Nach 3,5 Monaten neigt sich der Fall langsam dem Ende zu, also dokumentiere ich das für Interessierte:
Zur Erinnerung: Ich bin auf der Straße von einem Auto knapp überholt worden, das zu früh einscherte und mich damit auf die Straße schleuderte. Ich hatte ein paar Schürfwunden, die teure Funktionskleidung war durchgescheuert und das Rad hatte ebenfalls ein paar Kratzer. Der teure Carbonrahmen war optisch unversehrt, was aber nichts heißt und mir am meisten Sorgen bereitete.
Zuerst präsentierte ich
Helm und Kleidung persönlich in einer Filiale der Versicherung, machte Angaben zum Hergang und erlaubte die Einsicht in meine Arztakte. Die Versicherung schickte einen Gutachter, der bei mir zu Hause den Schaden des Rades begutachtete. Alle von mir beschriebenen Beschädigungen, inklusive des Rahmens, wurden anerkannt. Der Rahmen wurde anerkannt, weil mit dem Sturz die Herstellergarantie verfallen ist.
Der Gutachter versuchte die Hälfte des Rahmenpreises vom Hersteller finanzieren zu lassen (Crash Replacement), dies wurde aber vom Hersteller abgewiesen, so dass die Versicherung dies zahlen sollte.
Von da an versuchte ich wöchentlich meine Sachbearbeiterin zu erreichen, was unmöglich war (immer besetzt). Wenn ich sie sprach hieß es, es fehle noch die Polizeiakte und ich solle nicht mehr anrufen, sie würde sich bei mir melden. Im Nebensatz erwähnte sie, dass ich ja nicht auf dem Radweg gefahren sei, so dass ich gleich noch eine Begehung des Unfallortes durch die Versicherung veranlasste, damit dieser Vorwurf aus der Welt sei (denn dort gibt es keinen benutzungspflichtigen Radweg).
Dies ging so zwei Monate und immer hieß es, die Polizeiakte sei noch nicht da, worauf ich dann tatsächlich zum Anwalt gegangen bin, was ich ursprünglich nicht wollte, da der Fall offensichtlich und klar war und ich potentiellem Ärger aus dem Weg gehen wollte. Zu dem Zeitpunkt war mir das mit dem Geld nicht mehr so wichtig, da ich mich vor allem über die freche Ignoranz der Versicherung mehr als ärgerte.
Der Anwalt produzierte diverse Schreiben mit Zahlungsaufforderungen zum Datum X, die glaube ich drei Mal ohne Kommentar der Versicherung verstrichen sind. Der Anwalt holte sich die Polizeiakte und ich konnte zum ersten Mal die Beschreibung des Vorfalls aus Sicht der Autofahrerin lesen: Klar kann ich hier nicht objektiv sein, aber es las sich so, als ob ich der Dame total abgelenkt mit meinem Rad ins Auto gefahren wäre, während ich ein anderes Auto überholte. Da müsst ihr mir einfach glauben, dass ich zum Zeitpunkt des Unfalls und auch schon mindestens 10 Sekunden vorher nichts überholte, sondern schnurgerade auf der Straße fuhr. Im Gegenteil wurde ich so knapp von Ihr überholt, weil Sie Gegenverkehr hatte, mich aber trotzdem schnellstmöglich überholen wollte. Wie auch immer...
Die Versicherung behauptete auch noch dann auf die Polizeiakte zu warten, als mein Anwalt der Versicherung schriftlich vorlegte, wann die Polizei die Akte an die Versicherung herausgegeben hatte.
Nachdem mein Anwalt in einem Schreiben mit der Klage gedroht hatte und im nächsten dies wiederholte (ich war auch definitiv bereit zu klagen) meldete sich die Versicherung nach 3 Monaten zum ersten Mal und bezahlte 2/3 - räumte mir eine Mitschuld ein, weil ich den Radweg nicht benutzt hatte. Bei dem klaren Sachverhalt eine eigentlich unglaubliche Taktik, denn natürlich monierte das mein Anwalt und forderte den Rest ein, der nun nach zwei Wochen tatsächlich kam (dieser Teil ist noch nicht auf meinem Konto, aber die Zusage habe ich.).
Bekommen habe ich auch Schmerzensgeld, wobei ich weiß, dass mein Anwalt da noch mehr fordern wird. Die Anwaltskosten müssen auch von der Versicherung beglichen werden. Der Sachschaden wurde mir, wie hier im Thread schon erwähnt, abzüglich der Umsatzsteuer ausgezahlt.
Ich verstehe diese Strategie der Versicherung überhaupt nicht, denn ich war nur auf die Ersetzung des Sachschadens aus und habe sogar 2 Monate gewartet. Die Versicherung muss nun mehr bezahlen, und musste mehr Personal aufwenden als eigentlich nötig. Der Fall war von vornherein relativ klar, warum also die Verzögerung und die Lügerei? Verglichen mit KFZ Schäden und anderen Dingen ging es in meinem Fall um Peanuts.
Ich würde anderen empfehlen zumindest dann einen Anwalt aufzusuchen, wenn die Versicherung nicht glaubwürdig rüberkommt, also etwa wie bei mir monatelang auf irgendein Schreiben wartet.
Ich würde anderen empfehlen auf jeden Fall die Polizei zu rufen, damit es am Ende eine Polizeiakte gibt in der etwas halbwegs richtiges drinsteht. Ohne die Akte und ohne die Beschreibung der Polizei, wäre es womöglich anders ausgegangen. Die Dame hat mich mehrmals nach dem Unfall gefragt, das direkt über die Versicherung zu klären und nicht auf die Polizei zu warten. Warten war hier richtig.
Ich habe mich mit der Dame während der Warterei auf die Polizei (ca 1h) ganz nett unterhalten und sie war total einsichtig. Diese Einstellung hat sich bis zum Schreiben des Unfallberichtes bei ihr komplett umgekehrt. Ich würde in Zukunft auf Smalltalk mit dem Unfallgegner verzichten.
Wer einen Verkehrsanwalt in Berlin sucht, dem kann ich nun per PM einen nennen, mit dem zumindest ich zufrieden bin.