Freitag, 4. September 2020, Jovençan (600 m)
So gut das Zimmer, so armselig das Frühstück. Wegen Covid-19 musste ich dieses in der ungemütlichen Frühstücksbar einnehmen, die sich im Erdgeschoss befindet. Abgepackte Croissants und Cappucino. Das kann man mal machen, dafür war das Zimmer dann aber doch zu teuer. Schwamm drüber, es gab wahrlich unabgenehmere Erlebnisse auf dieser Tour.
Unterkunft in Jovençan
Die geht nun so weiter, dass ich den Autoschlüssel beim Patienten holen werde. Er kommt nicht mit mir nach Hause, sondern wird im Krankenwagen transportiert. Ich bin also zeitlich mein eigener Herr und muss mich nicht nach ihm richten.
Über Radwege und Sträßchen gelange ich nach Aosta (580 m). Die Stadt, die dem Tal, der Region und der Tour den Namen gibt, die aber eigentlich gar nicht auf der geplanten Route liegt. Nachdem ich endlich am richtigen Krankenhaus aufgeschlagen bin, lotst mich eine Krankenschwester am sturen Empfang vorbei, sonst hätte ich wegen Corona gar nicht hinein gedurft. Dirk liegt zwar nicht mehr auf der Intensiven, aber er kann sich nur schlecht bewegen und wird künstlich ernährt. Wir quatschen ein paar Minuten, dann bin ich schon wieder weg.
Mir ist immer noch nicht klar, was ich nun machen soll. Das Tagesziel im ursprünglichem Tourplan wäre Étroubles auf halber Höhe zum Sankt Bernhard. Das kann ich ja mal ansteuern. Natürlich nicht auf der Originalroute, denn das wären nun schlappe 2000 hm zum Monte Fallere. Es gibt aber eine Alternative, an die ich mich erinnere, der Suonenweg Ru Neuf. Das ist ein Weg, der an einen Wasserkanal entlang nach Etroubles führt. Dahin werde ich mich mal orientieren.
Aostatal, links biegen die drei Täler Val di Cogne, Valsavarenche, Val di Rhêmes ab
Ich verlasse Aosta bergan und trete die kleine Straße nach Arpuilles (1000 m) hoch. Leider habe ich versäumt, vorher in Aosta noch etwas Verpflegung zu kaufen. Das schränkt mich wieder ein. In Arpuilles herrscht tote Hose, kein Laden, keine Bar, kein Brunnen, nix. Vielleicht im nächsten Ort Excenex (1050 m). Aber auch das Nest ist eher verschlafen. Wenigstens einen Brunnen gibt es. Mit Wasser gestärkt erklimme ich die letzten Meter zu Suone (1200 m).
Was nun kommt, hätte ich so niemals erwartet. Brettflach schlängelt sich ein Pfad mal neben und mal über der kleinen Wasserrine entlang. Mal über Wiesen, mal durch den Wald. Wunderschön und abwechslungsreich. Ich bin richtig begeistert. Über 10 km reines Genussbiken. Ein klitzekleiner Schlussanstieg und ich lande direkt in Etroubles (1270 m). Als Tagesziel zwar viel zu früh, aber für ein Mittagessen genau passend. Das nehme ich im Hotel Beau Sejour zu mir, was leider viel Geduld erfordert.
Wiesen-Suone
Wald-Suone
Während des Essens ist bei mir der Entschluss gereift, die letzte Etappe zu beginnen und heute so weit zu fahren, wie möglich, also vielleicht bis La Fouly zum Auto. Ich sehe keinen Sinn darin, die Tour alleine noch lange Laufen zu lassen. Das ist tatsächlich ein Vorteil, wenn man sein eigener Herr ist. Man kann völlig frei entscheiden, was man tut. Den Nachteil, abends alleine herum zu sitzen, macht das aber nicht wett. Das Sicherheitsrisiko schon gar nicht.