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Noch krasser war mal ein Urlaub in Frankreich Anfang der 90er Jahre. In den Restaurants abends hat es nur Wein gegeben, und Wasser zum verdünnen vom Wein. Sonst nichts, kein Saft, kein Sprudelwasser, kein Bier, keine Cola. Ich habe halt dann das Wasser getrunken. Da bist du eigentlich von der Gesellschaft fast zum kleinen Alki erzogen worden.Bei jedem Essen mit Arbeitskollegen etc wird man doof angeschaut, wenn man sich ein Wasser und kein Bier etc bestellt.
Es an den Wochenenden zu reduzieren oder sein zu lassen, erschien mir schwer, so dass ich durchaus den Verdacht hatte, in einer gewissen Abhängigkeit zu sein.
Respekt und Glückwunsch dazu.Das Thema finde ich interessant.
Mich hatte mein eigener Alkoholkonsum zunehmend gestört, obwohl er selbst nicht zugenommen hatte. Dennoch haben bis zu jeweils 1,5l Bier an den Abenden am WE oder auch mal eine Flasche Wein (an einem Abend) so gar nicht zu meinen sonst sportlichen Ambitionen gepasst. Unter der Woche habe ich selten etwas getrunken. Es an den Wochenenden zu reduzieren oder sein zu lassen, erschien mir schwer, so dass ich durchaus den Verdacht hatte, in einer gewissen Abhängigkeit zu sein.
Die Nebeneffekte waren, dass ich an den Wochenenden die Nächte zum Tag gemacht hatte, denn nach dem ersten Bier hatte er erst angefangen zu schmecken. In der Folge kam ich morgens kaum aus dem Bett, und das nicht ganz ohne Nebenwirkungen des Alkohols. Meine sportlichen Leistungen an den Wochenenden waren entsprechend schlechter, so dass ich über die Woche mich wieder aus dem Wochenendsumpf heraus trainieren musste.
Am 15.10.2021 (ein Freitag) bekam ich eine Tumordiagnose. Ohne weitere Erkenntnisse zum Fortschritt der Erkrankung wurde ich ins Wochenende entlassen. Mit entsprechenden Ängsten und Sorgen. An diesem Freitag wäre der ideale Abend gewesen, sich so richtig gehen zu lassen. Ich hatte an dieser Stelle aber genau das richtige gemacht, und eben keinen Tropfen Alkohol angefasst. Einerseits wollte ich in dem Bewusstsein möglicherweise auf mich zukommender, körperlicher Torturen meinen Körper nicht schon vorab schwächen, andererseits war mir klar, dass ich am nächsten Morgen vor dem selben Problem stehen würde. Aber eben mit Kopfschmerzen. Im richtigen Moment hatte ich also das richtige gemacht und mir damit -etwas überraschend- gezeigt, dass ich überhaupt keinen Alkohol brauche.
Der nächste Tag war auch sehr prägend. Meine Frau wollte mit meinen beiden Jungs (seinerzeit beide 5 Jahre) ins Hallenbad fahren. In meiner Unsicherheit und Angst, wieviel Zeit mir noch bleibt, hatte ich mich angeschlossen und hatte im Schwimmbad den Seehund für die beiden gespielt. Den geworfenen Ring musste ich apportieren, und jedes Mal, als ich nach dem Tauchen wieder über die Wasseroberfläche kam, hatte ich in die freudestrahlenden Augen meiner kleinen, nassen Wichtel geschaut. Unter Wasser hätte ich heulen können, weil ich keine Ahnung hatte, wie lange die beiden ihren Seehund noch haben könnten.
Kurzum: Mir war der Alkohol schon länger ein Dorn im Auge, aber die oben geschilderte Erfahrung hat mich einen enormen Schritt in meinem Gesundheitsbewusstsein weiter befördert. Auch wenn die Erkrankung nicht zwangsweise auf Alkohol zurück zu führen ist, ist Raubbau am eigenen Körper sicher nicht lebensverlängernd. Die allgemeine Akzeptanz und Normalisierung von Alkohol ändert nichts an seiner giftigen Eigenschaft.
Mein letztes Bier dürfte ich demnach am 09.10.2021 getrunken haben. Ich habe nie gesagt, dass ich nie wieder Alkohol trinken würde. Andererseits müsste ich mich fragen, warum ich es denn überhaupt tun sollte, wenn ich es seitdem nicht vermisst habe. Selbst Veranstaltungen, die eigentlich nur im Suff zu ertragen sind, haben mich bisher nicht mehr dazu verleitet. Ich will es nicht mehr, und es geht mir insgesamt besser damit.
Alle gute weiterhin!Am 15.10.2021 (ein Freitag) bekam ich eine Tumordiagnose.
Ich hoffe, es geht sonst gut oder wieder besser.
Respekt und Glückwunsch dazu.
Aber was ist denn nun aus dem Tumor geworden?
btw: Habe fast gleichaltrige Zwilling-Jungs - gerade 7 geworden
Vielen Dank!Alle gute weiterhin!
Glückwunsch zur Entscheidung für die Liebe und das Leben.
Was du ansprichst ist ein heikles Thema. Ich bin auch dafür, dass man sich nicht einfach zum Opfer machen soll, was bis hin zur Ausrede für alles Mögliche gehen kann. Das mit den "bewussten Entscheidungen" sehe ich differenzierter. Ja, es gibt durchaus eine Vielzahl an bewussten Entscheidungen. Aber ich meine, dass es noch mehr unbewusste Entscheidungen gibt. Dazu kommt, dass wir keine "Absolutregelung" im Denken haben in der Art "das waren jetzt x cm³ Alkohol in der Zeit t, also muss ich sofort damit aufhören". Da spielen Gewöhnung, äußere Umstände, Gesellschaft und vieles andere mehr rein. Und das perfide an einer Abhängigkeit ist ja gerade, dass man sie erst wahrnimmt, wenn sie schon da ist, also zu spät. Auch eine beginnende Abhängigkeit programmiert das Denken so weit um, dass ich mir nicht sicher bin, wie weit man da noch vollständig bewusste Entscheidungen treffen kann. Teileweise ganz sicher, aber eben nicht mehr vollständig.Wenn man Cleverness, Selbsteinschätzung, Empathie, Disziplin usw als Charaktereigenschaften annimmt, sind Alkoholprobleme durchaus auch Charakterschwäche.
Auf dem Weg zur krankhaften Sucht haben wir viele Male die Chance bewusste Entscheidungen zu treffen, die manchmal (wie soft im Leben) auch Charakter fordern.
Wir sollten es uns da nicht zu einfach machen: bis wir zum Opfer werden, sind wir hunderte Male Täter.
Ich muss Dir widersprechen! Ich bin nicht körperlich abhängig. Und hab nach fast 4 Wochen auch keinerlei körperlichen Entzug!Sobald es eine körperliche Abhängigkeit ist, ist nix mehr mit freier Entscheidung.
Das ist ja genau die Stelle, wo ich meine, dass manche Leute eben nicht mehr die Möglichkeit haben, sich der Situation bewusst und vor allem sachlich und unabhängig zu diesem Thema Entscheidungen zu treffen.Aber Quartalssäufer und 1-2Bier-täglich sollten schon noch die Möglichkeit haben, sich bewusst zu machen, was sie tun. Dazu müssen sie aber tatsächlich wissen und AKZEPTIEREN, dass sie offiziell schon als Alkoholiker eingestuft sind.
Warum?Hats der Thread leider doch aufs übliche Forumsniveau geschafft
Warum?