Na dann mal los ... wie wars ... *grübel*
Nachdem ich Freitag früh leider feststellen musste war ich sowas von gar nicht vorbereitet wie noch nie ... weder Sachen gepackt noch Bike gecheckt noch irgendwas anderes vorbereitet. Anscheinend bin ich in Gedanken noch am Lago di G. ... die Beine haben sich auch wie Wackelpudding angefühlt und zu allem Überfluss war ich auch noch zu spät und das Auto war komplett zugeschi55en ... also eigentlich ein perfekter Start ...
Aus dem geplanten Start um 10:30 ab Schöneweide ist dann knapp 13 Uhr Bestensee geworden und ab dann ging es fluffig Richtung gelobtes Land ... während mir noch Begriffe wie Oder-Neiße-Friedensgrenze, Solidarnoszch, Katzschinky Brothers usw. durch den Kopf gingen wurde ich ziemlich schnell von der Vergangenheit eingeholt - die Original Autobahn erbaut irgendwann um 1933 oder so kurz hinter Forst. Ein heftiges Schlaglochgewitter begleitete uns auf der ersten Stunde durch Polen. Die ganze Zeit überlegte ich ob das wirklich eine gute Idee war ...
Als wir uns dann kurz vor Wroclaw dazu entschlossen spontan die Autobahn zu verlassen, da die angegebene Abfahrt entweder zugewuchert, umbenannt oder bereits dem Rückbau zum Opfer gefallen zu sein schien wurde es endlich spannend. Über die grobe Richtung herschte ja schon mal Einigkeit es war nur noch die Frage, ob wir Will´s GPS oder meinem Bauchgefühl bei der weiteren Wegewahl vertrauen wollten ...
Einige Lach-Bauchkrämpfe, Bürgerkontakten mit Simultanübersetzung, welche der Pflege der Deutsch-Polnischen Freundschaft sicher zuträglich waren und Landstrassenkilometer weiter gelangten wir schlussendlich nach Walbrych oder auf gut deutsch Westerplatte. Von hier war es nur nach ein Katzensprung nach "Glusizca".
Als wir dachten endlich in "Glusizca" angekommen zu sein mussten wir feststellen, dass es weder einen Skishop für die Anmeldung zum Rennen noch irgendwelche Hinweise auf ein Mountainbikerennen gab. Dank GPS haben wir herausfinden können, das wir uns in dem Ort befanden, in dem unsere Unterkunft sein sollte (dieser Ort war ursprünglich das erste Ziel bis wir festgestellt hatten, dass wir schon zu weit gefahren sind).
Also schnell mal nach der Adresse gesucht und das GPS gefragt wie wir zu dieser Adresse kommen könnten. Während Will versuchte das GPS zu befragen, kam von Schnegge der hilfreiche Hinweis, dass der Name auf dem Schild direkt vor unserem Auto genauso aussieht wie der Name der gesuchten Strasse ... wir waren also am Ziel
Unverzüglich wurde die Unterkunft besetzt und anschließend wurde das Projekt "Startpunkt fürs Rennen finden" ins Leben gerufen. Also alle Mann und unsere Frau für die Gesamtwertung ins Auto und auf ins nächste Abenteuer.
Nachdem wir 3x durch die Weltstadt Glusizca gefahren waren ohne auch nur irgendeinen Hinweis auf das Rennen zu sehen entschieden wir uns nach Lommnica zu fahren ... irgendjemand erinnerte sich daran, dass dort der Start sein sollte. Abseits jeglicher zivilisation umgeben von einigen alten und grauen Häusern fanden wir dann den Skihang wo auch bereits kräftig der Start und Zielbereich aufgebaut wurde.
Bei der Anmeldung gab es endlich auch mal Leute die englisch sprechen konnten. Die Leute von der Orga waren echt freundlich und sehr bemüht doch leider konnten sie die Buchstaben von den Ausweisen nicht ablesen und einige wurden in den Startlisten nicht gefunden aber Dank osteuropäischer Gelassenheit und Souveränität konnten wir uns schlussendlich alle anmelden ohne nochmal Startgeld zu bezahlen und auch das Starter-T-Shirt und der Überraschungsbeutel wurden uns ausgehändigt.
Nachdem die beiden wichtigsten Punkte abgearbeitet waren konzentrierten wir uns auf das nächste wichtige Thema: Nahrung.
Nachdem wir ja bereits einige Runden durch den Ort gedreht hatten und somit wussten was uns erwartet gab es eigentlich nur 2 ernsthafte Optionen um die Energiespeicher für das Rennen zu füllen.
1. uriges Fischrestaurant
2. Restaurant in der Skihütte beim Start
zu 1. sehr geniales Restaurant - echt ein Erlebnis! Mit Fisch zum selberangeln und sehr ansprechende Einrichtung.
Problem: die Bedienung spricht weder Deutsch noch Englisch, die Karte beschränkt sich auf eine kleine Holztafel auf der 6 Polnische Vokabeln eingeschnitzt waren und hinter jeder Vokabel verbarg sich wohl ein Fischgericht. Beilagen konnten leider nicht übersetzt werden, da der Simultandolmetscher temporär überfordert war.
Ergebnis: wir verschwinden und konzentrieren uns auf Option 2
zu 2. ebenfalls ein sehr ansprechendes Restaurant, alles neu und sauber machte einen sehr guten Eindruck. Weiterer Pluspunkt: die Bedienung spricht Englisch - Kommunikation ohne weiteres möglich. Die Karte sah auch soweit ganz gut aus bei unserem ersten Besuch.
Problem:
Da am nächsten Tag das Rennen sein sollte waren nur 2 Bedienungen vor Ort und die gesamten Sitzplätze im EG waren reserviert - für wen auch immer denn außer uns war fast niemand da. Also ab nach oben unters Dach und dort bekamen wir dann erläutert, dass aufgrund des Rennen heute nur Piroggen mit Kartoffeln und Käse gefüllt im Angebot waren.
Ergebnis: wir bestellen jeder Zähneknirschend 8 Piroggen für 8 Zloty - ausserdem gibts noch nen Salat ala Lech Walensa.
Gesättigt aber keineswegs glücklich machten wir uns auf den Weg in die Unterkunft. Als wir losfahren wollten traf dann auch noch Pirat ein. Grege und Schmadde waren auch schon in der Nähe nur Vooodoo war noch irgendwo im tiefsten Tschechien unterwegs. In der Unterkunft erledigten wir noch einige Startvorbereitungen an den Bikes für den nächsten Tag aber ansonsten gab es eigentlich keine weiteren aufrengenden Ereignisse, so das wir uns mehr oder weniger direkt auf den Weg ins Bett machten.
Am nächsten Tags gabs pünktlich um 8:00 Uhr polnisches Frühstück welches endlich auch mal vernünftig war. Als wir zum Start rollen wollten gabs die ersten Probleme ... bei Rennschnecke hatte sich über Nacht ne Schraube mit der der Bremszug befestigt wurde in Luft aufgelöst. Die Hinterradbremse war somit ausser Gefecht gesetzt ...
Ich hab massig Luft verloren und die Schaltung funktionierte auch nicht mehr wie notwendig. Die Bremsprobleme wurden unkonventionell aber folgenreich beseitigt wie sich im Laufe des Tages Herausstellen sollte.
Meine Schaltungsprobleme bekam ich auch noch in den Griff, so dass ich schnurstracks vor den anderen zum Start fuhr um mir noch eine Luftpumpe für unterwegs zu kaufen und vorsichtshalber noch den
Schlauch zu wechseln.
Pünktlich um 10:00 standen wir alle bei schönsten Sonnenschein am Start - leider mehr oder weniger in der letzten Reihe ...
Nachdem ich mir bei der am Vorabend bei der Diskussion um die beste Renntaktik "Grege: volle Pulle losfahren und dann mal sehen was noch geht" überlegt hatte das Rennen mal zügig aber nicht zu schnell zu beginnen hatte ich mich Gedanklich eher ganz am Ende einsortiert.
Kurz bevor es losging diskutierten wir das ganze nochmal und Rennschnecke meinte es ist immer am besten sofort soweit wie möglich nach vorne zu fahren und ich hatte kurz überlegt vielleicht noch ein wenig auf den ersten Metern Rennschnecke nach vorne zu fahren ...
Kurz vor dem Start wünschten wir uns nochmal alle gegenseitig Glück - wir sollten es benötigen ...
10:00 Uhr - Start: es geht los ... die ersten Meter verliefen auf einer schmalen Asphaltstrasse. Das Rennen begann relativ ruhig und nicht so hektisch wie noch beim Malevil Cup. Das Magenta Trikot von Rennschnecke orientierte sich gleich nach vorne und ich suchte auf der anderen Strassenseite mein Glück und fand einige schöne Lücken so dass ich erstaunlicherweise auf einmal urplötzlich von den "MME Freundeskreis"-Startern ganz vorne war. Kurz umgeschaut und das Magenta Trikot war noch in Sichtweite hinter mir auszumachen. Die anderen konnte ich leider nicht erkennen.
Mit Puls 185 ging es den Berg hinauf ... inzwischen hatte auch Rennschnecke aufgeschlossen und ich versuchte bei ihr zu bleiben und wenn möglich einige Plätze nach vorne gutzumachen. Ich überlegte noch wie lange ich das bei der Belastung wohl durchhalten würde als es immer enger wurde und die ersten auch schon abstiegen und ich somit etwas Luft holen konnte.
Es folgten einige Anstiege über die ich heute noch nachdenken muss ... es war mit einer Wand gleichzusetzen - es ging quasi senkrecht nach oben. Unbeschreiblich - so etwas steiles hatte ich zuvor noch nie bei einem Rennen erlebt.
Im Laufe der nächsten Kilometer entsprang Rennschnecke auf den Uphillpassagen erwartungsgemäß nach vorne und ich nutzte einige Downhillpassagen um überraschenderweise wieder aufzuschließen und sogar mal zu überholen. Nachdem ich Rennschnecke auf diese Weise aufgeweckt hatte fuhr sie in den Abfahrten auch wieder wie vom Gardasee gewohnt zügiger. Bis km 12 lief soweit alles noch nach Plan allerdings hatte ich mir schon einige Aktionen geleistet an denen ich merkte, dass ich eigentlich viel zu aggresiv fuhr und mich die ganze Zeit über immer noch am Limit bewegte. Mir war klar das ich das so nicht durchhalten würde aber ich hatte noch Spaß daran ...
Im nächsten kleinen Anstieg musste ich mal wieder reißen lassen und wie gewöhnlich wollte ich das sofort in der nächsten Abfahrt wieder zufahren doch erst wählte ich die falsche Spur und verlor somit wertvolle Meter und anschließend war ich der Meinung ich könnte fliegen und ja ich konnte ...
Der Querung des folgenden Baumstamm funktionierte mit dem Vorderrad noch passabel aber das Hinterrad wollte dann nicht mehr so dass ich direkt mit dem Gesicht in den vor mir verlaufenden Trail einschlug. Zum Glück waren keine ernsten Schäden aufgetreten und das Helmvisir lies sich auch wieder Problemlos anstecken. Also schnell wieder aufs Rad und weiter...
Der Abstand auf Rennschnecke war inzwischen auf gute 300-400m angewachsen und ich wollte so schnell wie möglich wieder aufschließen. Auf den nächsten Metern passierte ich noch einige Fahrer bevor auf der folgenden Wiesenabfahrt das Unglück geschah. Ich wollte 2 vor mir fahrende Fahrer links in einer kleinen Abkürzung überholen schaltete nochmal hoch und als ich mit voller Kraft die Kurbeln bei ca. 35-40 km/h bewegte krachte es auf einmal gewaltig. Erst dachte ich, die Kette wäre gerissen und überlegte schon wie ich das ohne
Werkzeug hinbekommen könnte zumal die anderen ja alle noch hinter mir kamen ...
Ich musste meine Konzentration aber schlagartig wieder auf das Rad lenken, da das nun blockierende und dadurch schlingernde Hinterrad gefährlich hin und her schwankte meine volle Aufmerksamkeit erforderte. Die hinter mir fahrenden Fahrer fluchten kräftig aber dafür hatte ich kein Ohr ... einige Schrecksekunden später hatte ich das Rad unter Kontrolle und hatte ohne Sturz anhalten können ... ein kurzer Blick nach hinten und ich wusste, dass das Rennen für mich nach 13,3km bzw. 57min beendet war, da das komplette Schaltwerk abgerissen war.
Ich lief den Trail erstmal geschockt abwärts und versuchte das gerade geschehene einzuordnen als nach 1-1,5 Minuten runterrauf und kurze Zeit später Pirat noch fragten, ob sie helfen könnten ...
Die anderen habe ich nicht mehr gesehen oder wahrgenommen.
Da stand ich nun auf einmal ganz alleine in der Wildnis ... Bike unfahrbar ... Urkunde futsch und keine Ahnung wie ich zum wieder Ziel kommen sollte ...
Ich versuchte das Rad wenigsten in einen schiebbaren Zustand zu versetzen aber ohne Erfolg. Wie immer auf mein Bauchgefühl hörend machte ich mich Biketragenderweise in Richtung Ziel auf ...
Eine gute halbe Stunde später und 3km weiter war ich wieder am Ausgangspunkt des Geschehens und verbrachte die nächsten 6h unter Beschallung aufregender Diskomusik und polnischem Gebrabbel von Namen Nummern Zeiten Sponsoren usw. auf der Wiese im Zielraum.
So aussichtsreich wie nie im Rennen und dennoch mit leeren Händen und zerstörten Bike war es schlussendlich ein echter Schei55tag

Ausser materiellen und seelischen Schäden bin ich aus dem Abenteuer Polska wieder herausgekommen.
Irgendwann um 2 Uhr war ich wieder zu Hause ... die restlichen Details überlasse ich den anderen.