Red Bull Rampage: Zwischen Wahnsinn, Fortschritt und Verantwortung

Was in den ganzen Diskussionen mehr am Rand beurteilt wird, ist das Bewertungssystem.

Persönlich ohnehin schon immer auf latentem Kriegsfuss mit Sportarten, wo keine Zeitmessung oder klare Trefferzahlen (Bogenschiessen als Beispiel, oder Ballspiele) entscheiden (Eiskunstlauf, Kunstturnen usw), stellt es mir die Haare auf, wenn ein cooler "yo man" Jugde mit verkehrt aufgesetztem Käppi mir sagen will, wie jetzt der Flow and Style zu bewerten ist. Für mich eine Bewertungskrücke, weil man nichts anderes hat.

Ich sehe mir z.B. gerne Clips von Brandon Semenuk an. Diese Leichtigkeit - eben Flow/Style - ist schon bemerkenswert; nur würde ich nie eine Bewertungsskala ansetzen. Was will man objektiv beurteilen? Die Haltung des kleinen Fingers beim Absprung, oder wie? Wenn es Bestandteil der ganzen Darbietung ist, muss man es als Gesamtkunstwerk ansehen. Ich weiss, hört sich abgehoben an, aber ich kann es nicht anders beschreiben.

Der DH-Sport wird auch immer wilder, nur wenn dort ein unspektakulärer Fahrstil 1/100s schneller war, sind alle Fragen geklärt und dann interessiert der Style nur am Rande. Hätte Adolf Silva den Doppelsprung geschafft, wäre das die neue Messlatte. Dann entscheidet im nächsten Jahr der Style wie das HR aufsetzt, aber der Doppelsprung ist Bedingung. Und übermorgen der Dreifache...? Die Reihe ist endlos und kann nie abschliessend festgelegt werden...
 
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Ich bin mir nicht sicher, aber es müssten Offshore Boats gewesen sein, Class 1 : https://de.wikipedia.org/wiki/Offshore_Powerboat_Racing . Die Zahl ist auch alt, (ca. 80er Jahre).
Das bestätigt übrigends meine Aussage bzgl. dass der (männliche) Mensch schon immer so war.
Natürlich ist es heute noch eine Spur extremer, weil es heute so einfache und veilfältige Möglichkeiten gibt viral zu gehen.
Mir ist es bei dieser Sache darum gegangen, dass das Todesrisiko für die Teilnehmer kein Hinderungsgrund ist (siehe hier auch die Isle of Man TT).
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Weil hier Bergsteigen immer wieder angeführt wird: Hans Kammerlander hat mal auf die Frage, wie er mit dem Risiko umgeht, geantwortet, dass er das Risiko sehr wohl kennt. Für ihn war es wichtiger, das Risiko zu kennen und es bewusst kurzzeitig einzugehen.
Und er geht trotzdem davon aus, dass ER zurückkehrt. Auch wenn die Statistik dem beim 20. Versuch widerspricht.

Macht Red Bull genug? Aus unserer Sicht vermutlich nicht. Auf der anderen Seite stellen sie Extremsportlern eine Plattform, die ihnen die Möglichkeiten gibt, (mehr) Geld zu verdienen, mit dem, was sie sowieso machen würden.
Ich denke allerdings auch, dass sie damit einen Katalsyator für das Risiko kreieren.
Müssten sie deswegen nun mehr Verantwortung übernehmen?

Was könnte man ändern?
Passive Sicherheit erhöhen ist wohl der einfachste Schritt.
Vllt eine Lösung ähnlich Eiskunstlauf. Du musst deine Kür vorher einreichen und das musst du auch zeigen.
Man könnte damit auch festlegen welches Element bringt welche Punktzahl und man könnte dann auch definieren, dass ein Doppelflip unerwünscht ist und keine Punkte bringt.
Salti waren im Eiskunstlauf "verboten", weil die Landung nicht einbeinig war (heute was ich das nicht)
Was diese Style-Sportarten ja auch honorieren: Schwierigkeit vs Ausführung. Auch das könnte etwas steuern. Da stehen aber riesige Institutionen dahinter, die das über Jahrzehnte "pflegen".

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Hasardeur @ wiki im Beitrag wohl die Gruppe der Fahrer gement
peergroup @ wiki im Beitrag wohl die entsprechende supportende Gruppe gemeint
 
Und er geht trotzdem davon aus, dass ER zurückkehrt. Auch wenn die Statistik dem beim 20. Versuch widerspricht.
Natürlich, jeder will wieder zurück kommen.

Ein weiteres Beispiel ist die Laura Dahlmeier. Bei der hat die Wahrscheinlichkeit halt zugeschlagen. Was ich aber in der Berichterstattung mitbekommen habe, hatte sich sich vorher sehr ausführlich mit dem Thema auseinander gesetzt. So hatte sie in ihrem Testament bestimmt, dass die Bergung ihrer Leiche nur dann erfolgen soll, wenn sie einfach und vor allem gefahrlos zu machen wäre. Das zeigt für mich, dass sie sehr wohl über die Statistik und die Risiken gewusst hat. Trotzdem hat sie diese Touren gemacht - ich kann es gut nachvollziehen.

Ich war selbst schon in den Alpen auf höheren Bergen unterwegs, auch im Himalaya (max. Höhe: ca. 6.900 m). Einige Jahre war ich beim Segelfliegen sehr aktiv unterwegs, auch eine Sportart, wo du im Lauf der Jahre tödliche Unfälle mit bekommst. An die Grenzen zu gehen, oder in Gegenden vorzudringen, die weit weg vom Normalen sind, hat einfach eine große Faszination, die ich selber erleben durfte. Wie weit man da dem Risiko bewusst gegenüber steht, muss jeder für sich entscheiden. Manche sind da sehr vorsichtig, andere gehen bewusst ans äußerste Limit. Ich würde aber niemanden dafür verurteilen, der diese Entscheidung bewusst trifft.

Schlimmer ist für mich, wenn Leute ohne entsprechende Vorbereitung, sprich auch grob Leichtsinnig, Dinge probieren, die über ihre Grenzen gehen. Mein Vergleich: In Danny MacAskills "Imaginate" fährt er einen Looping - eigentlich ein "kleines" Ding. Trotzdem macht er etliche Anläufe, Tests, Versuche mit Matten, tastet sich an den kompletten Loop an. Im Gegensatz dazu steht Matt McDuffs "Loop of Doom": Ein gigantisches Ding gebaut, und direkt Vollgas rein - ohne Tests, ohne Sicherheiten. Und mit ganz viel Glück, dass er den Absturz überlebt hat. Man sieht bei den beiden schon, wer weiß, was er tut, und wer das nicht weiß.
 
Ich stimme Dennis Stratmann völlig zu.
Es ist zu extrem geworden und was für ein Vergnügen waren im Vergleich die Frauen-Läufe.
Ich sehe das Problem weniger bei der Linienwahl, sondern eher bei den Tricks.
Der Double Backflip Drop war einfach den Sieg mit vollem Risiko erzwingen. Das war einfach entsetzlich anzusehen. Als es dann wieder weiter ging ist bald Thomas Genom gefahren. Nach dem Start direkt einen Doppel-drop mit 360er auf sehr schmale Zwischenlandung. Ich habe da noch gesagt: Was soll der Scheiß, selbst die Besten über- oder unterdrehen Spins bei den Drops bei der Rampage regelmäßig. Da oben ist kein Raum für den kleinsten Fehler. Es ging gut und gab gut Punkte. 3 Fahrer später versucht Emil Johanson, der vielleicht beste Slopestyler derzeit, an der gleichen Stelle einen Tailwhip-Drop und fliegt in den Canyon.
Man kann es schon quasi vorhersagen, wo es mit hoher Wahrscheinlichkeit schief geht.

Der Druck auf die Fahrer ist enorm, sehr viel zu riskieren. Und das kann am Ende dazu führen, dass es keine Rampage mehr gibt. Der Sturz von Silva hätte auch tödlich ausgehen können und das wäre wohl das Ende der Veranstaltung gewesen. Ich kenne auch keinen in meinem Umfeld, der sich Live am Samstag-Abend mit der Family hinsetzen und Menschen beim Selbstmord zusehen möchte.

Bei all den Progressions-Gedanken, ist die Sicherheit am Ende einfach wichtiger. In LeMans wird auch nicht mehr jenseits von 400km/h gefahren, man hat irgendwann auf die Gefahr reagiert und Schikanen eingebaut. Das gleiche ist im übertragenen Sinne hier notwendig.

Mein Vorschlag:
  • Keine Rotations-Tricks mehr im oberen "Ridge-Bereich".
  • Derartige Tricks auf den großen, breiten tieferen Drops, aber: Mit einem Backlip-Drop, oder 360°-Drop hat man die maximale Punktzahl für diese Drops (was Tricks angeht) erreicht, es lohnt nicht, mehr Risiko zu gehen.
  • Unten raus 2 Sprünge (keine Drops) wo getrickst werden kann, was das Zeug hält.
  • Stärkere Bewertung von Linienwahl, Flow, Style, Amplitude

Damit wäre das Rampage aus meiner Sicht sehr viel sicherer, ohne viele Einschränkungen und die, die es gibt stärken nur den Freeride-Markenkern. Es ist eben doch kein Slopestyle-Event.
 
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Ein weiteres Beispiel ist die Laura Dahlmeier.

Ich weiß jetzt nicht genau wohin wir driften. Es ging für mich los mit meiner Aussage, dass
"die Jugend an ihre eigene Unzerstörbarkeit glaubt".
Alles, was danach kam, war, dass es schon Bewusstsein für Risiko gibt. Natürlich sind die sich bewusst, dass sie etwas riskieren. Aber für das "wie viel für was" gibt es keine stimmige Formel.
Es betrifft ja jeden Menschen in fast allen Situationen des Alltags. Viele Risiken werden als MUSS akzeptiert.
Wenn es in den Lebensfreude-Bereich geht, werden die Dinge neu bewertet. Je nach dem auf "welcher Seite" man steht, ist es viel zu lahm oder viel zu riskant.
Jede Sportminute kann für lange Zeit oder für immer die letzte sein. Du kannst dich auch von kleineren Verletzungen auch mal nicht wieder komplett erholen, weil du Pech hast und musst dann nicht nur deinen geliebten Sport sondern auch andere lebenswerte Aktivitäten aufgeben.
War es das wert? Für sich selbst kann man das vielleicht noch gutheißen, die Menschen im Umfeld leiden aber vermutlich mit und haben eine andere Rechnung.
 
Mein Vorschlag:
  • Keine Rotations-Tricks mehr im oberen "Ridge-Bereich".
  • Derartige Tricks auf den großen, breiten tieferen Drops, aber: Mit einem Backlip-Drop, oder 360°-Drop hat man die maximale Punktzahl für diese Drops (was Tricks angeht) erreicht, es lohnt nicht, mehr Risiko zu gehen.
  • Unten raus 2 Sprünge (keine Drops) wo getrickst werden kann, was das Zeug hält.
  • Stärkere Bewertung von Linienwahl, Flow, Style, Amplitude

Damit wäre das Rampage aus meiner Sicht sehr viel sicherer, ohne viele Einschränkungen und die, die es gibt stärken nur den Freeride-Markenkern. Es ist eben doch kein Slopestyle-Event.
Deckt sich ja sehr mit meiner Idee.
Aber ist das überhaupt im Sinne des ganzen.
Wozu überhaupt Slopestyle-Elemente?
Wenn ja, warum dann am Ende?

Denn die eigentliche ursprüngliche Frage war doch sicher "kann man hier noch ein Feature in dem Drop oder Gap unterbringen"? Und dann ging es los.
 
Als Korinthenkacker:
Ist ein Tailwhip ein Rotationstrick?

Keine Drehungen fände ich aber tatsächlich auch optisch schöner.
 
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Ein Einheitsbike (Canyon - logisch) wäre auch gut.
Wieso ein Einheits-bike? Fände ich persönlich ziemlich schade, ich finde es immer cool, zu sehen, was die verschiedenen Teilnehmer für Bikes fahren. Und wenn jemand von z.b. Specialized gesponsert wird, hätten die bestimmt nicht viel Freude daran, wenn er an der Redbull Rampage teilnehmen würde.
Auch für den Sicherheitsaspekt sehe ich da keinen Vorteil, ich würde mal so weit gehen und behaupten, dass alle High End-Rahmen etwa gleich viel aushalten. Klar ist das YT von Bienvenido Aguado Alba gebrochen, aber das hätte auch bei jedem anderen Bike passieren können. Zusätzlich wäre es eher gefährlich, wenn jemand das ganze Jahr über z.B. das V10 fährt, das auf ihn perfekt abgestimmt ist mit Komponenten und allem, und dann muss er bei der Rampage ein völlig anderes Bike mit ungewohnten Komponenten fahren.
Das Einzige, was aus meiner Sicht okay wäre und vielleicht ein bisschen zur Sicherheit beitragen würde, ist eine DH-Gabel vorzuschreiben. Somit wären Tailwhips nicht mehr möglich.
 
Deckt sich ja sehr mit meiner Idee.
Aber ist das überhaupt im Sinne des ganzen.
Wozu überhaupt Slopestyle-Elemente?
Wenn ja, warum dann am Ende?

Denn die eigentliche ursprüngliche Frage war doch sicher "kann man hier noch ein Feature in dem Drop oder Gap unterbringen"? Und dann ging es los.
Naja, wozu überhaupt: Weil Red Bull die Tricks nicht komplett streichen wollen wird. Kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen.
Oben nicht wegen der Absturzgefahr, am Ende, weil da nur noch Sprünge und keine Drops kommen und die Verletzungsgefahr da, wenn was schief geht, geringer ist, bzw. weil es auch besser beherrschbar ist. Wind und mehr Zeit in der Luft sind hier Faktoren.
Droptricks vor dem Ende, wo es breit ist und nur die, die einigermaßen beherrschbar sind. Ein Double Backflip mit Minirampe (fast flatdrop) bei dem man irre-schnell rotieren muss, trotz großer Höhe, fällt in die Kategorie jedenfalls nicht.
 
Diese Überlegungen Messners sind sicher gut formuliert, aber ob sie aufs Red Bull Rampage übertragen werden können? Meines Erachtens geht's dort ja deutlich weniger ums Überleben, denn sonst würde man keine Tricks einbauen, sondern einfach schauen, dass man heil runterkommt.

Beim Rampage geht's meiner Meinung nach mehr um das Ausleben artistischer Fähigkeiten verbunden mit spektakulärer Sprunghöhen. Das Überleben ist sicher ein Teil davon, aber vergleichen kann man es wohl eher mit Tony Hawks Bestreben, in der Halfpipe mit einem Skateboard den allerersten 900 hinzubekommen, als mit dem Höhenbergsteigen.

Wahrscheinlich liegt eben genau da der Hund begraben: dass die Fahrer aus ihrem Tun keine existenziellen Fragen ableiten und so auch kein tieferes Bewusstsein für das eigene Handeln entstehen kann.

Die Belegung eines Philosophiekurses sollte daher für jeden Fahrer verpflichtend sein. Umfang mind. 666 Stunden. Im letzten Abschnitt, wenn das Denken der Athleten bereits geschult wurde, wird die Wesenheit des Teufels am Beispiel der Sprungsucht aus großer Höhe thematisiert. Danach folgt eine theoretische Prüfung in Form einer eigenständigen Arbeit sowie ein 3-monatiges Pflichtpraktikum in einer Polytrauma Klinik. Erst dann darf gestartet werden.

P.S.: Red Bull, bittet meldet euch erst nach Weihnachten. Ich bin davor noch in den Alpen mit dem Rad unterwegs, um Fahrradairbags und Mini-Fallschirme per Remote-Hebel zu testen. Danke.
 
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