Zwar kenne ich die Probleme von Liteville/Syntace im Detail nicht in betriebswirtschaftlicher Hinsicht, jedoch sehe ich als langjähriger Brancheninsider in der Fahradbranche das viele Marketinggelabere und die damit verbundenen Trends in der Branche, die speziell ab dem 2012er Jahr aufwärts begannen, als eine von vermutlich mehreren Ursachen an. Fatbikes, 29er, E-Bikes, Carbon-/Alurahmen - die Varianten und Modellvielfalt nahm immer weiter zu im Glauben damit Kunden besser bedienen zu können.
Als ich in den 2000er Jahren begann in der Branche zu arbeiten stand mehr das technisch/funktionelle im Vordergrund und das Marketing beschränkte sich einfachst auf den Vertrieb mit all seinen damit zusammenhängenden Tätigkeiten. Aber, es hatten eher die Poduktionsleute/Techniker das Sagen, was wird entwickelt, wo entwickelt man das Unternehmen hin, was macht (technisch) Sinn? Heute ist das längst verkehrt - nicht nur im Fahrradbereich, sondern fast überall haben die Marketingleute das primäre Sagen. Getrieben von Ihren Gefühlen und Emotionen geht es krampfhaft darum, Neues auf den Markt zu werfen. Hauptsache man wirft, scheint das Motto zu sein ohne weitergehende, vorausschauende Überlegungen anzustellen. Die Ratio im Hirn des Menschen ist und verbleibt ausgeschaltet.
Die ganzen Trends sind, wie das Wort ja schon impliziert, von kurzer Dauer. Von solchen kannst als Unternehmen kaum leben wirtschaftlich, sondern man braucht ein solides Geschäftsmodell basierend auf Produkten, die sich eben mit relativ konstanter Stückzahl verkaufen - unabhängig von Trends, welche ich in BWL-Hinsicht als "Sahnehäubchen" in der Marge etc. sehe, aber von kurzer Dauer sind, meist mit guten Renditen, aber eben nur temporär ziehen. Ist der Trend medial etc. vorbei, sinkt die Nachfrage gegen 0. In anderen Branchen mag das klappen - ein Lebensmittelhersteller kann meist mit einfachsten Mitteln seine Rezepturen/Inhalte verändern um den ganzen Trends hinterher zu jagen, die es im Nahrungsmittelbereich so gibt. In der Fahrradbranche wird es schwieriger.
Um allerdings in der Fahrradbranche als Fahrradhersteller, sofern man im industriellen Charakter produziert und nicht mal ein paar hundert Räder nur zusammenbaut, sind Trends teuflisch: sie verursachen in der Entwicklung und Produktion (Umstellung, Adaption etc.) einen mehr oder minder hohen Aufwand, liefern letzten Endes geringe Stückzahlen für kurze/absehbare Zeit und selbst wenn die Deckungsbeträge je Rad höher sein mögen, so fressen die ganzen Entwicklungs-/Umstellkosten in der Produktion diese auf. Mich würde gar nicht wundern, wenn zahlreiche Unternehmen div. Trends mit negativen Salden, bilanziert am Ende des Trends, abschließen. Klarerweise sagt dies niemand nach aussen hin, jedoch die Überschuldungen der Unternehmen müssen von irgendwo her kommen - nicht aus heiterem Himmel bzw. selten von heute auf morgen oder von einer Saison zur nächsten. Speziell bei bereits langjährig bestehenden, etabilierten Unternehmen wie ich es bei Syntace sehe dürften abseits von Trends auch andere Ursachen relevant gewesen sein.
Andererseits, und das sieht man ja in der Community, so auch hier im Forum, gieren User laufend nach neuem - zumindest manche und die stilisieren sich zu Meinungsmachern auf. Wenn Magura seit über 10 Jahren an seinen MT-Bremsen festhält, die halt einfach funktionieren (kann ich als langjähriger Magura-Bremser sagen - will keine Werbung jetzt dafür machen), dann ist die Bremse einfach old-school etc. Auch wenn sie einfach nur tut, was sie tun soll (= bremsen) und das bisweilen äußert gut, ist das zu wenig in der Wahrnehmung macher Leute.
Umgekehrt ist das Fahrad auch in den letzen 15 Jahren gut zum Wegwerfprodukt verkommen - hau weg den Dreck und kauf dir was neues - ist der implizite, aber nie ausgesprochene Slogan in der Fahrradindustrie - bereits nach wenigen Jahren der Nutzung eines Rades. Selbst hochpreisige Fahrräder wie sie eben im sporlichen Bereich Einsatz finden. Eben weil es keine Ersatzteile gibt bisweilen oder weil vieles so schlecht entwickelt/getestet wird (dank immer kürzerer Produktlebenszyklen), dass das Zeug einfach nicht lange hält.