Ostersonntag: Nach Frühstück wie üblich wurde ein kleiner Osterhase verspiesen. Es ging dann los auf den Grand Sommartel (1338m), wo wir nebst Tausenden von Krokussen auch schon erste erblühte Enziane entdeckten. Die Aussicht war grandios.
Weiter fuhren wir auf der Jura Bike Etappe 3 Richtung Sibirien der Schweiz (La Brévine), wo die tiefste Temperatur schweizweit gemessen wurde. Der Rekord liegt bei minus 41.8 Grad.
Kurz vor der Abfahrt in dieses Rekordtal zweite die Route westlich ab. Über weitere Höhen, Täler und Wälder machten wir auf der Crêt du Sapel unsere Mittagsrast. Aus Südwesten zogen unheimlich dunkle Wolken auf, es wurde kalt und im Hochtal von La Sagne (nein, die Lasagne wurde nicht dort erfunden) regnete es. Wir zogen für die Abfahrt unsere Daunenjacken und die sensationell warmen, 3D gestrickten, super leichten und klein verpackbaren langen Unterhosen von Brubeck mit 38 % Wolleanteil an, eines der funktionellsten Kleidungsstücke, das ich je besass. Wir trugen auch das entsprechende Langarmshirt unter der Daunenjacke.
Bald schon entdeckten wir einen spassigen Singletrail, der einige Kurven der Teerstrasse nach Couvet abkürzte. In Couvet liefen zu unserem Erstaunen sämtliche Brunnen - wir füllten ein wenig Wasser nach. Hier wird Absinth gebrannt, ein hochprozentiger Anisschnaps. Wir sahen, dass das Strassenschild mit Aufschrift "Creux du Van" durchgestrichen war, eine weitere Massnahme, um die unmündigen Bewohner dieses Landes davon abzuhalten, sich an diesem so schönen Ort zu nahe zu kommen und sich anzustecken. Wie viel Vertrauen in die Bewohner dieses Landes hat doch unsere Regierung...
Das gab für uns den Ausschlag, genau jetzt diesen Ort zu besuchen, denn wann hat man schon die Gelegenheit, bei schönstem Wetter ohne Touristenrummel einen so spektakulären Ort für sich zu haben? Mit dem Bike hat man viele Möglichkeiten, an einen bestimmten Ort zu kommen und wir waren uns sicher, den Creux du Van auf unseren Bikes zu erreichen, ohne ein Verbot zu missachten, denn Schleichwege gibt es überall... Noch aber trennten uns mindestens 700 Höhenmeter von unserem Ziel. Im Nachbardorf Môtiers führte eine Bikeroute (für Autos gesperrt) auf den Jurahauptkamm, an dem auch der Creux du Van liegt. Oben auf der Höhestrasse kehrten einige wenige Autos, die trotz Verbot hochgefahren waren, an einer Teilsperre der Strasse um, andere kapitulierten an Schneefeldern, welche die Strasse noch teilweise bedeckten. Wir nahmen kleine Waldwege ohne jegliche Verbote und kamen wenig unterhalb der Stichstrasse zum Felsenkessel auf die (von unten gesperrte) Verbindungsstrasse. Bei einem Hof, wo wir nach Wasser fragten, wurde uns ein Zimmer angeboten und wir wurden darüber informiert, dass die Polizei am Nachmittag patroulliert wäre. Mittlerweile war es nach 17 Uhr. Wir wollten noch am Ostertag hoch zur Felskante und lehnten das nette Zimmerangebot dankend ab. Weiter oben war die Stichstrasse gesperrt, unsere Karte zeigte aber weiter nordöstlich einen Jarrenwrg, der dann wir auch tatsächlich ohne Verbotsschilder antrafen und befuhren. Über Wiesen und Weiden kamen wir weiter oben auf die (weiter unten gesperrte) Strasse, die das Val de Travers mit dem Neuenburgersee verbindet und fuhren darauf weiter Richtung Ostende des Felsabbruchs. Ein Feldweg mir allgemeinem Fahrverbot (in der Regel für Bikes erlaubt, wenn durchgängig Lastwagentauglich nach Schweizer Waldgesetz, ähnlich der 2 Meter Regel) führte uns hoch bis an die Kante,
wo ein Verbotsschild das Betreten mit Hunden, das Entfachen von Feuer, das Pflücken von Pflanzen und noch etwas, was uns auch nicht betraf (ich weiss nicht mehr was) untersagte.
Kaum oben angekommen, sahen wir, dass auch ein junges Paar den Weg hierhin gefunden hatte, wir aber ansonsten die Einzigen waren.
Wenige Momente später tauchte gemütlich und furchtlos folgendes Tier auf:
Der Steinbock zottelte im einer Seelenruhe an den zwei tanzenden Jungen vorbei, gefolgt von 2 Steingeissen und gesellte sich zu einer Gruppe anderer Steinböcke auf der Wiese um zu grasen. Von Angst oder Flucht war keine Spur...
Fortsetzung folgt...