Meiner bescheidenen Beobachtung nach kaufen weniger als man denkt aus einer Geiz-ist-geil-Mentalität online. Und hier muss man erstmal unterscheiden zwischen Onlinehandel (mit Fachhandelsbikes) und Versender (wie Canyon oder YT usw.).
Bei den meisten die ich kenne, ist es eher die schiere Notwendigkeit online zu bestellen, um unseren Sport ausüben zu können, da es keinen LBS gibt, oder aber dieser nicht fähig/Willens ist. Klar, gilt das nicht für alle LBS. Genauso, wie es unter den Kunden auch welche gibt, die man lieber nicht in seinem Laden hat. Aber solche Extreme gibt es auf beiden Seiten (LBS/Kunde) und sind sicher nicht repräsentativ für die Masse.
Ich habe vor zwei Wochen meiner Frau ein neues Santa gekauft, und zwar online. Der Preis war dabei nicht der Antreiber. Zum einen gibt es hier umzu keinen Shop mit Santa, zum anderen waren die drei Läden, die ich weiter weg angerufen habe, nicht kooperativ. Der erste hat nie zurückgerufen, der zweite hat es in der Größe nicht da und wollte auch keins besorgen (liegen bei Santa zum Abruf auf Lager...), der dritte wollte keine Probefahrt ermöglichen (nur Sitzprobe). Was bleibt mir noch, ausser online zu bestellen? Die gleiche Geschichte spielte sich parallel bei meinem Kumpel mit Conway und einem E-Bike ab...
Vor zwei Jahren wollte ich in Hannover ein Liteville kaufen. Ich war im Laden, wusste schon was ich wollte (habe also keine stundenlange Beratung in Anspruch genommen...) und habe nach der Lieferzeit gefragt. Wenn es verfügbar ist, würde ich es nehmen. Das war also schon eine halbe Kaufzusage. Der Verkäufer wollte sich melden, wenn er bei Liteville jemanden erreicht hat. Nun, das war vor zwei Jahren.... bis heute hat mich keiner zurückgerufen. Anscheinend ist es zu viel verlangt, Kunden die 6K EUR ausgeben wollen, wenigstens anzurufen.
Und die Nummer mit: "Haben sie das Rad bei uns gekauft?" habe ich auch oft erlebt. Wie weiter oben schon erwähnt, scheint es in manchen Händlerköpfen nicht vorzukommen, dass man im Leben auch mal umzieht. Was ist deren Erwartungshaltung? Dass ich mich erstmal in den Shop als Kunde neu "einkaufe"?
Auch (Ersatz-)Teile werden meistens nur widerwillig bestellt. Braucht man einen
Sattel, der nicht zufällig im Laden ist, fängt das Drama schon an. Erst wird einem zum vorhanden
Sattel geraten (alles andere macht ja Arbeit), und wenn der Kunde dann doch störrisch auf seinem Wunsch beharrt, wird die Bestellung aufgenommen. Aber was passiert in der Regel? Bestenfalls werden solche Bestellungen seitens des Händlers
einmal pro Woche an seinen Großhändler weitergeleitet, ein paar Tage später trudelt eine riesen Kiste ein, um die sich keiner kümmert. Statt des versprochenen Anrufs wenn das Teil da ist, fragt man dann selber mal in der dritten Woche höflich nach. Ach ja, da ist was gekommen, aber man hätte noch keine Zeit gehabt alles zu sortieren. Onlinehandel? Heute bestellt, nach 48H geliefert.
Und zum Thema Werkstatt/Service: Bei allem Verständnis für hohe Nachfrage, viel los usw. ist es in meinen Augen ein Armutszeugnis was manche Händler sich hier rausnehmen (und die blöden Kunden mangels Alternative mitmachen). Für kurzfristige Notfälle -und die kommen immer (!) vor- plant man einfach pro Tag eine Stunde Kapazität ein, die nicht mit Termin belegt wird. Diese Stunde Reserve füllt sich von alleine mit Arbeit (=Umsatz), rettet aber vielen Kunden den Tag und sorgt dafür, dass solche Kunden auch wiederkommen. Wer mir bei einem platten
Reifen (beispielsweise) einen Termin in drei Wochen anbieten will, hat den Schuss nicht gehört. So funktioniert das übrigens auch in anderen Branchen; selbst der Hausarzt verplant nicht seinen Tag komplett, sondern hält freie Termine vor für akute Erkrankungen. Völlig egal, ob ich schon mal bei ihm war oder nicht.
All das sind Gründe (und ich bin mir sicher es gibt noch viele mehr), die die Kunden in den Onlinehandel drängen. Und keiner davon hat was mit Geiz zu tun. Ich persönlich bin bereit für guten Service Geld zu bezahlen. Ich habe aber keine Lust, mich als Kunde vera*schen zu lassen und/oder darum zu betteln, dass man mir ein Rad verkauft...
Und noch was: Ich persönlich bin froh, dass es auch Versenderbikes gibt. Ich fahre zwar keins aus der Riege, aber ich bin mir sicher, dass die Versender einen Anteil an der Preisfindung am Markt haben (Vergleich Ausstattung/Kaufpreis). Ohne große Versendermarken würden einige Fachhandelsmarken bestimmt noch mehr als eh schon an der Preisschraube drehen.
Just my 2 cents.