- Registriert
- 19. Juni 2003
- Reaktionspunkte
- 15

Ein neues Alltagsrad musste her.
Früher wurden immer die abgelegten MTBs zur Restnutzung umgerüstet, aber spätestens mit vollgefederten bikes macht das nicht mehr so wirklich Sinn...
Also dann ausnahmsweise mal richtig ;-)
Wegen Wartungsarmut und Resistenz gegen Umwelteinflüsse kam nur ein gekapselter Antrieb in Frage, damit schieden Kettenschaltungen aus. Ganz abgesehen davon sollte es natürlich möglich sein im Stand schalten zu können. Wenn zusätzlich Wert auf einen guten Wirkungsgrad sowie Robustheit gelegt wird blieben letztlich nur zwei Optionen übrig:
Die Rohloff SPEEDHUB 500/14 als bewährte Getriebenabe und - wenn ein vergleichbares Gangspektrum gewünscht ist - das Pinion P1.18 Rahmengetriebe. Letzteres bietet mit 11% gegenüber 13.6% bei Rohloff merklich kleinere Gangsprünge, so dass die Wahl auf Pinion fiel.
Wenn schon keine Ketten-Schaltung, kann auch komplett auf eine Kette verzichtet werden und statt dessen ein wartungsfreier, sauberer und leiser Riementrieb zum Einsatz kommen.
Zum Pinion-Getriebe gehört hinten eine Singlespeed Nabe. Damit der Riemen nicht (wie z.B. beim Motorrad) während des Rollens mit genommen wird, kommt eine Freilaufnabe zum Einsatz. Ein Problem, das sich mit dieser Konfiguration ergibt, besteht im aufsummierten Kurbel-Freiwinkel aus Getriebe- und Nabenfreilauf beim Antreten oder Nachfassen. Im Getriebe ist dieser Winkel durch die interne Konstruktion vor gegeben, am Hinterrad kann er jedoch durch geeignete Wahl der Nabe minimiert werden. Eine Nabe mit um Faktor drei kleinerem Freiwinkel als konventionelle Naben ist die Chris King Singlespeed und stellt somit die optimale Wahl für die Kombination mit Pinion dar.

Der Pinion-Antrieb erfordert prinzipbedingt einen speziellen Rahmen. In Kombination mit dem Carbon drive, welcher gespannt werden muss und dessen Riemen nicht geöffnet werden kann, sogar einen sehr speziellen Rahmen. Prinzipiell kann der Riemen am Hinterrades oder am Getriebe gespannt werden.
Ein federbelasteter Spanner wie bei der Kettenschaltung scheidet aus.
Die Spannungseinstellung am Hinterrad ist meist optisch unbefriedigend, kann zu Schräglauf des Hinterrades führen und neigt z.B. bei Wintereinsatz mit Fahrten im "Salznebel" zum Festfressen der Gleitführung.
Eine elegante Alternative bietet ein Freiburger Hersteller mit seinem TBA-System (triangular belt adjust), bei welchem das Getriebe um einen seiner Befestigungspunkte oberhalb der Kurbelachse verschwenkt und in entsprechender Position geklemmt werden kann, so dass hiermit eine optisch unauffällige und robuste Einstellmöglichkeit zur Verfügung steht.
Weiterhin ist die Möglichkeit den Rahmen auf der Antriebsseite zur Montage des endlosen Riemens öffnen zu können sehr elegant und unauffällig gelöst. Für die Zugverlegung sind am Rahmen an geeigneten Stellen Gewindeösen an gebracht. Die zwei Schaltzüge und die hintere Bremsleitung werden am Unterrohr mit drei dezenten an geschraubten Halteklammern fixiert.


Die TBA-Rahmen gab es zur Zeit des Aufbaus von der Stange nur mit an geschweißtem Gepäckträger.
Wenn ein Gepäckträger tatsächlich benötigt wird stellt dies die optimale Lösung dar. Erfolgt der "Gepäcktransport" jedoch z.B. mittels Rucksack ist ein Rahmen ohne Gepäckträger eleganter. Es gab jedoch prinzipiell auch Rahmen ohne Gepäckträger und somit waren entsprechende Hinterbau-Komponenten verfügbar.
Für dieses Rad wurde also ein Rahmen mit Pinion TBA-Aufnahme jedoch ohne Gepäckträger gebaut. Dies hatte auch den Vorteil dass sämtliche Anlötteile wunschgemäß platziert werden oder ganz weg gelassen werden konnten bzw. benötigte zusätzliche Anlötteile zu integrieren. In diesem Fall betraf dies eine M5er Öse am Steuerrohr, welche aufgrund des geringen radialen Abstands innen zum Gabelschaft nur schwer nachgerüstet werden kann. Benötigt wird diese Gewinde-Öse für eine spezielle Stromversorgung des Rücklichts welche später noch genauer beschrieben wird.
Der Rahmen verfügt am Steuerrohr serienmäßig über beidseitige Lenkanschläge bei 90° und bietet die Möglichkeit eine spezielle Lenkerarretierung ESP zu verbauen. Durch Betätigen eines kleinen Knopfes hinter dem Vorbau ist es möglich die Gabel zum Abstellen des Rades in der Geradeausstellung zu arretieren.

Statt auf geklebten Schriftzügen wurde als Markenzeichen ein erhabenes Logo auf die Monostay-Strebe auf gelötet.

Der verwendete Rahmen lässt prinzipiell 26"- bis 28"-Laufräder zu. Gewählt wurde die etwas stabilere 26"-Variante mit recht leichten aber dennoch haltbaren Reifen in 1.6" Breite.
Der Rahmen wurde so gebaut, das maximal 26x2.0er Reifen passen. Durch diese Einschränkung konnte die Steifigkeit des Rahmens etwas erhöht werden. Speziell wurde hinter der TBA-Brücke ein Versteifungsblech ein geschweißt und die Wishbone-Verzweigung maximal weit nach unten gezogen, so dass auch nur ein kurzer Schutzblech-Spacer benötigt wird.

Schutzbleche machen ein Fahrrad nicht wirklich schöner. Wenn aber der Focus auf Alltagstauglichkeit liegt geht kein Weg dran vorbei. Es gibt zwar Exemplare, die stylischer sind als andere, jedoch ist deren Schutzwirkung entsprechend geringer.
Nach dem Motto: "Wenn schon, dann richtig" fiel die Wahl auf sehr lange Schützer mit fest montierten Spritzlappen. Für maximalen Schutz wurde auch vorn ein nur leicht gekürztes hinteres Blech montiert.
Optisch sauber gelöst ist die vordere Abschlusskante, die auf das gekürzte vordere Ende gesteckt wird.
Hinten war es aus Stabilitätsgründen sinnvoll eine weitere (vertikale) Strebe zu montieren - zur Montage am Rahmen wurde die freie Gepäckträger-Öse dafür verwendet.
Als Strebe kam die verstärkte Variante zum ein clipsen am Schutzblech zum Einsatz, bei welcher die Längeneinstellung direkt am Rahmen statt außen erfolgt.


Um die Beleuchtung jeder Zeit verfügbar zu haben fiel die Wahl auf fest an gebaute Lichter mit Stromversorgung über einen Nabendynamo.
Da es sich bei der vorderen Lampe um ein LED-Licht handelt, bot sich die Verwendung eines Nabendynamos speziell für LED-Beleuchtung an, welcher etwas kleiner und leichter ausgeführt ist also Dynamos für Halogenbeleuchtung. Einen dafür geeigneten Nabendynamo mit Hohlachse und Scheibenbremsaufnahme gibt es auch als Version mit Direktkontaktierung bei welcher für den Radein- und -ausbau keine Stecker gesteckt werden müssen.

Für das Rücklicht bietet die Zubehörmarke cinq5 mit dem C-light ein interessantes Bauteil an. Es besteht aus einer gefrästen Sattelstützen-Klemmschelle aus Alu mit integriertem LED-Licht. Nicht ganz optimal ist die Stromversorgung des Rücklichts mittels zweiadrigem Kabel, welches standardmäßig unter dem Oberrohr entlang geführt und mittels drei Gewindeösen am Rahmen fixiert wird.
Für dieses Luxusproblem ;-) wurde nach einer Lösung gesucht. Z.B. eine Verlegung innerhalb des Oberrohrs würde jedoch die unschönen Kabelbögen um Steuerrohr und Sattelrohr nicht ersetzen können.
Eine elegante Lösung wurde mit dem "ghost-wiring" ge- bzw. erfunden. Als elektrische Leiter werden statt Kabeln zwei Streifen Kupferfolie verwendet, welche auf die Grundierung geklebt und dann mit der Farb-Pulverschicht überzogen werden. Die Kontaktstellen an den jeweiligen Enden werden dabei blank gelassen.
Das Kabel von der Front-Lampe wird mittels Kontakt-Terminal aus Kunststoff an die blanken Kontaktflächen gedrückt. Zu diesem Zweck ist im Steuerrohr eine M5er Gewindeöse zwischen den beiden Kontaktflächen ein gelötet an welche das Terminal geschraubt werden kann.

Das C-light wurde so um gebaut, dass intern von der LED-Platine zwei gefederte Kontaktzungen in den inneren Kragenbereich der Klemmschelle ragen und so den Kontakt von außen unsichtbar direkt von den blanken Kontaktflächen am Rahmen ab greifen - ein Kabel kann somit komplett entfallen.

Diese Lösung besticht nicht nur dadurch dass sie (fast) unsichtbar ist sondern auch durch ihre Robustheit: Es können um Steuer- und Sattelrohr sowie entlang des Oberrohrs keine Kabel mehr ab reißen.
Die verwendete Gabel ist eine starre Stahl-Straightfork für Scheibenbrems-Montage. Sie verfügt über Schraubösen zur Schutzblechbefestigung jeweils vor und hinter den Ausfallenden. Dies ist hilfreich für die Montage des extra langen vorderen Radschützers. Überflüssige Befestigungspunkte für Lowrider oder V-Brakes sind nicht vorhanden, so dass eine aufgeräumte Optik entsteht. Zur Befestigung des vorderen Schutzblechs am Gabelschaft ist regulär ein einfaches L-Blech vor gesehen. Schöner und optisch einheitlicher ist die Befestigung über einen Kunststoffzylinder analog zur hinteren Schutzblechbefestigung. Dieser musste jedoch extra an gefertigt werden, da das Kabel vom Nabendynamo zur Lampe sonst im Weg gewesen wäre.

Als Schloss wurde eine Variante gewählt, welche zumindest rudimentäre Sicherheit bietet, nicht zu schwer ist und sich auch recht elegant am Rahmen befestigen lässt. Es wurde hinter! dem Sattelrohr befestigt. Dadurch bleibt das Hauptrahmendreieck frei und das Schloss fügt sich angenehm unauffällig in das Gesamtbild ein.

Beim Fahren fällt sofort auf, dass das Rad extrem leise ist. Dies hängt hauptsächlich mit dem Zahnriemen zusammen bzw. mit dem Fehlen des Kettenantriebs. Auch die King-Nabe erzeugt im Freilauf ein angenehm markantes Geräusch mit erhöhter Frequenz.
An gestrebt war trotz der teils doch recht exklusiven Komponenten ein dezentes, wenig auffälliges Erscheinungsbild. Daher wurde der Rahmen matt schwarz beschichtet und die Anbauteile - so weit möglich - ebenfalls schwarz gewählt.
Natürlich lässt sich über die eher unkonventionelle Optik streiten.
Aber spätestens das Fahrverhalten ist über jeden Zweifel erhaben - der nicht ganz geringe Aufwand ;-) hat sich auf jeden Fall gelohnt!

Grüße, Peter...
Zuletzt bearbeitet: