Zur Genauigkeit der Leistungsmessung in Sport Tracks mit GPS2PowerTrack PlugIn und dem
Edge 705:
Erst mal ein Beispiel zum besseren Verständnis:
Jeder von uns wird wohl einen Tacho am Rad haben oder einen Radcomputer mit vielen Funktionen den es schon für weniger als 10.- Euro gibt.
Stufe 1: Meine technikuniteressierte Mutter würde den z.B. an ein MTB bauen und losfahren. Toll sie fährt so in der Stadt Tempo 20 in ihrem Alter.
Viele wissen gleich, das wird möglicherweise nicht stimmen. Klar warum: Sie hat vergessen den Tacho auf das Rad einzustellen, meist ist ein Tourenrad voreingestellt, das nicht zur Messung eines MTB taugt, daher ist sie wohl real 4-5% langsamer.
Stufe 2: Die meisten Radfahrer würden natürlich hier beginnen und nach der Gebrauchsanleitung MTB anstatt Tourenrad einstellen.
Besser aber noch nicht gut, denn es gibt viele MTB Reifengrößen die möglich sind.
Stufe 3: Bei einem guten Radcomputer kann man die Reifengröße direkt auswählen: z.B. 700x23c bzw. 23-622 für ein Rennrad.
Gut aber noch immer nicht optimal, denn man kann meist auch den Radumfang in mm direkt eingeben und da ist schon mal ca. 1% Unterschied möglich, z.B. bei meinem Rennrad war das so.
Stufe 4: Also Ventil nach unten, am Boden markieren und vorsichtig rollen bis das Ventil wieder unten angekommen ist und mit dem Zollstock messen - Prima!
Schon sehr genau, aber der Umfang ändert sich wohl nach dem Aufsitzen, da der
Reifen nachgibt. Puh ...
Stufe 5: Ich setze mich drauf und mache eine Abrollumfangmessung mit Fahrergewicht.
Ich bin Stolz, aber was ist am Berg im Wiegetritt mit mehr Gewicht auf dem Vorderrad? - Egal, ich fahre nur noch sitzend ...
Warum hätte ein befreundeter Prüfingeniuer beim TÜV wegen Bemühungen ab der Stufe 5 gelacht ?
Ich selbst habe es nur bis Schritt 4 im
Shimano FlightDeck (Radcomputer) und dem
Edge 705 gemacht und mußte trotzdem nach einer Ausfahrt feststellen:
-
Edge 705 Anzeige: 61,39 km
-
Shimano FlightDeck: 60,95 km
- Sport Tracks: 60,07 km
Ergebnis: Man kann kein Amateursystem auf eine fast
100% Genauigkeit kalibrieren, aber mit vertretbarem Aufwand stark optimieren bzw. den Fehler ganz deutlich senken.
Was hat das Beispiel nun mit Sport Tracks mit Leistungsberechnung PlugIn oder Kreuzotter zu tun?
Wenn Sport Tracks mit GPS2PowerTrack PlugIn installiert ist und das Rad und die Sitzposition ausgewählt wurde bewegen wir uns nämlich nur auf ca. der Stufe 2 der Kalibrierung vom obigen Beispiel mit wohl mindestens 15% Fehlerunsicherheit im höheren Geschwindigkeitsbereich, aber mit ein wenig mehr Aufwand können wir zur Stufe 4 des obigen Beispiels gelangen, auch wenn das System dann immer noch nicht näherungsweise ein geeichtes System ist, so können wir den möglichen Fehler bei der Berechnung doch mit ein wenig einmaligem Aufwand möglicherweise deutlich verringern.
Und darum geht es, und das funktioniert wie folgt (Begründung am Schluß):
Für alle nachfolgenden Punkte auf dem Rad gilt:
- Diese Testfahrten in einem möglichst kurzen Zeitabstand machen (z.B. alle 2 Tage, oder übers Wochenende: wegen gleicher Form)
- Nur bei Windstille fahren, besonders wichtig für Punkt 3 (oder falls nicht möglich bei fast Windstille)
- Immer sehr ähnliche Aussentemperatur (nicht Winter/Sommer)
- Immer gleiche Sitzhaltung (z.B. Oberlenkerhaltung)
- Immer ca. übliche Kopfhaltung einnehmen
- Immer gleiche Radsachen anziehen (
Helm, Trikot, Gepäck, Flaschen am Rad)
- möglichst gleiche Wasser/Getränkemenge mitnehmen
1. Man fährt eine sehr ebene Strecke und versucht langsam den höchst möglichen und konstanten Puls zu erreichen, der noch bei kontinuierlich gleicher Geschwindigkeit zu fahren ist.
2. Man sucht sich wieder eine Strecke nur diesmal eine lange möglichst gleichmäßige Steigung (100, besser noch mehr Höhenmeter am Stück, findet man schnell in einer Karte vom Landesvermessungsamt), die bei dem Puls aus Punkt 1 mit ca. 10-15 km/h zu fahren ist und fährt mit möglichst konstantem Puls (wie der von Punkt 1) und passt die Geschwindigkeit dazu variabel an. Man nimmt die Strecke komplett mit dem
Edge 705 mit Höhenprofil auf. Man wiegt sich und sein Rad samt Radsachen und allem Zubehör möglicht schnell nach dem Ende.
3. Man fährt eine wirklich fast ebene Strecke (findet man in einer Karte vom Landesvermessungsamt) bis zu einem Wendepunkt und zurück und versucht schon beim Startpunkt und bis zum Endpunkt (am Startpunkt zurück) genau den obigen Puls von Punkt 1 zu halten und nimmt die Strecke vom Start bis Endpunkt (am Startpunkt zurück) auf dem
Edge 705 mit Höhenprofil auf.
4. Man geht zu
www.Kreuzotter.de und gibt die durchschnittliche Geschwindigkeit des letzten Drittels der Bergfahrt aus Punkt 2 und die dazu ausgerechnete Durchschnittssteigung mit Radtyp bzw. Radhaltung und der eigenen Größe/Gewicht/Rad mit Zubehörgewicht ein und notiert sich die daraus ergebene Wattzahl.
5. Man öffnet Sport Tracks und legt den Sportler mit Größe und Gewicht und das Equipment als Rad mit Gewicht an, man füllt die Einstellungen vom Plugin mit dem angelegten Rad, als race bike und der eigenen üblichen Radposition (z.B. race tops position) und schaltet das use Weather Information for power calculation im Plugin ein.
6. Man importiert die Fahrt unter Punkt 3 und läßt die Leistungsberecnung laufen, der Verlauf im Diagramm sollte möglichst gleichmäßig sein und man schaut auf den Durchschnittswert. Dieser Durchschittswert muß nach seiner Berechnung möglichst der aus Punkt 4 ermittelten Wattzahl sein.
7. Ist der Durchschnittswattwert gleich dem unter Punkt 4 ermitteltem: Bingo, passt alles auf Anhieb (sehr unwahrscheinlich).
- Ist der Durchschnittswattwert zu niedrig geht man in die Einstellungen des Sportlers und erhöht die Körpergröße um einen oder ein paar Zentimeter, wählt Leistungsberechnung löschen, dann erneute Berechnung starten und den Wattwert erneut vergleichen. Dies tut man in größeren oder kleinen Schritten solange bis der Wattwert möglichst genau dem unter Punkt 4 entspricht. Ende.
- Ist der Durchschnittswattwert zu hoch geht man in die Einstellungen des Sportlers und erniedrigt die Körpergröße um einen oder ein paar Zentimeter, wählt Leistungsberechnung löschen, dann erneute Berechnung starten und den Wattwert erneut vergleichen. Dies tut man in größeren oder kleinen Schritten solange bis der Wattwert möglichst genau dem unter Punkt 4 entspricht. Ende.
Damit erhält man eine möglichst hohe Berechnungsqualität des Leistungsmessungs PlugIn, allerdings gilt diese optimierte Kalibrierung dann nur für das Rad, diese Radkleidung und diese Radhaltung. Die Temperatur und das Körpergewicht mit dem später bei anderen Fahrten Leistungsgerechnet wird ist dann variabel bzw. egal, da die neuen Werte bei der Berechnung korrekt berücksichtigt werden. Man kann das für verschiedene Winter/Sommersachen und Radhaltungen ... machen und sich für die Auswertung die dann einzugebene Körpergröße notieren.
Ein Rennrad ist mit Sicherheit etwas genauer zu kalibrieren als ein MTB, schon weil die
Reifen mit korrektem Rollwiderstand vorhanden sind.
Sogar ein Fully wäre mit der Vorschrift optimiert zu kalibrieren, jedoch muß der Punkt 2 erst mit einem Hardtail besser Rennrad gemacht und mit den Werten bei Kreuzotter gerechnet werden. Dann nochmals der Punkt 2 mit dem Fully. Beim Fully müsste der Punkt 6 erst mit dem Import der Fully Bergfahrt gemacht werden und das Radgewicht (analog zur Körpergröße in Punkt 7) erst solange nach oben angepasst werden bis die Durchschnittsleistung erreicht ist.
Ein zweites Rad wäre so nicht zusätzlich optimiert zu kalibrieren.
Zum Wind: Von einer Wind/Wettermitberechnung halte ich gar nichts, da es alleine hier bei mir kein flaches Land ist, die Straßen kurvig, es viele Waldstücke gibt und wenn man die Testartikel zum Anströmwinkel (siehe Literaturverweis weiter unten) liest, ist klar, bei Wind ist das System definitiv am Ende! Ich lade die Wetterinfos, rechne sie nicht mit und schätze einfach über die Windverhätnisse die Durchschittsgeschwindigkeit nach Erfahrungswerten nach oben ab (z.B. 10-15 km/h Wind senkt bei mir den Durchschnitt um fast 1 km/h) - mehr geht wohl nicht.
Wenn einer hier eine SRM Kurbel mit Ant+ und
Edge 705 hat, wäre ein Leistungsmessungsvergleich bei Windstille sehr aufschlussreich um die erreichte Genauigkeit mit der Kalibrierung abschätzen zu können.
Einige Grundlagen zur Betrachtung bzw. Begründung im Internet und als Literaturstellen:
Gute allgemeine Textbeschreibung mit Erläuterungen ab Seite 23:
http://www.wdr.de/tv/quarks/global/pdf/fahrrad.pdf
Gute Erläuterung zu Einflüssen von Kleidung, Radteilen, Frisur, usw. auf den Luftwiderstand, der Messung und wissenschaftlicher Hintergrund:
http://www.lustaufzukunft.de/pivit/
-> Fahrrad und Aerodynamik (bzw. diverse andere Links auf der Seite)
Gute Übersicht über Einfluß von Windgeschwindigkeit/Windrichtung(Anströmwinkel) auf den Luftwiderstand von Laufrädern:
Velomotion Heft Februar/März 2007 - ab Seite 44
Velomotion Heft April/Mai 2007 - ab Seite 82
Tour Heft 6/juni 2007 - ab Seite 30
Begründung:
- folgt noch ...