Bremsscheibe bei Last massiv verzogen

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Hallo zusammen,
gestern auf einer steilen Asphalt-Abfahrt mit meinem Crosser (mit etwa 120 kg Systemgewicht, irgendwo zwischen 35-45 km/h):
Nach 300 Höhenmeter Abfahrt auf 15-20% Gefälle läuft plötzlich der Druckpunkt der Hinterradbremse weg.
Ich schaue hinter zur Bremse und sehe ein unglaubliches Gewabbel an der Bremsschreibe. Das Teil war vollkommen verzogen.
Würde sagen zwischen den beiden Maximalausschlägen rechts und links mindestens 1cm.
Die Bremsgeräusche haben sich auch geändert.
Ich konnte bei offenen Bremsen jedoch ohne merkliche Bremswirkung weiterrollen.
Habe die Geschwindigkeit reduziert und dann mal nur vorne gebremst und nach 10 Sekunden war die Scheibe wieder voll zentriert ohne erkennbaren Verzug.

Also wieder hinten gebremst, sofort das gleiche. Übelster Verzug. Sobald ich die Bremse laufen lasse stellt sie sich in wenigen Sekunden wieder zurück, als wäre nichts gewesen.

Ich konnte das sogar während der Fahrt filmen:


Bin dann nach Hause und habe mir die Scheibe bei Licht angeschaut. Eine Riefe im inneren Teil der Bremsfläche ist zu sehen, die Scheibendicke hier auf jeden Fall <1mm
Blau angelaufen ist sie öfter, aber das sind meine Scheiben immer.

IMG_20230818_234451_7.jpg


Ich war kürzlich mit dem Rad mit vollem Gepäck in den Alpen, Systemgewicht ehr 135-140 kg. Da hat die Scheibe mehrfach Temperatur bekommen, mit der ich Buschfeuer entzünden konnte...

Meine Fragen:
Verliert der Stahl durch die hohe Temperatur derart an Festigkeit?
Wenn ja, ist dieser Festigkeitsverlust nur in diesem heißen Moment oder auch danach dauerhaft?
Oder ist einfach die Materialstärke inzwischen am Limit?
Und wie kann es sein, dass nach Abkühlung die Scheibe wieder butterweich ohne zu schleifen durch die Beläge läuft?

Wie auch immer, eine neue Scheibe gönne ich mir auf jeden Fall.

Grüße!
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Leaniel

Hilfreich
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Jep, kann passieren.
Wenn du zum Beispiel mal nem Schwertschmied etc. zugeschaut hast, ist das gängige Technik.
Beim härten von Stahl wird der Stahl so lange erhitzt, bis er bei einer bestimmten Temperatur glüht. Hierbei verändert sich das Metallgefüge durch alle Temperaturbereiche.
Beim abschrecken kann sich die das Metall nicht wieder zurückändern, durch das schnelle abkühlen bleibt das Metallgefüge dauerhaft verändert, es ist härter als vorher.

Du hast im Endeffekt das Gegenteil vom Härten gemacht. Durch oft sehr heiß machen und dann langsam abkühlen lassen hast du im Endeffekt die Scheibe "geweicht".

Rein theoretisch könntest du die Scheibe zum Beispiel mit nem Gasbrenner zum glühen bringen und dann in Öl oder Wasser abschrecken. So könnte man die wieder Härten.

Also ab in die Tonne damit. Am besten ne dickere und/oder größere Scheibe verbauen und nicht die Bremse dauerhaft schleifen lassen, sondern immer mal wieder auch bergab die Bremsen aufmachen. So vermeidest du Temperaturspitzen
 
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Leaniel

Hilfreich
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Würde sagen zwischen den beiden Maximalausschlägen rechts und links mindestens 1cm.
Niemals .
Und dann noch : Du hast auf dem Bike die billigste aller Bremsscheiben . Mich wundert nicht das sie bei Extrembelastung aufgibt .
Ich frage mich nur wie das die Leute früher mit Felgenbremsen schafften .
 
Zuletzt bearbeitet:
1 cm isses zwar nicht, aber schon ordentliches Ei drin. Wie schon geschrieben, ist das nicht die hochwertigste Scheibe und bei dem Bild, in jedem Fall austauschen.

Scheibendicke weniger als 1 mm ist allerdings auch schon sehr suizidal weit abgefahren, Mindestdicke bei Shimano ist i.d.R. bei 1,5 mm.
Sollte die tatsächlich weniger als 1 mm haben und das ggf. nur stellenweise, wundert mich das Rumgeeiere keineswegs und Du solltest allen Schutzengeln der Welt einen ausgeben :daumen:
 
Niemals .
Und dann noch : Du hast auf dem Bike die billigste aller Bremsscheiben . Mich wundert nicht das sie bei Extrembelastung aufgibt .
Ich frage mich nur wie das die Leute früher mit Felgenbremsen schafften .
Hast du das Video von ihm auch gesehen? Das sieht schon übel aus. Ist vielleicht kein cm, aber trotzdem heftig. Dennoch sollte auch die günstigste Scheibe starke Beanspruchung abkönnen. Wir sind dieses Jahr auch nen Alpencross mit ordentlich Höhen/Tiefenmetern gefahren - mit diesen Scheiben - und es gab keinerlei derartige Probleme. Die Scheibendicke (unter Mindestmaß) wird den Verzug begünstigen.
 
Dennoch sollte auch die günstigste Scheibe starke Beanspruchung abkönnen.
Naja. Wenn mitm Dacia und Ölwechsel vor 80tkm 24Stunden-Rennen fährst, wird der wohl auch kaputt gehen.
Die Scheibe wurde ja anscheinend lange weit außerhalb ihres Könnens bewegt. Da kann die dann schonmal aufgeben.
Hier sind eigentlich alle ungünstigen Faktoren zusammen gekommen.
Extrem abgefahren, schlechter Sitz des Sattels, viel Gewicht, eventuell falsche Bremstechnik, viel Wärmeeinleitung auf günstige Scheiben
 
Jep, kann passieren.
Wenn du zum Beispiel mal nem Schwertschmied etc. zugeschaut hast, ist das gängige Technik.
Beim härten von Stahl wird der Stahl so lange erhitzt, bis er bei einer bestimmten Temperatur glüht. Hierbei verändert sich das Metallgefüge durch alle Temperaturbereiche.
Beim abschrecken kann sich die das Metall nicht wieder zurückändern, durch das schnelle abkühlen bleibt das Metallgefüge dauerhaft verändert, es ist härter als vorher.

Du hast im Endeffekt das Gegenteil vom Härten gemacht. Durch oft sehr heiß machen und dann langsam abkühlen lassen hast du im Endeffekt die Scheibe "geweicht".

Rein theoretisch könntest du die Scheibe zum Beispiel mit nem Gasbrenner zum glühen bringen und dann in Öl oder Wasser abschrecken. So könnte man die wieder Härten.

Also ab in die Tonne damit. Am besten ne dickere und/oder größere Scheibe verbauen und nicht die Bremse dauerhaft schleifen lassen, sondern immer mal wieder auch bergab die Bremsen aufmachen. So vermeidest du Temperaturspitzen
Komm er wird nie soviel Temperatur auf der scheibe gehabt haben das er auch nur in die nähe von hellgelb glühend kommt. Härten und enthärten benötigt hellgelb glühend! Helgelb glühende Scheiben wäre über 1000 Grad da wäre die längst weg und die beläge brennend.

300hm ist doch kinderkram für ne Scheibe.

Verwechseln nicht Anlauf mit Glühfarben.
Das sind 2 unterschiedliche Dinge!


Und dein Hinweis mit erneut härten ist so ein blödsinn und gefährlich
 

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Für das Wellen der Scheibe gibt es eine einfache Erklärung.
Der Reibring dehnt sich durch Hitze in seiner Umfangsrichtung aus. Der Umfang wird also größer, ohne das der Radius größer wird. Um dieses Mehr an Umfang unter zu bringen, kann der Reibring nur seitlich ausweichen. Entweder er wellt sich, wie hier gezeigt, oder er tellert/schirmt sich (klappt komplett zur Seite weg). Bei geringerer Hitze kann die Verformung noch durch die Steifigkeit der Scheibe durch interne Spanungserhöhung aufgefangen werden, wird eine bestimmte Temperatur überschritten, weicht der Reibring dann doch aus.
Wäre die Speichenanbindung von innerer Befestigung an den Reibring "flexibler" ausgelegt, könnte der Reibring sich radial nach aussen ausdehnen und somit ohne seitlichen Ausschlag durch die Bremsbeläge laufen.
 
Für das Wellen der Scheibe gibt es eine einfache Erklärung.
Der Reibring dehnt sich durch Hitze in seiner Umfangsrichtung aus. Der Umfang wird also größer, ohne das der Radius größer wird.
Wie soll das gehen? Die Wärmeausdehnung wirkt sich nur in eine Richtung aus?
 
Was hast du für eine Erklärung für die Effekte ( z.B. wellig werden ) welche beim heißwerden der Scheibe entstehen ?

Wenn bei der Herstellung der Scheibe das Grundmaterial, aus dem die Scheibe hergestellt wird, nicht oder schlecht spannungsarm geglüht wurde und die Scheibe anschließend ausgestanzt wird, wodurch zusätzliche Spannungen ins Material kommen, wird die Scheibe anschließend (kalt?) gerichtet. Bekommt das Material dann anschließend wieder Temperatur, also beim Bremsen, hat es das bestreben, seine ursprüngliche Form, also wellig oder tellerförmig, wieder herzustellen.
 
Wie soll das gehen? Die Wärmeausdehnung wirkt sich nur in eine Richtung aus?
Die Scheibe heizt sich ja nicht als ganzes auf, sondern nur der Reibring. Die Speichen bleiben relativ kalt und limitieren damit ein Ausdehnen in radialer Richtung. Damit bleibt für den Reibring nur noch ein Ausweichen in laterale Richtung
 
Die Scheibe heizt sich ja nicht als ganzes auf, sondern nur der Reibring. Die Speichen bleiben relativ kalt und limitieren damit ein Ausdehnen in radialer Richtung. Damit bleibt für den Reibring nur noch ein Ausweichen in laterale Richtung
Wodurch wird denn die Wärmeleitung vom Reibring zu den Speichen begrenzt?
 
@Pfalz-freeride

Das was Du beschreibst und im Video zeigst, kann natürlich absolut sein.

Ich hab vorne bei meinem neuen MTB den gleichen Effekt an der Bremsscheibe. Zweimal nach mehreren Hundert Metern Abfahrt wird sie lommelig, weich und eiert so wie im Video bei Dir.
Den Grund bei mir konnte ich nach einigen Hin und Her Drehen des Rads und auch beim Hören der Geräusche bereits rausfinden. Die Mitte zwischen den Bremsbeläge entspricht nicht der Mitte zwischen
der Aussparung des Bremssattels.

Folge davon: Die Bremsscheibe kann noch so gut fein eingestellt werden wie man will, spätestens nach einigem starkem Betätigen der Bremse schleift die Bremsscheibe an der Metallaussparung des Bremssattels.
Diese Temperatur ist weit höher als die Temp von reiner Bremstätigkeit und verformt die Scheibe
zwangsläufig zum Eiern.

Interessanterweise kann die Scheibe sich wenn Du das Rad "weiterdrehst" oder weiter fährst ohne die einzelne Bremse zu betätigen wieder komplett zurückbiegen in die nicht eiernde Form.

Ob das bei Dir nun die gleiche Ursache ist, kann ich nicht mit 100% Sicherheit sagen, aber ich beschreibe ja hier auch meine Erfahrung.

Rücksprache mit meiner Fahrrad Werkstatt bei der ich das MTB gekauft habe:
Sie denken, dass es ein Fall für Gewährleistung ist, weil entweder der Bremssattel einen Defekt hat oder ggf. die Dämpfergabel vorne. Möglich wäre auch noch, dass am Befestigungs Kleinzeug wie Unterlegplättchen, Schrauben oder Höhenadapter Defekte sind, die den Bremssattel nicht 100% fest halten in der Position wie man ihn eigentlich fest gezogen hat.
Diese Punkte könnten alle bei nur minimaler Abweichung von 1-2 mm dazuführen, dass die Scheibe letztlich immer irgendwie am Metall des Sattels entlang schrammt. Daran denkt man natürlich nicht sofort, weil das selten vorkommt. Bei den insgesamt 8 Bremsen meiner 4 Fahrräder ist mir das nun zum allerersten Mal passiert. Alle anderen kann und konnte ich immer problemlos einstellen ohne
dass eine am Sattel Metall entlang schrammt.

Termin bei der Werkstatt habe ich leider erst im September, weil bei denen starker Personalausfall ist.
 
Was hast du für eine Erklärung für die Effekte ( z.B. wellig werden ) welche beim heißwerden der Scheibe entstehen ?
Nur der Reibring wird heiss und dehnt sich aus. Der innere Teil der Scheibenspeichen und die Anbindung an die Nabe bleibt kalt.
Kann selbst überprüft werden. Nach langer Abfahrt verdampft Wasser sofort auf dem Reibring, während man die Scheibe zur Nabenaufnahme hin anfassen kann.

Die Scheibe heizt sich ja nicht als ganzes auf, sondern nur der Reibring. Die Speichen bleiben relativ kalt und limitieren damit ein Ausdehnen in radialer Richtung. Damit bleibt für den Reibring nur noch ein Ausweichen in laterale Richtung
Genau! Weil die Scheibenspeichen zu steif angebunden sind, der Reibring kann sich nicht radial ausdehnen.

Durch die begrenzte Wärmeleitfähigkeit.
Wenn ich mit dem Löffel den heißen Kaffee umrühre verbrenne ich mir ja auch nicht gleich die Finger.
Genau!



Deswegen sind bei sehr vielen Bremsscheiben die Scheibenspeichen eher tangential angeordnet und auch gebogen, damit sie sich wie eine Art Blattfeder elastisch verformen können und so dem Reibring die Möglichkeit geben können, sich radial und nicht seitlich ausdehnen zu können.
 
Deswegen sind bei sehr vielen Bremsscheiben die Scheibenspeichen eher tangential angeordnet und auch gebogen, damit sie sich wie eine Art Blattfeder elastisch verformen können und so dem Reibring die Möglichkeit geben können, sich radial und nicht seitlich ausdehnen zu können.
Aber wenn die Speichen der Scheibe gar nicht so heiß werden das sie sich radial ausdehnen könnten :confused:
 
hmmm, ich kenne jetzt zwar nicht diese genaueren wissenschaftlichen Einordnungen wegen der
Temperatur Ausdehnung usw. was in den letzten Kommentaren erwähnt wird.

Ich kann aber sagen, dass es genau wie ich es beschrieben habe bei meiner Scheibe der Fall ist.
Die Scheibe schleift am Sattelmetall, und dieser Sound ist anders als das reine Schleifen an einer der Belags-Seiten. Als ich das bei den ersten beiden Fahrten noch nicht wusste und weiter steil bergab gefahren bin hat die Scheibe dann wie hier im Video als Achter angefangen zu eiern. Hört man dann auf die Vorderbremse zu betätigen und das Rad dreht sich weiter geht die Scheibe wieder in ihre Ausgangsstellung ohne Achter zurück. Genau das passierte zweimal bei mir. Das ist natürlich keine "reguläre" Fehlfunktion und muss dann unbedingt behoben bzw. Teile ausgetauscht werden. Immerhin ist die Frontbremse in der Abfahrt der mit Abstand wichtigste Teil vom Rad, der über eine sichere Abfahrt oder eine Katastrophe mit schweren Verletzungen entscheidet.
 
die Scheibendicke hier auf jeden Fall <1mm

Wenn die Scheibe nur noch so dünn ist, kann der TE eher von Glück reden, daß die noch nicht beim Bremsen zusammengefaltet worden ist. Das ist einfach extrem gefährlich.

Da brauchen wir uns eigentlich gar nicht mehr über irgendeinen Wärmeverzug zu unterhalten.
 
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