Berichterstattung: Die Eroberung des Krämers

Ackebua

Im Winter gibt es Schnee.
Registriert
18. Juni 2002
Reaktionspunkte
5
Ort
Berlin-Pankow
Der späte Winter Anfang Jahres 2005 ist kalt, trocken und läßt keine Hoffnung auf Besserung aufkommen. Der rettende Frühling mit seinen wärmenden Sonnenstrahlen und dem Duft der Frühblüher ist noch so fern. Während ich darüber nachdenke, merke ich, wie mein Kamerad neben mir eingeschlafen ist. Sein verbeulter Helm ist ihm ins Gesicht gerutscht und nur seine tiefrote Nase schaut mit einem kleinen Tropfen Schneuzwasser hervor. Die letzten Stunden waren wieder hart, unaufhörlich schlägt das Geschützfeuer in die Sandsäcke über unseren Köpfen. Mein Schützengraben, in dem ich mit fünf anderen Kameraden seit 6 Tagen hocke, stinkt inzwischen bestialisch nach Fäkalien. Wir können nicht raus, wer oben Kakken geht, ist dem Tode geweiht.

Da kommt der Befehl des Divisionskommandanten: "Du! Mit dem SR45 nach Kremmen. Dort ist die ungeschützte Flanke des Feindes. Los marsch, marsch!" Ich frohlocke. Endlich raus hier. Der Gedanke, mit dem SR45 loszuziehen, gibt mir wieder frischen Mut. Morgen früh soll es losgehen. Das Ziel ist bekannt, die Mision steht.

Der 08.Februar erwacht, und mit ihm erwache auch ich, wenngleich ich die ganze Nacht nicht richtig schlafen konnte. Ich befreie mich von den durchdreckten Klamotten und zwänge mich in die Einsatzkleidung. Dann noch schnell von den Kameraden verabschiedet und schon sitze ich auf meinem Streitrad. Im Schutz der Morgendämmerung schleiche ich mich - für den Feind unsichtbar - aus der Stellung und begebe mich einen großen Bogen nach Norden schlagend in Richtung des Tegeler Forstes. Nach einer halben Stunde ruhiger Fahrt wird die Gegend zusehends kahler und durchbrochener. Ich muß aufpassen, um nicht in die Bombemkrater zu stürzen, die unsere Babys hier in die Erde gerissen haben. Demnach müßte ich jetzt auf Höhe des Feindes sein. Meine Augen sind weit aufgerissen, und ich ahne hinter jeder Erderhebung eine Bedrohung. Bis zum Wald ist es jetzt nicht mehr weit, da sind schon die bekannten Wege, die in die schützende Baumansammlung führen. In den Tegeler Forst eingetaucht kann ich endlich ein wenig aufatmen und bewege mich zügig durch das schon oft durchfahrene Wegenetz dieses herrlichen Waldes.

Schließlich erreiche ich Hennigsdorf, das scheinbar unbelagert eine unangenehme Ruhe ausstrahlt. Vorsichtig überquere ich die Havel und schlage mich westlich des reißenden Stroms wieder in die schützende Waldlandschaft. Ich falle wieder leicht südlich und bemerke, daß feindliche Truppen hier schon einen provisorischen Transportweg für schweres Geschütz entlang des Havelkanals geschaffen haben. Also sollte ich mich schleunigst wieder etwas nordwestlich halten, um nicht in die Schußlinie der patroullierenden Einheiten zu kommen.

Dort ist auch schon Schönwalde zu sehen. Die forsche Fahrt meines Streitrades verlangsamend taste ich mich vorsichtig durch die kleinen Straßen. Da ist auch schon ein Spähtrupp, direkt dort an der Kreuzung. Ich warte ein paar Sekunden und begebe mich - das bewaffnete Quartett stets im Auge - westwärts in den Schutz der kleinen Häuser. Von hier können sie mich nicht mehr bemerken, ich habe es gerade so noch einmal geschafft. Ich kann einen alten Mann dafür gewinnen, mit einem flugs verfaßten Lagebericht zurück zur Kommandantur nach Berlin-Pankow zu eilen. Vertrauen kann ich ihm getrost, leidet er doch schon seit Wochen unter der Belagerung der feindlichen Truppen.

Das nächste Ziel soll die Brücke in Alt-Brieselang sein, wo seit Tagen der Kampf um diesen strategisch wichtigen Knotenpunkt andauert. Noch im Schutz der letzten Bäume positioniere ich das mitgeführte Geschütz auf der Titec-Steuereinheit und stürme unter Dauerfeuer auf die Wachposten an der Brücke los. Drüben auf der anderen Kanalseite bemerken unsere chancenlosen Truppen meinen heldenhaften Angriff und greifen ihrerseits von der gegenüberliegende Seite sofort ins Geschehen ein. Ich kann in den ersten Sekunden zwei der feindlichen Panzer und das wichtige Großgeschütz an der Brücke zerstören. Die Unseren können ebenfalls große Teile der bewaffneten Einheiten des Feindes eliminieren, und nur Minuten später fallen wir uns direkt auf der Brücke in die Arme. Ich unterbreche unseren Freudentanz, da es bis Kremmen noch ein harter Weg ist und ich mich unverzüglich aufmachen will.

Die weiteren Stationen meines Vormarsches sind Pausin, Paaren im Glien und Börnicke. Ich suche noch nach einem geeigentem Übergang über die in feindlicher Hand liegende A24, da sehe ich mich auch schon eingekreist von feindlichen Kampfeinheiten. Daß die Stellng zum Schutz der Transportautobahn schon dermaßen weit vorgelagert postiert war, habe ich nicht erwartet. Während der tödliche Kreis immer enger um mich gezogen wird, sehe ich meinen einzigen Ausweg in der Flucht nach vorn. Ich stoße in den links befindlichen Stichkanal und wate, den Schutz des Deiches nicht verlassend, in den eisigen Armen des Wasserlaufes entlang. Weiter drüben kann ich schon Tietzow ausmachen, von wo es eine Möglicheit zur Querung gibt.

Nach etwas mehr als zwei Stunden erreiche ich Kremmen, wo der entscheidende Schlag stattfinden soll. Hier liegt das nur leicht gesicherte Quartier des feindlichen Kommandostabs. Es wird nicht lange gehadert, und mein Angriff ist umgehend eingeleitet. Da steht er auch schon vor mir: der Armeegeneral! Mit einer schallenden Ohrfeige meine Absicht untermalend fordere ich ihn auf, sich zu ergeben. Er überlegt kurz und willigt schließlich ein. Wir trinken noch ein frisches Weißbier zusammen, bevor ich mich auf den Rückweg mache. Am Horizont sehe ich ihn mir noch lange hinterherwinkend, die Flasche Weihenstephan noch in der Hand.

Der Rückweg gestaltete sich etwas geradliniger, und ich stieß über Birkenwerder und Glienicke nach Pankow zurück. Schön war es wieder einmal.
 
Danke Acke! Ein wirklich schöner Bericht.
Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, dass der Nordwesten dank deines mutigen Einsatzes wieder etwas sicher ist.
Die Kommandantur des ESK ist stolz auf dich!
 
Fuer alles, die nicht wissen, was ein SR45 ist, hat der Oberst am Sonntag eine kleine Illustration angefertigt:

ESK.jpg


rik
 
Mensch, Acke!
Geiler Bericht! Ich musste beim Lesen den Kopf einziehen, weil ich so im geschehen gefangen war, dass ich die näherkommenden Einschläge fürchtete. Ich werde vorschlagen, dich zum Stabsgefreiten zu befördern!
 
Zugegeben, einen Augenblick lang fragte ich mich, ob Du der Richtige für die schier unmenschliche Aufgabe sein würdest. Nun, nachdem der Gefechtslärm abgeklungen ist und der Feind in alle Winde zerstreut wurde, kann diese Frage als beantwortet gelten.

Soeben kommen die ersten Bilder vom Lagedienst:

Bürger der Stadt Kremmen, fertigten diese Aufnahme vom überstürzten Rückzug des Feindes:
r_ckzug.sized.jpg


Die Rückzugswege sind gesäumt von zurückgelassenem, teilweise recht einfältig wirkenden, Kriegsgerät:

R_ckzug_2.jpg


Danke Acke! Danke dafür, dass meine Familie wieder ruhig schlafen kann. Danke, dass der Weltfrieden, durch das beherzte Niederringen des Bösen, wieder in greifbare Nähe gerückt ist. Die welt und das ESK brauchen Männer wie Dich.
 
rikman schrieb:
Fuer alles, die nicht wissen, was ein SR45 ist, hat der Oberst am Sonntag eine kleine Illustration angefertigt:
Irgendwie habe ich noch nie was von einem SR45 gehört und konnte auch nichts darüber finden. Die Hütte auf Jockels Bild sieht jedenfalls ziemlich britisch aus.



Hier noch ein Bild von Onkel W am MG, der untstützt von Menis am Patronennachschub, Ackebua auf den ersten Metern seines Abenteuers Feuerschutz leistet.
Weiterhin auf dem Bild - der Oberst am Feldstecher, Rob grinsend im Hintergrund und ich links außen:
Emil_Adolf_Ulbricht-Einheit.jpg


Und Ackebua der Held des Tages mit seinem treuen Gefährt:
Radfahrer%201916.jpg
 
hey acke, ganz schön flinkes stahlross! werd mir zu hause in aller ruhe deinen rapport zu gemüte führen.


J-CooP schrieb:
Hier noch ein Bild von Onkel W am MG, der untstützt von Menis am Patronennachschub, Ackebua auf den ersten Metern seines Abenteuers Feuerschutz leistet.
Weiterhin auf dem Bild - der Oberst am Feldstecher, Rob grinsend im Hintergrund und ich links außen:
und wer ist die nur als schattenwurf umrissene gestalt links hinten im bild direkt neben der mauer? ich sage nur:

Seid wachsam, euer Feind ist es auch!

rb
 
rob schrieb:
und wer ist die nur als schattenwurf umrissene gestalt links hinten im bild direkt neben der mauer?

Das ist Zwock wie er grad was von den vier Litern Bier vom Mittagessen wieder rauslaesst ...

rik
 
rob schrieb:
und wer ist die nur als schattenwurf umrissene gestalt links hinten im bild direkt neben der mauer?
Mir wille es scheinen, als wäre das des Teufels Großmutter. Wenn dem so wäre, müßtest Du sie also gut kennen...
 
Kaderaten besonderst unser furchenleger,

stolz sind die mannen. wieder einmal hast du gezeigt wie weit das land ist. deinauftrag geglückt und mit erfolg gekrönt. jetzt ist die zeit reif für dich über den luftweg neues land zu entdecken.

Bild18.jpg


coffee
 
Husten, da hat der J-Coop was verwechselt. Ihr seht auf diesem Bild nur einen kleinen Panzerfaustschützen, der mit Freude das Rad des Eisenschweins Ackebua halten darf. ;)

Ritzelflitzer
 
Ackebua schrieb:
Ich kann einen alten Mann dafür gewinnen, mit einem flugs verfaßten Lagebericht zurück zur Kommandantur nach Berlin-Pankow zu eilen.

kann mich garnicht daran erinnern?!

nun denn - ein schöner bericht, soldat! es scheint, als ob du dich für eine regelrechte grossoffensive vorbereitest! da wird mir ja jetzt schon ganz schwindelig... menis

Ackebua schrieb:
Das ist Zwock wie er grad was von den vierzehn Litern Bier vom Mittagessen wieder rauslaesst ...
:lol: :lol: :lol:
 
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