Super, wie die ganzen SUV-Piloten auf die Barrikaden gehen. ?
Ich fahre kein SUV, betrachte den Umweltschutz durchaus als eine der dringendsten Aufgaben unserer Zeit und mag solche Formulierungen trotzdem nicht. Warum? Weil es kontraproduktiv ist, die Leute, die man am ehesten erreichen
muss, wenn man eine Veränderung herbeiführen will, stumpf zu beschimpfen und über einen Kamm zu scheren, anstatt zu argumentieren und sich sachlich auseinanderzusetzen. Glaubt irgendwer tatsächlich, dass ein SUV-Fahrer nach solch einem Text kurz in sich geht und denkt "Mensch, ich habe wirklich einen Mikropenis und das Auto macht's nicht besser, das lasse ich jetzt verschrotten [Gebrauchtverkauf würde das Problem ja nur verlagern] und schütze trotz kleinem Geschlechtsteil wenigstens die Umwelt!"? Oder dass es tatsächlich für den Großteil der Bevölkerung auch nur im Ansatz realistisch ist, auch bei Strecken von 800km auf das Auto zu verzichten und auf das Fahrrad zu setzen?
Ja, der motorisierte Individualverkehr ist mit dem notwendigen Umweltschutzgedanken nur schwer bis gar nicht zu vereinbaren. Andererseits ist es aber auch ein großer Teil unserer heute gewohnter und geliebter individueller Freiheit, sich einfach in sein Auto setzen und in die Berge oder an's Meer fahren zu können und damit ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft oder gar Zivilisation, da sollten wir ein wenig mehr Hirnschmalz reinstecken um das zu erhalten und nicht nur stumpf mit Verweisen auf winzige Genitalien zu beschimpfen oder direkt Verbote zu fordern.
Es wird nicht ohne Verzicht gehen. Aber dieser Verzicht muss vorher sorgfältig ausgearbeitet werden, damit wir nicht die Alternativen Steinzeit oder Klimatod als einzige Wahl haben. Welche Folgen hat dieser Verzicht abseits des Klimaschutzes? Was bedeutet es für die Arbeitswelt? Und damit meine ich nicht nur simpel die betroffenen Stellen in der Autobranche, sondern auch, was es mit Menschen macht, wenn sie all das, wofür sie sich vorher angestrengt haben (schicke Autos, tolle Urlaube, exklusive Hobbies, ausgewähltes exquisites Essen), nicht mehr haben dürfen? Nur noch auf das beschränkt sind, was der eigene Kiez bietet? Wer hat dann noch Bock, sich auf der Arbeit abzurackern, wenn man seine Freizeit dann auf dem selben Bolzplatz wie der HartzIV-Empfänger verbringt und genau so barfuß weil Fußballschuhe nicht nachhaltig produziert werden und in den gleichen Kartoffelsack gekleidet, weil Kinderarbeit in Bangladesh abzulehnen ist? Weil es verboten wurde, sein Fahrrad mit einem PKW in ein anderes Revier zu transportieren und man für die Anfahrt mit dem Rad 2 Wochen Urlaub braucht. Wer gar nicht mehr arbeitet, hätte dann die nötige Zeit und könnte auch auf das Auto verzichten. Also, warum überhaupt noch arbeiten? Wären extra griffige Reifen mit weicher Gummimischung und dadurch erhöhtem Verschleiß noch i.O. oder müssen wir dann alle Schwalbe Marathon fahren? Wenn man eh alles mit dem Rad erledigt, dieses aber wertvolle Ressourcen verbraucht und mit Gummiabrieb und Schmiermitteleintrag in die Natur die Umwelt belastet, könnte man dann nicht gleich auch alles zu Fuß machen? Oder mit einem Ziegenkarren aus Holz, die Viecher geben wenigstens noch Milch, pupsen nicht soviel Methan in die Atmosphäre wie Kühe und brauchen weniger kostbaren Platz als Pferde. Wo zieht man die Grenze? Warum muss man überhaupt bei einem Rennen am anderen Ende der Republik teilnehmen, wenn man auch zu Hause einfach nur rattahn kann, das ist doch Wohlstandsproblematik pur?
Ja, es muss sich etwas ändern, WIR müssen uns ändern. Aber dieses ständige "ICH verhalte mich schon ganz toll und vorbildlich, aber IHR seid alles Stinker!!!" geht einfach gar nicht und nervt nur noch. Und zwar mittlerweile so stark, dass es doch tatsächlich vom eigentlichen Problem ein Stück weit ablenkt...