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YT Industries Capra, Orbea Rallon und Raaw Madonna im Test
29er Enduros – die besten Alleskönner?

29er vergleichstest 2018

Enduro-Bikes der Federwegs-Klasse von 150 bis 170 mm gehören zu den populärsten Rädern in unseren Testreihen. Je nach Auslegung des Herstellers bedienen sie Einsatzbereiche von Allmountain, Enduro, Bikepark bis hin zu Freeride. In diesem Dreier-Test vergleichen wir das Orbea Rallon, Raaw Madonna und YT Capra: Allen gemein sind ein breiter Einsatzbereich, 29 Zoll-Laufräder und Fahrwerke von Fox. Fahren sich die Bikes auch ähnlich oder verhalten sie sich gänzlich anders? Wir haben es für euch herausgefunden – hier ist die Zusammenfassung.

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Die Protagonisten in unserem Test sind das Raaw Madonna, das Orbea Rallon und das YT Capra 29 CF: Alle bieten große Laufräder, gestreckte Geometrien und ein breit einstellbares Fox-Fahrwerk. Nur das Madonna verfügt über einen Aluminium-Rahmen, Capra und Rallon kommen nahtlos als Carbon-Varianten.

Wie aber soll man wissen, welches der Enduro-Bikes einem am besten für den eigenen Einsatzzweck taugt? Dem YT Capra konnten wir im ersten Test schon eine sehr gute Performance auf dem Trail bescheinigen. Uns interessierte, inwieweit diese Leistungsfähigkeit sich im Dauereinsatz in einem breiteren Einsatzspektrum schlagen würde. Orbea bescheinigt dem Rallon ebenjenen sehr breiten Einsatzbereich von Enduro-Rennen bis hin zum Hometrail – ein vollmundiges Versprechen. Zu guter Letzt stellt sich das Raaw Madonna als ein idealer Begleiter für schnelle Fahrweise durch grobes Gelände vor. Neben sehr guter Haltbarkeit war dem Raaw-Entwickler auch wichtig, sich die Abfahrt entspannt selbst verdienen zu können – die Geometrie und vor allem der Sitzwinkel sind entsprechend darauf ausgerichtet.

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Die Bikes – Infos und Preise

LaufradgrößeFederweg vorneFederweg hintenRahmengewichtPreis
Raaw Madonna29"160 mm160 mm3,7 kg (M)Rahmenset ab 2.690 €
Orbea Rallon29"160 mm150 mm2,58 kg (M)Bike ab 4.499 €
YT Capra 29 CF29"170 mm170 mm2,8 kg (M)Rahmenset ab 2.299 €
Bike ab 3.699 €

Tipp Race: Orbea Rallon

# Orbea Rallon - 29″, 160 / 150 mm Federweg, Komplettbike ab 4.499 €

Farbenfroh und mit massiv ausgeführtem Carbon-Rahmen begeistert der spanische Flitzer allein schon optisch. Durch die Fertigung in Europa und ein Direkt-Vertriebs-Modell steht dem geneigten Kunden eine Vielzahl an Möglichkeiten offen, diese sind individuell bei der Bestellung wählbar. Zusätzlich kann man sich neben den Basis-Ausstattungen auch zwischen verschiedenen Dämpfern entscheiden. Damit sind aber nicht nur Luftdämpfer gemeint: Eine progressive Kennlinie ermöglicht ebenfalls den Griff zu Stahlfeder-Varianten.

Sämtliche Züge sind intern verlegt und so fällt erst bei genauerem Hinsehen auf, dass der Rahmen für das elektronische Fahrwerk Fox Live vorbereitet ist. Im Hauptrahmen findet trotz Dämpfer mit Ausgleichsbehälter eine Wasserflasche Platz, auch ein Klettband mit Schlauch und CO₂-Kartusche kann leicht untergebracht werden. Bei der Geometrie zeigt man sich im Hause Orbea für dieses Testfeld etwas konservativer: Die Reach-Werte reichen von 430 bis 485 mm, die Kettenstreben-Länge liegt durchgängig bei 435 mm.

Zum ausführlichen Test: Orbea Rallon im Test: Strammes spanisches Chamäleon

Mit dem Rallon hat Orbea ein wirklich heißes Eisen im Feuer! Anpassbar ab Werk mit verschiedensten Dämpfervarianten und einem sehr guten sowie breit abstimmbaren Fahrwerk kann man freudestrahlend auf einer Vielzahl unterschiedlichster Trails unterwegs sein. Das Orbea Rallon besticht durch ein sehr direktes Handling und hervorragende Klettereigenschaften. Kritik kann man höchstens mit persönlichen Vorlieben und der fehlenden Rahmengröße XXL begründen. In Summe ein hervorragendes Bike!

Pro / Contra

zum Test

Pro

  • Trotz "Enduro" ist man schnell auf dem Berg
  • Direktes Handling
  • Sehr viel Bewegungsfreiheit durch niedrige Überstandshöhe und kurzes Sitzrohr
  • Sehr gutes und breit abstimmbares Fahrwerk
  • Custom-Optionen wie Farb- und Dämpferwahl

Contra

  • Gripfanatiker wünschten sich etwas mehr Nachgiebigkeit im hinteren Rahmendreieck
  • Bremsen könnten für schwere Fahrer stärker sein
  • Kein XXL-Rahmen

Tipp Freeride: Raaw Madonna

# Raaw Madonna - 29″, 160 / 160 mm Federweg, Rahmenset ab 2.690 €

Die junge Firma Raaw von Ruben Torenbeek tanzt mit dem Madonna etwas aus der Reihe. Es verfügt über einen Aluminium-Rahmen mit komplexen Features wie einem Werkzeugfach im Ober- und einer Vertiefung im Unterrohr, in dem ein Klettband mit Schlauch, eine kleine Windjacke oder eine CO₂-Kartusche verstaut werden können. Halterung für eine Wasserflasche? Auch die ist montierbar. Wie auch das Capra verfügt das Madonna über mitwachsende Kettenstreben. Das bedeutet, dass mit steigender Rahmengröße der Hinterbau länger wird. Je 5 mm Zuwachs sind beim Sprung zur nächsten Größe zu verzeichnen. Unser Testbike in Größe XL verfügt bei einem Reach-Wert von satten 500 mm über 450 mm lange Kettenstreben.

Zum ausführlichen Test: Raaw Madonna im Test: Ein neuer roher Stern am Enduro-Himmel

Mit dem Raaw Madonna hat sich ein neuer, spannender Ansatz im breit gefächerten Enduro-Segment auf den Markt positioniert: Besonders Fahrer, die sich die Abfahrt gemütlich selbst verdienen wollen, dürften die entspannte Sitzposition im Uphill schätzen. Bergab wartet der Rahmen mit viel Steifigkeit und Reserven für harte Landungen auf. Beim Setup sollte man sich Zeit lassen und die ab Werk angebotenen Dämpfer-Optionen mit den persönlichen Vorlieben abwägen. Ist alles passend abgestimmt, verträgt das Madonna auch hartes Gelände ohne jegliches Murren.

Pro / Contra

zum Test

Pro

  • Schöne Detaillösungen am Rahmen für Werkzeug und Ersatzteile
  • Vertrauenerweckende Rahmenkonstruktion
  • Harte Landungen werden sehr gut weggesteckt

Contra

  • Präzise Linienwahl erfordert viel Aufwand vom Fahrer
  • Übersetzungsverhältnis für schwere Fahrer etwas hoch

Tipp Downhill: YT Industries Capra 29 CF Pro

# YT Capra CF Pro 29 - 29″, 170 / 170 mm Federweg, Rahmenset ab 2.299 € / Komplettbike ab 3.699 €

YT nimmt zwar mit dem neuesten Bike in der Dreier-Reihe teil, verfügt aber mit dem Capra schon über eine vergleichsweise lange Historie. Ein neu entwickelter, wuchtiger Rahmen mit innenliegenden Zügen bildet die Basis des Capra. Die Reach-Werte sind gegenüber des Vorgängers zwar nicht stark gestiegen, dafür gibt es nun eine zusätzliche Größe: Mit XXL knackt der Versender einen Reach von 500 mm. Auch die Kettenstreben wachsen mit, die Geometrie wurde aktualisiert. Wermutstropfen für Rucksackverweigerer: die fehlende Möglichkeit, eine Wasserflasche am Rahmen montieren zu können. Platz für ein Klettband für minimalistische Schlauch-Minitool-Kartuschen-Anhänger ist indes reichlich gegeben.

Zum ausführlichen Test:YT Capra 29 CF Pro Race im Test: Fränkischer Silberpfeil mit Dampflokqualitäten

Das YT Industries Capra CF Pro brilliert mit einem extrem satten Fahrwerk und solidem Gesamtkonzept: Es ist lässt sich für die Abfahrt breit abstimmen und muss sich auch im Uphill nicht verstecken. Selbst wenn die Tage im Sattel mal länger werden, hilft die breite Übersetzung, eine Extra-Runde dranzuhängen. Nachteile? Fast keine – außer vielleicht, dass man sich nach dem Kauf ernsthaft überlegt, in ein Gebiet mit mehr Tiefenmetern umzuziehen.

Pro / Contra

zum Test

Pro

  • Extrem sattes Fahrwerk
  • Laufruhe
  • Preis-Leistung
  • Sehr stimmiges Design

Contra

  • Sitzwinkel schränkt extreme Langbeiner bei der Größenwahl ein
  • Montage eines Flaschenhalters nicht möglich

Auf den Punkt gebracht

Fassen wir die Anforderungen an unsere drei Bikes in unserem Vergleichstest noch einmal zusammen:

Lastenheft: Enduro-Bikes

# Entspannt auf den Berg und bergab gerne wüst - Mit dem Raaw Madonna hatten wir am meisten Spaß, wenns gröber wurde.
# Große Linien und hohe Geschwindigkeiten - Das YT Capra CF Pro bestach durch enorme Nehmerqualitäten für brutale Linienwahl und Renngeschwindigkeit.
# Kurvenflitzer mit Reserven - Flott auf dem Berg und flott durch die verwinkelsten Trails. Orbea trifft Enduro auf den Kopf, selbst wenn es mal gröber wird.

Wo und wie haben wir getestet?

Im Rahmen unseres Tests der drei Bikes waren wir einige Monate mit unterschiedlichen Testern unterwegs. Sämtliche Abfahrten wurden aus eigener Muskelkraft erarbeitet. Neben individuellen Anpassungen wie Griffen und Pedalen wurden auch Laufräder, Reifen und teilweise Dämpfer und Gabeln getauscht. Im Fahrwerk legten wir besonderen Wert auf die Abstimmung je nach Vorliebe des jeweiligen Testers. Dementsprechend wurden neben dem Standardprozedere der Sag-Anpassung auch Anpassungen an Dämpfung und Luftkammervolumen durchgeführt. Im jeweiligen Einzeltest sprechen wir Empfehlungen aus, die sich an verschiedene Fahrertypen richten und helfen sollen, ein eigenes, passendes Setup zu erarbeiten.

# Links, rechts, links, rechts… - Nicht nur auf der britischen Insel sind solche Strecken populär. Je nach Rahmeneigenschaften fallen solche Richtungswechsel einfacher oder schwerer.
# Federweg erwünscht! - Auf und in Steinfeldern lässt sich nicht nur etwas über das Dämpfung herausfinden, auch der Rahmen muss hier Schläge und Verschränkungen wegstecken.
# Sicherheit, wenns drauf ankommt - In steilem Geläuf muss man sich auf sein Bike verlassen können. Es darf unter Schlägen nicht bocken oder verspringen und muss immer kontrollierbar bleiben.
# Pop, Steifigkeit und Agilität - Flow- und Jumptrails machen besonders viel Spaß, wenn das Bike es einem leicht macht, an Wellen und Kanten abzuziehen und es präzise in die Landung drücken zu können.

Welches Bike war der Favorit der Testgruppe?

Eine Frage, die wir uns im Testprozess jeder Testfahrerin und jedem Testfahrer immer wieder stellen: Welches dieser drei Bikes würdest du kaufen? Auch dieses Mal gab es bunt gemischte Antworten. Lagen die persönlichen Vorlieben bei Agilität und Effizienz, wählte man das Orbea. Spannend waren aber auch besonders die Aussagen kleinerer Piloten mit knapp über 1,60 m: Sie schätzen die sehr niedrige Überstandshöhe sowie das kurze Sitzrohr: „Endlich ein Bike, auf dem ich mich durch den längeren Radstand sicherer fühle und trotzdem drauf passe!“

Den solidesten Eindruck in Puncto Haltbarkeit machte das Raaw Madonna auf die Tester. Nichts klapperte, keine Schraube musste je nachgezogen werden. Wenig überraschend auch die Wertung bei den Nehmerqualitäten. Von der Steifigkeit selbst bei härtesten Fahrmanövern lag das Madonna an der Spitze. Nicht verwunderlich, wenn man das Rahmengewicht betrachtet. Dennoch begeisterte es durch die Bank alle Tester beim Weg nach oben: „Das Gewicht spürt man eigentlich gar nicht. Ich sitze so bequem, dass mir auch auf langen Auffahrten nie der Rücken weh tut.“

Beim Capra waren sich die meisten Tester einig: „Das Bike schon nah dran an einem Downhillbike … da brauche ich kein Big-Bike mehr!“ Auch bergauf kann man es problemlos bewegen, hier liegt aber nicht der Fokus im Einsatzbereich: Mit den schweren Reifen und der Sitzposition ließen es die meisten Tester dabei eher gemütlich angehen. Bei der Abfahrt gings dann zur Sache: Steine, Wurzeln, Drops und Sprünge! Je heftiger es schepperte, desto mehr glänzte das Capra.


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