... Trotzdem ist sie in der persönlichen Umsetzung/Kommunikation noch nicht sehr präzise - da wir alle menschlich sind. So wird die Schwierigkeit (Steilheit etc.) schnell mal überschätzt bzw. zu hoch eingestuft. ...
Wie sehr Theorie und Praxis voneinander abweichen, ... subjektiven Einschätzungen fahren wir doch fast alle (zumindest in der Überzahl) S3, in der Praxis ...
Sorry, ich muss jetzt mal gegen diese STS-Kalifats-Sittenwächter anschreiben - auch auf die Gefahr hin, dass ich im Jenseits keine Flowtrails serviert bekomme und auf ewig wie Sisyphos den Stein übers Bike rollen muss, anstatt umgekehrt...
Seltsam, ich mache genau die umgekehrte Beobachtung.
Ich kann mich nicht wirklich mit der Singletrailskala anfreunden. Wenn ich den Text der einzelnen Schwierigkeitsbeschreibung wörtlich nehme, und das sollte man mit Texten ja tun, dann komme ich recht häufig zu der Einschätzung, dass Passagen eines allgemein von der Mehrheit als S2 eingestuften Wegs genau jene Schwierigkeitsbilder aufweisen, die wörtlich für S3 oder S4 vorbehalten sind. Und zwar nicht nur punktuell, sondern über längere Abschnitte.
Ich gebe dir recht, dass es "cooler" kommt, wenn man sich mit übertriebenen Heldentaten brüsten kann, sehe aber auch nicht so recht den Sinn, die Schwierigkeit eines Weges downzusizen, wenn die STS-Beschreibung eigentlich eindeutig ist.
Ich bin jetzt nicht mehr in einem Alter, wo ich irgendjemand was beweisen muss. Ich bike seit 25 Jahren und bin nach einigen Abflügen über den Lenker zu einem leidlich guten Abfahrer geworden. Wenn ich mich für eine Fähigkeit selbst loben dürfte, dann wäre es diese, dass ich allermeist in Sekundenbruchteilen richtig entscheide, ob ich eine schwierige Stelle fahre, oder besser absteige. Dadurch wird man dann zwar nicht mehr besser, aber man spart sich unnütze Tage im Krankenhaus, was ab einem bestimmten Alter die intelligentere Strategie ist.
An der Verwirrung um die STS sind die Autoren eigentlich selbst schuld.
Vergleiche mal die Textbeschreibung der beiden geläufigsten Schwierigkeitseinstufungen S2 und S3 (
http://www.singletrail-skala.de/):
S2:
(...) muss man mit größeren Wurzeln und Steinen rechnen. Der Boden ist häufig nicht verfestigt. Stufen und flache Treppen sind zu erwarten. Oftmals kommen enge Kurven vor, die Steilheit beträgt passagenweise bis zu 70%. (gekürzt).
und jetzt S3:
Verblockte Singletrails mit vielen größeren Felsbrocken und/ oder Wurzelpassagen gehören zum S-Grad S3. Hohe Stufen, Spitzkehren und kniffelige Schrägfahrten kommen oft vor, entspannte Rollabschnitte werden selten. Häufig ist auch mit rutschigem Untergrund und losem Geröll zu rechnen, Steilheiten über 70% sind keine Seltenheit.
Aha! Alles klar?
Jetzt frage ich: wie soll man in der Praxis diese beiden Beschreibungen voneinander unterscheiden?
Neulich hatten wir diese Diskussion beim Schwierigkeitsgrad der 3-Länder-Enduro-Trails in Nauders. Da ist der Haideralmtrail mit S3 eingestuft, die meisten anderen mit S2 und am Mutzkopf gibt es den Kreuzmoostrail, der angeblich nur S1 ist. Ich kann dir aber an jedem dieser Trails Stellen zeigen, auf die die S3-Beschreibung zutrifft, und zwar ohne jede Diskussion und nicht nur für 2 Meter.
Ich darf mal bei den STS-Autoren plündern, die ja Beispielbilder anführen, als ob das die Sache erläutern würde.
Das alles hier ist angeblich S2:
Und jetzt S3:
Erkennt irgendjemand einen Unterschied bei den Treppenstufen, bei den Switchbacks, bei der verblockten Schrägfahrt?
Gibt es einen Biker, der nicht sofort sagen würde, da besteht doch ein eklatanter Schwierigkeitsunterschied zwischen der ersten S3-Treppe und der letzten...?
Und nur ein Beispiel für S4, bewußt herausgegriffen, weil's im Vergleich zu den zitierten S2 und S3-Bilchen nachgerade "entspannt" ausschaut:
Merkst du was?
Das Problem sind nicht die User, die sich nicht selbst einschätzen können, sich überschätzen oder den Trail unterschätzen.
Das Problem ist die Skala. Der Versuch, in Schubladen und Kategorien einzuordnen, ist zwangsläufig zum Scheitern verurteilt. Das ist ungefähr so, als wenn du versuchen würdest, Stromschläge in eine Skala zwischen angenehm und tödlich einzuordnen: Elektrostimulationsgerät, Weidegatter, Haussteckdose, defekter Starkstrombackofen, Hochspannungsleitung, Blitzschlag.
Viel Erfolg damit!