Zunächst: Ich hab' mich durchaus etwas drauf gefreut, dass es 'ne neue Bikezeitschrift gibt und hatte zumindest hypothetische Hoffnung auf frischen Wind in der Zeitschriftenlandschaft und einen endlich mal zeitgemäßes Vertreter dieses Genres. Bin aber enttäuscht worden. Layout und Bilder gehen ja noch so eben in Ordnung, beim ersten Druchblättern ist der Eindruck noch gut. Das Layout ist frisch und zweckmäßig, die Bilder machen Großteils was her (wenn nicht grad ne Protektorenhose an einem käs'weißen Rettungsring vorgehführt wird, siehe S.53). Also ist man dreißig Sekunden glücklich und fängt an zu lesen und stellt fest: Die Texte sind grausam und das sowohl hinsichtlich inhaltlicher Logik und Inforamtionsdicht wie auch stilistisch. Zu letzterem ist zu sagen, dass es sich liest als wären sie von einem durchweg unmotivierter Grundschüler geschrieben, und von seiner Lehrerin korrigiert worden. Einfache und parallel gebaute Sätze voller Füllsel und Phrasen. Klingt alles wie von einem Freewarebikemagtextgererator ausgespuckt. MTB-Soul? Fehlanzeige. Von jemand, der so mies textet lass' ich mich dann auch ungern duzen, der pseudocoole Buddy-Slang passt schon lang nicht mehr zu einem Hobby, wo's um tausende Euro geht. Dafür gehts wieder mal um ach so objektive Tests, die trotzdem von geradezu frecher Kürze und durchgehender Aussagelosigkeit geprägt sind. Ein 6000-DH-Bike handelt man einfach nicht mit einem Halbseiter ab, der praktisch nur Ausstattungsmerkmale referiert und Fahreigenschaften beschreibt, die sich jeder Noob an den Geometriedaten selber abfingern kann. Charakter der Bikes? Einsatzbereiche? Anständige Pro und Cons? Ausführliche Meinungen? Schöne Texte? Schon wieder Fehlanzeige.
Ein paar meiner Text-Highlights:
- Headline S.23: "Check es ab!" / Leadtext: "Biken im Waldarbeiter-Look ist angesagt! Aber ok, man sollte es nicht übertreiben - es soll ja keine Karo-Uniform sein..." --> Wow, auf die laute Ansage des Angesagten folgt vorsichtshalber gleich die Relativierung im Juvenilstil. Darauf gleich das "man" des Meinungspostulats und die Behauptung, es gäbe eine Karouniform - und die wäre auch noch ganz was Schlechtes. Hier hätte ich mir die nächste Relativierung gewünscht. Reife Leistung. Ich sag' nix weiter dazu.
- Super Bikes-Artikel auf Seite 25f. --> Aron Gwinn ist das Beste, was seit den Simpsons aus den USA gekommen ist. Soll diese absolut dämliche Analogie lustig sein, so nach dem Motto blöd aber halt lustig? Ist leider nicht lustig. Und wenn Gwinny neben den Simpsons das beste USA-Produkt ist, was ist dann das Yeti DH-Bike? Das zweitbeste? Ein zweitbestes Super Bike? Von mir aus. Aus dem 303 RDH wird man ja unmöglich einen schlechten Artikel machen können, oder? Man kann. Und ich lern nie aus. Dann doch wieder lustig: die Randmarke sticht ins Auge: Prototyp mit super geheimer Geometrie. Shit, echt? Es gibt super geheime Geometrien? Wenn das Ding irgendwo rumsteht, wird sicher im Hinterreifen die Luft abgelassen, damit beim Geonachmessen auch ein falscher Winkel rauskommt. Ist schließlich geheim und solls bleiben. Behauptet zumindest die WoMB. Der Yeti-Mechaniker ist da zurückhaltender. Er will zwar nicht jedem dahergelaufenen Journalisten die Prototypen-Spionage abnehmen, sagt aber auch dazu und die WoMB druckts ab , dass in Sachen Geo nichts allzu Dramatisches daran ist. Ok. Zwar super geheim, nachmessen lohnt aber trotzdem nicht. Spannung pur. Die Fox 40 hat immerhin Kashima-beschichtete Standbeine. Die Beschichung kenn ich, ist schließlich News aus dem Altpapierkeller. Neu ist für mich immerhin der Begriff Standbeine. Neben Tauchrohren und Standrohren wurde es längst mal Zeit für ein Wort, das beides irgendwie verbindet.
- 29er-Artikel, S. 34f: 29ers! Endlich ein Artikel drüber. Nachdem die kaufkräftige Leserzielgruppe seit zwei Jahren per Dauerhirnwäsche (überraschendes Fazit ist ja durchweg: 29er sind gut, aber 26er auch, also zwei Bikes kaufen!) auf die Revolution im Bikesport herangeführt wird, endlich mal wieder ein Artikel, der uns verrät, dass große Laufräder zwar leichter rollen, man damit aber schlechter Wheely fahren kann. Wir erfahren weiterhin, dass immer noch kaum Laufräder für Endurofahrer und Freerider erhältlich sind. Zu dumm, jetzt gibts so viele 29-Freeride-Rahmen und keine Räder dafür. Dafür verrät ein Conti-Chinese, dass die 29-Räder bei Leuten bis ca. etwa 1,78 bescheiden aussehen. Macht das jetzt was? Gibt ja auch bescheidene Leute, die sich das gern ansehen lassen. Oder meinte der etwa in Wirklichkeit besch*ssen? Ohoo! Kleine Leute können also mit 29ers zwar leichter rollen, aber schlechter Wheely fahren und sehen beim leicht Rollen obendrein sch*iße aus. Glücklich, wer 1,79 oder größer ist. Wie im echten Leben.
- Glossar, S. 34: Nichts ist so trivial, als dass man es nicht per Glossar in einem Bild platzieren könnte (der Rider im Bild schaut schon ganz wissbegierig drauf). Los gehts: Der Nachlauf ergibt sich aus Gabelvorbiegung und Steuerrohrwinkel und ist nur dann aussagekräftig, wenn man diese Werte kennt. Und ich hätte schwören können, die Unkenntnis dieser Werte hätte mir zumindest irgendwas über den Nachlauf aussagen können.
- DHler-Test, S. 70f. Yeah, erste Ausgabe und gleich Königsdisziplin. Auf den Test hab ich mich besonders gefreut. Zwanzig Seiten vorher wurde ja schon angekündigt, dass die Tests der WoMB Relevant umfassend unabhängig sorgfältig sind. Wollen mal sehen. Unter den ausgewählten Bikes ist für jeden Geldbeutel was dabei. Wahrscheinlich auch für jeden Geldbeutelinhaber. Sechs Bikes, paar Tausend Euro Unterschied Bikes gleichen Preises zu vergleichen und so relationsaussagen zu generieren, war schon immer ein langweiliges Mittel Bikes zu beschreiben, gell. Ob das die Unabhängigkeit der Tests ist? Jedes Bike unabhängig vom anderen? Deswegen braucht man anscheinend auch keine Einleitung über Testkriterien oder sonst was. Stattdessen lieber schnell Anbauteile loben, z.B. die Code-Bremse, S. 72, und Bremsen-Mitbewerber schön dissen aber besser nicht nennen
könnt Ärger mit der Legal-Abteilung geben. Dennoch Vorsicht: WoMB deckt auf: es gibt da ähm Bremsen, da ist die Druckpunktverstellung Fake und nur ein Feature für den Katalog!! ). Allzuviel gibts über so Dinger wie Mondraker Summum eh nicht zu sagen, gefühlter Dreizeiler mit ein paar Wiederholungen (Wie schon beschrieben) tuts. Wenn der Stoff ausgeht, dehnt man einfach die Aufzählung der Ausstattung auf. Gibts zwar in der technische Daten-Tabelle auch nochmal, man kanns aber nicht oft genug wiederholen, was an dem Ding montiert war, als man ´ne halbe Abfahrt im Bikepark damit absolviert hat. Zum Glück gibts zum gefühlten Dreizeiler ein kurzes Fazit: man muss also nicht gleich den ganzen Artikel lesen um zu erfahren: Das Mondraker ist ein Profi-Bike für Profis. Obs auch ein Nichtprofi-Bike für Nichtprofis ist, wird nicht verraten. Möglicherweise bleibt es auch dann noch ein Profi-Bike. Letztes liegt nahe, denn es handelt sich augenscheinlich um einen Top-Downhiller. Achja, da sind ja auch noch die Pro/Con-Pfeilchen. Positiv am Summum ist bspw. die eng abgestufte Kassette. Negativ, dass der Dämpfer in der Dreck-Einflugsschneise liegt. Wie war das: Relevanz der Testaussagen? Sollte nämlich bei einem Profi-Bike nicht passieren, dass der Dämpfer dreckig wird. Was ich bisher nicht wusste: Am BigHit ist der montierte Weltmeisterflair positiv. Man kann jetzt sogar ohne Demo Sam Hill-Fanboy sein. Macht das Rad gut, schnell und cool. Dazu gibts beim BigHit auch noch einen Schaltwerksschutz wenn das nicht der Superdownhiller ist. Naja, ich spar mir weitere Beispiele, so gehts in einem fort. Im Fazit erfahren wir schließlich, dass die ISCG-Aufnahme in dieser Klasse (DH-Bikes zwischen 1800 und 6000) fast (!) schon Standard ist. Man sieht also, DH-Bikes müssen nicht Schrott mit Technik von gestern sein. Damit der Schmierf
äh Journalist nicht zugeben muss, dass das teuerste Radl im Test zufälligerweise auch irgendwie schon auch das beste war, lautet die Weisheit des Tages: Die Frage, welches der acht Räder euer Favorit ist, müsst ihr euch jetzt selbst beantworten dazu haben wir euch mit unserem Test Eindrücke und Meinungen geliefert. Häää? Wer euch? Ich auch? Fettes sorry, aber nix da. Mit dem Artikel beantwortet sich gar nix, außer die Frage, welche Zeitschrift ich nächsten Monat nicht mehr kauf.
- Headline, S. 96 Ein Atemberaubender Flug über BC ist erst der Anfang einer unserer unvergesslichsten Touren überhaupt. Ja, wasn nu? EINE der unvergesslichsten Touren oder DIE unvergesslichste Tour ÜBERHAUPT? Oder hat der Grafiker gesagt: In den Lead muss nochn Wort rein, sonst passt der Umbruch nicht? An anderer Stell nimmt man ja auch mal wieder wahllos irgendwelche Aussagen aus dem Text und füllt damit das überschüssige Weiß: riesengroß zeugen Textausschnitte von der Todesgefahr, die der Kanada-Touri ausgestanden hat: Am meisten machen mir die Grizzlys angst sie sind reine Muskelpakete und Ich muss mich mit dem Bein abstützen, um nicht zu fallen. Phew, sowas les ich lieber aus sicherer Distanz.
Mein Fazit: Schade ums Geld. Und wer nicht hören und nicht in anständige Texter investieren will verkauft mir keine Zeitung mehr. Produktkurztests gegen Geld gibts längst mehr als selbst der verspätetste Zugpendler lesen will. Schlecht formulierte Meinungen gibts doch inzwischen schon im Internet und wenn ich dann die Quersumme aus den Meinungen bilde hab ich sogar die tolle Objektivität. Ich würd halt ganz gern mal wieder eine schön geschriebene subjektive Meinung von einem Biker/Texter lesen, für den Texten und Biken nicht nurn Job ist und der auch weiß wovon er schreibt. Und auch für ein anständiges Lektorat würd ich gernn Euro zahlen. Halt das mach ich ja demnächst wieder: am Importzeitschriftenregal.
Gruß
Milki