neue Hetze gegen Biker

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Samstag, 14. Oktober 2006
DIE WELT
Seite 9

PORTRÄT

Pharisäer auf zwei Rädern

Radfahrer sind zum Verkehrsrisiko geworden und bedrohen die öffentliche
Ordnung -- aber stets mit reinem Gewissen / Von Gerhard Charles Rump

»Auf Fehlverhalten angesprochen, reagieren Radfahrer meist aggressiv«

Kein sicherer Ort, nirgends: Für Fußgänger verliert die Stadt durch
rücksichtslose Radler an Lebensqualität
FOTO: ACTION PRESS

Das hätte der Herr von Drais sich nicht träumen lassen. Für seine Erfindung
des Laufrades wurde er ausgelacht. Doch die Weiterentwicklung der
Original-»Draisine«, das Fahrrad, entwickelte sich zum Welterfolg. Der
Siegeszug beruht darauf, dass das Fahrrad ein extrem preisgünstiges
Individualverkehrsmittel ist, das früh schon für Arbeiter erschwinglich
war. Es entwickelte sich allerdings in Folge zu einer Art »klassenlosem«
Gefährt, das in unterschiedlichen Zusammenhängen, auch zum Beispiel dem der
Körperertüchtigung, positiv bewertet wurde. Erst sehr viel später kamen im
Zuge eines erwachenden Umweltbewusstseins ökologische Aspekte hinzu, die
mit zum Prestige des Rades und seiner Fahrer beitrugen. Mit dem Boom von
Outdoorund Extremsport stieß das Radeln auch in Bereiche vor, in denen man
zuvor kein Fahrrad gesehen hatte. Wo kein Geländewagen mehr vorwärts kommt,
kann man mit Mountainbikes noch immer durch die Natur brettern.

Jedoch haben Radfahrer mittlerweile ihr Image als freundliche,
umweltschonende Pedaltreter verloren. Sie haben sich zu einer ökologischen
und urbanen Pest entwickelt und streiten sich mit den Kampfhundhaltern um
den untersten Rang der Skala gesellschaftlichen Ansehens.

Das liegt daran, dass -- Ausnahmen bestätigen, wie immer, die Regel -- der
Radfahrer sich zu einem gemeingefährlichen Mitbürger entwickelt hat, der
seine alte Sprichwortverwendung -- nach oben buckeln, nach unten treten --
mittlerweile perfekt umsetzt. Nach »oben« wird gebuckelt: Wir sind die
Guten. Wir verpesten nicht die Umwelt mit Abgasen. Wir machen keinen Lärm.
Und nach unten getreten: Rücksichtslos rast er über die Trottoirs, fährt
Omas und Kleinkinder um, schert sich einen Teufel um rote Ampeln und gibt
den -- zugegeben nicht unerheblichen -- Druck durch die motorisierte
Bevölkerung verstärkt an die wehrloseste Gruppe der Verkehrsteilnehmer
weiter, die Fußgänger. Und als Mountainbiker verschleißt man Natur
schlimmer als Reiter oder Autobahnbauer: In den Zwickeln eines
Autobahnkreuzes bilden sich überaus wertvolle, ungestörte Biotope, wo das
kleine Knabenkraut wuchert, die Spurrillen der Mountainbiker aber sind
toter als die Wüste Gobi.

Der Verkehrsteilnehmer, der einem in einer dunklen, nebligen Nacht in einer
Einbahnstraße in der falschen Richtung ohne Licht fahrend entgegenkommt,
ist zu 99,99 Prozent ein Radfahrer. Die Ordnungskräfte, die bei jedem
Falsch- oder Zu-lange-Parker einen Adrenalinkick bekommen, lassen die
Pharisäer auf zwei Rädern in aller Regel mit einem Gleichmut ihr Unwesen
treiben, den man sonst nur von New Yorker Feuerwehrleuten kennt.
Versprechen sind bisher laue Lippenbekenntnisse. Von Nummernschildern fürs
Rad bis zum Schwur, verstärkt zu kontrollieren und gezielter nach Regeln
der Straßenverkehrsordnung zu bestrafen.

Es scheint, dass das Besteigen eines Drahtesels Größenwahn und
Allmachtsphantasien auslöst. Man schaut auf alle anderen herab, selbst auf
Porsche-Cayenne-Fahrer. Verkehrsregeln sind nur für andere da. Und selbst
da, wo das Radfahren (wider Erwarten) erlaubt ist -- mancherorts dürfen ja
sogar Erwachsene auf dem Bürgersteig fahren -- wird das als
Wir-von-Gottes-Gnaden-Privileg angesehen. Ein Fußgänger stellt sich
psychisch auf die Fußgängergeschwindigkeit ein, kann auf die Radfahrer aber
kaum reagieren, denn ein Radler ist x-mal schneller. Und rauscht
rücksichtslos -- wenn eine Klingel vorhanden sein sollte, wird sie
liebevoll geschont -- durch die radlosen Zeitgenossen hindurch, gleich, ob
auf dem Bürgersteig, dem Zebrastreifen oder sonst wo. Kein sicherer Ort,
nirgends. Was dadurch für Fußgänger -- immer noch die klare Mehrheit der
Verkehrsteilnehmer in der Stadt -- an Urbanität und Lebensqualität verloren
geht, ist kaum ermesslich. Unsicheren Gemüts und gehetzten Blicks muss man
sich umschauen, ob man nicht schon von einem dieser Marodeure des modernen
Lebens aufs Korn genommen worden ist, statt sich entspannt dem Flanieren
widmen zu können. Wenn Mütter mit kleinen Kindern unterwegs sind, steigert
sich die Situation ins Aberwitzige.

Die urbane Lebensqualität, die auch auf der Trennung von Verkehrsadern und
den entschleunigten, ausgeruhten Fußgängerbereichen beruht, und die
einstmals durchaus von den Radfahren befördert wurde, da sie der rasanten
Motorisierung entgegenwirkten, ist in Gefahr. Sicher, in New York etwa ist
die innerstädtische Durchschnittsgeschwindigkeit im Vergleich zur
Pferdekutschenzeit auf die Hälfte gesunken, und in den am Verkehr
erstickenden Großstädten ist man als Radfahrer durchaus schneller unterwegs
als im Auto. In den Sechzigerjahren wollte man die Städte »autogerecht«
umbauen, und es folgten daraus allerlei urbanistische Übel. Auch den damals
besser angesehenen Radfahrern ging es an den Kragen. Erst eine Generation
später besserte sich das -- nur: die fahrradgerechte Stadt gibt es nicht.
Und wird sie vorerst auch nicht geben, denn der Autofahrer zahlt
Kraftfahrzeugsteuer, der Pedalist -- nichts.

Man radelt auch gern in Parks, am besten noch mit dem Hund an der Leine (der
dann zusammen mit dem Radler die ganze Wegbreite okkupiert, von der
Unfallgefahr auch für andere ganz abgesehen), oder in trauter Mehrsamkeit
nebeneinander durch die Straßen der Stadt, so dass ein Autofahrer oft nur
noch in die Bremse treten kann. Oder der Autofahrer biegt rechts ab,
schaut, sieht keine Fußgänger, fährt los und schon fliegt ihm ein Radler
über die Motorhaube, weil der erst nicht sichtbar und dann sehr schnell war
-- gerne auch beim Überqueren von Zebrastreifen.

Die allermeisten Fahrradfahrer sind ohne Schutzkleidung oder Helm unterwegs.
Das kostet die Solidargemeinschaft einen hübschen Batzen Geld. Und leider
dürfen Fahrradfahrer ihr gelenkschädigendes und wolfsträchtiges
Fortbewegungsmittel sogar in die U- und S-Bahn mitnehmen. So bequem ist das
Gerät dann wohl doch nicht (besonders bei Regen), da überbrückt man die
Stadt schon gern mit dem Öffentlichen Nahverkehr. Und dann verhalten sich
die Speichenritter aber gerade so, als gehöre ihnen der Waggon. Das Rad
wird befestigungsfrei an die Haltestange gelehnt und fällt anderen beim
nächstbesten Ruckeln ins Kreuz, der lehmbeschmierte Reifen macht charmante
Muster auf der Kleidung der Mitreisenden und dergleichen mehr.

Vom Allerfeinsten auch, dass Radfahrer von Physik rein nichts verstehen zu
scheinen. Einen Beifahrer auf der Stange zu haben, ist vor allem für
diesen, lebensgefährlich. Und der Kindertransport mit einem kippträchtigen
Schwerpunkt in höchstmöglicher Höhe müsste sofort verboten werden. Man
wundert sich, dass nicht mehr passiert. Oder passiert es, und gibt es ein
Schweigekartell, eine »Radler-Omertà«?

Schlimm aber ist auch, dass, da Radfahrer sich ja für die »Guten« halten,
sie bestenfalls ungehalten, meistens aber aggressiv reagieren, wenn man sie
auf ihr Fehlverhalten anspricht. »Haben Sie keine anderen Sorgen?«, zählt
da noch zum Freundlichsten. Besserung scheint nicht in Sicht zu sein.
Radfahrer sind, unter fast jedem Aspekt, eine Bedrohung der öffentlichen
Ordnung, und das Radeln trägt, ganz offensichtlich, zur Verrohung der
Sitten bei. Wie kann man dieser üblen Lage abhelfen? Ersten müssten
Fahrräder registriert werden, wie Mofas, und Versicherung kosten. Und
natürlich Steuern -- zum Unterhalt der Radwege. Kinder (unter zehn Jahren)
dürften nur in Begleitung Erwachsener radeln. Ein Fahrradführerschein
(theoretische Prüfung wie bei Autofahrern) muss her. Und die Politessen und
Polizisten müssen die Radler -- gleiches Recht für alle, die alte Forderung
der »Egalité« der französischen Revolution -- genau so kontrollieren und
mit Knöllchen ausstatten wie die Autofahrer (ein Nummernschild hülfe da
sehr). Dann könnte man vielleicht bald wieder in der Stadt angstfrei
flanieren. Ein schönes Ziel. Wären da nicht die Skater. Aber das heben wir
uns für später auf.


eine Diskursion gibts schon hier
 

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Sofern der Beitrag - was ja manche Stelle nahelegen könnte - nicht ironisch gemeint sein sollte, sagt der Autor mehr über sich selbst und seine verzerrte Wahrnehmung als über die Radler aus.
 
Wirklich widerlich, was einige traumatisierte Schmierfinken in der Saure-Gurken-Zeit so schreibseln. Nicht zwischen rücksichtslosen und redlichen Menschen mit und ohne Rad zu unterscheiden, sondern Fahrradfahrer per se in die rücksichtslose und aggressive Ecke zu stellen, ist wirklich unterste Schublade.

Vielleicht sollte man mal einen Leserbrief schreiben und Redakteure pauschal als aggressive Demagogen diffamieren so wie er das mit Radlern tut.

Überflüssig zu sagen, dass ich außer mir noch nie jemanden mit dem Fahrrad gefährdet habe, aber schon zweimal von Autos krankenhausreif gefahren wurde.
 
Vielleicht sollte man mal einen Leserbrief schreiben und Redakteure pauschal als aggressive Demagogen diffamieren so wie er das mit Radlern tut.
Zeitverschwendung. Der Dicke hat wahrscheinlich schon längst vergessen, was er da vor 3 Wochen geschrieben hat, und schreibt in diesem Moment eine Kolumne, in der er sich über Jogger, Schachspieler, Hundebesitzer oder Studenten aufregt. Also warum nochmal Wirbel darum machen - genau das wollen diese pseudo "Journalisten" doch erreichen mit so einem blabla
 
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