Mal die andere Seite,
Ich arbeite schon seit langem in der Branche und leite mittlerweile meinen 2. Laden.
-Die Geschichte ist im Laden schon sehr viel komplexer als es durch das Schaufenster aussieht.
- Fast jeder wünscht sich gute und kompetente Verkäufer und Mechaniker in einem mittelgroßen oder kleinen Laden. Die wünsch ich mir auch. Ein richtig guter Verkäufer ist schwer zu finden, weil man die kaum Ausbilden kann. Verkaufen ist ein Talent, daß wenige haben. Ein seltenes Exemplar also. Ein richtig Guter kann zudem meist alles verkaufen, müssen nicht Räder sein. Da gibt es genug Job-Optionen, bei denen er mehr verdienen kann, als 1100 im Monat im Bikeshop. In den letzten Jahren hatte ich das Glück ein einziges Mal mit einer richtigen Verkaufsmaschine zusammenzuarbeiten! Ein Einziger!
Genauso schwer sind richtig gute Mechaniker zu finden. Für geringen Lohn brauche ich einen, der mit traumwandlerischer Sicherheit Schaltungsnaben wartet und repariert, blind Scheibenbremsen von dutzenden Herstellern mit tausend Modellen repariert, jede Federgabel auf dem Markt kennt und mit geschlossenen Augen auseinandernimmt und wiederzusammensetzt. Dazu muß er es lieben, Körbchen und Gepäckträger an Räder zu montieren, die dafür nicht vorgesehen sind. Schutzbleche 'dranschrauben, wo es eigentlich keine Möglichkeit gibt, etc. Tja nimmt man noch die Wartung uralter Räder dazu, für die es keine Ersatzteile mehr gibt.... Aber so welche gibt es. Ich hab' zumindest mal eine handvoll getroffen. Leider habe ich so Einen momentan nicht.
Die besten Mechaniker die ich bisher getroffen habe, waren zudem alle massive Stoner und/oder Alkoholiker. Da weisste dann auch nie ob oder wann die auftauchen und wenn ja, in welchem Zustand.
Daraus folgt, daß in den mittelgroßen Läden mit ein paar Angestellten eine ziemlich zusmmengewürfelte Crew hinter dem Tresen steht. Wenn die jedoch miteinander kommunizieren und sich gegenseitig helfen, dann kann das ganze viel Spaß machen und ist produktiv. Haste keine Kommunikation, haste ein Problem. Dann macht jeder nur noch irgendwas. Da wird nix mehr bestellt, was man brauchen könnte. Reparaturen passieren eher zufällig und die Kunden werden nicht bedient. Nach dem Motto: "Sprich du doch mit dem Affen". Verkaufspersonal das also keine emotionale Bindung an den Shop hat, verkauft dann nur im Notfall. "Ist doch nicht mein Laden. Ich kriege dasselbe Geld, ob ich nun was verkaufe oder nicht".
Ach ja, radfahren muß die Horde auch. Von 1100 müssen die eigentlich ständig neue Edelteile ans Rad schrauben, ständig Alpenüberquerungen machen, Rennen fahren und gerade das neueste Fully und Rennrad bestellt haben. Wie willst du denn Zeug verkaufen, daß du noch nie gefahren bist?? Naja, klappt meistens nicht.
- Wenn denn da nun eine einsame Wurst so einen Laden alleine hat, dann wird es lustig. Fantastischer Verkäufer, 1a Mechaniker und ein gewiefter Geschäftsmann, der ständig Rad fährt, Alpenüberquerungen macht und Rennen fährt. In Personalunion! So einen gibt es nicht, zumindest nicht, wenn er eine Familie hat.
So einer versucht gerade bei mir um die Ecke einen Edelladen aufzumachen. Ex-Rennfahrer. So edel, daß er nicht mal Fahrradschlösser verkaufen wollte! Naja das hat er zumindest jetzt eingesehen.
-Preise ist auch lustig. Von unten drücken die Baumärkte, von oben
Ebay und die Kistenschieber! Sacht einer zu mir: "Guck mal, die Edelkurbel habe ich für 70 Tacken ausm Laden in Bonn." Das Teil steht bei mir mit 210 EK in der Liste vom Generalimporteur. Ich hoff' nur die Frau vom Ladenbesitzer hat einen guten Job.
Der Preiskampf der I-Anbieter ist enorm. Selbst wenn die alle seeeehr gute Preise im EK kriegen. Die haben alle Teile im Programm, bei denen die Marge entweder unter 5% liegt oder sie einfach 'draufzahlen. Wenn einer z.B. einen Satz
Reifen 10 unter meinem EK versemmelt und dann noch
Schläuche dazu tut und dann noch vielleicht umsonst verschickt, dann bleibt da nix über von dem er leben kann. Jaja, Volumen blabla, Marketshare blabla. Bloß weil da einer mitm PC in der Garage hockt und
Reifen vertickert, heißt nicht daß der auch ein guter Geschäftsmann ist.
Grundsätzlich gebe ich hier mal einen Tip. Man kriegt im Moment fast alles über I-Net zum Händler EK+1 oder 2, wenn man lang genug sucht. Colour and style may vary. Also kauft. So lange wird es diese Vielfalt der Anbieter nicht mehr geben. Irgendwann müssen selbst die mal Geld verdienen (also mehr als hoffentlich +/- Null). War in den USA auch so, von den I-Anbieter sind fast nur Läden überglieben, die tatsächlich auch Bikeshops haben. Die Preise sind auch lääängst nicht mehr so gut.
-Warenbestand: Was würdet ihr euch in den Laden legen???? Federgabeln: RS hat 12(?) Modelle mit brakeboss und ohne, in etwa 15 verschiedenen Farben jeweils. Welche Modelle kauft ihr? Davon wie viele? Welche Farben?? Wie sind die Angebote online? Wieviel Geld hast du? Welche Ersatzteile? Lockout, Traveladjust??? Welche Modelle sind überhaupt auf Lager beim Großhändler??? Ach ja, die BIKE hat gerade das Nachfolgemodell getestet.
Wieviele also??? Genau, keine bei mir. Sonderbestellung und Vorkasse! Sorry!
Das war RS, jetzt Manitou, dann M. Danach Dämpfer! Rahmen! XTR, XT, LX juhuu!
Reifen, schon mal über
Reifen nachgedacht? Ich werd' wahnsinnig! Genau Racing Ralph von
Schwalbe. Wollen alle haben. Von allen Magazinen super getestet! Keiner meiner 18 Großhändler hat den im Moment auf Lager. KEINER!
Mönsch, läppscher Radladen!
- Ihr habt RECHT. Niemand sollte seine Kunden vertreiben, besonders wenn sie mit Geld wedeln. Viele Probleme SIND hausgemacht. Mir macht die Branche immer noch Spaß (seit 12 Jahren), aber nur weil ich einen an der Waffel habe!!!
Aber die Dinge sind komplexer als mal eben eine XTR Kurbel ins Schaufenster legen!
Ich geh jetzt Radfahren!
Lars