Fahren mit Krankenfahrstühlen ausdrücklich klarzustellen.

Im übrigen stellt die Fassung den Rahmencharakter der Vorschrift sicher.


Da es nicht zu kontrollieren sei, sollte das Betreten nach Vorstellung des Bundesrats nicht mehr nur zu Erholungszwecken gestattet sein. Soweit es nun für waldarme Bundesländer eine Möglichkeit zum Beschränken des Betretens auf Waldwege aller Art eröffnete, bezog es sich damit wohl lediglich auf die Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Wegen. Die Version des Bundesrats enthielt dann auch erstmals für das Bundeswaldgesetz eine konkrete Regelung zum Radfahren und dessen Beschränkung auf Waldwege. Zudem fügte er das Prinzip der Gemeinverträglichkeit, das wir bereits als Schranke des Grundrechts auf Erholung in der Freien Natur aus Art. 141 Abs. 3 BV kennen und in Art. 21 Abs. 2 BayNatSchG 1973 konkretisiert wurde, mit einem neuen Absatz 2 in § 12 ein.

Nach Meinung des Bundesrats sei daher § 12 wie folgt zu fassen gewesen:
㤠12
Betreten des Waldes
(1) Das Betreten des Waldes ist auf eigene Gefahr gestattet. Ausgenommen sind Forstkulturen, Saatkämpe, Pflanzgärten, Naturverjüngungen, forst- und jagdwirtschaftliche Einrichtungen sowie Waldflächen während der Durchführung von Forstarbeiten. Durch Landesgesetz können weitere Arten von Flächen von der Betretungsbefugnis ausgenommen werden; in Ländern mit einer Bewaldung unter 10 vom Hundert der Landesfläche kann das Betreten auf Waldwege aller Art beschränkt werden.

(2) Wer den Wald aufsucht, hat sich so zu verhalten, daß die Bewirtschaftung des Waldes nicht gestört und die Erholung anderer nicht beeinträchtigt wird.

(3) Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 gelten sinngemäß auch für das Radfahren und das Fahren mit Krankenfahrstühlen auf Waldwegen. Reiten, Fahren, Zelten und Abstellen von Wohnwagen sind im Wald nur gestattet, soweit hierfür eine besondere Befugnis vorliegt oder Wege und sonstige Flächen dazu besonders bestimmt sind. Durch Landesgesetz können weitere Benutzungsarten untersagt werden.

(4) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann, soweit es zur Waldbrandverhütung oder zum Schutz der wildlebenden Tiere und wildwachsenden Pflanzen erforderlich ist, für bestimmte Waldgebiete die Befugnis zum Betreten des Waldes nach Absatz 1 einschränken.

(5) Der Waldbesitzer kann den Zutritt zu bestimmten Waldflächen aus wichtigen Gründen des Forstschutzes, der Wald- oder Wildbewirtschaftung oder zum Schutz der Waldbesucher ausschließen oder beschränken. Er bedarf hierfür der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde. Die Genehmigung darf nur befristet erteilt werden. Maßnahmen, die zum Schutz der Waldbesucher oder des Waldes sofort getroffen werden müssen, bedürfen keiner Genehmigung.

(6) Das Nähere regeln die Länder; sie können weitere Ausnahmen von der Genehmigungspflicht nach Absatz 5 zulassen. Andere Vorschriften des öffentlichen Rechts, die das Betreten des Waldes gestatten, dieses Betreten einschränken oder solche Einschränkungen zulassen, bleiben unberührt."


Die Bundesregierung widersprach der Auffassung des Bundesrates zum Bundeswaldgesetz insgesamt in mehreren Punkte, stimmte dessen Vorschlag zum Betreten des Waldes mit der Maßgabe zu, dass § 12 wie folgt gefaßt wird:

,,§ 12
Betreten des Waldes
(1) Das Betreten des Waldes zum Zwecke der Erolung ist auf eigene Gefahr gestattet. Ausgenomen sind Forstkulturen, Saatkämpe, Pflanzgärten, Naturverjüngungen, forst- und jagdwirtschaftliche Einrichtungen sowie Waldflächen während der Durchführung von Forstarbeiten. Durch Landesgesetz können aus wichtigen Gründen der Wald- oder Wildbewirtschaftung weitere Arten von Waldflächen von der Betretungsbefugnis ausgenommen werden; in Ländern mit einer Bewaldung unter 10 vom Hundert der Landesfläche kann das Betreten auf Waldwege aller Art beschränkt werden.

(2) Absatz 1 gilt sinngemäß auch für das Radfahren und das Fahren mit Krankenfahrstühlen auf Waldwegen. Sonstiges Fahren, Reiten, Zelten und Abstellen von Wohnwagen sind im Wald insoweit gestattet, als hierfür eine besondere Befugnis vorliegt oder Wege und sonstige Flächen dazu besonders bestimmt sind. Durch Landesgesetz können weitere Benutzungsarten geregelt werden.

(3) Wer gemäß den Absätzen 1 und 2 den Wald aufsucht, hat sich so zu verhalten, daß die Erholung der anderen Waldbesucher, die wildlebenden Tiere und ihre Lebensstätten sowie die Wald- und Wildbewirtschaftung nicht mehr als unvermeidbar gestört oder auf andere Weise beeinträchtigt werden.

(4) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann, soweit es zur Waldbrandverhütung oder zum Schutz der wildlebenden Tiere erforderlich ist, für bestimmte Waldgebiete die Befugnisse zum Betreten des Waldes nach Absatz 1 einschränken.

(5) Der Waldbesitzer kann den Zutritt zu bestimmten Waldflächen aus wichtigen Gründen des Forstschutzes, der Wald- oder Wildbewirtschaftung oder zum Schutz der Waldbesucher ausschließen oder beschränken. Es bedarf hierfür der Genehmigung der nach Landesrecht zuständigen Behörde. Die Genehmigung darf nur befristet erteilt werden. Maßnahmen, die zum Schutz der Waldbesucher oder des Waldes sofort getroffen werden müssen, bedürfen keiner Genehmigung.

(6) Andere Vorschriften des öffentlichen Rechts, die das Betreten des Waldes gestatten, dieses Betreten einschränken oder solche Einschränkungen zulassen, bleiben unberührt. Das gilt nicht für Vorschriften des öffentlichen Rechts, die das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken regeln, soweit sie das Betreten über die Absätze 1 bis 5 hinaus einschränken."


Die vorgenommenen Änderungen begründete die Bundesregierung in ihrer Gegenäußerung wie folgt:

Die Bundesregierung ist der Auffasung, daß das Betreten des Waldes nur zum Zwecke der Erholung gestattet werden soll, damit offensichtliche Mißbräuche der Betretungsregelung, wie z. B. das Betreten des Waldes zu gewerblichen Zwecken, ausgeschlossen werden.
Das Einfügen des vom Bundesrat vorgeschlagenen Absatzes 2 in abgeänderter Form als neuer Absatz 3 soll klarstellen, daß das dort normierte Verhaltensgebot für alle Waldbesucher gilt, die den Wald zum Zwecke der Erholung aufsuchen. Im übrigen sollen die vorgenommenen Änderungen sicherstellen, daß das Verhaltensgebot sich nicht nur auf Störungen, sondern auch auf sonstige Beeinträchtigungen bezieht und auch den wildlebenden Tieren einschließlich ihrer Lebensstätten und der Wildbewirtschaftung zugute kommt.
Die Änderung und Ergänzung des vom Bundesrat vorgeschlagenen Absatzes 6 erscheinen nach der Übernahme des vom Bundesrat vorgeschlagenen Absatzes 1 erforderlich; sie haben zum Ziel, die Vorschrift des § 12 im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtseinheit zu einer abschließenden Regelung auszugestalten. Die übrigen Änderungen und Ergänzungen dienen der Berichtigung oder Klarstellung.


Dieser Entwurf grenzte nun das Radfahren und Fahren mit Krankenfahrstühlen vom "sonstigen Fahren" ab und beschränkte diese Erholungsformen auf Waldwege. Da die "Krankenfahrstühle" erstmals bezüglich des Betretungsrechts im Bayerischen Naturschutzgesetz erwähnt werden, darf davon ausgegangen werden, dass man sich an den bayerischen Regelungen anlehnte, ohne allerdings deren Regelungsgehalt erfasst zu haben.

Neben der Gemeinverträglichkeit wurde im neugefassten Absatz 3 dieses Entwurfs nun auch die Eigentümer- und Naturverträglichkeit mit aufgenommen. Diese Fassung ähnelt Art. 21 Abs. 2 BayNatSchG in der Fassung von 1998 (seit 2010 Art. 26 Abs. 2).

Art. 26 Abs. 2 BayNatSchG
Bei der Ausübung des Rechts nach Abs. 1 ist jedermann verpflichtet, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen. Dabei ist auf die Belange der Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten Rücksicht zu nehmen. Die Rechtsausübung anderer darf nicht verhindert oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden (Gemeinverträglichkeit).


Trotz der Bemühungen der damaligen Bundesregierung und des Bundesrats im Vorfeld der parlamentarischen Beratungen, waren das nicht die letzten Fassungen zum "Betreten des Waldes" und wie wir heute wissen, blieb bis zur Verabschiedung des Bundeswaldgesetzes 1975 von den Entwürfen in Drucksache 7/889, wie auch das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zum "Reiten im Walde" 1989 feststellte, kaum etwas übrig.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Sun on Tour : ich finde ja gut, dass Du uns hier an Deiner Jura-Kompetenz teilhaben lässt. Aber warum soll ich mir das Juristengeschwurbel durchlesen? Hilft doch nicht wirklich beim Lösen irgendwelcher Probleme.
 
@codit: Hier die Zusammenfassung dieses Threads in meinem Beitrag von heute 19:42.
Beste Grüße nach Hessen
Hallo @Sun on Tour , ich schätze Deine Beiträge in der Regel wirklich sehr. Der von Dir verlinkte Faden (bzw. Deine Argumentation dort) findet auch meine volle Zustimmung! Ich sehe aber den Zusammenhang zu diesem Thread nicht wirklich. Liegt vielleicht daran, dass ich Ing bin;)-
 
Das Betretungsrecht in Bayern wurde durch verschiedene Ereignisse in der Vergangenheit zu einem Puzzle (hier geprochen wie geschrieben), das sich nur lösen lässt, wenn man die Geschichte kennt und verstanden hat.
Im nächsten Beitrag gibt es hier ein erstes Mal ein wirklich großes Teil dieses Puzzles.
 
@Sun on TourAber warum soll ich mir das Juristengeschwurbel durchlesen? Hilft doch nicht wirklich beim Lösen irgendwelcher Probleme.

Es ist leider keine Seltenheit, dass von amtlicher Seite (z. B. Forstbehörden) oder auch von privater Seite (z. B. Waldbesitzern) die geltende Rechtslage verzerrt oder sogar falsch dargestellt wird. Das können wir als Betroffene ignorieren, so lange es uns nicht selbst trifft. Wir können es auch einfach schlucken, weil wir es nicht besser wissen. Oder wir befassen uns mit unseren Rechten und ihren Grundlagen und nehmen nicht mehr alles hin, sondern geben Kontra. Das machen immer mehr Mountainbiker und aus den berühmt berüchtigten Hinterzimmern wissen wir mittlerweile, dass die eine oder andere Behörde den guten alten Zeiten, als man uns noch ganz einfach einen Bären aufbinden konnte, sehnsuchtsvoll nachtrauert. Das Wissen um die Rechtslage und unsere Rechte führt zwar nicht immer und überall zum Erfolg, hat aber gelegentlich auch schon die eine oder andere Behörde - in Hessen sogar eine ganze Regierungskoalition - zum Umdenken veranlasst. Insofern hat die Befassung mit "Juristengeschwurbel" durchaus ihren Sinn.

Um seine Rechte zu wahren, muss man sie kennen und verstehen. Dazu gehört auch die Frage, wie das geltende Recht entstanden ist. Selbstverständlich ist die Befassung damit aber freiwillig ;) Noch mehr "Juristengeschwurbel" gibt es Übrigens auf der DIMB Homepage, u. a. hier

http://www.dimb.de/aktivitaeten/open-trails/rechtslage
http://www.dimb.de/mediathek/veroeffentlichungen

zu lesen.
 
Es ist leider keine Seltenheit, dass von amtlicher Seite (z. B. Forstbehörden) oder auch von privater Seite (z. B. Waldbesitzern) die geltende Rechtslage verzerrt oder sogar falsch dargestellt wird. Das können wir als Betroffene ignorieren, so lange es uns nicht selbst trifft. Wir können es auch einfach schlucken, weil wir es nicht besser wissen. Oder wir befassen uns mit unseren Rechten und ihren Grundlagen und nehmen nicht mehr alles hin, sondern geben Kontra. Das machen immer mehr Mountainbiker und aus den berühmt berüchtigten Hinterzimmern wissen wir mittlerweile, dass die eine oder andere Behörde den guten alten Zeiten, als man uns noch ganz einfach einen Bären aufbinden konnte, sehnsuchtsvoll nachtrauert. Das Wissen um die Rechtslage und unsere Rechte führt zwar nicht immer und überall zum Erfolg, hat aber gelegentlich auch schon die eine oder andere Behörde - in Hessen sogar eine ganze Regierungskoalition - zum Umdenken veranlasst. Insofern hat die Befassung mit "Juristengeschwurbel" durchaus ihren Sinn.

Um seine Rechte zu wahren, muss man sie kennen und verstehen. Dazu gehört auch die Frage, wie das geltende Recht entstanden ist. Selbstverständlich ist die Befassung damit aber freiwillig ;) Noch mehr "Juristengeschwurbel" gibt es Übrigens auf der DIMB Homepage, u. a. hier

http://www.dimb.de/aktivitaeten/open-trails/rechtslage
http://www.dimb.de/mediathek/veroeffentlichungen

zu lesen.

o.k. akzeptiert und (hoffentlich) verstanden!

Grüße
codit
 
Im nächsten Beitrag gibt es hier ein erstes Mal ein wirklich großes Teil dieses Puzzles.

So groß müsste es gar nicht sein, 3-4 griffig Sätze um zu erklären wieso das ein oder andere Verboten Schild nicht rechtens ist und ich eben doch "DA" biken darf würden mir reichen!
Oder soll ich mir das gesamte Juristengeschwurbel* zu Hause ausdrucken und damit bei der nächsten Diskussion auf dem Trail den Herr-Oberförster totschmeisen.

* codit

:
 
3-4 griffige Sätze findest Du in der Petition, auf der Dimb-Homepage, auf OpenTrails etc.
Warum muß man etwas zum 100sten Mal trivial darstellen, nur weil sich die Meisten nicht in der Tiefe mit etwas beschäftigen wollen? Wer mit der Bild zufrieden ist, sollte doch anderen zugestehen, die Süddeutsche oder Frankfurter Allgemeine zu lesen...

@Sun on Tour
Bitte so weitermachen! Das ist hochspannend!
 
Oder soll ich mir das gesamte Juristengeschwurbel* zu Hause ausdrucken und damit bei der nächsten Diskussion auf dem Trail den Herr-Oberförster totschmeisen.

Letzteres vielleicht nicht, aber ein Ausdruck des für das jeweilige Bundesland geltenden Betretungsrechts (sind ja nur ganz wenige Paragraphen) kann schon mal in der Diskussion auf dem Trail ganz hilfreich sein ;)

Nur mal so als Beispiel: In NRW wird immer wieder behauptet, man dürfe im Wald nur auf "befestigten" Wegen mit dem Rad/Mountainbike fahren und das stünde so im Gesetz. Hat man sich aber als in NRW fahrender Mountainbiker vorher mal hier http://www.dimb.de/aktivitaeten/open-trails/rechtslage/316-die-rechtslage-in-nordrhein-westfalen durchgekämpft, dann weiß man nicht nur, dass das so gar nicht im Gesetz steht, sondern auch, was die Gerichte dazu sagen und wie das alles zu verstehen ist, kann Kompetenz demonstrieren und qualifiziert Kontra geben. Allzu viel lesen und ggf. ausdrucken muss man dafür nicht und zusammengefaltet nimmt es auch nicht so viel Platz im Tourenrucksack ein :cool:

Was ist besser: Sich auf dem Trail Belehrungen über die Rechtslage anzuhören und erst hinterher zu Hause festzustellen, dass man verarscht wurde und sich dann darüber ärgern oder selbstbewußt sagen zu können, dass man es besser weiß und sogar sofort beweisen kann?
 
Bevor ich mich eingehend mit dem Bayerischen Naturschutzgesetz von 1973 befasse, möchte ich noch einen ganz kurzen Blick auf den "Gesetzentwurf zur Ausführung des Artikel 141 Absatz 3 BV" (Drucksache 7/224) einiger Abgeordneter vom 25. Februar 1971 werfen.

Dort finden sich nämlich unter anderem zwei Details die durchaus erwähnenswert sind:

Artikel 2
Inhalt des Grundrechts
(1) Das Grundrecht gestattet grundsätzlich
...
3. das Gehen, Radfahren und Reiten auf allen Straßen und Wegen in der freien Natur;
...


Der Entwurf machte eigentlich schon deutlich, dass in Ausübung des Grundrechts das Radfahren auf allen Wegen erlaubt, sowie eine gemeinsame Nutzung aller Wege in der Natur selbstverständlich ist. Bemerkenswert ist auch, dass das Reiten hier bereits unter das Grundrecht auf Erholung in der freien Natur fiel. Das wird später noch eine große Rolle in diesem Thread spielen.

Artikel 5
Reitverbote
Die Eigentümer und Besitzer von in Anspruch genommenen Grundstücken können das Reiten auf Reitwege beschränken, wenn dies aus Gründen der Sicherheit anderer Erholungssuchender oder zum Schutze des Bodens notwendig ist.


Aufschlussreich ist auch, dass keine Einschränkungen des Radfahrens aus den o.g. Gründen für erforderlich gehalten werden, was auch dem Ergebnis aller Studien zu diesem Themenbereichen entspricht, besonders eindrucksvoll z. B. in der Konfliktanalyse aus 2006 (S. 127):

Eine von den Mountainbikern ausgehende gesundheitliche Gefährdung der Wanderer durch Begegnungen wird relativiert: "Also das halte ich persönlich jetzt subjektiv für einen Witz, muss ich ihnen ehrlich sagen" (SWV).

Eine solche Aussage 2006 vom Schwarzwaldverein spricht Bände.


Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens zum Bayerischen Naturschutzgesetz wurde dieser Gesetzentwurf im März 1973 zurückgenommen bzw. hatte sich erledigt.
 
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