Zuerst mal: Die Bezeichnung “Dämpfer” ist insofern irreführend, als dass es sich um ein System aus einer Masse und einer Feder handelt, die ja analog zur Feder in einem Federelement praktische keine Energie in Wärme umwandelt und daher dem System keine mechanische Energie entzieht, sondern halt in einem bestimmten Rhythmus Bewegungsenergie in potentielle Energie umwandelt und umgekehrt.
Wenn du nur diesen Massedämpfer nimmst, dann schwingt das Gewicht in der Eigenfrequenz (einfach bestimmt durch Masse und Federhärte), koppelst du es an andere schwingende Systeme, die dann beim Bike auch noch teils stark und speziell gedämpft sind, wird es physikalisch/mathematisch schnell sehr kompliziert. Viel Spaß mit dem Berechnen irgendwelcher Eigenschaften! Von dem her kannst du dir die oben vorgeschlagenen Vorlesungen wohl sparen, vom Verständnis her natürlich nicht. Was ich damit sagen will: Ein Massedämpfer macht Sinn, wenn man ein vernünftiges Messsystem an einem Bike hat und die Auswirkungen während der Anwendung messen kann. Dann kann man damit zielführend arbeiten, sonst ist das wohl Stochern im Nebel. Eine Bike-Suspension hat üblicherweise bereits so viele Parameter, dass viele damit bei der Suche nach der optimalen Einstellung mittels Fahrgefühl überfordert sind. Ich weiß nicht, ob da ein weiterer Parameter hilfreich ist. Wenn du es messen kannst, ist das natürlich was anderes.
Dazu noch kurz eine allgemeine Überlegung, ohne dass ich da tiefer einsteigen möchte:
Bei gekoppelten Schwingungssystemen macht es einen wesentlichen Unterschied, ob die schwingenden Massen in vergleichbaren Größenordnungen sind oder nicht. Beim Thema Bike & Massedämpfer, wo wir einerseits die Bikefederung mit der Fahrermasse als relevante Größe haben und andererseits die aus praktischen Gründen naturgemäß im Verhältnis sehr kleine Masse des Massedämpfers, haben wir klarerweise den Fall einer “Hauptschwingung” von Bike und Fahrer mit viel Energie, gekoppelt über das Fahrwerk mit dem Untergrund, und einer wesentlich energieärmeren Schwingung im Massedämpfer, die wiederum mit dem System Bike-Fahrer gekoppelt ist.
In einer freien Schwingung hat nun die Nebenschwingung eher geringe Auswirkungen auf die Hauptschwingung, weil die wirkenden Kräfte sehr unterschiedlich sind (physikalisch gesprochen kann die Schwingung der kleinen Masse nur sehr wenig Energie an die schwingende große Masse übertragen, umgekehrt kann ein wenig Energieübertrag von der großen auf die kleine Masse deren Schwingung aber natürlich massiv ändern (die schlägt dann eben schnell an). Es geht also nicht darum, mit einem Massedämpfer die grundsätzlichen Federeigenschaften (in Bezug auf die zeitliche Entzerrung des Impulsübertrags durch die Feder und dadurch die Abminderung wirkender Kräfte) des Fahrwerks zu verändern.
Im Falle einer angeregten Schwingung, die beim Biken ja vorliegt, sieht das nun insofern anders aus, als dass da die Nebenschwingung quasi den Energieübertrag vom Untergrund auf Fahrer-Bike in der Hauptschwingung beeinflussen kann. Wichtig ist bei diesem Energieübertrag das Verhältnis von Anregungsfrequenz und Eigenfrequenz, bei Übereinstimmung kann es zur sogenannten Resonanzkatastrophe kommen. Wie wir gesehen haben, verändert die kleine Masse eines gekoppelten Schwingungsszstems die Eigenfrequenz der Hauptschwingung nur wenig, aber das kann sehr gut ausreichen, um die angesprochen Resonanzkatastrophen zu verhindern. Das machen etwa die im zitierten Blogbeitrag von Rimpact genannten Massedämpfer in Häusern oder Brücken zum Schutz vor Erdbeben oder auch Windanregung.
Beim Bike-Fahrwerk haben wir aber bereits andere Parameter, nämlich die Dämpfung (die mit Öl, die Bewegungsenergie in Wärme umwandelt), mit der wir bereits sehr effektiv Resonanzkatastrophen verhindern (etwas vereinfacht gesprochen). Anders gesagt brauchen wir den Massedämpfer nicht unbedingt (anders als ein Haus bei Erdbeben). Es kann aber sein, dass wir zwei unterschiedliche Anwendungsfälle haben (aka Fahrsituationen), bei denen sich die optimale Anpassung mittels der Parameter der Dämpfung unterscheiden, was zwangsläufig zu einem Kompromiss führt (oder man hat ein sich automatisch anpassendes System). Ein Massedämpfer als zusätzlicher Parameter kann nun bewirken, dass sich die optimalen Einstellungen der Dämpfung bei unterschiedlichen Fahrsituationen aufeinander zu bewegen, also kein so großer Kompromiss notwendig ist. Darin würde ich den wesentlichen Vorteil von so einem Massedämpfer sehen.
Daraus folgt aber nun, dass ich Massedämpfer sinnvoll nur mit vorhandenen Messungen und anhand von Messwerten verwenden kann, denn die tatsächlichen Vorgänge sind nicht zu berechnen, allein schon weil man ja die Anregungsfrequenz beim Biken nicht kennt.
Lässt sich eventuell aus Messungen von speziellen - etwa innerhalb einer Produktentwicklung - auf allgemeine Anwendungsfälle schließen, also etwa bei Käufern von einem Produkt? Schwer zu sagen, aber wenn man bedenkt, dass bereits die Dämpfung, die in einem Federelement verbaut ist, in Bezug zur Hauptschwingung (Feder) bei unterschiedlichen Fahrern (anderer Luftdruck je nach Gewicht und Fahrstil) unterschiedlich ist, und andererseits das Prinzip des Massedämpfers ja ist, mittels kleiner Einflussnahme die Anregung der Hauptfeder zu beeinflussen, darf man es zumindest in Frage stellen, ob positive Effekte, die mit einem bestimmten Massedämpfer in einer bestimmten Situation erzielt werden, auch ohne weiteres in anderen Situationen reproduzierbar sind. Marketing wird uns das bestimmt erzählen wollen, ich würde da allerdings gerne einen Beweis mit ausgiebigen Messreihen sehen. Oder man hat ein Messsystem und optimiert für den eigenen Fall. Logischerweise könnte ein Massedämpfer eine allgemein positive Tendenz bewirken, die dann mit einer optimalen Dämpfungseinstellung realisiert werden kann, aber das beinhaltet halt die optimale Fahrwerkseinstellung an sich, die ohne Messsysteme ja problematisch genug ist. Da steht dann zu befürchten, dass der Vorteil des Massedämpfers unter der Wahrnehmungsschwelle bleibt.
Jetzt will ich aber dem TE keinesfalls sein Experiment ausreden. Ganz im Gegenteil, ich würde mich sehr freuen, wenn es entsprechend weiterverfolgt und hier ausgiebig berichtet wird. Ich halte es aber für sinnvoll, die hier angesprochenen Aspekte zu bedenken. Vielleicht erbringt eine etwas tiefere Beschäftigung mit dem Thema auch andere Erkenntnisse als mein Handwaving hier, nichtsdestotrotz hielte ich den Ansatz, einfach mal zu bauen und dann rein nach Gefühl zu bewerten, für nicht zielführend. Das wollte ich zum Ausdruck bringen.
Ansonsten, Respekt für das Interesse und den Einsatz und viel Erfolg!