Auch mal wieder ein Tourenbericht

J-CooP

Eisenschweinkader
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19. Juni 2002
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Angestachelt durch Rikman's tollen Bericht und wohl wissend bei diesem Wetter sowieso nichts fürs Studium tun zu werden, schwang ich mich heute Nachmittag um kurz nach 14:00 auf mein geländegängiges Zweirad und machte mich auf in eine der unwirtlichsten Gegenden Deutschlands.

Beginn meiner kleinen Reise war natürlich Langerwisch, von wo aus ich nach Süden los stach. Warmfahren war heute nicht nötig, so dass Wildenbruch schnell erreicht war und Richtung Seddiner See verlassen wurde.
Allerdings quälten sich schon auf dem Weg dort hin dutzende feister Leiber in Richtung Wasser, so dass ich mir das Elend direkt am See nicht antun wollte.
Flugs änderte ich also meine Route, bog nach links Richtung Fresdorf ab und durchquerte es.
Auf der Allee nach Stücken vielen mir ein par Pflaumenbäume ein, die ich als Zivi gepflanzt hatte und so beschloss ich diese zu besuchen. Dazu bog ich in den Ortolanweg (ein possierlicher Vogel, der auch als Gartenammer bekannt ist) ein. Die Bäumchen jedenfalls standen in prächtigem Grün und werden hoffentlich Früchte tragen.

Hinter Stücken führte mich meine Nase, der ich heute folgte, Richtung Schlunkendorf, wo sich auf den ersten Blick, wie jedes Jahr zu dieser Zeit, am Hang eine riesige Wasserfläche auftat. Bei genauerem hinsehen entpuppte sich diese jedoch als Spargelfeld.
Ich durchquerte diese ökologische Katastrophe (da wird 1,5 Meter tief gepflügt um den märkischen Sand wieder über den Hauch von fruchtbarer Krume zu bringen).
Überall standen unsere östlichen Nachbarn, für die Worte wie Hautkrebs und Staublunge scheinbar unbekannt sind, in der prallen und stachen dieses fade pestiziedverseuchte Gemüse.

In Beelitz traf ich dann noch auf zwei Reliquien aus einer anderen Zeit, die uns in der Luft viele Jahre lang vor dem Kapitalismus bewahrt hatten. Jetzt standen diese einst stolzen Kampfflugzeuge aus gutem russischen Titan besprayt und teilweise rostend vor einem Monstromarkt in einem mittelmäßigen Gewerbegebiet.
Quer durch endlose Wiesen und Weiden radelnd, ließ ich auch Salzbrunn und Alt Bork hinter mir und gelangte schließlich in das Dorf mit dem schönsten Namen aller: „Deutsch Bork“.
In Linthe ließ ich mir von einer hübschen Kellnerin ein Bierchen kredenzen und der Koch füllte mir für umsonst meine Flasche mit Wasser und Eiswürfeln.
Nach dem unterqueren der Autobahn war dann auch bald Brück erreicht. Als ich es jedoch verließ staunte ich nicht schlecht.
Plötzlich standen da mitten auf der Wiese riesige Holztürme. Es waren ein Einzelner und ein Zwillingsturm. Die Dinger waren aus komplett leimfreiem Holzfachwerk, das nur von Splinten zusammengehalten wurde und mindestens 20m hoch. Da es bei uns aber recht wenig Erdöl und Steinkohle gibt, müssen diese Türme aus einer Zeit stammen, als es noch Riesen gab und damals als Galgen für diese gedient haben.

Bevor ich meinen Kopf, der sowieso schon die ganze Zeit der prallen Sonne ausgesetzt war, weiter malträtierte, schwang ich mich wieder aufs Rad und wollte mich eigentlich über Borkwalde auf den Rückweg machen.
Allerdings muß ich wohl irgendwie etwas zu weit links gefahren sein, so dass ich mitten in die Zauche geriet. Jeder Versuch wieder auf den rechten Weg zu kommen wurde von Schildern mit der Aufschrift „militärischer Sperrbereich..:“ jäh beendet, so dass ich mich durch ewige Kiefernwälder gen Norden quälte.
Doch irgendwann ist auch der längste Wald zu ende und so erblickten meine müden Augen das Ortseingangsschild von Michendorf.
Juhu, fast zu Hause dachte ich mir, doch eh der Gedanke ganz zu Ende war kamen auch schon leise Zweifel in mir auf – so weit westlich liegt Michendorf West ja nun doch nicht. Und tatsächlich stand auf dem Ortsausgangsschild Michelsdorf und Lehnin als nächstes Kaff.
Also hieß es weiter treten.
Irgendwie war ich leicht desorientiert, so dass ich nicht gerade auf Bliesendorf zuhielt, sondern den kleinen Umweg über Göhlsdorf und Plötzin einlegte.
Irgendwann kam dann aber auch Bliesendorf in Reichweite und bei jedem Tritt knarrte etwas und auch die Apfelschorle die ich mir dort gönnte, brachte keine Abhilfe. Es mußte also am Fahrrad liegen. Ich wollte jedoch nicht schon wieder anhalten und bog nach Kamerode ab. Auf dem Weg, den ich wählte muß sich vor einiger Zeit aber die Forst mächtig ausgetobt haben so dass im Zuckersand etwa 30cm tiefe Spuren waren. Hier stieg ich dann doch nochmal ab und durfte feststellen, dass sich mein Innelager gelöst hatte und daher das muntere Knarzen kam.
Kurz vor Kamerode kam ich dann noch an einer wunderbaren Süßkirschplantage vorbei, die nicht mal eingezäunt war, also wurde erst mal zünftig genascht. Erst beim weiterfahren stellte ich fest, dass da überall Schilder mit der Aufschrift „Achtung Pflanzenschutzmittel“ steckten. Aber da ist der Organismus eines Eisenschweins ja ganz andere Kalieber gewöhnt.

Aus Sorge um meinen Rahmen ließ ich den Wietkikenberg in Ferch rechts liegen und bog erst in Flottstelle zu den Lienewitzseen ab. Hier kamen dann auch die ersten Tröpchen die nicht salzig waren an meinen staubigen Leib, so dass ich beschloss erst zu Hause zu baden.
Nachdem ich mein Tretlager wieder festgezogen hatte, es dunkel war und das Gewitter zu voller Größe angewachsen war, schaltete ich beim Pool das Licht ein und legte mich in das Wasser, dass mit 27°C inzwischen wärmer war als die Luft. Auf jeden Fall war das ein schöner beruhigender Ausklang für diesen Tag mit 112km in 5 Stunden.

Bilder habe ich auch gemacht, allerdings analog, so dass diese frühstens Mittwoch folgen.
 
Na da haste ja ne feine Orientierungstour unternommen. Aber ...
Original geschrieben von J-CooP
Nach dem unterqueren der Autobahn war dann auch bald Brück erreicht. Als ich es jedoch verließ staunte ich nicht schlecht.
Plötzlich standen da mitten auf der Wiese riesige Holztürme. Es waren ein Einzelner und ein Zwillingsturm. Die Dinger waren aus komplett leimfreiem Holzfachwerk, das nur von Splinten zusammengehalten wurde und mindestens 20m hoch. Da es bei uns aber recht wenig Erdöl und Steinkohle gibt, müssen diese Türme aus einer Zeit stammen, als es noch Riesen gab und damals als Galgen für diese gedient haben.
... Obacht, vielleicht haste ja die Beene vom trojanischen Ackergaul entdeckt, mit dem westukrainische Kosaken die Hauptstadt nehmen wollen. :eek: ;)

Original geschrieben von J-CooP
Kurz vor Kamerode kam ich dann noch an einer wunderbaren Süßkirschplantage vorbei, die nicht mal eingezäunt war, also wurde erst mal zünftig genascht. Erst beim weiterfahren stellte ich fest, dass da überall Schilder mit der Aufschrift „Achtung Pflanzenschutzmittel“ steckten. Aber da ist der Organismus eines Eisenschweins ja ganz andere Kalieber gewöhnt.

Genau so ist es, der Eisenschweinorganismus steckt was weg. Nun wäre es allerdings äußerst löblich, wenn du Ergebnisse deines Feldversuchs hier zur Disposition stellen könntest. Schließlich wird mancher märkischen Feldkirsche wegen ihrer toxischen Eigenschaft mitunter eine bewusstseinsbeeinflussende Wirksamkeit zugesprochen. Besonders interessant fände ich daher ob der Konsum mit den bekannten Merkmalen wie Anpassungs- und Leistungsverweigerung, Willensschwäche, emotionale Defizite, Verlierer-Syndrom und/oder Hang zu übersteigerter Konsum- und Life-Style-Orientierung einhergeht.

Grüßle
 
Original geschrieben von J-CooP
das Elend direkt am See
uuuaahhh


Original geschrieben von J-CooP
da wird 1,5 Meter tief gepflügt
:eek:


Original geschrieben von J-CooP
aus gutem russischen Titan
kann man da nicht auch rahmen draus bruzeln?


Original geschrieben von J-CooP
„Achtung Pflanzenschutzmittel“
papperlapap! alles nur panikmache damit keiner was pflückt. ein eisenschwein fällt darauf nicht herein.


Original geschrieben von J-CooP
schaltete ich beim Pool das Licht ein
na dann wissen wir ja wo die nächste tour im süden berlins endet!!


sehr genialer bericht!

hoch erfreut, r°b
 
Original geschrieben von J-CooP
Jetzt standen diese einst stolzen Kampfflugzeuge aus gutem russischen Titan... und teilweise rostend...
Na gut, wollen wir für diesmal drüber wegsehen. Dies schrieb der Klug********r in mir.

Original geschrieben von J-CooP
Als ich es jedoch verließ staunte ich nicht schlecht.
Plötzlich standen da mitten auf der Wiese riesige Holztürme.
Es handelt sich hierbei um Einrichtungen eines sogenannten "Antennenmessplatzes". Wichtig dabei ist wohl die komplett amagnetische Bauweise.

Original geschrieben von J-CooP
...so dass ich mitten in die Zauche geriet. Jeder Versuch wieder auf den rechten Weg zu kommen wurde von Schildern mit der Aufschrift „militärischer Sperrbereich..:“ jäh beendet,
Trotzdem eine schöne Gegend. Inmitten der tiefen Wälder der Zauche, betreibt die Bundeswehr etwas, was aus ihrer Sicht einem kleinen Balkandorf nahe kommt. Hier können sich die Rekruten für Ihren Auslandseinsatz mit den Sitten und Gebräuchen der Einheimischen bekannt machen. Wir können ja mal dorthin touren und auch ein wenig Balkan spielen.

Alles in allem bist Du schön herumgekommen. Aber glaube mir, die Vorstellung der sonnendurchglühten und sandigen Weiten der südlichen Mark, lassen nicht gerade Neidgefühle aufkommen. Schön wenn man hinterher einen Pool hat.
 
Original geschrieben von jockel
(Zitat:)
Original geschrieben von J-CooP
Jetzt standen diese einst stolzen Kampfflugzeuge aus gutem russischen Titan... und teilweise rostend...

Na gut, wollen wir für diesmal drüber wegsehen. Dies schrieb der Klug********r in mir.


Das habe ich doch extra geschrieben um dich und deinen Kockmo-Rahmen zu ärgern.
Dafür das die da schon seit Jahren stehen sehen sie noch recht gut aus.

Das mit dem Antennenmeßplatz ist interessant, ich war wirklich am grübeln was diese Dinger für einen Sinn haben könnten.
 
Original geschrieben von J-CooP
....Dazu bog ich in den Ortolanweg (ein possierlicher Vogel, der auch als Gartenammer bekannt ist) ein...



der gartenammer! habe mich just in diesem moment gefragt, was der ortolan noch gleich für ne bschi§§ene rasse ist - dachte der ortolan stammt vom gemeinen inhouselan ab. man lernt eben nie aus! super bericht und super tour! danke dafür... menis
 
absolute spitze! deine foto-love-story ähnliche reisebebilderung sollte zur auflage gemacht werden! j-coop - du lieferst hier einen weiteren grund dafür das kein kadermitglied je seine kaserne ohne entsprechendes bilddokumentationsgerät verlassen sollte.

da muss ich mal tief in die schubladen sehen, ob nicht irgendwo etwas tragbares in meinem spint zu finden ist. also: allererste sahne... menis
 
wohl war sind das wirklich tolle bilder - und genauso gute erläuterungen.



bei dem letzten bild im pool scheint dein bein aber als ableiter des in just diesem moment einschlagenden blitzes zu dienen, oder?
 
Danke für den Sonnenschein im grauen Büro-Alltag, den ich durch das Lesen Deiner Tourbeschreibung hatte!
Prima, daß Du noch die Fotos dazu gelegt hast.

Schöne Grüße,

Pelz
 
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