Noch ein kurzer Nachtrag zur Mountainbikevereinbarung Bayern vom 05.10.2000:
...
Es wird deswegen bei der Beurteilung, ob ein Weg zum Mountainbiking geeignet ist, immer auf die Umstände des Einzelfalles ankommen. Eine Beurteilung wird in der Regel nur dann stattfinden müssen, wenn ein Konfliktfall eingetreten ist, der eine Lösung verlangt. ...


In nicht mal zwei Wochen ist diese Vereinbarung 20 Jahre alt und in zwanzig Jahren ist tatsächlich nicht ein solcher Konfliktfall eingetreten, der eine Lösung verlangt hätte.

Warum das so ist, folgt hier natürlich noch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn die Systematik des Art. 27 Abs. 2 BayNatSchG beachtet wird, erkennt man schnell, dass der Bayerische Gesetzgeber mit dem Inkrafttreten des Bayerischen Naturschutzgesetzes am 01.08.1973 in sich schlüssige Regelungen zum Betretungsrecht geschaffen hatte, die durch ihre Systematik bürger- und anwenderfreundlich sind, sowie für Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sorgen. Dies würdigte auch die Bayerische Staatsregierung in ihrer Begründung zum Bayerischen Naturschutzgesetz 2011 vom 06.10.2010 (Drucksache 16/5872) zu Art. 26 ausdrücklich:

„Dieser Abschnitt hat sich seit seiner Einführung 1973 bewährt und war Vorbild für zahlreiche Naturschutzgesetze anderer Länder. Die Regelungen befrieden auf der einen Seite Konflikte zwischen Erholungsuchenden untereinander sowie auch im Verhältnis zu Grundeigentümern und gewährleisten auf der anderen Seite einen pfleglichen Umgang mit der Natur.“

In Konkretisierung und teilweise auch in Erweiterung des Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV garantiert es auf der einen Seite jedermann ein Betretungsrecht der freien Natur und auf der anderen Seite konkretisiert es auch die verfassungsimmanenten Schranken des Grundrechts durch klare Tatbestände, für deren Prüfung gegebenenfalls ein behördliches Verwaltungsverfahren vorgesehen ist.

Dass es da zu Missdeutungen und Fehlinterpretationen kommen könnte, hat man aber schon beim Erlass des Gesetzes befürchtet:

6. Ausblick

6.1 Historische Vorahnungen

Es scheint so als würde sich die Vorahnung einiger Abgeordnete und Senatoren, dass das Gesetz missverstanden werden könnte, bewahrheiten. So zum einen der Abgeordnete Kaub in der 2. Lesung am 17.07.1973:

„Aber wer sie sich einmal anschaut stellt fest, daß sie dermaßen kompliziert und verschachtelt gebaut sind, daß sie auch ein Jurist erst mehrmals lesen muß, um einigermaßen zu wissen, was da eigentlich los ist. Was in dem einen Artikel zuerkannt wird, wird im nächsten wieder aufgehoben. Meine Damen und Herren, in der Vergangenheit sind die Menschen draußen über die Zäune gestolpert, aber in Zukunft, fürchte ich, wird man nicht nur über Zäune, sondern außerdem noch über die Paragraphen dieser Gesetze stolpern. Das halte ich nicht für gut. Mit diesen Bestimmungen kann der Bürger nicht viel anfangen. Ich kann heute schon voraussagen, ohne mich zum großen Propheten aufspielen zu wollen, daß es damit sehr viel Ärger geben wird und Sie bald gezwungen sein werden, das neu zu formulieren. …“

oder auch im Senat (Sen-Drucksache 201/72 vom 09.11.1972):

„Auf Antrag von Senator Hauptmannl kamen die Ausschüsse zu Artikel 33 Nr. 2 zu einer weiteren Gutachtensempfehlung. Danach bringt der Senat den Wunsch zum Ausdruck, dass diese Bestimmung konkreter gefaßt wird, damit die unteren Naturschutzbehörden bei dem Vollzug dieser Regelung vor verwaltungsgerichtlichen Beschwernissen verschont bleiben. Senator Dr. Wilhelm hatte gegen diese Formulierung erhebliche Bedenken angemeldet mit der Begründung, die hier niedergelegten unbestimmten Rechtsbegriffe würden ganze Generationen von Verwaltungsrichtern beschäftigen.“


Nachtrag:
Wenn man sich nicht unnötig an dem Wörtchen "eignen" aufhängt und meint darin seien „alle Aspekte einer natur- und eigentumsverträglichen sowie sicheren Nutzung einschlossen“, wie der Kommentar „Bayerisches Naturschutzgesetz“ Christian Tausch (Bayerisches Landesamt für Umwelt), 2007, RdNr. 4 zu Art. 23 (jetzt Art. 28 BayNatSchG), bleibt eigentlich alles eindeutig und auch einleuchtend.

Es ist daher wichtig zu "einer umfassenden Information und Aufklärung über die Rechtslage und natur-und sozialverträgliches Verhalten" beizutragen.


Fortsetzung folgt ...
 
Zuletzt bearbeitet:
6.2 Entwicklungen in der aktuellen Rechtsprechung

6.2.1 Urteil des BayVGH vom 03.07.2015, Az. 11 B 14.2809

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 03.07.2015 wird von verschiedenen Stellen sehr unterschiedlich interpretiert. Während die NJW Neue Juristische Wochenschrift in Auswertung des Urteils befindet:
„Es besteht durch das von der Bayerischen Verfassung geschützte Radfahren in freier Natur kein erhöhtes Risiko für Erholung suchende Fußgänger.“,
sehen andere, wie z. B. das Landratsamt Eichstätt in seinem Rechtsgutachten vom 27.07.2015 in den RdNrn. 23 ff. des Urteils "erstmals konkrete Hinweise" zur Geeignetheit des jeweiligen Weges (www.naturpark-altmuehltal.de/pdf/downloads/moutenbiker_rechtsgutachten.pdf).
An der unterschiedlichen Interpretation des Urteils haben sich dann kurzfristig nicht nur lokal Konflikte entzündet.

Nun hätte wohl jeder am „Radfahren im Walde“ Interessierte erwartet, dass der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Möglichkeit nutzt, die von vielen ersehnten neuen Erkenntnisse um die „Eignung von Wegen“ mit seiner Pressemitteilung vom 19.08.2015 mitzuteilen. Das Gericht ist in seiner Pressemitteilung jedenfalls nicht mehr auf ein solches gesetzliches Verbot eingegangen, sondern verwies auf die rechtlichen Möglichkeiten der Behörde, was offensichtlich für sich spricht.

Nachdem die Pressemitteilung des BayVGH von den Medien aufgegriffen und verbreitet wurde, erschienen in der Folge ab dem 25.08.2015 zahlreiche Presseberichte, die mit folgender immer gleichlautender Passage das Urteil des BayVGH relativierten: „Radfahren auf freien Wegen ist in Bayern grundsätzlich erlaubt - so hat zumindest der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) vor kurzem geurteilt (Az. 11 B 14.2809). „Hierzu gehört grundsätzlich auch das Radfahren auf geeigneten Wegen im Wald, wenn es der Erholung oder anderen nicht kommerziellen Zwecken dient“, präzisierte das Bayerische Umweltministerium.“

Das Herausstellen der vermeintlichen gesetzlichen Beschränkung des Radfahrens auf „geeignete Wege“ führt zu der Vorstellung das Recht auf Erholung und Naturgenuss aus Art. 141 Abs. 3 Satz 1 BV würde, insbesondere für Radfahrer, auf manchen Wegen kraft Gesetzes nicht bestehen. Entsprechend entfiele damit auch die privatrechtliche Wirkung der in der Bayerischen Verfassung statuierte Duldungspflicht gemäß §§ 1004 Abs. 2, 858 Abs. 1 BGB (vgl. Art. 111 EGBGB). Somit wären dem Eigentümer oder sonstigen Berechtigten nun entsprechende Abwehransprüche gegenüber den erholungsuchenden Radfahrern nicht mehr verwehrt. Da sich die Radfahrer weiterhin auf das Grundrecht berufen, wächst die Verärgerung mancher Waldbesitzer über die scheinbar rechtswidrige Nutzung ihrer Grundstücke und sehen ihre Rechte durch dann als „rücksichtslose“ bzw. „schwarze Schafe“ bezeichnete Radfahrer beeinträchtigt. Der durch die Bayerische Verfassung und der im Bayerischen Naturschutzgesetz einfachrechtlichen Ausgestaltung des Rechts auf Erholung in freier Natur gewährleistete Frieden geht damit verloren.

Nachdem nach Meinung des Präsidenten der deutschen Waldbesitzerverbände, Philipp Freiherr zu Guttenberg, sich der Waldbesitzer nicht nur mit Ungeziefer und gefräßigem Wild herumzuschlagen hat, sondern auch mit Öko-Aktivisten, Wanderer- und Mountainbiker-Befall (Bild, „Bruder Wald“ vom 18.04.2010), geht der Präsident des Bayerischen Waldbesitzerverbands, Josef Ziegler, auf dem zweiten Allgäuer Holztag des Holzforum Allgäu am 17.08.2016 in Immenstadt noch einen Schritt weiter und macht offensichtlich deutlich, dass sich die bayerischen Waldbesitzer nun vom Grundrecht auf Erholung in freier Natur aus Art. 141 Abs. 3 BV distanzieren und sich gegen die Bayerische Verfassung stellen:

„Von den Eigentümern werde eine immer stärkere Sozialpflichtigkeit gefordert. Wildschäden, Wanderwege, Mountainbiketrails, Langlaufloipen und ein freies Betretungsrecht sind nur ein paar Beispiele die von den Waldbesitzern eingefordert werden. Doch damit müsse Schluss sein“, so Ziegler.

Es scheint daher kein Zufall zu sein, dass sich seither vermehrt auch in Bayern Anschläge auf Radfahrer durch gespannte Seile und Nagelfallen im Wald ereignen. Die Presse berichtete u. a.:

14.04.2016 Bamberg: „Fiese Falle für Fahrradfahrer im Kemmerner Wald“, inFranken.de​
15.04.2016 „Gröbenzell: Radlhasser versteckt Nagelbrett in Pfütze“, Abendzeitung​
17.04.2016 Alling/Biburg: „Gefährliche Falle: Nagelbretter im Wald gefunden“, Merkur „Sabotageanschlag​
gegen Radler - Jetzt wird’s kriminell!“, DAV-Panorama 3/2016, S. 10​
22.04.2016 Erding: „Anschlag auf Mountainbiker: Nagelbrett unter Laub versteckt“, Wochenblatt.de​
26.04.2016 Mittenwald: „Am Kranzberg: Diese Falle kann Mountainbiker töten“, Merkur​
03.06.2016 Holzkirchen: „Nagelfallen für Biker aufgestellt“, Holzkirchner Stimme​
09.06.2016 Bayreuth: „Buchstein: Jagd auf Mountainbiker“, Nordbayerischer Kurier​
24.08.2016 „Bei Schnaittach: Nagelbrett-Anschlag auf Mountainbiker“, nordbayern.de „Gefährliche Fallen​
am Rothenberg“, Hersbrucker Zeitung​
22.09.2016 Pfronten: „Hinterhältiger Anschlag: Angelschnur über Bergweg gespannt“, Merkur​
23.11.2016 Thalmässing: „Unbekannter greift Jogger und Mountainbiker an“, Hilpoltsteiner Kurier​
20.12.2016 Aichach: „Anschlag auf Mountainbiker im Allenberger Forst: Nägel im Boden“, Augsburger Allgemeine​
So verwundern bisher unbekannte Schlagzeilen wie „Krieg in den Bergen: Nagelfallen und Steine gegen Mountainbiker“, Merkur vom 02.08.2016 oder der Fernsehbericht „Nagelfallen - Krieg gegen Mountainbiker?“ vom 12.08.2016, 17:30 Uhr, BR nicht.

Während nun Radfahrer Ziel anonymer Anschläge werden, funktioniert in Bayern, entsprechend der Rechtslage das Miteinander von Radfahrern und Fußgängern. So nun auch im gegenständlichen Bannwald Ottobeuren. Nachdem der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Sommer 2015 das Fahrradverbot aufgehoben hatte, das im Bannwald seit 1959 zum Schutz der Fußgänger galt, berichtet die Memminger Zeitung am 29.11.2016 "Bannwald: Radler verhalten sich „sehr rücksichtsvoll“. Anders als zunächst von Touristikamtsleiter Peter Kraus befürchtet gibt es im Bannwald keine Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern. Angesichts teils enger und kurvenreicher Wege hatte nicht nur Kraus die Befürchtung geäußert, dass es bei Begegnungen von Radlern und Wanderern zu Problemen kommen könnte. Der Touristikamtsleiter hatte damals angekündigt, gegebenenfalls Beschwerden zu sammeln und nach einem Jahr dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vorzulegen. Dazu besteht nun jedoch keine Notwendigkeit: Seit mehr als einem Jahr dürfen Radler sowie Wanderer im Bannwald unterwegs sein und weder beim Touristikamt noch beim Bürgerbüro sind laut Kraus Beschwerden eingegangen. Vielmehr habe er von „sehr rücksichtsvollem Verhalten“ der Radfahrer gegenüber den Wanderern gehört.“

So bestätigt sich im Nachgang des Urteils die befriedende Wirkung der bayerischen Rechtslage auf den befürchteten sozialen Konflikt zwischen Radfahrern und Fußgängern und schließlich auch die eingangs erwähnte Auswertung des Urteils der NJW Neue Juristische Wochenschrift, insbesondere auch auf „sehr schmalen Wegen“ mit „erhebliche Steigungen“ (RdNr. 11 des Urteils).

Anders stellt sich das Verhältnis von Radfahrern und Fußgängern in Baden-Württemberg dar, wo die dort zum Schutz der Fußgänger eingeführte 2-Meter-Regel (§ 37 Abs. 3 Satz 3 LWaldG), die das Radfahren im Wald nur auf Wegen mit mindestens zwei Metern Breite erlaubt, diesen sozialen Konflikt neu entfachte und aufrecht hält. So hatte sich nach einer intensiven Konfliktphase kurz nach dem Auftreten des Mountainbiken in den 1990er Jahren das Verhältnis zwischen den Nutzern verbessert. Verschlechtert hat es sich wieder durch neue Gesetzesregelungen, die im Rahmen der Novellierung des Landeswaldgesetzes vorgenommen wurden und deren Resultat ein 2-Meter Fahrgebot für Radfahrer ist, so die mit Mitteln des Landes Baden-Württemberg geförderten „Konfliktanalysen als Grundlage für die Entwicklung von umweltgerechten Managementstrategien in Erholungsgebieten“, Prof. Dr. Karl-Reinhard Volz und Carsten Mann, 2006. Hinsichtlich einer möglichen Gefährdung heißt es in der o.g. Veröffentlichung bezugnehmend auf ein Interview mit dem Geschäftsführer des Schwarzwaldvereins (SWV), dem zweitgrößten deutschen Wanderverband, weiter: Eine von den Mountainbikern ausgehende gesundheitliche Gefährdung der Wanderer durch Begegnungen wird relativiert: "Also das halte ich persönlich jetzt subjektiv für einen Witz, muss ich ihnen ehrlich sagen."


Fortsetzung folgt ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hätte nie gedacht, dass mich ein juristischer Fachthread so fesselt.:daumen:
Und jetzt wird's auch noch politisch; ist diese zitierte Anhäufung von Bikerfallen, nachdem der Waldbesitzerverein was verlautbart hat, statistisch denn relevant? Hast Du die Daten alle aus dem www?
 
Das meiste kann man googeln. Dabei ist auffällig, dass es nach langer Zeit überhaupt erst ab 2016 in Bayern wieder etwas über Anschläge auf Mountainibiker zu berichten gab. Bis dahin wurde allenfalls aus anderen Bundesländern zu Fallenstellungen berichtet.

Kommen wir nochmal kurz zurück auf den Vortrag des Präsidenten des Bayerischen Waldbesitzerverbands
„Wer hat das Sagen im Wald?
– Der Waldbesitz im Spannungsfeld von Naturschutz und globaler Herausforderung“

am Allgäuer Holztag im Rahmen der Allgäuer Festwoche 2016

Oftmals liest man ja in der Presse die Überschrift "Wem gehört der Wald?", wie im BR Artikel vom 04.08.2020. Herr Ziegler fragt nicht "Wem gehört der Wald?", was jedes Mal eigentlich eine äußerst dumme Frage ist, weil der Wald in Deutschland entweder einem privaten, kommunalen, kirchlichen oder auch staatlichen Eigentümer gehört (Punkt). Er weiß das: "Jeder nutzt den Wald für seine Zwecke, dabei ist er kein Gemeingut. Es gibt Eigentümer und dieses Eigentum verpflichtet."

Daher lautet das Thema auch "Wer hat das Sagen im Wald?"

Das ist der Gegenpol zu so unbedarften Aussagen, wie der in dem verlinkten BR-Artikel:
"Der Wald gehört allen"


Diese ist zum einen in der Sache schon falsch. Die bayerischen Waldbesitzer sind sich, wie man oben auch schön lesen kann, der Sozialpflichtigkeit ihres Eigentums bewusst und hatten in der Regel auch kein großes Problem damit, weil für sie die Erholungsfunktion des Waldes und die damit verbundenen Duldungspflichten einfach dazu gehörten:

Wanderer, Jogger, Radler und zum Beispiel auch Schwammerlsucher dürfen sich in Bayern frei im Wald bewegen, nicht nur in den Staatswäldern, sondern auch im Privatwald, das besagt das Bayerische Naturschutzgesetz:
"(1) Alle Teile der freien Natur, insbesondere Wald, Bergweide, Fels, Ödungen, Brachflächen, Auen, Uferstreifen und landwirtschaftlich genutzte Flächen, können von jedermann unentgeltlich betreten werden." (Bayerisches Naturschutzgesetz)

Zum anderen erweckt die Aussage "Der Wald gehört allen" bei den Waldbesitzern durchaus auch das Gefühl der Enteignung, insbesondere wenn ihr Eigentum hieraus abgeleitet über die Duldungspflichten hinaus von fremden Personen in Anspruch genommen wird, oder bei anderen Berechtigten evtl. auch der Machtlosigkeit. Dazu kommen aufgrund verschiedener Veröffentlichungen dann auch noch die unterschiedlichen Auffassungen zum Betretungsrecht hinsichtlich des Mountainbikens. Bei dieser Gemengelage ist es zumindest denkbar, dass jemand die öffentliche Abkehr vom "freien Betretungsrecht" nutzt, um sich selbst gegenüber einen Anschlag auf Erholungsuchende zu rechtfertigen (in Anlehnung an die Fraud-Triangle).

Ich hatte damals auch recherchiert, dass ab und an vor dem Erscheinen eines Artikels auch über eine Versammlung der örtlichen Waldbesitzer berichtet wurde... Das muss natürlich nichts heißen.
 
Zuletzt bearbeitet:
6.2.2 Urteil des VG Augsburg vom 17.11.2015, Az. Au 2 K 15.160

Zum Sachverhalt:

Der Kläger begehrte die Verpflichtung der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde zur Anordnung der Beseitigung der Beschilderung, die das Mountainbike-Fahren auf zwei Privatwegen in einem zum Naturpark „...“ gehörenden Teil des Gemeindegebiets der Beigeladenen betreffen.

Bei der Beschilderung eines der Wege handelt es sich um eine rechteckige, weiße, etwa 30 auf 20 cm große Tafel, die im oberen Drittel einen mit schwarzen Linien abgesetzten rot-weißen Streifen aufweist über dem mit schwarzer Schrift links beginnend zum einen aufgedruckt ist: „Mountainbike & Downhill ...“ und im rechten Teil in teils schwarzer und teils roter Schrift zum anderen „Respektiere“, wobei in Fortsetzung dieses Schriftzuges unmittelbar unter dem rot-weißen Streifen in schwarzer Schrift angefügt ist: „deine Grenzen“. In der Mitte des Schildes steht in schwarzer Schrift: „Weg zum Radfahren nicht geeignet! Bitte nicht Befahren! Grund: Weg wird von Wanderern stark frequentiert. Gefahr beim Downhill! Danke!“ Im linken unteren Bereich des Schildes sind zwei Logos und ein Gemeindewappen aufgedruckt („Allgäu“, „Naturpark ...“ und „Gemeinde ...“) sowie rechts unten in kleiner Schrift „...“. Bei dem Weg über das „...“ zur Bildkapelle handelt es sich nach
den Angaben der Beteiligten um eine ca. vier Kilometer lange unbefestigte Strecke, die zu drei Vierteln bzw. vier Fünfteln im Wald und in relativ steilem Gelände verläuft.

Die Beschilderung des anderen Weges ist mit Ausnahme der den „Grund:“ angebenden Textzeile identisch. Diese Tafeln weisen in Abweichung zum Text des oben beschriebenen Schildes die Zeile auf: „Grund: neu angepflanzter Schutzwald“. Der etwa drei bis vier Kilometer lange Weg führt im ersten Viertel über Wiesen und verläuft dann steil bergab im Wald. Dort befindet sich die in der Beschilderung genannte neu angepflanzte Schutzwaldfläche, an der der Weg teilweise seitlich vorbei und durch die er teilweise hindurchführt.

Aus der Urteilsbegründung:

Die angebrachte Beschilderung stelle im vorliegenden Fall jedoch keine „Sperre“ im
Sinn des Art. 34 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 BayNatSchG dar... (RdNr. 30).

… Diesem Befund ist bei der Bewertung der Beschilderung wegen der Bedeutung des Schutzes des Grundrechts auf freien Naturgenuss (Art. 141 Abs. 2 Satz 1 BV) gleichsam als Korrektiv mit Kontrollfunktion gegenüber zu stellen inwieweit der Beschilderung (auch) ein benutzungsabwehrendes Element innewohnt, indem bestimmte Benutzergruppen appellativ dazu angehalten werden, sich aufgrund der Hinweise auf mögliche Gefährdungssituationen oder die Schutzbedürftigkeit bestimmter Naturräume mit der Entscheidung, ob der Weg geeignet ist und benutzt bzw. befahren werden kann, auseinanderzusetzen (RdNr. 31).

Anmerkung:

Letztlich kommt das VG Augsburg zu dem Schluss, dass die Feststellung „Weg zum Radfahren nicht geeignet!“ keinen Hinweis auf ein gesetzliches Verbot enthält und daher das Radfahren auf den betroffenen Wegen, welche von „Wanderern stark frequentiert“ (RdNr. 7 u. 32) und „steil und hindernisreich“ seien (RdNr. 10 des Urteils) erlaubt ist (RdNr. 32).

Interpretation des Herrn Gottfried Mayrock, Abteilungsleiter Landratsamt Oberallgäu:

Herr Mayrock wird im Protokoll der Sitzung der Bayerische Arbeitsgemeinschaft für Bergbauernfragen vom 12.10.2016 mit folgender Aussage zitiert:
"Geradelt werden darf in Bayern jeder Weg, der dafür „geeignet" ist. Nach derzeitiger
Rechtsauffassung bestimmt dies vor allem das Können des jeweiligen Fahrers. …"


Zum einen ist diese Rechtsauffassung dem Urteil des VG Augsburg vom 17.11.2015 nicht zu entnehmen, allerdings löst sie sich von der bisherigen Auffassung des BayVGH. Zum anderen lassen aber weder die Regelungen des Bayerischen Naturschutz- bzw. des Waldgesetzes selbst noch eine immanente Schranke des Grundrechts Raum für diese Interpretation. Sie würde ja ein gesetzliches Verbot mit allen damit verbundenen privat- und öffentlich-rechtlichen Folgen bedeuten, Wege mit dem Fahrrad zu befahren, für die der Erholungsuchende möglicher Weise nicht die Fähigkeiten besitzt. Schon ein Versuch könnte demnach verbotswidrig und damit unzulässig sein. Tatsächlich scheitert in einem solchen Fall die Ausübung des Betretungsrechts in der Form des Radfahrens schlicht an den persönlichen Möglichkeiten des Erholungsuchenden, ohne, dass dies irgendwelche weiteren Konsequenzen, außer für den Radfahrer selbst, hätte.

So auch die Position der Bayerischen Bergwacht im Hinblick auf Artikel 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland:
„Der Mensch ist grundsätzlich mündig und frei in seinen Entscheidungen. Es ist sein
freies Recht, das Abenteuer, die Unsicherheit, die Gefahr und das Risiko zu suchen.
Der Mensch ist nicht verpflichtet, Risiken zu meiden oder sich gegen Risiken zu
versichern, er ist jedoch verpflichtet, für die Folgen seines Handelns die
Verantwortung zu übernehmen und diese zu tragen.

Die Bergwacht Bayern vertritt die folgenden Standpunkte:


  • Der Mensch ist verantwortlich für die Folgen seines Handelns und seines Tuns.
  • Er ist frei darin, wissenschaftliche Erkenntnisse anzuerkennen und sich dieser zu bedienen.
  • Er ist frei darin, sich moderner Ausrüstung und Gerätschaften zu bedienen, die sein Tun und Handeln beeinflussen.

Nachtrag:
Die Auffassungen, dass es "vor allem auf das Können des jeweiligen Fahrers" ankäme, wie Herr Mayrock meint oder "es nicht auf das subjektive Können des Einzelnen" ankäme, wie der DAV (Beitrag #343) meint, sind juristisch, wie oben bereits dargestellt, nicht relevant. In beiden Fällen beruhen sie auf einer Fehlinterpretation des Fazits der Veröffentlichung der Deutschen Initiative Mountianbike e.V. (DIMB) Der „geeignete Weg“ – ein Irrweg vom September 2015:

"III. Fazit

Nach der von uns kritisierten Auffassung des BayVGH wären vorhandene Wege über den Begriff des „ungeeigneten Weges“ schon kraft Gesetzes vom Betretungsrecht ausgenommen und wären somit dem durch die Verfassung geschützten Betretungsrecht der freien Natur entzogen, ohne dass dafür gesetzliche Vorgaben, Maßstäbe oder Verfahren bestünden. Diese Auffassung ist jedoch weder vom Wortlaut noch vom Sinn der betreffenden Regelungen des Bayerischen Naturschutzgesetzes abgedeckt. Hinzu kommt, dass auch die Gesetzesbegründung (Drucksache 7/3007) sowie der Beschluss des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 16.06.1975 (GVBI S.203) für eine solche Auslegung keine Grundlage bieten. In diesem Sinne führt das Urteil des BayVGH in die Irre und auf den falschen Weg.

Art. 28 Abs. 1 BayNatSchG enthält lediglich eine Konkretisierung des Grundrechts auf Erholung in der freien Natur dahingehend, dass einerseits die Eigentümer zur Duldung der genannten Erholungsformen auf ihren Privatwegen verpflichtet sind und andererseits der Erholung suchende Bürger keinen Anspruch darauf hat, dass sich vorhandene Wege für eine bestimmte Nutzungsart auch tatsächlich eignen.

Der Zweck der Formulierung „soweit sich die Wege dafür eignen“ ist deshalb primär darin zu sehen, den Grundeigentümern über die Duldung einer bestimmten Nutzung (z. B. Radfahren) hinaus keine weiteren Pflichten anzutragen. Insbesondere sind die Grundeigentümber nicht verpflichtet, Wege für eine bestimmte Nutzungsart auszubauen oder zu unterhalten. In diesem Sinne dient die Formulierung auch dem Zweck, die Grundeigentümer vor einemunzumutbaren Haftungsrisiko zu schützen.

Von diesem Verständnis ausgehend entscheidet der Erholungsuchende selbst, ob ein Weg im Sinne des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG für die von ihm gewählte Form der Erholung geeignet ist und trägt damit auch das Risiko einer falschen Beurteilung der Eignung. Schätzt er seine Fähigkeiten falsch ein bzw. überschätzt er sich, so trägt er alleine dafür die Verantwortung. Und dies ist unter Berücksichtigung des Grundsatzes, dass das Betretungsrecht “auf eigene Gefahr” wahrgenommen wird, auch richtig so.

Für die Wahrnehmung des Betretungsrechts kommt es daher primär darauf an, dass sich der Erholungssuchende, und dazu gehören auch Radfahrer und Mountainbiker, an die in der Bayerischen Verfassung und im Bayerischen Naturschutzgesetz aufgeführten Verhaltenspflichten halten.

So schreibt Art. 141 Abs. 3 Satz 2 BV vor:
„Dabei ist jedermann verpflichtet, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen.“

Art 26 Abs. 2 BayNatschG konkretisiert diese Pflicht weiter:
„Bei der Ausübung des Rechts nach Abs. 1 ist jedermann verpflichtet, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen. Dabei ist auf die Belange der Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigten Rücksicht zu nehmen. Die Rechtsausübung anderer darf nicht verhindert oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden (Gemeinverträglichkeit).“

Und natürlich gilt für Radfahrer auch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG:
“Den Fußgängern gebührt der Vorrang.“

Wie man diese einfachen und unverzichtbaren Grundsätze in der Praxis natur- und sozialverträglich einhalten und umsetzen kann, zeigen exemplarisch die DIMB Trailrules."



Fortsetzung folgt ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Sehr aufschlussreich. Den Post sollte man sich ausdrucken und gut aufbewahren. Er beinhaltet eigentlich Alles was zum Thema "geeignete Wege" zu sagen wäre und bedarf eigentlich keiner Fortsetzung, welche dann nur wieder für Verwirrung sorgt?
 
Der Thread soll ja u. a. auch mit nachvollziehbaren Beispielen zu "einer umfassenden Information und Aufklärung über die Rechtslage und natur-und sozialverträgliches Verhalten" beitragen und Verunsicherungen und Verwirrung um die Rechtslage, insbesondere zum Thema "geeignete Wege" entgegen wirken. Daher geht es noch ein bisschen weiter:


6.2.3 Gütetermin des Amtsgericht Aichach am 19.09.2017, Az.: 101 C 153/17 (siehe hierzu auch Nr. 4.3.9)

Der Donaukurier berichtete am 20.09.2017 „Keine Einigung im Waldwegestreit“:

„… Der Waldbesitzer, der Klage gegen einen Mountainbiker eingereicht hat (wir berichteten), konnte nicht exakt benennen, was aus seiner Sicht ein zum Befahren geeigneter Weg ist. …“

Zunächst bestätigt sich die Meinung des Bayerischen Waldbesitzerverbandes (Nr. 4.3.8), dass es dem Waldbesitzer gar nicht möglich ist über die Eignung von Wegen zu befinden.

„… Richter Axel Hellriegel wies zu Anfang des Gütetermins auf eine Unklarheit in der Antragstellung des Klägers hin. Der Waldbesitzer, der sich vor Gericht selbst vertrat, verlangte vom Mountainbiker, auf seinem Grund und Boden nur noch geeignete Wege zu befahren. Diese Formulierung sei ungenau - aus zweierlei Gründen. Zum einen, so Hellriegel, sei nicht definiert, was als geeigneter Weg gelten könne.
Zweitens könne der Beklagte nicht wissen, welche Grundstücke im Wald zum Schlossgut Kühbach gehören. Entsprechend könne der Beklagte auch nicht zur Unterlassung des Befahrens dieser Bereiche verpflichtet werden. …“


Dann erkennt das Amtsgericht Aichach, dass die Formulierung „geeigneter Weg“, wie hier bereits dargestellt (Nrn. 3.2.7 und 5.2), zu unbestimmt ist um rechtliche Konsequenzen daraus abzuleiten.

„… Hellriegel stellte jedoch klar: Keinesfalls könne der Waldbesitzer darüber bestimmen, was ein geeigneter Weg sei. …“

Nachdem das Gericht zuvor geäußert hatte, dass es dem Erholungsuchenden nicht möglich sei selbst zu beurteilen, auf welchen Wegen er Radfahren dürfe, stellt es des Weiteren, im Gegensatz zum hier kritisierten Urteil des BayVGH vom 17.01.1983, fest, dass eben gerade nicht der Waldbesitzer über die Eignung von Wegen bestimmen könne.

„… Strittig sind hierbei vor allem die sogenannten Rückewege beziehungsweise Rückegassen, wobei, wie Hellriegel feststellte, beide Begriffe juristisch nicht genau voneinander abgegrenzt seien. Bei der Kartierung von Waldwegen hingegen werde unterschieden zwischen schleppergeeigneten und nichtschleppergeeigneten Schneisen und Rückegassen. …“

Hinsichtlich des in Bayern grundrechtlich geschützten Radfahrens scheint sich das Amtsgericht Aichach zunächst noch unabhängig von dessen durch das Bayerische Naturschutzgesetz konkretisierten verfassungsimmanenten Schranken an „Fahrwegen“ im Sinne des in Niedersachsen geltenden Landesrechts (vgl. Nr. 4.3.7) zu orientieren.


Fortsetzung folgt ...
 
6.3 Auswertung der Rechtsprechung hinsichtlich des Radfahrens in freier Natur

6.3.1 Natur- und Eigentümerverträglichkeit

Hinsichtlich der Natur- und auch der Eigentümerverträglichkeit kommt das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein in seinem Beschluss vom 12.05.2009, Az.: 1 LA 15/09 zu folgendem Ergebnis:
„Das Radfahren belastet die Natur nicht erheblich mehr als das einfache Betreten, soweit es sich auf Wege bezieht. Beschädigungen von Dünen wären nur durch rechtswidrige Nutzungen möglich.“

Dies deckt sich auch mit den Erkenntnissen aus der Wissenschaft. So Hans-Joachim Schemel und Wilfried Erbguth im Handbuch Sport und Umwelt (3. überarbeitete Auflage, Aachen 2000, Seite 342 - 344):

„Das Mountainbiken gehört zu den umweltfreundlichsten Sportarten. Der in der öffentlichen Diskussion vielfach erweckte Eindruck, die Mountainbikefahrer seien „Naturzerstörer“, entbehrt jeglicher sachlicher Grundlage. Die relativ geringfügigen ökologschen Beeinträchtigungen, die aufgrund von Untersuchungen nachgewiesen werden konnten, lassen sich durch rücksichtsvolles Verhalten und durch die Beachtung des Wegegebots vermeiden. Die ökologisch unter Umständen gravierendsten Konflikte mit dem Naturschutz - die Beunruhigung schützenswerter Tierarten - sind in erster Linie durch planerische Maßnahmen (im Verantwortungs-bereich von Kommunen, Forst- und Naturschutzbehörden) zu lösen: durch die Verlagerung bzw. Sperrung von Wegen, die durch entsprechend sensible Gebiete führen. ... Der positive Beitrag des Radfahrens (auch des Mountainbikens) zur Erhaltung einer hohen Umweltqualität überwiegt bei weitem die möglichen Umweltkonflikte."
Als Lösungsansatz für die relativ geringfügigen ökologischen Probleme des Mountainbikens führen Schemel/Erbguth aus:
Schutz von sensiblen Rückzugsgebieten: Um das schwerwiegendste Problem, nämlich die Störung schützenswerter und empfindlicher Tierarten zu lösen, müssen die von Wanderern und Radfahrern genutzten Wege, die durch entsprechende Lebensräume führen, entweder gesperrt oder verlegt werden.

Interessant in dem Zusammenhang ist auch die Auffassung des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Richard Mergner, beim BUND zuständig für Verkehr, Flächenschutz und Umweltpolitik im Artikel der WELT „Zu viele Mountainbiker in Bayerns Wäldern?“ vom 25.08.2015 bestätigt die Naturverträglichkeit des Radfahrens auf bestehenden Wegen und hält Sperrungen aus naturschutzfachlicher Sicht daher nicht für erforderlich: „Mountainbiker, die durch wegloses Gelände fahren, können zum Problem werden“, so Mergner. (Das bestehende Wegegebot schließt dies aber von vornherein aus.)
„Dennoch sollte Radfahren im Wald oder in den Bergen erst dann verboten werden, wenn es zu einem Konflikt zwischen Wanderern und Fahrradfahrern kommt.“

Das Amt für Natur- und Landschaftsschutz im Rhein-Sieg-Kreis führt seinem Flyer „Wer stört? Offroad (Querfeldein) im Nutscheid“ aus:
"Mit den Zielen des Artenschutzes vereinbar sind daher in der Regel nur schonende Erholungsformen. Zu diesen gehören unter anderem das Wandern und das Radfahren auf bestehenden Wegen. … An die Wegenutzung sind Tiere oft gewöhnt."

Besonders hervorzuheben ist hier die Verordnung über das Naturschutzgebiet Arzberg bei Beilngries im Landkreis Eichstätt vom 4. April 2011, die sich klar erkennbar mit der vormals noch recht neuen Betätigungsform Mountainbiken auseinander gesetzt und die fortschreiten den Erkenntnisse bezüglich der denkbaren ökologischen Auswirkungen des Mountainbiking berücksichtigt hat. Sie überwindet auch die in anderen Schutzgebietsverordnungen, insbesondere der frühen 90er Jahre enthaltenen, über das Wegegebot hinausgehenden Einschränkungen für Radfahrer, die im Sinne eines vorsorgenden Umweltschutzes damals durchaus legitim waren, inzwischen aber längst hätten aufgehoben werden müssen, da die Voraussetzungen
für die Beschränkungen nicht gegeben sind
. Neben einem allgemeinen Wegegebot (§ 4 Abs. 2 Nr. 2) enthält es für einen besonders schützenswerten Bereich in § 4 Abs. 2 Nr. 4 folgende für Fußgänger und Radfahrer geltende Einschränkung:
„... den Steinbruch (Fl. Nr. 1750, Gemarkung Beiingries) außerhalb markierter Wege und Pfade und die abgesperrte Kante der Steinbruchwand zu betreten oder mit dem Fahrrad zu befahren."

Thomas Wöhrstein kommt in „Mountainbike und Umwelt“ (Nr. 6.5.1.2.) hinsichtlich der Wegenutzung zu folgendem Ergebnis:
„Das durchschnittliche mechanische Einwirkungspotential eines defensiv fahrenden Mountainbikers auf Wegeoberflächen entspricht etwa dem eines Fußgängers. WlNTERLlNG berichtet in Anlehnung an ein Gespräch mit einem Vertreter der Be-zirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Freiburg i.Br., dass im Gebiet des Feldberges im Schwarzwald „... die bisher festgestellten Erosionsschäden durch Radfahrer als minimal und im Verhältnis zu Wanderern als geringfügig zu bezeichnen sind.“ Damit sei auch ein Befahren schmaler Wege aus ökologischer Sicht unproblematisch. Der Anteil der “quasi-natürlichen“ Erosionsvorgänge auf Wegenohne Einfluß der Wegenutzer beträgt rund 65%.“ Der relative Anteil der Mountainbiker an Erosionsvorgängen auf Wegen ist daher als gering zu bezeichnen.“

Radfahren liegt, falls überhaupt eine Abnutzung festgestellt werden kann, im Bereich einer „normalen“ Abnutzung, wie sie auch durch Fußgänger zu erwarten ist und erreicht jedenfalls keinen Grad der Abnutzung, der entweder anderen das Betretungsrecht ausübenden Personengruppen oder den Grundstückeigentümern unzumutbar wäre (vgl. Urteil des VG Regensburg vom 26.01.1999, Az. RO 11 K 97.1188 und Urteil des VG München vom 29.09.1999 - Aktenzeichen M 6 K 98.1948).

Auch das Lehrmaterial für die Bayerische Naturschutzwacht, herausgegeben vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) und der Bayerischen Akademie für Naturschutz und Landschaftspflege (ANL) am 14.01.2015 erwartet selbst für empfindliche Oberflächen in geschützten Biotopen durch das Radfahren keine relevanten Beeinträchtigungen:
24. Trockenstandorte: Betreten und befahren - darf das sein?
Gemäß Art. 27 - 31 BayNatSchG gilt das Betretungsrecht der freien Landschaft, auch für das Radfahren (aber nur auf Straßen und geeigneten Wegen). Das gilt auch für Trockenstandorte. Nur wenn es dabei zu erheblichen Schäden kommt, würde der Schutz gesetzlich geschützter Biotope gem. § 30 BNatSchG/Art. 23 BayNatSchG greifen. Das ist aber eher unwahrscheinlich: In Sandlebensräumen sind leichte Vertrittschäden für den Erhalt des Lebensraumes eher förderlich, Halbtrockenrasen und Trockenrasen werden in der Regel beweidet und vertragen einen gewissen Vertritt.


Neuerdings werden den Erholungsuchenden auch Wildschäden angelastet. Die Stiftung Unternehmen Wald (www.wald.de) führt hierzu aus:
Eine überhöhte Wilddichte ist die häufigste Ursache für Verbiss- und Schälschäden. Der Einfluss der Erholungsnutzung auf die Verbisssituation ist hingegen von untergeordneter Bedeutung. Vor allem die am häufigsten angewandte Jagdmethode „Ansitzjagd“, bei der durch häufige Beunruhigung des Jagdreviers und geringer Effektivität (10 Ansitze für 1 Schuss) das Wild in dauerndem Stress gehalten wird, ist für die Störung des Biorhythmus verantwortlich. Die außerordentliche Zunahme der Erholungssuchenden und Sporttreibenden, sowie der verkehrstechnischen Erschließung im Wald, hat dagegen deutlich weniger Einfluss auf die Verbissschäden.

Insoweit sind unzumutbare Schäden an Wegen und Grundstücken oder Beeinträchtigungen von Flora und Fauna, bei gewöhnlicher und damit rechtmäßiger Ausübung des Radfahrens respektive Mountainbikens ebenso wenig wie bei Spaziergängern, Wanderern und Läufern zu erwarten. Soweit Jäger wegen des Radfahrens in der Dämmerung über „Schwierigkeiten bei der Jagdausübung“ berichten, führt das Amtsgerichts Gemünden am Main vom im Urteil vom 03.02.2012, Az. 14 C 700/11, zur Unterlassungsklage eines Jägers gegen eine Joggerin aus, dass keine relevanten Beeinträchtigungen des Jagdausübungsrechts bzw. Jagdrechts von ihr ausgingen, was ebenso für den erholungsuchenden Radfahrer gilt. Hierzu ergänzt der Forststellenleiter Adolf Herr von den Bayerischen Staatsforsten in Hammelburg:
„Es ist das gute Recht jedes Bürgers, sich zu jeder Tages- und Nachtzeit im Wald zu bewegen“
(„Forstbetriebsleiter: Joggen ist keine Störung, die das Jagen unmöglich macht“, Mainpost vom 3. August 2012).

Da die Jagd in doch sehr begrenzten Zeiten, sowohl im Jahres- als auch im Tagesverlauf, stattfindet, wäre hinsichtlich der Jagdausübung die Verwendung des Begriffs „geeignete Wege“, der für Radfahrer dann zu jeder Zeit ein Verbot bedeuten würde, nicht geboten. Um solchen unmäßigen Erwartungen und Begehren entgegenzuwirken, hatte der bayerische Gesetzgeber eigens in Art. 33 Nr. 3 BayNatSchG verfügt, dass Flächen zur Durchführung von Jagden kurzzeitig gesperrt werden können.


Fortsetzung folgt ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Nachtrag:

Zur Vergleichbarkeit verschiedener Erholungsformen führt der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 29.09.1977, Az.: Vf. 11-VII-76, RdNr. 52 anlässlich eines in einer Landschaftsschutzgebietsverordnung enthaltenen Reitverbots aus, dass
„in der Unterscheidung vom Reiten zum Betreten durch Spaziergänger, Wanderer, Radfahrer und Skiläufer, unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes (Art. 118 Abs. 1 BV) kein Verstoß gesehen werden kann. Diese Differenzierung beruht auf sachlichen Erwägungen. Bei der gewöhnlichen Ausübung des Betretungsrechts durch Wanderer, Spaziergänger usw. sind die Natur schädigende oder den Naturgenuss beeinträchtigende Änderungen im Allgemeinen nicht zu erwarten. Ob und inwieweit bei einem Missbrauch des Betretungsrechts durch die eine oder andere Personengruppe mehr oder weniger nachteilige Folgen für die Landschaft entstehen können, ist in diesem Zusammenhang nicht entscheidend."

Eine Aussage, die hinsichtlich der Vergleichbarkeit des Mountainbikens mit dem Wandern und deren Auswirkungen nach wie vor dem Stand der Wissenschaft entspricht und sich in der Praxis betätigt. So kommt auch der DAV mit seinem großen alpinen Wegenetz in der Sendung des Bayerischen Rundfunks B5 Bayern vom 12.04.2018 -13:08 Uhr„Natur vs. Freizeit: Mountainbiker sollen umgelenkt werden" zu dem Ergebnis:
„Die Erosionsgefahr auf den Wegen hingegen ist nach Ansicht des Alpenvereins nur marginal."

Entsprechend führt das von einer Arbeitsgruppe, bestehend aus dem Landesbetrieb ForstBW, der Schwarzwald Tourismus GmbH (STG), dem Schwarzwaldverein, dem amtlichen Naturschutz sowie den Naturparken Mitte-Nord und Südschwarzwald unter Leitung der Sporthochschule Köln, erarbeitete Mountainbike-Handbuch des Landes Baden-Württemberg (Stand 14. August 2019) hierzu aus:
„Beim Vergleich der Auswirkungen und Beeinflussungen durch verschiedene Naturnutzer wird festgestellt, dass die Zerstörung von Wegen nicht von deren spezifischem Gebrauch durch Fußgänger oder Mountainbiker, sondern viel mehr von generellen geomorphologischen Prozessen abhängt, (...). Insgesamt verursacht das Mountainbiken kaum spezifische Schäden und ist in seinen Auswirkungen auf Wege und Boden in etwa mit den Auswirkungen durch Fußgänger zu vergleichen."

Da sich die Auswirkungen von Fußgängern und Mountainbikern nicht signifikant unterscheiden, wäre eine über das Wegegebot hinausgehende weitere Beschränkung des Betretungsrechts für Radfahrer aufgrund einer „potentiellen (im Einzelfalle nicht belegte) Umweltbelastung", deren tatsächliches Auftreten nicht wahrscheinlich ist (Hans-Joachim Schemel und Wilfried Erbguth im Handbuch Sport und Umwelt, 3. überarbeitete Auflage, Aachen 2000, Seite 339; vgl. BayVerfGH vom 29.09.1977, Az.: Vf. 11-VII-76, RdNr. 52), nicht gerechtfertigt .


Fortsetzung folgt ...
 
6.3.2 Gemeinverträglichkeit

Nach dem Grundsatz der Gemeinverträglichkeit gilt, dass das Betretungsrecht nur in der Weise ausgeübt werden darf, dass die Rechtsausübung anderer nicht verhindert oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt wird (Art. 26 Abs. 2 Satz 3 BayNatSchG). Der Grundsatz stellt in erster Linie eine Verhaltensregel für die Erholungsuchenden selbst dar.

Die Vorrangregelung des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 BayNatSchG für Wanderer gegenüber Radfahrern gilt daher auch nur für solche Wege, die zugleich von Wanderern und Radfahrern benützt werden können (vgl. Entscheidung des BayVerfGH vom 16.06.1975, Rd.Nr. 122).

Hinsichtlich der Gemeinverträglichkeit kommt die NJW Neue Juristische Wochenschrift bei der Auswertung des Urteils des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 03.07.2015, Az. 11 B 14.2809, wie erwähnt, zu dem Schluss:
„Es besteht durch das von der Bayerischen Verfassung geschützte Radfahren in freier Natur kein erhöhtes Risiko für Erholung suchende Fußgänger.“

Das Gericht selbst verweist in RdNr. 27 des Urteils diesbezüglich auf die Einhaltung der Gebote des § 1 und des § 3 StVO (vgl. Art. 26 Abs. 2 BayNatSchG). Es könne nicht von vornherein unterstellt werden, dass sich Radfahrer generell nicht verkehrsgerecht verhielten.
Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht (§ 1 Abs. 1 StVO). Wer am Verkehr teilnimmt, hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird (§ 1 Abs. 2 StVO). Fahrzeugführer und somit auch Radfahrer dürfen nur so schnell fahren, dass sie das Fahrzeug ständig beherrschen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVO) und innerhalb der übersehbaren Strecke halten können (§ 3 Abs. 1 Satz 4 StVO). Sie müssen sich gegenüber Kindern, hilfsbedürftigen und älteren Menschen, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung dieser Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist (§ 3 Abs. 2a StVO). Die Geschwindigkeit ist insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie den persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 StVO).

„Trotz sicherlich berechtigter Beschwerden im Einzelfall“ erachtet das Gericht die Beachtung der vorgenannten Gebote als möglich, womit es deutlich macht, dass vom Radfahren typischer Weise keine Gefahren ausgehen (sog. abstrakte Gefährdung). Dies gilt auch auf stark frequentierten Wegen bei einer Vielzahl von Begegnungen für jede Einzelne, da sich Radfahrer bei der Erholung in freier Natur jederzeit gemeinverträglich verhalten können (vgl. BayVGH, Urt. v. 21.11.2013, Az. 14 BV 13.487, RdNrn. 43 u. 47).

Zunächst handelt es sich bei der Frequentierung tatsächlich um einen der in Art. 26 Abs. 2 Satz 3 BayNatSchG gemeinten Umstände. Auch wenn eine große Anzahl Erholungsuchender das Erholungserlebnis des Einzelnen möglicherweise schmälert, ist das Vorhandensein anderer Erholungsuchender hinzunehmen.

So kann es dem Radfahrer gegebenenfalls geboten sein abzusteigen, um dem Fußgänger dem ihm gebührenden Vorrang einzuräumen. Auf der anderen Seite sind auch die Fußgänger an die Gemeinverträglichkeitsklausel gebunden und dürfen Radfahrer nicht unnötig behindern. Der Grundsatz verpflichtet also zu gegenseitiger Rücksichtnahme.

Im unübersichtlichen Terrain ist es dem Radfahrer nach den allgemeinen Regeln geboten nur so schnell zu fahren, dass er sein Fahrrad ständig beherrscht und innerhalb der übersehbaren Strecke notfalls sofort anhalten kann (vgl. auch § 3 Abs.1 StVO).

Für Radfahrer ergibt sich – wie für andere Verkehrsteilnehmer auch – zudem weder aus der StVO noch aus anderen Bestimmungen ein Anspruch auf ein ungehindertes Fortkommen mit der maximal zulässigen Geschwindigkeit. Vielmehr folgt aus dem in § 1 StVO verankertem Rücksichtnahmegebot, dass sich jeder Verkehrsteilnehmer an die Verkehrsverhältnisse anpassen muss.

Hieraus ergibt sich für die Radfahrer auch, dass ein gegenseitiges aufeinander Warten und Ausweichen, das der gesetzlichen Verpflichtung der Verkehrsteilnehmer zur ständigen Vorsicht und gegenseitigen Rücksichtnahme aus § 1 Abs. 1 StVO entspricht, gegenüber sämtlichen Verkehrsteilnehmern möglich ist.


Fortsetzung folgt ...
 
Fortsetzung:

Auch der aktuelle Stand von Wissenschaft und Forschung zum Verhältnis von Wanderern zu Radfahrern lässt irgendwelche sicherheitsrechtlichen Bedenken wegen potentieller Konfliktsituationen zwischen Radfahrern und Wanderern nicht erwarten:
Eine Auswertung der "Soziale Konflikte Studie" (Dreyer/Menzel/Endres, Wandertourismus, 2009, S. 119) befasst sich intensiv und fundiert mit der Frage, ob und wie es zu Konflikten zwischen Wanderern und Radfahrern gekommen ist und kommen kann. Drei Erkenntnisse sind hervorzuheben:

1. Erkenntnis 1: 0% der Wanderer sehen einen Lösungsansatz in Hinweisschildern:

a) Die Frage, ob Hinweisschilder zur Konfliktlösung beitragen können, beantwortet die Studie eindeutig:​
Wanderer fordern mit Nachdruck das langsame Vorbeifahren oder z. B. eine Klingelpflicht der Mountainbiker. Hinweisschilder, auf denen die Mehrfachnutzung der Wege durch Mountainbiker signalisiert werden, geben sie gar nicht erst als Lösungsansätze an (0%).​
Dies entspricht auch der Rechtslage und der Intention des Verfassungsgebers: Solange jedoch dem Fußgänger ein Vorrang in der Art suggeriert wird, dass dieser entgegen der Feststellung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 16.06.1975 (Rd.Nr. 122) nicht nur auf gemeinsam genutzten Wegen, sondern auch durch Ausschluss anderer Erholungsuchender erfolgen kann, wird der soziale Konflikt nicht befriedet. So lautet auch das Fazit in Forschung Radverkehr – Infrastruktur I- 9/2011, Radfahrer und Fußgänger auf gemeinsamen Flächen. Die Ausgrenzung anderer Erholungssuchender führt gerade nicht zur Lösung des Konflikts, im Gegenteil: Das Miteinander funktioniert dann gut, wenn genügend Platz vorhanden ist, bei gemischten Flächen kein Verkehrsmittel einen Vorrang suggeriert bekommt, der Gesamteindruck eindeutig ist in dem Sinne, dass der Radverkehr bei den Fußgängern „zu Gast" ist und sich entsprechend in der Fahrgeschwindigkeit anpasst. Wo wäre das eher der Fall als in der freien Natur?​
b) Dass dies funktioniert, kann man auch den Ausführungen der Rupprecht Consult Forschung und Beratung GmbH im Merkblatt "RADFAHRER und FUSSGÄNGER" entnehmen:​
Empirische Studien zeigen, dass Radfahrer dazu neigen, ihr Verhalten anzupassen. Auch wurde beobachtet, dass Fußgänger durch Radfahrer weniger behindert werden als umgekehrt:​
Es sind die Radfahrer, die flexibel sein müssen. Radfahrer verringern ihre Geschwindigkeit und versuchen bei hoher Fußgängerdichte ein Zusammentreffen auf andere Weise zu verhindern. Erhebungen zeigen, dass sie sich unvorhersehbarer Bewegungen, insbesondere bei unbeaufsichtigten kleinen Kindern, sehr bewusst sind. Ängste vor einem allgemein rücksichtslosen Verhalten der Radfahrer sind unbegründet. Und in der Praxis reguliert sich der Fahrradverkehr in hohem Maße selbst. Macht die Fußgängerdichte das Radfahren zu schwierig, benutzen Radfahrer alternative Routen. Die Angst, dass Fußgänger von der Masse an Radfahrern bedrängt werden könnten, ist ebenfalls unbegründet.​
c) In der öffentlichen Diskussion wird die Gefährdung von Wanderern durch die Biker zwar immer wieder herausgestellt. Tatsächlich sind Unfälle zwischen Fußgängern und Bikern jedoch äußerst selten. Gemessen an der großen Zahl der Selbstunfälle von Fußgängern sowie anderer Naturnutzer in den Bergen tendiert die Zahl der Unfälle im Begegnungsverkehr mit Mountainbikern gegen Null. So sind der Sicherheitsforschung des Deutschen Alpenvereins (DAV) keine Unfälle aus dem Begegnungsverkehr zwischen Mountainbikern und Wanderern bekannt (Hr. Schubert, 1998, brfl.). Auch auf dem für Biken zugelassenen Wegenetz von Österreich sind bislang nur äußerst selten Unfälle passiert. WIEGAND (1993), zitiert in WÖHRSTEIN (1998: 79/80), teilt mit, dass auf den 2.700 Kilometer in Tirol freigegebenen Forststraßen während eines Jahres keine einzige Kollision zwischen Biker und Fußgänger gemeldet wurde. Die extrem niedrige Unfallrate wird auch durch Daten von BLUMENTHAL (o.J.) aus den USA bestätigt.​

All diese wissenschaftlich belegten Thesen spiegeln sich auch in der Gesetzgebung wieder:​
Die Bekanntmachung des Ministeriums aus dem Jahr 1976 benutzt unter II. Nr. 2 bezüglich der Grenzen der Gemeinverträglichkeit den Begriff "unzumutbar". Eine Notwendigkeit für Beschränkungen des Begegnungsverkehrs von Fußgängern und Radfahrern sieht sie dort nicht. Das Ministerium geht vielmehr davon aus, dass eine gemeinsame Nutzung von Wegen unter gegenseitiger Rücksichtnahme sowohl Radfahrern als auch Fußgängern normal ist. Art. 26 Abs. 2 Satz 3 BayNatSchG beschreibt das Gebot der Gemeinverträglichkeit mit:​
"Die Rechtsausübung anderer darf nicht verhindert oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar beeinträchtigt werden (Gemeinverträglichkeit)", so dass der Erholungsuchende mit zumutbaren Störungen durch andere auskommen muss.​
Nach Art. 141 Abs. 3 Satz 1 der Bayerischen Verfassung stehen die verschiedenen Arten der Erholung in der Natur grundsätzlich gleichwertig nebeneinander, ohne dass eine bestimmte Rangordnung aufgestellt werden könnte (vgl. BayVerfGH, E.v. 24.7.1979 – Vf. 10-VII-77 – VerfGHE 32, 92/98 f.). Damit hatte der Verfassungsgeber bereits selbst die Lösung des sozialen Konflikts bewirkt, indem er die Akzeptanz der gemeinsamen Wegenutzung durch die Erholungsuchenden voraussetzt. Hierfür bedarf es, wie die Wanderer im Einklang mit der Bayerischen Verfassung feststellen, keiner Hinweisschilder.​
Fortsetzung folgt ...
 
Hier mal ein positives Beispiel. Das kleine blaue Schild ist kein Aufkleber, sondern Teil des Schildes mit einer leichten Erhebung, wie die Schrift. Das Wort zwischen Wanderer und Radfahrer ist Toleranz. Der Weg ist ein Trail (S2/S3). Das ganze ist mir jetzt erst aufgefallen, nachdem ich auf das Thema sensibilisiert bin.

bikeschild.png
 
„Erklärbar“ Schilder sehe ich auch als vollkommen überflüssig und sogar kontraproduktiv an.
In Gegenden, wo vermehrt Schilder den Vorrang der Wanderer verkünden, passiert es mir wesentlich öfter, dass der Weg nicht zeitnah freigegeben wird. Man hat ja schließlich Vorrang und darf deswegen andere behindern. Das haben auch mir schon welche ins Gesicht gesagt, wenn sie einen dann endlich mal vorbei gelassen haben.
 
So sehr ich die Zahlen zu den nicht existenten Unfällen auch glauben mag, trotzdem sind diese Zitate doch schon stark in die Jahre gekommen. In den letzten Jahren hat sich ja das Aufkommen von Erholungssuchenden vervielfacht. Sind die Zahlen der Unfälle trotzdem immer noch auf dem sehr niedrigen Niveau bzw. gibt es da keine aktuelleren Zahlen?
 
Die zitierten Studien werden auch ganz aktuell vom Deutschen Alpenverein bestätigt:

Stammtischweisheiten widerlegt:

1. "Die Rettung muss dauernd für Mountainbikerinnen ausrücken."


Das stimmt nicht. Die Unfallzahlen der Bergwacht und des DAV zeigen sogar das Gegenteil. Beim Mountainbiken passieren weniger Unfälle als bei anderen Bergsportarten. (Bergwacht Bayern Einsatzzahl 2019: Skifahren: 3545, Wandern: 1593, MTB: 579; DAV 2018: Wandern: 348, Bergsteigen: 144, Klettern: 142, MTB: 40)*

*Anzahl der Betroffenen
...


Auch während der diesjährigen Sommerferien als wegen der Corona-Pandemie besonders viele Urlauber und Naherholungsuchende in Bayerns freier Natur aufhielten, blieben trotz der Vielzahl der Menschen und deren unterschiedlichen Interessen Unfälle und Konflikte unter den Erholungsuchenden aus. Manchen Einheimischen war es, inbesondere wegen des Reiseverkehrs, zu viel - und darüber wurde dann auch fleißig berichtet, aber Berichte von Konflikten unter den Erholungsuchenden: absolute Mangelware - Unfälle zwischen Erholungsuchenden mit Mountainbikern: Fehlanzeige.

Ansonsten kann man sich auch die jährlichen Bergunfallstatistiken von DAV und Bergwacht ansehen.
Mountainbiker spielen da immer "eine untergeordnete Rolle" (Zitat DAV).

Im Übrigen ist es hinsichtlich des Mountainbikens schwierig an neue Studienergebnisse zu kommen, da das Mountainbiken mehr oder weniger seit Ende der 90er Jahre auserforscht ist. Da kommen jetzt keine neuen überaschenden wissenschaftlichen Erkenntnisse mehr dazu. Anfang der 90er war man bezüglich der noch recht neuen Betätigungsform Mountainbiken vorsorglich noch etwas vorsichtig. Da unterscheiden sich auch die Aussagen des "Handbuchs Sport und Umwelt", Hans-Joachim Schemel und Wilfried Erbguth in der 2. Ausgabe von 1992 sehr deutlich von denen der von mir zitierten 3. Auflage des Handbuchs aus dem Jahr 2000.

Thomas Wöhrstein, der vier Jahre zum Thema Mountainbiken und Umwelt geforscht hatte, wird weiterhin gerne zitiert; so auch im Mountainbike Handbuch des Landes Baden-Würthemberg (3. überarbeitete Auflage, Stand 14. August 2019). Hier ein Interview mit ihm aus der Südwest Presse vom 22. Mai 1998 (Quelle: http://www.schymik.de).
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke, bin trotzdem auf die kommenden Jahre/Statistik gespannt.

"Laut der aktuellen Einsatzstatistiken, zeigen die Mountain- und E-Bike-Unfälle einen drastischen Anstieg: Von 160 Einsätzen im Jahr 2006 stieg die Zahl der Radunfälle 2018 auf 591, das entspricht einer Steigerung um 269 Prozent. "
aus: https://www.bergwacht-bayern.de/fileadmin/Downloads/Jahresrueckblick_2019.pdf

Oder auch: "Mountainbiken gewinnt auch unter DAV-Mitgliedern zunehmend an Popularität. So ist es nicht verwunderlich, dass auch die Zahl der Unfallmeldungen im langjährigen Mittel ansteigt (Diagramm 59). In der Gesamtstatistik spielt diese Sparte des Bergsports trotzdem noch keine gewichtige Rolle (vgl. Diagramm 4oben). Im Berichtszeitraum wurden 76 Unfälle mit 77 Betroffenen gemeldet"
Zitat aus dem DAV-Bericht von 2016/2017 (https://www.alpenverein.de/chameleo...52944/Bergunfallstatistik-2016-2017_30772.pdf)

Nicht, dass ich jetzt Missverstanden werde und irgendwas negatives herbei reden wollen würde. Aber bei der Argumentation mit den Zahlen sollte man auch die aktuelle Entwicklung immer im Hinterkopf behalten, um nicht unglaubwürdig abgestempelt zu werden (was ich hier aber keinen unterstellen will). Wäre ja sehr schön, wenn auch in Zukunft die Unfälle beim MTB keine gewichtige Rolle spielen würden :)
 
Zum einen schwanken die Zahlen für alle Bergsportarten von Jahr zu Jahr schon allein witterungsbedingt, weil einfach bei schönem Wetter mehr Leute unterwegs sind und wenn mehr Leute mit dem Rad unterwegs sind, gilt statistisch ja das selbe. Wo soll da künftig die große Überaschung herkommen? Auch durch die neu durch`s Pedelec hinzugekommen Leute, die bisher kaum Mountainbike-Erfahrung hatten, hat sich die Situatoin nicht signifikant verändert.

Letztlich zeigt sich, dass sich die Radfahrer im Gebirge durchaus vernünftig und verantwortungsvoll verhalten (Stichwort Eigenverantwortung).

Ansonsten muss man mit diesen Statistiken schon auch etwas vorsichtig umgehen. So schreibt der Alpenverein in seiner Pressemitteilung zu der oben genannten Bergunfallstatistik 2016/17:

Quote für tödliche Unfälle auf Tiefststand

Im gesamten Berichtszeitraum wurden 1878 Notfälle mit insgesamt 2433 Betroffenen gemeldet. Das entspricht gegenüber den beiden Jahren des Vorberichtszeitraums einer Steigerung sowohl der Notfälle als auch der Betroffenen. In beiden Jahren ist die Mitgliederzahl jedoch stark angestiegen. Das bedeutet, dass sich für das Risiko, in einen Notfall zu geraten, eine effektive Abnahme von 2,7 % errechnet. Bei den tödlichen Unfällen (61 Unfälle mit 71 toten Mitgliedern) verringert sich die Quote sogar um 28 %. Die Quote für tödliche Unfälle ist damit für den aktuellen Berichtszeitraum die niedrigste seit Erstellung der DAV-Bergunfallstatistik in den 1950er Jahren.


Das hieße also, je mehr Mitglieder der DAV hat, desto geringer das Tötungsrisiko...
Man beachte, dass im Berichtszeitraum lediglich die DAV-Mitgliederzahl noch stärker als die Notfälle und Betroffenen gestiegen sind.
Bei solchen Aussagen würde ich mir über die Glaubwürdigkeit mehr Sorgen machen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Einen Anstieg der Fallzahlen auf 12 Jahre zu rechnen und keine direkte Gegenüberstellung mit anderen Betätigungen, empfinde ich als unseriös.
 
Man beachte, dass im Berichtszeitraum lediglich die DAV-Mitgliederzahl noch stärker als die Notfälle und Betroffenen gestiegen sind.
Bei solchen Aussagen würde ich mir über die Glaubwürdigkeit mehr Sorgen machen.
Stellt für mich keinen Widerspruch dar, wenn ich an die Altersstruktur in meiner DAV Sektion denke.
 
"Laut der aktuellen Einsatzstatistiken, zeigen die Mountain- und E-Bike-Unfälle einen drastischen Anstieg: Von 160 Einsätzen im Jahr 2006 stieg die Zahl der Radunfälle 2018 auf 591, das entspricht einer Steigerung um 269 Prozent.
Da hilft es natürlich etwas mehr Text zu zitieren dann fallen auch schnell zwei Dinge auf:
Einsatzschwerpunkt Mountain- und E-Bike
Laut der aktuellen Einsatzstatistiken, zeigen die Mountain- und E-Bike-Unfälle einen drastischen Anstieg: Von 160 Einsätzen im Jahr 2006 stieg die Zahl der Radunfälle 2018 auf 591, das entspricht einer Steigerung um 269 Prozent. Allein auf die Bergwacht-Region Bayerwaldentfallen 2018 176 Bergradeinsätze. Schwerpunkt hier: Der Bikepark Geißkopf. ... Unseren Einsatzschwerpunkt machen die Mountainbike-Downhiller aus.

1. Hier werden Einsätze mit Unfällen gleichgesetzt. Einsätze könne jedoch ganz verschiedene Ursachen, wie Blockierungen, Herz-Kreislaufprobleme oder Suchen und natürlich auch Unfälle, haben. Hier wäre eine Aufschlüsselung angebracht gewesen.

2. Der Schwerpunkt der Einsätze lag offensichtlich im Zusammenhang Bikepark-Besuchen. Eine Übertragung auf das Mountainbiken generell wäre daher schlicht unseriös. Letztlich kann man dem Bericht der Bayerischen Bergwacht lediglich entnehmen, dass es seit 2006 mehr Bikepark-Besuche, mit den damit verbundenen Begleiterscheinungen, gibt.
... Aber bei der Argumentation mit den Zahlen sollte man auch die aktuelle Entwicklung immer im Hinterkopf behalten, um nicht unglaubwürdig abgestempelt zu werden...
Den Umgang mit den Zahlen, die Auswertung und Deutung von Statistiken haben wir im Griff und stellt kein Problem dar.
 
Zuletzt bearbeitet:
Oder auch: "Mountainbiken gewinnt auch unter DAV-Mitgliedern zunehmend an Popularität. So ist es nicht verwunderlich, dass auch die Zahl der Unfallmeldungen im langjährigen Mittel ansteigt (Diagramm 59). In der Gesamtstatistik spielt diese Sparte des Bergsports trotzdem noch keine gewichtige Rolle (vgl. Diagramm 4oben). Im Berichtszeitraum wurden 76 Unfälle mit 77 Betroffenen gemeldet"
Zitat aus dem DAV-Bericht von 2016/2017 (https://www.alpenverein.de/chameleo...52944/Bergunfallstatistik-2016-2017_30772.pdf)
Was wir natürlich nicht im Griff haben ist eine unseriöse Berichterstattung und ebensolche Prognosen - auch hier hilft es wieder etwas mehr Text zu zitieren:

Zum einen kommt der DAV in derselben Publikation (Bergunfallstatistik 2016/17), wie jedes Jahr, gleich mehrmals zu dem Schluss:
"Mountainbiken spielt nur eine untergeordnete Rolle."

3.2 Entwicklung der Unfallzahlen nach Disziplinen

...
Die Unfallstatistik im langjährigen Vergleich
Betrachtet man die Anteile der einzelnen Disziplinen am Unfallgeschehen, so ist festzustellen, dass die Quoten der verunfallten Wanderer im Mittel zunahmen, jene für Klettererunter starken Schwankungen tendenziell leicht zurückging. Mountainbiken spielt nur eine untergeordnete Rolle. Die Quote für Skitourengeher blieb unter starken Schwankungen annähernd konstant, jene für Pistenskifahrer, Snowboarder und Variantenfahrer dagegen hat sich zu Beginn der 2000er Jahre vervielfacht und ist seitdem annähernd konstant.

4.3 Bergsportdisziplin und Risiko
Wie in den Berichtszeiträumen zuvor waren Wandern mit einem Anteil von 30% sowie Pistenskilauf (mit Variantenfahren und Snowboarden) und Langlaufen mit 32% die Disziplinen mit den meisten Schadensmeldungen. Vom Pistenskilauf wurden zwar die meisten Unfälle gemeldet, da aber in einen Unfall auf der Skipiste meist nur eine Person involviert ist, beim Wandern hingegen manchmal ganze Gruppen geborgen werden müssen, war die Zahl der Betroffenen beim Wandern höher als beim Skilaufen. Beim Bergsteigen, Klettern und Skitourengehen bewegten sich die Anteile jeweils zwischen 9 und 13%. Disziplinen wie Mountainbiken, Rodeln oder Canyoning spielten nur eine untergeordnete Rolle. ...


Zurück zu der zitierten Fundstelle aus der Bergunfallstatistik 2016/17:
5.4 Unfälle und Notlagen beim Mountainbiken
Mountainbiken gewinnt auch unter DAV-Mitgliedern zunehmend an Popularität. So ist es nicht verwunderlich, dass auch die Zahl der Unfallmeldungen im langjährigen Mittel ansteigt. In der Gesamtstatistik spielt diese Sparte des Bergsports trotzdem noch keine gewichtige Rolle. Im Berichtszeitraum wurden 76 Unfälle mit 77 Betroffenen gemeldet.

Man darf sich schon fragen, woher dieses eingefügte "noch" plötzlich herkommt. Da müsste sich die Zahl demnächst schon verdoppeln. Tatsächlich haben sich Unfälle und Notlagen beim Mountainbiken relativ zur Mitgliederzahl von 2002 auf 2017 nur von 0,002 % auf 0,003 % erhöht, was im Mittel eine jährliche absolute Steigerung von 0,0000625 % ausmacht. Bei den tödlichen Unfällen sind die Zahlen von 2002 und 2017 sogar identisch, nämlich Null.

Was ist tatsächlich passiert? 2019 weist die Bergunfallstatistik des DAV 40 betroffene Mountainbiker aus, was beinahe einer Halbierung zu den oben aufgeführten 77 Betroffenen aus dem Jahr 2017 entspricht. Das dürfte dann auch in etwa die Zahl aus dem Jahr 2002 sein. Von welcher aktuellen Entwicklung will man da sprechen. Es gibt keine seriösen Anzeichen, dass sich an der folgenden Aussage in absehbarer Zeit etwas ändern würde:

"Mountainbiken spielt nur eine untergeordnete Rolle."
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben Unten