Ackebua
Im Winter gibt es Schnee.
Der späte Winter Anfang Jahres 2005 ist kalt, trocken und läßt keine Hoffnung auf Besserung aufkommen. Der rettende Frühling mit seinen wärmenden Sonnenstrahlen und dem Duft der Frühblüher ist noch so fern. Während ich darüber nachdenke, merke ich, wie mein Kamerad neben mir eingeschlafen ist. Sein verbeulter Helm ist ihm ins Gesicht gerutscht und nur seine tiefrote Nase schaut mit einem kleinen Tropfen Schneuzwasser hervor. Die letzten Stunden waren wieder hart, unaufhörlich schlägt das Geschützfeuer in die Sandsäcke über unseren Köpfen. Mein Schützengraben, in dem ich mit fünf anderen Kameraden seit 6 Tagen hocke, stinkt inzwischen bestialisch nach Fäkalien. Wir können nicht raus, wer oben Kakken geht, ist dem Tode geweiht.
Da kommt der Befehl des Divisionskommandanten: "Du! Mit dem SR45 nach Kremmen. Dort ist die ungeschützte Flanke des Feindes. Los marsch, marsch!" Ich frohlocke. Endlich raus hier. Der Gedanke, mit dem SR45 loszuziehen, gibt mir wieder frischen Mut. Morgen früh soll es losgehen. Das Ziel ist bekannt, die Mision steht.
Der 08.Februar erwacht, und mit ihm erwache auch ich, wenngleich ich die ganze Nacht nicht richtig schlafen konnte. Ich befreie mich von den durchdreckten Klamotten und zwänge mich in die Einsatzkleidung. Dann noch schnell von den Kameraden verabschiedet und schon sitze ich auf meinem Streitrad. Im Schutz der Morgendämmerung schleiche ich mich - für den Feind unsichtbar - aus der Stellung und begebe mich einen großen Bogen nach Norden schlagend in Richtung des Tegeler Forstes. Nach einer halben Stunde ruhiger Fahrt wird die Gegend zusehends kahler und durchbrochener. Ich muß aufpassen, um nicht in die Bombemkrater zu stürzen, die unsere Babys hier in die Erde gerissen haben. Demnach müßte ich jetzt auf Höhe des Feindes sein. Meine Augen sind weit aufgerissen, und ich ahne hinter jeder Erderhebung eine Bedrohung. Bis zum Wald ist es jetzt nicht mehr weit, da sind schon die bekannten Wege, die in die schützende Baumansammlung führen. In den Tegeler Forst eingetaucht kann ich endlich ein wenig aufatmen und bewege mich zügig durch das schon oft durchfahrene Wegenetz dieses herrlichen Waldes.
Schließlich erreiche ich Hennigsdorf, das scheinbar unbelagert eine unangenehme Ruhe ausstrahlt. Vorsichtig überquere ich die Havel und schlage mich westlich des reißenden Stroms wieder in die schützende Waldlandschaft. Ich falle wieder leicht südlich und bemerke, daß feindliche Truppen hier schon einen provisorischen Transportweg für schweres Geschütz entlang des Havelkanals geschaffen haben. Also sollte ich mich schleunigst wieder etwas nordwestlich halten, um nicht in die Schußlinie der patroullierenden Einheiten zu kommen.
Dort ist auch schon Schönwalde zu sehen. Die forsche Fahrt meines Streitrades verlangsamend taste ich mich vorsichtig durch die kleinen Straßen. Da ist auch schon ein Spähtrupp, direkt dort an der Kreuzung. Ich warte ein paar Sekunden und begebe mich - das bewaffnete Quartett stets im Auge - westwärts in den Schutz der kleinen Häuser. Von hier können sie mich nicht mehr bemerken, ich habe es gerade so noch einmal geschafft. Ich kann einen alten Mann dafür gewinnen, mit einem flugs verfaßten Lagebericht zurück zur Kommandantur nach Berlin-Pankow zu eilen. Vertrauen kann ich ihm getrost, leidet er doch schon seit Wochen unter der Belagerung der feindlichen Truppen.
Das nächste Ziel soll die Brücke in Alt-Brieselang sein, wo seit Tagen der Kampf um diesen strategisch wichtigen Knotenpunkt andauert. Noch im Schutz der letzten Bäume positioniere ich das mitgeführte Geschütz auf der Titec-Steuereinheit und stürme unter Dauerfeuer auf die Wachposten an der Brücke los. Drüben auf der anderen Kanalseite bemerken unsere chancenlosen Truppen meinen heldenhaften Angriff und greifen ihrerseits von der gegenüberliegende Seite sofort ins Geschehen ein. Ich kann in den ersten Sekunden zwei der feindlichen Panzer und das wichtige Großgeschütz an der Brücke zerstören. Die Unseren können ebenfalls große Teile der bewaffneten Einheiten des Feindes eliminieren, und nur Minuten später fallen wir uns direkt auf der Brücke in die Arme. Ich unterbreche unseren Freudentanz, da es bis Kremmen noch ein harter Weg ist und ich mich unverzüglich aufmachen will.
Die weiteren Stationen meines Vormarsches sind Pausin, Paaren im Glien und Börnicke. Ich suche noch nach einem geeigentem Übergang über die in feindlicher Hand liegende A24, da sehe ich mich auch schon eingekreist von feindlichen Kampfeinheiten. Daß die Stellng zum Schutz der Transportautobahn schon dermaßen weit vorgelagert postiert war, habe ich nicht erwartet. Während der tödliche Kreis immer enger um mich gezogen wird, sehe ich meinen einzigen Ausweg in der Flucht nach vorn. Ich stoße in den links befindlichen Stichkanal und wate, den Schutz des Deiches nicht verlassend, in den eisigen Armen des Wasserlaufes entlang. Weiter drüben kann ich schon Tietzow ausmachen, von wo es eine Möglicheit zur Querung gibt.
Nach etwas mehr als zwei Stunden erreiche ich Kremmen, wo der entscheidende Schlag stattfinden soll. Hier liegt das nur leicht gesicherte Quartier des feindlichen Kommandostabs. Es wird nicht lange gehadert, und mein Angriff ist umgehend eingeleitet. Da steht er auch schon vor mir: der Armeegeneral! Mit einer schallenden Ohrfeige meine Absicht untermalend fordere ich ihn auf, sich zu ergeben. Er überlegt kurz und willigt schließlich ein. Wir trinken noch ein frisches Weißbier zusammen, bevor ich mich auf den Rückweg mache. Am Horizont sehe ich ihn mir noch lange hinterherwinkend, die Flasche Weihenstephan noch in der Hand.
Der Rückweg gestaltete sich etwas geradliniger, und ich stieß über Birkenwerder und Glienicke nach Pankow zurück. Schön war es wieder einmal.
Da kommt der Befehl des Divisionskommandanten: "Du! Mit dem SR45 nach Kremmen. Dort ist die ungeschützte Flanke des Feindes. Los marsch, marsch!" Ich frohlocke. Endlich raus hier. Der Gedanke, mit dem SR45 loszuziehen, gibt mir wieder frischen Mut. Morgen früh soll es losgehen. Das Ziel ist bekannt, die Mision steht.
Der 08.Februar erwacht, und mit ihm erwache auch ich, wenngleich ich die ganze Nacht nicht richtig schlafen konnte. Ich befreie mich von den durchdreckten Klamotten und zwänge mich in die Einsatzkleidung. Dann noch schnell von den Kameraden verabschiedet und schon sitze ich auf meinem Streitrad. Im Schutz der Morgendämmerung schleiche ich mich - für den Feind unsichtbar - aus der Stellung und begebe mich einen großen Bogen nach Norden schlagend in Richtung des Tegeler Forstes. Nach einer halben Stunde ruhiger Fahrt wird die Gegend zusehends kahler und durchbrochener. Ich muß aufpassen, um nicht in die Bombemkrater zu stürzen, die unsere Babys hier in die Erde gerissen haben. Demnach müßte ich jetzt auf Höhe des Feindes sein. Meine Augen sind weit aufgerissen, und ich ahne hinter jeder Erderhebung eine Bedrohung. Bis zum Wald ist es jetzt nicht mehr weit, da sind schon die bekannten Wege, die in die schützende Baumansammlung führen. In den Tegeler Forst eingetaucht kann ich endlich ein wenig aufatmen und bewege mich zügig durch das schon oft durchfahrene Wegenetz dieses herrlichen Waldes.
Schließlich erreiche ich Hennigsdorf, das scheinbar unbelagert eine unangenehme Ruhe ausstrahlt. Vorsichtig überquere ich die Havel und schlage mich westlich des reißenden Stroms wieder in die schützende Waldlandschaft. Ich falle wieder leicht südlich und bemerke, daß feindliche Truppen hier schon einen provisorischen Transportweg für schweres Geschütz entlang des Havelkanals geschaffen haben. Also sollte ich mich schleunigst wieder etwas nordwestlich halten, um nicht in die Schußlinie der patroullierenden Einheiten zu kommen.
Dort ist auch schon Schönwalde zu sehen. Die forsche Fahrt meines Streitrades verlangsamend taste ich mich vorsichtig durch die kleinen Straßen. Da ist auch schon ein Spähtrupp, direkt dort an der Kreuzung. Ich warte ein paar Sekunden und begebe mich - das bewaffnete Quartett stets im Auge - westwärts in den Schutz der kleinen Häuser. Von hier können sie mich nicht mehr bemerken, ich habe es gerade so noch einmal geschafft. Ich kann einen alten Mann dafür gewinnen, mit einem flugs verfaßten Lagebericht zurück zur Kommandantur nach Berlin-Pankow zu eilen. Vertrauen kann ich ihm getrost, leidet er doch schon seit Wochen unter der Belagerung der feindlichen Truppen.
Das nächste Ziel soll die Brücke in Alt-Brieselang sein, wo seit Tagen der Kampf um diesen strategisch wichtigen Knotenpunkt andauert. Noch im Schutz der letzten Bäume positioniere ich das mitgeführte Geschütz auf der Titec-Steuereinheit und stürme unter Dauerfeuer auf die Wachposten an der Brücke los. Drüben auf der anderen Kanalseite bemerken unsere chancenlosen Truppen meinen heldenhaften Angriff und greifen ihrerseits von der gegenüberliegende Seite sofort ins Geschehen ein. Ich kann in den ersten Sekunden zwei der feindlichen Panzer und das wichtige Großgeschütz an der Brücke zerstören. Die Unseren können ebenfalls große Teile der bewaffneten Einheiten des Feindes eliminieren, und nur Minuten später fallen wir uns direkt auf der Brücke in die Arme. Ich unterbreche unseren Freudentanz, da es bis Kremmen noch ein harter Weg ist und ich mich unverzüglich aufmachen will.
Die weiteren Stationen meines Vormarsches sind Pausin, Paaren im Glien und Börnicke. Ich suche noch nach einem geeigentem Übergang über die in feindlicher Hand liegende A24, da sehe ich mich auch schon eingekreist von feindlichen Kampfeinheiten. Daß die Stellng zum Schutz der Transportautobahn schon dermaßen weit vorgelagert postiert war, habe ich nicht erwartet. Während der tödliche Kreis immer enger um mich gezogen wird, sehe ich meinen einzigen Ausweg in der Flucht nach vorn. Ich stoße in den links befindlichen Stichkanal und wate, den Schutz des Deiches nicht verlassend, in den eisigen Armen des Wasserlaufes entlang. Weiter drüben kann ich schon Tietzow ausmachen, von wo es eine Möglicheit zur Querung gibt.
Nach etwas mehr als zwei Stunden erreiche ich Kremmen, wo der entscheidende Schlag stattfinden soll. Hier liegt das nur leicht gesicherte Quartier des feindlichen Kommandostabs. Es wird nicht lange gehadert, und mein Angriff ist umgehend eingeleitet. Da steht er auch schon vor mir: der Armeegeneral! Mit einer schallenden Ohrfeige meine Absicht untermalend fordere ich ihn auf, sich zu ergeben. Er überlegt kurz und willigt schließlich ein. Wir trinken noch ein frisches Weißbier zusammen, bevor ich mich auf den Rückweg mache. Am Horizont sehe ich ihn mir noch lange hinterherwinkend, die Flasche Weihenstephan noch in der Hand.
Der Rückweg gestaltete sich etwas geradliniger, und ich stieß über Birkenwerder und Glienicke nach Pankow zurück. Schön war es wieder einmal.