Ich wende mich gleich wieder vom Teer ab. Der Aufstieg zum Plumssattel ist sehr angenehm: feiner Schotter, nicht zu steil, mit kühlenden Stellen.
Und vor allem: mit der Alpen-Waldrebe! In der Schweiz ist die ultraselten, daher falle ich fast vom Rad, als ich sie am Strassenrand entdecke.
In der Plumsjoch-Hütte gibt’s lecker Knödel zu Mittag, natürlich mit einem Apfelstrudel an Vanillesauce zum Dessert. Ich sitze mit drei deutschen Wanderern am selben Tisch. Der Mann hat nur ein Bein und unternimmt mit zwei Krücken riesige Touren – sehr beeindruckend
Die Abfahrt vom Plumssattel kommt direkt aus der Hölle: unglaublich steil!!! Zum Glück habe ich solch unlustiges Zeugs vor Jahren auf einer Skipiste in Disentis geübt, sonst müsste ich glaub teils absteigen und runterschieben…
Aber die Ausblicke sind schön!
Kurz vor der Gernalm überfahre ich beinahe eine strassenquerende Schlange. Ich kehre rasch um um zu schauen, ob ihr nichts passiert ist. So schnell wie sie im Gras verschwindet, scheint alles in Ordnung zu sein – ufff!
Ob Pertisau muss ich mich zwecks Knödelverdauung einen Moment hinlegen. Ein Rollstuhlfahrer kurbelt sich die Strasse hoch und fährt eine Weile später mit einem Grinsen im Gesicht wieder ab. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie die Menschen anpassungsfähig sind!
Ich komme an den Achensee und habe ein Problem: ich möchte gerne in Steinberg am Rofan übernachten, finde aber auf den üblichen Kanälen nix. Zum Glück hat die Frau von Achenseer Touristenbüro einen Papierkatalog mit Übernachtungsmöglichkeiten, und so fahre ich auf der Ostseite des Sees dem Wind, dem Kögljochsattel und meinem Gästezimmer entgegen.
Der Achensee ist sehr touristisch und nicht sonderlich schön umbaut, aber ein paar hübsche Ecken hat’s durchaus.
Es ist heiss. Der Aufstieg zur Köglalm verläuft zum Glück grösstenteils im Wald, und die Strasse ist wie so oft in Österreich mit wunderbarem feinem Schotter ausgebaut. Auf der Alm frage ich den Senn, ob es eine Übernachtungsmöglichkeit hat, denn ich finde es wunderschön hier oben. Mein Kompliment freut ihn sehr, aber er kann leider nichts anbieten.
Ich lege die paar Meter zum
Sattel zurück und überlege mir, noch den Vorderunnütz zu besteigen. Aber sein Name scheint mir Programm zu sein: es ist diesig, und eine kurze Google-Suche zeigt nicht hammermässige Aussichten an. Und vor allem: auf dem
Sattel hat’s ein Bänklein, herrlich beschattet von einer Tanne. Ich sitze ein bisschen da, esse etwas und geniesse die Aussicht.
Da kommt ein ältere E-Biker über den Pass gefahren. Sofort entwickelt sich ein Dialog über die Schweiz, die EU, die Ausländer und das Leben im Allgemeinen. Also eigentlich ist es ein Mono-, kein Dialog. Aber der Typ ist interessant: er war medizinischer Gipser, Landwirt, Waldarbeiter, LKW-Fahrer und Schiffsmatrose (auf dem Achensee). Es macht viel Spass, seinen mit Freude und Enthusiasmus vorgetragenen Geschichten zu lauschen, während wir Salzmandeln knabbern. Ich lerne allerhand: die neuen mehrschraubigen Schiffe sind viel leichter anzulanden als die alten Einschrauber, der Unnütz heisst Unnütz, weil er auf der Achensee-Seite am Morgen unnütz Schatten wirft, die E-Bikes von Flyer sind super – und noch viel mehr. Ich mag den Mann: ein grossartiger Unterhalter.
Irgendwann fährt er nach Westen ab...
...und ich mache mich alsbald an die Ostabfahrt. Die verläuft am Anfang auf einem S0-Singletrack und geht dann in einen Forstweg über, und schon bald erreiche ich eine von einer freundlichen Frau geführte Jausenstation. Ich weiss nicht, ob ich In Steinberg noch was zu essen kriege, und schlage zu.
Und weiter geht die Fahrt durch das wunderschöne Gaismoosbachtal. Hach, Gravelparadies Österreich
In Steinberg muss ich etwas suchen, bis ich mein Zimmer beim älteren Ehepaar finde. Die Frau bereitet mir heisses Wasser zu, damit ich meine gefriergetrocknete Mahlzeit zubereiten kann (von denen habe ich immer eine dabei für Notfälle wie diesen).
Fürs Essen setze ich mich zum biertrinkenden Mann auf dem Balkon. Er ist das pure Gegenteil vom E-Biker auf dem Pass: ich hatte erst selten ein so schleppendes Gespräch. Und so schauen wir einfach ein bisschen den Rofan.
Karte.
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