Als aktueller "Geschäftsführer" und angehender Ladeninhaber eines kleinen Bikeshops muss ich hier eine Lanze für den Einzelhandel brechen (ohne den Onlinehandel zu verteufeln), möchte aber gleichzeitig meinen Vorrednern auch in den meisten Fällen zustimmen.
Wir nehmen auch wahr, dass die Qualität der Werkstätten oft ernüchternd ist. Das Dilemma liegt aber zum Teil an einer anderen Stelle, nämlich dem oft mangelnden fähigen Nachwuchs. Leider verhält sich die Entwicklung der technischen Fähigkeiten gegenläufig zur halbjährlich wachsenden Komplexität der Technik im Bikesport. Vom fähigen Mechaniker (nicht Schrauber, dazwischen liegen Welten) wird , wie vorangegangen gelesen, erwartet , dass er alle gängigen Bremsen, Federelemente und Schaltungen kennt und beherrscht, wobei zur Grundlage eigentlich die üblichen Nabenschaltungen, Trommelbremsen, Cantilevers und ihre Eigenarten aber auch mittlerweile diverse E-Systeme zählen und er natürlich einspeichen kann.
Wer von euch kann das von sich behaupten? (ich schließe mich da nicht aus). Im Gegenzug sind es aber keine 10% ausgebildete Zweiradmechaniker, die in der Werkstatt stehen.
Es gibt mittlerweile alleine über 100 (!!!) verschiedene Tretlagertypen, jede Menge Steuersätze und bestimmt 15 verschiedene Steckachsen am Hinterbau, unendlich viele Dämpfermaße und Einbauvarianten, ebenso was Bremsbeläge angeht. Und wenn Du es als Shop nicht da hast oder es nicht kennst, bist Du nicht gut sortiert oder inkompetent. Wir bestellen fast wöchentlich neues Spezialwerkzeug, weil mittlerweile fast jeder Hersteller sein eigenes Ding macht.
Ich kann jeden Ladenbetreiber verstehen, der da nicht mitmacht und sich auf die einfacheren Bereiche beschränkt, weil die Kapazitäten oder einfach das fähige Personal fehlt.
Zu den Materialkosten, für alle, die es noch nicht kapiert haben:
Wir z.B. haben als kleiner 2,5 Mann-Betrieb (plus Aushilfen) laufende Kosten von rund 6-8000€. Um also Handlungsfähig zu bleiben, muss noch deutlich mehr rein. Man kann sich vorstellen, was mittelgroße Betriebe erwirtschaften und umsetzen müssen, um überleben zu können. Wo glaubt ihr, kommt dieses Geld her?
Alleine aus Gründen der Lohnkosten liegt der berechnete Stundensatz selten unter 50,-, in betuchteren Regionen sogar bei 70,-.
Dennoch würde das bei weitem nicht ausreichen, um einen Laden zu halten, wäre da nicht der Verdienst an den Ersatzteilen. Wir kennen und vergleichen unsere Preise ständig mit den Online-Preisen und stellen immer wieder fest, dass es utopisch ist, da mithalten zu wollen, da die Preise zum Teil unter oder nur knapp über unserem Einkaufspreis liegen, da wir, im Gegensatz zu BC und Co. nicht 1000 oder noch mehr Ketten etc auf einmal bestellen und daher einen völlig anderen Preis dafür bekommen.
Noch was zum Hassthema #1: E-Bikes
Auch wenn ich kein absoluter Freund dieser Sparte bin, macht sie doch mittlerweile über 50% der verkauften Räder aus und liegt in der Regel im höherpreisigen Segment. Aus kaufmännischer Sicht ist es daher absolut logisch, hier mitzumischen., um konkurrenzfähig zu bleiben.