Auswirkungen Radstand/KS auf "Wendigkeit"

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Re: Auswirkungen Radstand/KS auf "Wendigkeit"
und was hat die tretlager höhe damit zu tun 🤔
Guter Einwand. Gehört auch mit zum System "Fahrrad neigen für Geneigte". Bin mir aber nicht sicher zu welchem Teil das beiträgt. Sicher mehr als die Kettenstreben.

Aber erstmal würde ich jetzt gerne wissen, was denn diese "Wendigkeit" ist, von der alle reden. Geht's hier um im Schritttempo ums Eck fahren oder Kurven mit Speed? Fichtenslalom? Oder geht's gar um "Wendigkeit" im Sprung? Bin gespannt wie die Kettenstreben da rein spielen.
 
Bei schneller Fahrt kommt wohl der größte Teil des Lenkimpulses durch das Neigen des gesamten Rades. Da spielt der Radstand und die Kettenstreben kaum eine Rolle, sondern viel mehr die Höhe über Grund und Breite des Lenkers.
Wurde hier schon öfter erwähnt: natürlich kann man nicht Fahreigenschaften auf ein, zwei Geometriewerte runterbrechen.
Ich würde trotzdem mal ein Gedankenspiel machen:
180Grad Anliegerkurve mit einem Anlieger der groß genug ist um da mit Tempo durch zu fahren aber mit sehr kleinem Kurvenradius. Nur damit wir eine Zahl haben, sagen wir mal 2.5m.​
Jetzt fahre ich die Kurve mit zwei verschiedenen Bikes: einem Dirtjumper (oder BMX) und einem Tandem mit der selben Geometrie, aber einem Radstand von fast 2m.​
Mit welchem Bike geht das wohl besser?​
Aber erstmal würde ich jetzt gerne wissen, was denn diese "Wendigkeit" ist, von der alle reden. Geht's hier um im Schritttempo ums Eck fahren oder Kurven mit Speed? Fichtenslalom? Oder geht's gar um "Wendigkeit" im Sprung? Bin gespannt wie die Kettenstreben da rein spielen.
also wenn ich davon die Wahl hätte würde ich es als Fichtenslalom bei hoher Geschwindigkeit definieren. Oder allgemeiner: die Fähigkeit schnell viele Richtungswechsel zu machen und mit Tempo enge Kurven fahren zu können.
 
Wurde hier schon öfter erwähnt: natürlich kann man nicht Fahreigenschaften auf ein, zwei Geometriewerte runterbrechen.
Ich würde trotzdem mal ein Gedankenspiel machen:
180Grad Anliegerkurve mit einem Anlieger der groß genug ist um da mit Tempo durch zu fahren aber mit sehr kleinem Kurvenradius. Nur damit wir eine Zahl haben, sagen wir mal 2.5m.​
Jetzt fahre ich die Kurve mit zwei verschiedenen Bikes: einem Dirtjumper (oder BMX) und einem Tandem mit der selben Geometrie, aber einem Radstand von fast 2m.​
Eine Kurve ist da nicht das Problem, sondern 2 oder mehr die aufeinander folgen. Du brauchst/ hast unterschiedliche Punkte bei Ein- und Ausfahrt und der Richtungswechsel dauert mit dem kurzen wendigen Bike kürzer. Vorraussetzung für diese Behauptung: der Untergrund ist ruhig genug, das man das Gefährt auch ruhig halten konnte. Sonst verlierst eben auch wieder cm um die Position für das nächste Manöver zu erreichen.
 
an meinem Rad kann ich die Länge der Kettenstreben beeinflusse.

Bis zu einem gewissen Wert wird das Rad „wendiger“, wenn die KS länger ist.
Wendiger in dem Sinn, daß ich schneller die Richtung wechseln kann ohne Gripverlust am Vorderrad.
Außerdem kann ich mit der Hüfte/Pedale leichter einen Drehimpuls am Hinterrad einleiten und über das Hinterrad auch steuern.

Mit längeren KS wird die Balance auf das Vorderrad verschoben. Bei den modernen sehr kurzen KS ist viel Gewicht auf dem Hinterrad. Was meiner Meinung nach das Rad träger macht.

In engen langsamen Serpentinen merke ich keinen Nachteil an den 2-5cm längerem Radstand.
Einzig der Bunnyhop wird etwas schwieriger.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
also wenn ich davon die Wahl hätte würde ich es
...als Fähigkeit, gerade noch rollbare Kehren fahren zu können definieren (je wendiger, desto enger).
Und klar: Je länger der Radstand, umso schwieriger wird das. Der Rest sind Nuancen - auch die Laufradgröße. Mullet ist genau deswegen eigentlich Unsinn, sofern die kleinere Laufradgröße nicht genutzt wird, um den Radstand (durch kürzere KS) entscheidend zu verkleinern.
 
Ich zähle hier schon mal mindestens 3 unterschiedliche Deutungen von "Wendigkeit".
...als Fähigkeit, gerade noch rollbare Kehren fahren zu können definieren (je wendiger, desto enger).
Das ist zumindest schon mal eine Definition.
#1 Wendig im Spitzkehren rollen ohne Hinterradversetzen.
Geschwindigkeit hier sehr langsam. Hier hilft tatsächlich ein kurzer Radstand. Rad muss nicht oder kaum geneigt werden.
würde ich es als Fichtenslalom bei hoher Geschwindigkeit definieren. Oder allgemeiner: die Fähigkeit schnell viele Richtungswechsel zu machen und mit Tempo enge Kurven fahren zu können.
Hier sind es gleich zwei auf einmal.
#2 Schnell viele Richtungswechsel.
#3 Mit Tempo enge Kurven fahren.

Bei #3 muss man ein mal stark neigen, bei #2 schnell hin und her.
 
Achtung, hier kommt die Quantenmechanik :D

Ich überlasse die Beratung gerne anderen, möchte aber doch ein paar Dinge beisteuern, weil ich sehe, dass es hier ein paar Missverständnisse gibt.

Grundsätzlich ist es so, dass die Wendigkeit eines Bikes im Wesentlichen von zwei Faktoren abhängt:
Vorlauf & Radstand
Und bevor jetzt jemand laut Einspruch erhebt, muss ich betonen, dass unter Wendigkeit gemeint sein sollte, wieviel Kraft man aufwenden muss, um eine Richtungsänderung herbeizuführen, und zwar einfach nur als Kraft, die aufs Fahrrad wirkt (wie und wo genau die Kraft wirkt, hängt von der jeweiligen Fahrsituationen ab und ist durchaus sehr unterschiedlich).

Jetzt kommt das große Aber:
Fürs Fahrradfahren ist es in aller Regel nicht das Problem, wieviel Kraft aufgewendet werden muss, sondern wieviel Kraft der Fahrer tatsächlich aufwenden kann. Über die Wendigkeit, die in den hiesigen Diskussionen in aller Regel gemeint ist (im Unterschied zur obigen Definition), entscheidet also nicht so sehr die Wendigkeit des Bikes, sondern VOR ALLEM das Bikehandling. Wenn das Bike so abgestimmt ist, dass der Fahrer sehr effektiv Lenkimpulse aufs Bike übertragen kann, dann fühlt sich das Bike sehr wendig an. Dies ist aber kein allgemeines Kriterium, sondern es hängt stark vom Fahrstil und auch vom bevorzugten Terrain ab, ob ein spezielles Setup für einen bestimmten Fahrer sich wendig anfühlt oder nicht.

Daraus erklären sich dann auch die hier schon auftauchenden unterschiedlichen Ansichten, was jetzt wendig ist und was nicht.

Natürlich spielt es auch eine Rolle, ob das Bike grundsätzlich wendig ist im objektiven Sinn, aber das hängt eben tatsächlich im Wesentlichen von Vorlauf und Radstand ab und nicht von Verhältnis RC/FC, Tretlagerhöhe etc. Letzteres hat aber einen erheblichen Einfluss aufs Bikehandling und damit auf die gefühlte (besser: erfahrene) Wendigkeit.

Wir können auch gerne darüber diskutieren, wie die Wendigkeit genau von Vorlauf und Radstand abhängt, das wird aber dem TE nur beschränkt weiterhelfen. Hier reicht es wahrscheinlich, wenn man festhält, dass ein Bike objektiv wendiger ist, wenn der Radstand kürzer ist und der Vorlauf geringer. (Der Vorlauf ist übrigens von Radgröße, Lenkwinkel und Offset abhängig und nicht vom Radstand, wie hier mal fälschlich geschrieben wurde.)

Und weil ich gerade dabei bin, noch eine kurze Exkursion zum Thema „zentral im Bike stehen“:
Grundsätzlich sehe ich zwei Möglichkeiten, wie man das definieren kann. Es gibt mE keine allgemeine Definition dafür und die beiden folgenden Definitionen werden von verschiedenen Leuten je nach Lage unterschiedlich genutzt, ohne das explizit zu beschreiben, was dann häufig zu Missverständnissen führt.

Möglichkeit 1)
Man steht zentral im Rad, wenn die Belastung bzw. das Gewicht recht gleichmäßig auf Vorderrad und Hinterrad verteilt ist. Je nach Fahrsituation bedeutet das aber, dass eventuell Arme und Beine sehr unterschiedlich belastet werden müssen, um diese Gleichverteilung zu erreichen. Diese Variante der Definition ist also im Bezug auf den Fahrer keine stets gleiche Position, jedoch ist es für das Bike eine stets gleiche Situation, nämlich die der (relativen) Gleichbelastung von Vorderrad und Hinterrad.

Möglichkeit 2)
Man steht zentral im Rad, wenn die Belastung bzw. das Gewicht ganz auf dem Tretlager und damit auf den Füßen des Fahrers lastet („heavy feet, light hands“). Das ist für den Fahrer stets eine ähnliche Position (abhängig allerdings von Gefälle und ggf. von Einflüssen durch Kurvenfahren und/oder Bremsen), jedoch hat diese Definition abhängig von der jeweiligen Bike-Geometrie teils ganz andere Verteilungen der Kräfte auf Vorderrad und Hinterrad zur Folge. Hier spielt insbesondere das Verhältnis von Front-Center zu Rear-Center eine zentrale Rolle, daneben auch noch die Tretlagerhöhe über den Einfluss, den das Gefälle bzw. Beschleunigungen in Kurven oder beim Bremsen auf die Kräfteverteilung haben.

Auch hier lassen sich viele Diskussionen führen, wie der Einfluss von RC/FC aufs Fahrverhalten ist etc.; wichtig ist aber jedenfalls dazuzusagen, wie man das „zentral im Rad“ meint. Logisch ist, dass ein Bike mit kurzen Kettenstreben und langem Radstand viel Gewicht auf den Händen und damit mehr Belastung auf dem Vorderrad gegenüber der zweiten Definition von „zentral im Rad“ braucht, um die erste Definition von „zentral im Rad“ zu erreichen. Wem diese Art des Fahrens taugt, der profitiert von der eher kürzeren gesamten Radlänge und erfährt das Rad dann als wendig. Wem das dagegen nicht taugt, der empfindet vielleicht ein Rad mit längerem Radstand (objektiv weniger wendig) als wendiger, wenn das mehr an Radstand in längere Kettenstreben geht, weil dann bei einer „zentralen Stellung im Rad“ nach Definition 2 das Rad deutlich besser zu steuern ist, weil die Verteilung der Belastung auf Hinter- und Vorderrad gleichmäßiger ist.

Vielleicht helfen diese Ausführungen ja dem einen oder anderen im Verständnis und allgemein der Diskussion hier. ;) Mit Quantenmechanik hat das natürlich nichts zu tun. Die wäre allerdings beim Radfahren manchmal ganz praktisch, weil man dann durch Hindernisse einfach hindurchtunneln könnte.
 
Natürlich spielt es auch eine Rolle, ob das Bike grundsätzlich wendig ist im objektiven Sinn, aber das hängt eben tatsächlich im Wesentlichen von Vorlauf und Radstand ab und nicht von Verhältnis RC/FC, Tretlagerhöhe etc. Letzteres hat aber einen erheblichen Einfluss aufs Bikehandling und damit auf die gefühlte (besser: erfahrene) Wendigkeit.

Wir können auch gerne darüber diskutieren, wie die Wendigkeit genau von Vorlauf und Radstand abhängt, das wird aber dem TE nur beschränkt weiterhelfen. Hier reicht es wahrscheinlich, wenn man festhält, dass ein Bike objektiv wendiger ist, wenn der Radstand kürzer ist und der Vorlauf geringer

Das Spectral 29 zoll hat 64° LW ,einen Gabeloffset von 42mm, radstand 1222mm, tretlager sollte hier tiefer liegen

Das Spectral 27.5 zoll hat auch einen 64° LW, Gabeloffset 37 mm, Radstand 1227 mm.

Das Offset beim 29er ist ziemlich niedrig, das heißt der Nachlauf ist hoch/höher.
In der Theorie sollte es sich ( bei langsamen, gemäßigten Geschwindigkeiten?) träge fahren.
Oder habe ich etwas falsch verstanden?

Du hast auch das Terrain erwähnt, in dem das Bike eingesetzt wird. Ich habe keine langen und harten Abfahrten bei mir Zuhause. Ich gewinne den Eindruck das Spectral ist doch zu Enduro lastig für meine Vorhaben und Gegebenheiten.
 
Zuletzt bearbeitet:
dass es hier ein paar Missverständnisse gibt.
Es geben sich leider wenige hier Mühe diese aufzuklären. Umso mehr erfreut mich Dein Beitrag.
dass unter Wendigkeit gemeint sein sollte, wieviel Kraft man aufwenden muss, um eine Richtungsänderung herbeizuführen
Das ist doch mal eine Definition. Etwas akademisch und ich glaube nicht, dass das die Definition der meisten User hier ist, aber dafür ist sie recht eindeutig.
Ich hätte hier gesagt, die Kraft des Fahrers ist übersetzt, z.B. über die Lenkerbreite. Bikehandling als Begriff wirkt auf mich noch etwas schwammig, aber man kann damit arbeiten.

Nachlauf und Radstand sind nur für die Lageänderung des Vorderrades relevant. Man dreht den Lenker und verdreht damit das Vorderrad aus der Flucht. Das würde ich als "gewöhnliches Lenken" bezeichnen.

Was aber beim schnellen Fahren, speziell schnell bergab mit möglichst minimalem Kurvenradius? Wie viel von der Richtungsänderung geht auf diese Lenkerdrehung zurück? Spielt da noch was anderes mit rein?

Ja, tut es und zwar die Neigung vom Rad, zum Teil mitsamt dem Fahrer, zum Teil abgekoppelt vom Fahrer.

Fährt man eine schnelle Linkskurve, muss man das Rad nach links neigen. Für die Rechtskurve gleich anschließend muss das Rad auf die andere Seite umgelegt werden. Das kostet nicht nur Kraft, sondern auch Zeit. Bei gleicher maximaler Geschwindigkeit der Lenkbewegung kostet mehr Weg auch mehr Zeit. Höheres Rad braucht mehr Weg.

"Bikehandling" würde ich mal salopp als Resultat aus benötigter Kraft und Zeit für die Richtungsänderung bezeichnen. Wie schnell reagiert das Rad auf den Impuls, aber auch wie lange dauert es bis die Aktion abgeschlossen ist. Wie viel Kraft brauche ich dafür? Hier geht es ja mehr um das Gefühl des Fahrers.
 
Die Sache mit dem Nachlauf (ich schrieb oben Vorlauf, es ist natürlich de facto ein Nachlauf) ist fahrmechanisch nicht ganz einfach. Dass sich was tut (und auch, was sich da tut), verdeutlicht folgende Überlegung: Wenn man den Lenker um 90° einschlägt, dann befindet sich der Kontaktpunkt des Reifens praktisch in Verlängerung der Lenkachse (also in Verlängerung des Steuerrohrs, allerdings seitlich versetzt um den Offset). Der Radstand wird also im Prinzip um den Nachlauf länger, gleichzeitig kommt das Steuerrohr (und entsprechend auch der Rest vom Bike und also auch der Schwerpunkt des Fahrers) tiefer. In Neutralstellung des Lenkers ist der Kontaktpunkt des Reifens dagegen hinter der Verlängerung der Lenkachse (das ist eben der Nachlauf) und das Steuerrohr ist höher. Wieviel hängt von Lenkwinkel und Reifengröße ab, je kleiner der Lenkwinkel und je größer der Reifen, umso mehr. Der Offset wirkt dem entgegen (der Offset verschiebt den Reifen und damit seinen Aufstandspunkt in Richtung der Verlängerung der Lenkachse). Bei Lenkwinkel 90° (und keinem Offset) ginge die Lenkachse dagegen stets genau durch den Aufstandspunkt des Reifens, ganz egal wie weit man einlenkt, und die Bikegeometrie würde sich beim Lenken nie ändern. Es ist irgendwie einsichtig, dass in diesem Fall das Lenken sehr leicht von der Hand geht und das Rad am wendigsten ist - man würde aber wohl eher sagen, das Rad ist unfahrbar nervös ;)

Der Übergang von Neutralstellung zu 90° Lenkeinschlag verläuft übrigens nicht linear, sondern folgt den trigonometrischen Funktionen. Es gibt dabei dann (bei geringen Geschwindigkeiten) einen Kipppunkt, wo der Lenker wegen des Absenkens (Gewinn an potentieller Energie) von alleine einschlagen will, während am Anfang des Einschlags der Nachlauf eine stabilisierende Wirkung aufs Fahren hat und das Bike sich beim Fahren selbst wieder aufrichtet und sich der Lenker dem Einschlag entsprechend widersetzt. (Bei höheren Geschwindigkeiten erreicht man den Kipppunkt praktisch nicht, weil da vorher die Fliehkräfte der Kurvenfahrt ein Ende setzen.)

Wie bereits @McDreck richtig festgestellt hat, ist es ein recht bedeutender Unterschied, ob ich eine Kurve langsam (also quasi statisch) oder mit höherer Geschwindigkeit fahre. Im quasi-statischen Fall ist das Lenken bzw. die Wendigkeit eher eine geometrische Frage, einerseits des zur Verfügung stehenden Platzes und andererseits der oben beschriebenen Auswirkungen von Nachlauf, Offset etc., insbesondere auch im Hinblick auf das Absenken bzw. Anheben des Schwerpunkts und den genannten Kippunkt.

Fahre ich eine Kurve jedoch mit höherer Geschwindigkeit, dann spielt die Dynamik eine wesentliche Rolle. Insbesondere muss man dann den Schwerpunkt ins Kurveninnere verschieben, um der Fliehkraft entgegenzuwirken (diese Beschreibung ist im System des Fahrers zutreffend, das im Falle der Kurvenfahrt ein beschleunigtes System ist; nur so als Randbemerkung). Ohne hier jetzt zu sehr in die Physik abzuschweifen, muss aber die Kurvenfahrt bereits stattfinden, wenn ich den Schwerpunkt verlagere, sonst falle ich einfach nur um. Es ist also nicht so, dass man eine Kurve NUR durch das Neigen des Rades (was eine Verschiebung des Schwerpunkts impliziert) einleiten kann. Allerdings ist das aktive Neigen des Rads bereits ab Einleitung der Kurve durch Lenken aus verschiedenen Gründen ein fahrtechnisch vorteilhaftes Vorgehen.

Wie weit man den Schwerpunkt verschieben muss, um der Fliehkraft ein Gleichgewicht zu bieten, hängt von Geschwindigkeit und Kurvenradius ab. Je schneller und je enger die Kurve, umso mehr. Wie sich der Schwerpunkt verschiebt, hängt insbesondere von der Höhe des Schwerpunkts ab. Das ist aber im Wesentlichen eine Frage der Haltung und weniger eine direkte Frage der Bikegeometrie (die Haltung des Fahrers ist natürlich wieder stark durch die Bikegeometrie beeinflusst). Der entscheidende Punkt für die Wendigkeit des Bikes (!) ist in diesem Fall (also bei höheren Geschwindigkeiten) allerdings einfach der Radstand, was letztlich mit Hebeln und Drehmomenten zu tun hat. Je länger der Radstand, desto mehr Kraft muss ich aufwenden, um das Bike aus der Richtung zu bringen. Kennt man unter dem Ausdruck „Länge läuft“. Das hat aber nichts mit dem Verlagern des Schwerpunkts zu tun, sondern mit dem Wirken von Lenkkräften. Ob du mit der Gewichtsverlagerung zum Ausgleich der Fliehkraft bei schnellen Richtungswechseln hinterher kommst, hat mit Radstand/Bikelänge übrigens erst mal nichts zu tun. Wieviel Kraft du dabei fürs Initiieren der Richtungsänderungen aufbringen musst, hat dagegen mit dem Radstand zu tun. Und wie dir das Einleiten der Richtungsänderungen gelingt, insbesondere auch im Hinblick auf eventuelle Verschiebungen des Schwerpunkts vor und zurück im Hinblick auf Gleichbelastung der Räder und so weiter, hängt dann maßgeblich wieder von der Position des Tretlagers ab, da dieses einen großen Einfluss auf die Balance des Fahrers auf dem Fahrrad hat. Allerdings gilt auch hier wieder, dass damit jeder Fahrer anders umgeht, sprich es ist weniger ein objektives Kriterium des Bikes für seine Wendigkeit, sondern mehr ein subjektives Kriterium des Fahrers.

Letztlich würde ich bei der Behauptung bleiben, dass die gefühlte (!) Wendigkeit eines Bikes viel mehr davon abhängt, wie gut man als Fahrer die notwendigen Bewegungen/Gewichtsverlagerungen fürs Kurvenfahren auf dem Bike ausführen kann (= Handling), und weniger wieviel Kraft tatsächlich im Endeffekt notwendig ist, um die Richtungsänderung des Fahrrades zu bewirken (= Objektive Wendigkeit). Beide Faktoren sind natürlich sehr von der Bikegeometrie abhängig, jedoch haben sie teils gegensätzliche Einflüsse. Wie ich ja zuvor schon schrieb, kann es daher gut sein, dass man ein Bike objektiv weniger wendig macht (Radstand verlängern), es sich danach aber wendiger anfühlt, weil man sich besser auf dem Bike bewegen kann (längerer Radstand geht zu 100% in eine längere Kettenstrebe, dadurch ist das Verhältnis RC/FC ausgeglichener und damit auch die Balance auf dem Bike).

Will man ein wendiges Bike, ist es also vor allem zielführend, die Geometrie für ein gutes Handling anzupassen. Das ist allerdings sehr vom Fahrer (Fahrstil, Fahrkönnen, bevorzugtes Gelände, körperliche Voraussetzungen…) abhängig und kann damit nur bedingt verallgemeinert werden.
 
Letztlich würde ich bei der Behauptung bleiben, dass die gefühlte (!) Wendigkeit eines Bikes viel mehr davon abhängt, wie gut man als Fahrer die notwendigen Bewegungen/Gewichtsverlagerungen fürs Kurvenfahren auf dem Bike ausführen kann (= Handling), und weniger wieviel Kraft tatsächlich im Endeffekt notwendig ist, um die Richtungsänderung des Fahrrades zu bewirken (= Objektive Wendigkeit).
Mir kommt da zu oft nur die Kraft vor. Imo ist Kraft allein nicht so relevant für die gefühlte Wendigkeit, sondern viel mehr wie schnell sich das Gerät ändern lässt, also Zeit. Kraft ist nicht gleich Zeit.

Kannste mal Handling genauer definieren? Welche Faktoren beeinflussen was?

Angenommen wir haben zwei Räder.
Rad #1: Stack über Grund 700mm, Lenkerbreite auch 700mm
Rad #2: Stack über Grund 800mm, Lenkerbreite auch 800mm
Ansonsten identisch.

Welches Rad lässt sich merklich leichter von Rechts auf Links umlegen?

Vielleicht sollten wir in einen eigenen Faden wechseln.
 
Das Spectral 29 zoll hat 64° LW ,einen Gabeloffset von 42mm, radstand 1222mm, tretlager sollte hier tiefer liegen

Das Spectral 27.5 zoll hat auch einen 64° LW, Gabeloffset 37 mm, Radstand 1227 mm.

Das Offset beim 29er ist ziemlich niedrig, das heißt der Nachlauf ist hoch/höher.
In der Theorie sollte es sich ( bei langsamen, gemäßigten Geschwindigkeiten?) träge fahren.
Oder habe ich etwas falsch verstanden?
Das hast du schon genau richtig verstanden. Das „träge“ ist übrigens an sich nicht auf geringe Geschwindigkeiten beschränkt, nur spielen bei höheren Geschwindigkeiten andere Faktoren eine wichtigere Rolle, sodass das „träge“ des Lenkwinkels dann relativ gesehen eine wesentlich geringere Rolle spielt.

Insgesamt würde ich das aber nicht überbewerten. Wenn ich mal meinen Fall als Beispiel nehme. Ich fahre aktuell ein Stumpjumper Evo, bei dem man ja recht einfach und schnell ein paar Parameter am Bike verändern kann, insbesondere auch den Lenkwinkel. Bei meiner Hausrunde gibt es genau eine enge Bergaufkehre, da merke ich den Einfluss auf das Lenkverhalten so sehr, dass Lenkwinkel/Radstand tatsächlich ein limitierender Faktor sein kann in dem Sinn, dass es eine Länge und einen Kipppunkt (abhängig vom Lenkwinkel) gibt, ab dem ich um die Kurve einfach nicht mehr herumkomme. Sonst merke ich die Veränderung im Fahrverhalten schon auch, aber es ist kein limitierender Faktor. Man muss halt je nach Situation eventuell etwas mehr tun auf dem Rad, um den gewünschten Effekt zu erzielen, aber das ist immer möglich und auch im Prinzip problemlos möglich. Ob man das dann will, ist eine andere Frage. Dafür hat das andere Setup dann halt an anderen Stellen seine Vorzüge hinsichtlich Stabilität im Groben oder Positionierung im Steilen. Ob man das braucht oder haben will, hängt davon ab, was man fährt und wie man das fahren will. Insbesondere ist es aber so, dass ich mich auf meinem aktuellen Rad auch bei langsamen, nicht steilen Passagen nicht schlechter fühle als auf meinem Rad davor, obwohl der Lenkwinkel drei Grad flacher ist. Dafür passt die Position insgesamt besser, sodass ich eigentlich in keiner Situation mein altes Rad vorziehen würde.

Wenn du übrigens das Spektral aus vielen Gründen als geeignet siehst, es dir dann aber tatsächlich etwas zu träge sein sollte, kannst du immer noch eine Gabel mit mehr Offset fahren, dann wird es objektiv wendiger. Gabeln mit mehr Offset bekommt man auch recht günstig, weil die aus irgendwelchen Gründen anscheinend niemand mehr fahren will.

Du hast auch das Terrain erwähnt, in dem das Bike eingesetzt wird. Ich habe keine langen und harten Abfahrten bei mir Zuhause. Ich gewinne den Eindruck das Spectral ist doch zu Enduro lastig für meine Vorhaben und Gegebenheiten.
Länge einer Abfahrt ist nur insofern ein Faktor, als dass du bei langen Abfahrten eventuell kraftsparender unterwegs sein willst. Das ist quasi das Äquivalent zum Tourenfahren ;) Fürs pure Gefühl beim Fahren ist die Abfahrtslänge unerheblich. Man muss also nicht in den Alpen leben, um ein Enduro schätzen zu können.

Ein grundsätzliches Problem ist imho, dass es bei Bikes nur selten eine Unterscheidung zwischen Geometrie und Federweg gibt. Bzw. ist das Problem vielleicht auch einfach nur, dass die Leute den Federweg, den sie haben, auch immer ausnutzen wollen, egal ob ihr Terrain und/oder ihre Fahrweise das erfordert. Jedenfalls ist es so, dass du in aller Regel bei einem Bike, dessen Geometrie für steiles Terrain geeignet ist, auch immer massig Federweg mitgeliefert bekommst. Wenn du den Federweg nicht haben willst, dann gibt es auch nur selten eine Geometrie, mit der du gut steiles Terrain fahren kannst. Deshalb gibt es in den Alpen so viele Leute, die Winkelsteuersätze fahren. (Das Problem ist, dass Federweg in der Regel auch immer Gewicht bedeutet. Wenn dir das Gewicht egal ist, dann nimm einfach den Federweg und nutze ihn nicht, dann hast du die passende Geometrie.)

Ums mal ganz plakativ runterzubrechen:

Umso schneller du auf nicht glattgebügelten Abfahrten fahren willst oder umso höher und weiter du springen willst (insbesondere, wenn es keine ideale Landung gibt oder du diese nicht immer triffst), desto mehr Federweg brauchst du. Sonst brauchst du ihn nicht.

Umso steileres Terrain du fahren willst, umso flacher sollte dein Lenkwinkel sein und umso länger vielleicht auch der Reach und umso höher der Stack. Wichtig ist der Lenkwinkel deshalb, weil er das Vorderrad effektiv nach vorne bringt und man damit auch im Steilen eine einigermaßen mittige Position auf dem Bike beibehalten kann. Geht im Prinzip auch mit steilerem Lenkwinkel und viieeel Reach, aber das hat dann wieder andere Auswirkungen, die zumindest ich nicht haben möchte.

Umso manövrierfähiger dein Bike sein soll, umso kompakter würde ich das Bike wählen, weil dann erstens der Radstand eher kürzer ist und vor allem sich jede deiner Bewegungen auf dem Bike stärker auswirken wird (alle Hebel werden kürzer), sprich das Bike fühlt sich viel wendiger an, weil du weniger tun musst, um einen bestimmten Effekt zu erzielen. (Im Umkehrschluss ist das Bike weniger fehlerverzeihend, weil eine ungewollte Bewegung natürlich auch mehr bewirkt und damit potentiell mehr Unheil anrichtet.)

Kompakt ist dabei etwas schwierig zu fassen, weil das erstens noch vom Fahrstil abhängig ist und zweitens dann auch noch die Position beim Sitzen eine Rolle spielt (zumindest, wenn du mit dem Bike auch etwas Strecke machen möchtest). Manch einer realisiert “kompakt“ vor allem über kurze Kettenstreben, was manch anderen gar nicht taugt. Die nehmen dann lieber einen allgemein kürzeren Radstand in Kauf mit entsprechend auch kürzerem Reach, haben aber ein ausgewogeneres FC/RC. Damit dann beim Sitzen genug Platz ist, kannst du halt keinen zu steilen Sitzwinkel haben, was man aber (zumindest mit langen Beinen) fürs entspannte Bergauffahren sehr gerne haben möchte…

Wie du am letzten Punkt siehst, ist das ideale Bike im Prinzip vor allem immer ein möglichst guter Kompromiss. Wenn du nicht nur eine ganz spezielle Sache mit einem Bike machen möchtest, wird es das ideale Bike nie geben. Zum Glück funktionieren aber viele Kompromisse sehr gut und das Radfahren macht dann fast immer Spaß. Wichtig ist dafür halt, dass man sich selbst, sein Können, seine Vorlieben und sein Terrain vernünftig einschätzt.

Nichtsdestotrotz gibt es verschiedene Faktoren, die verschiedene Dinge beeinflussen. Siehe oben. Das sollte man nie aus dem Blick verlieren. Welcher Faktor eventuell der wichtigste ist, bleibt eine höchst individuelle Entscheidung und die ist für jeden anders. Entsprechend höre auf Ratschläge, aber entscheide selbst!
 
Mir kommt da zu oft nur die Kraft vor. Imo ist Kraft allein nicht so relevant für die gefühlte Wendigkeit, sondern viel mehr wie schnell sich das Gerät ändern lässt, also Zeit. Kraft ist nicht gleich Zeit.

Kannste mal Handling genauer definieren? Welche Faktoren beeinflussen was?

Angenommen wir haben zwei Räder.
Rad #1: Stack über Grund 700mm, Lenkerbreite auch 700mm
Rad #2: Stack über Grund 800mm, Lenkerbreite auch 800mm
Ansonsten identisch.

Welches Rad lässt sich merklich leichter von Rechts auf Links umlegen?

Vielleicht sollten wir in einen eigenen Faden wechseln.
Das mit dem eigenen Faden ist vielleicht ein guter Punkt.

Hinsichtlich Kraft und Zeit ist der entscheidende Faktor der Hebel. Beim Bike geht es ja meistens um Drehmomente, nicht um die pure Kraft an sich. Wenn du dich zum Beispiel in die Kurve legst, dann hast du ja ein Kippmoment. Wenn du den Schwerpunkt um die gleiche Distanz nach innen bringst, aber näher am Boden, dann hast du ein größeres Kippmoment und du kannst also mehr Fliehkraft ausgleichen. Andererseits brauchst du für die Gewichtsverlagerung wahrscheinlich etwa gleich lang, weil du ja die gleiche Distanz bewältigen musst. Oder anders herum ausgedrückt, wenn du weiter unten bist, musst du für die gleiche Kurve (=gleiche Fliehkraft) deinen Schwerpunkt weniger weit verlagern und bist also schneller fertig mit der Bewegung. In diesem Kontext also wendiger. Das geht dann solange gut, bis die tiefe Position auf dem Rad deine Beweglichkeit so weit kompromittiert, dass du für die weniger große Bewegung eventuell doch länger brauchst. Dann wird das Ganze nicht mehr wendiger. Ist also wieder nicht absolut, sondern abhängig von dem, der da auf dem Rad agiert. Grundsätzlich hatte ich deshalb vorhin schon gesagt, dass ein kompaktes Bike agiler oder auch manövrierfähiger ist, weil die Hebel einfach insgesamt kürzer sind und man sich deshalb für den gleichen Effekt auch weniger weit bewegen muss. Das geht dann mit den kürzeren Wegen auch schneller. Ist aber andererseits auch fehleranfälliger und nervöser. Und limitiert sich insbesondere im durch denjenigen, der da auf dem Bike ist.

Das war jetzt der Punkt zum Stack. Lenkerbreite ist dann wieder eine andere Sache. Die spielt zwar hinsichtlich der Balance und von Gewichtsverlagerungen auch eine Rolle, ist aber mehr für die Hebelverhältnisse für tatsächliche Lenkbewegungen ein wichtiger Faktor. Da muss man dann aber wieder das gesamte System betrachten, also wie weit ist die Verbindungslinie deiner Hände von der Lenkachse entfernt und wie weit außen sind deine Hände auf dieser Verbindungslinie. Beides zusammen ergibt den Hebel, mit dem du die Kräfte deiner Arme beim Lenken auf die Lenkachse überträgst. (Nicht zu verachten ist beim Thema Lenker auch die Fehlertoleranz: Du willst ja einen breiten Lenker nicht vor allem deswegen, weil du dann einen größeren Hebel hast, sondern weil du dich dann mit deinen Händen breiter abstützt. Auf unruhigem Untergrund ist das einfach stabiler, weil sich ein ungewolltes Verschieben des Körperschwerpunkts weniger auswirkt. Das ist dasselbe wie breitbeinig dazustehen. Breitbeinig stehst du in der U-Bahn auch stabiler da als mit geschlossenen Beinen.)
 
Kannste mal Handling genauer definieren? Welche Faktoren beeinflussen was?
Nachtrag zum Handling:

Handling ist ein dummes Ding, weil es vor allem auch mit Gewöhnung zu tun hat. Eine Bewegung, die du tausend Mal geübt hast, fällt dir einfach leichter, selbst wenn sie objektiv (also aus physikalisch-ergonomischer Sicht) weniger leicht (also mit mehr Kraftaufwand) auszuführen ist. Deshalb ist es auch so schwer, Fehler in Bewegungsmustern auszumerzen.

Bike-Handling objektiv betrachtet ist vor allem eine Frage von Hebeln und damit insbesondere auch der Größe. Beispiel Radstand: Wenn der Radstand länger ist und du deinen Körperschwerpunkt um die gleiche Distanz entlang des Radabstands verschiebst, dann hast du eine geringere Auswirkung auf die Gewichtsverteilung der Räder, als wenn das Bike kürzer ist. Um die gleiche Änderung der Gewichtsverteilung beim längeren Rad hinzubekommen, musst du dich also weiter bewegen, was erstens mehr Aufwand bedeutet und zweitens länger dauert. Objektiv betrachtet ist das Handling des längeren Bikes also erst mal schlechter im Sinne von weniger reaktiv. Jetzt hängt es aber für den Fahrer eventuell sehr davon ab, wo genau das Tretlager ist und wie er sonst so auf dem Bike steht, wie einfach so eine Gewichtsverlagerung ist. Entsprechend mag die größere Gewichtsverlagerung auf einem längeren Bike leichter fallen und eventuell sogar schneller gehen als die geringere Gewichtsverlagerung auf einem kürzeren Bike. Nicht nur gefühlt ist dann das Handling für den Fahrer auf dem längeren Bike besser. Wenn das ergonomische Gründe hat, dann ist zwar das kürzere Bike rein physikalisch leichter zu bewegen, aus ergonomischer Sicht aber zumindest für den speziellen Fahrer auch objektiv nicht. Wenn das keine allgemeinen ergonomischen Gründe sind, sondern nur Gewöhnung (also Übung), dann ist das Bike objektiv vom Handling nicht besser, aber es fühlt sich immer noch besser an (für den speziellen Fahrer). Letztere beiden Punkte sind nicht nur vom Rad abhängig, sondern insbesondere auch vom Fahrer. Bike-Handling ist also keine Eigenschaft, die nur vom Bike abhängt.

Kompliziert wird es nun, wenn man zwischen gefühltem und objektivem Handling abwägen muss. Für den Spaßfahrer ist das einfach, der will sich einfach nur gut fühlen auf dem Bike, also nimmt er das, was sich gut anfühlt vom Handling her, auch wenn es objektiv anders vielleicht besser ginge. Für den Rennfahrer ist das eine andere Sache. Der will ja vor allem schnell fahren, auch wenn es sich eventuell nicht so gut anfühlt. Das Problem ist dann allerdings, wenn es sich so schlecht anfühlt, dass der Fahrer den objektiven Vorteil nicht mehr ausnutzen kann. Langfristig liegt dann die Lösung wahrscheinlich darin, sich besser an das objektiv bessere Setup anzupassen, kurzfristig eher nicht. Für den Normalfahrer ist das wichtig, wenn er sich langfristig verbessern will und insbesondere wenn das, was sich beim Fahren gut anfühlt, auf Dauer aber zu Überlastungen und damit zu Schmerzen führt.

Und leider ist die Sache noch komplizierter, weil das Handling ja auch zwei Aspekte hat: Effektivität und Fehlertoleranz. Oft ist das, was effektiv ist, wenig fehlertolerent. Was sich auf glatter Piste schnell und präzise ums Eck bewegen lässt, ist auf ruppigem Untergrund eventuell unfahrbar, da die benötigten präzisen Bewegungen aufgrund der dauernden Bewegungen zum Ausgleichen des ruppigen Untergrunds gar nicht mehr möglich sind. Als Faustregel kann man hier wahrscheinlich sehen, dass die gewollten zielführende Bewegungen immer größer sein sollten als die eher ungewollten, aber nötigen Bewegungen zum Ausgleichen bzw. Verhindern von Fehlern, weil man dann noch garantieren kann, dass die beabsichtigte Wirkung eines Manövers überwiegt. Deshalb: Wenn es unruhig wird, lieber ein längeres Rad und einen breiteren Lenker. Hat seine Grenzen natürlich dort, wo das lange Rad oder der breite Lenker absolut (also auch ohne störende Einflüsse) nicht mehr vernünftig gehandhabt werden können, sprich wo die mögliche Bewegungsspanne des Akteurs für die nötigen Bewegungen nicht mehr ausreichen.
 
Hallo,

der "Nachlauf" beeinflusst das Lenkverhalten bzw. den Geradeauslauf. Grundsätzlich kann man sagen ein größerer Nachlauf macht das Rad richtungstabiler, also die Lenkung träger.

Der Nachlauf ist aber ein Ergebnis aus Lenkwinkel, Gabelvorlauf (offset) und Radgröße. Den Radstand lass ich hier mal aussen vor. Beim Einbau einer neuen Gabel mit mehr Federweg muss man den geänderten Lenkwinkel und den Gabelvorlauf berücksichtigen um das gewünschte Ergebnis zu erzielen.

Ein Fahrrad ohne Nachlauf ist kaum fahrbar, es würde ständig am Lenker zerren.

Gruß
 
Das Spectral 29 zoll hat 64° LW ,einen Gabeloffset von 42mm, radstand 1222mm, tretlager sollte hier tiefer liegen

Das Spectral 27.5 zoll hat auch einen 64° LW, Gabeloffset 37 mm, Radstand 1227 mm.

Das Offset beim 29er ist ziemlich niedrig, das heißt der Nachlauf ist hoch/höher.
Nur mal so zur Einordnung: Der Gabeloffset soll den Nachlauf korrigieren. Ohne jetzt nachzurechnen, ich meine, dass der Nachlauf bei "modernen" MTBs eher bei 150 mm ist. Da ist die Differenz im Gabeloffset von 5 mm (und damit auch näherungsweise beim Nachlauf) zu vernachlässigen.

Größer ist der Unterschied im Nachlauf durch die unterschiedlichen Radgrößen. Bei gleichem Lenkwinkel und gleicher Gabelgeometrie machen da die Raddurchmesser mehr beim Nachlauf aus.
 
Nur mal so zur Einordnung: Der Gabeloffset soll den Nachlauf korrigieren. Ohne jetzt nachzurechnen, ich meine, dass der Nachlauf bei "modernen" MTBs eher bei 150 mm ist. Da ist die Differenz im Gabeloffset von 5 mm (und damit auch näherungsweise beim Nachlauf) zu vernachlässigen.

Größer ist der Unterschied im Nachlauf durch die unterschiedlichen Radgrößen. Bei gleichem Lenkwinkel und gleicher Gabelgeometrie machen da die Raddurchmesser mehr beim Nachlauf aus.
Ich hab das kurz mal nachgerechnet und für 29er eine Achshöhe von 37 cm und bei 650b von 35 cm angenommen. Dann ist bei einem Lenkwinkel von 64° der Nachlauf bei 29 Zoll recht genau 18 cm und bei 650b recht genau 17 cm. Wenn der Lenkwinkel um 1° zunimmt, dann nimmt bei 29 Zoll der Nachlauf um etwa 0,8 cm ab und bei 650b um 0,7 cm. Diese Verhältnisse gelten im Bereich von ein paar Grad Abweichung von LW 64° ganz gut, je größer die Abweichung, umso ungenauer wird es natürlich.

Man kann also folgern, dass der Schritt zwischen den beiden Standard-Offsets bei 29 Zoll (51 mm und 42/44 mm) ziemlich genau dem Unterschied von 1° Lenkwinkel hinsichtlich Nachlauf entspricht. Bei gleichem Lenkwinkel ist der Schritt von 29 Zoll zu 650b bei konstantem Offset etwas mehr als 1° Lenkwinkel-Äquivalent hinsichtlich Nachlauf, aber nicht viel mehr.

Alles in allem also keine riesigen Unterschiede hinsichtlich Nachlauf und damit im Lenkverhalten, egal was man da fährt. Da muss man wohl schon von 66° LW und 51 mm Offset auf 64° LW und 44 mm Offset gehen, damit man da dramatische Unterschiede merkt bei ansonsten unveränderter Geometrie. (Das wäre in etwa das, was der TE bei einem Spectral mit einem 2° Winkelsteuersatz und anderer Gabel erreichen könnte, allerdings in umgekehrter Richtung.)

Meine eigene Erfahrung hinsichtlich Lenkverhalten bei 1° LW-Verstellung sagt, dass man es in einigen Situationen merkt, es aber das Rad nicht grundlegend verändert. Sprich an bestimmten Stellen fällt es auf, die meiste Zeit beim Fahren eher nicht. (Zudem verstellt man mit dem Lenkwinkel ja nicht nur den Nachlauf, sondern auch die Geometrie insgesamt.)

Eine Gabel mit unterschiedlichem Offset am sonst gleichen Rad bin ich noch nicht gefahren. Falls da jemand konkrete Erfahrungen hat, kann er ja vielleicht berichten.

Insgesamt würde ich denken, dass der Unterschied zwischen zwei Größen ein und desselben Rads beim Fahren wohl deutlicher zutage tritt, als wenn man bei einer Größe einen Winkelsteuersatz einbaut oder eine Gabel mit anderem Offset fährt. Der Unterschied hinsichtlich Lenkverhalten bei zwei Größen desselben Rads basiert jedoch nur auf dem unterschiedlichen Radstand, was das Rad an sich betrifft, und natürlich auf der veränderte Ergonomie, was den Fahrer betrifft. Zu letzterem gehört insbesondere ein meist anderes RC/FC-Verhältnis sowie ein anderer Reach.
 
Tltr
Schade
War bestimmt interessant.
Xtra für dich (tstu version)

Wendigkeit:
allgemein abhängig von Einsatzzweck (Terrain + Fahrstil/Können)

Wichtige Faktoren:

a) beim Bike (objektive Wendigkeit):
  • Nachlauf -> abhängig von LW, Gabel-Offset und Radgröße
  • Radstand -> = FC + RC = Reach + (Einbauhöhe Gabel + Steuerrohr) x sin(LW) + KS
  • bei höheren Geschwindigkeiten: Radgröße (wegen Trägheitsmoment der Laufräder)

b) beim Fahrer (gefühlte Wendigkeit):
(entscheidend ist Handling, daher individuelle Unterschiede je nach Fahrstil, Terrain, Können, …)
  • FC/RC -> (Radstand - KS) / KS
  • Reach -> FC - (Einbauhöhe Gabel + Steuerrohr) x sin(LW)
  • Stack -> (Einbaulänge Gabel + Steuerrohr) x cos(LW)
  • Tretlagerhöhe
  • Cockpit

Insgesamt:
Gefühlte Wendigkeit (Fahrer) > Objektive Wendigkeit (Bike)
(Das ist eine Folgerung aus den Beschreibungen vieler Fahrer!)

Schlussfolgerungen:
1) Wendigkeit ist kein rein objektives Kriterium eines Bikes, subjektive Einflüsse sind wichtiger
2) Bike-Größe bei einem Modell teils wichtiger als Unterschied verschiedener Bike-Modelle

Beeinflussung bei vorhandenem Bike:
  • Winkelsteuersatz/Gabellänge -> beeinflusst objektive und gefühlte Wendigkeit (siehe Faktoren oben)
  • Gabel-Offset -> beeinflusst objektive Wendigkeit
  • Cockpit -> beeinflusst gefühlte Wendigkeit
(falls vorhanden: Flipchips für KS-Länge, Tretlagerhöhe, etc.)
 
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Wichtige Faktoren:

a) beim Bike (objektive Wendigkeit):
  • Nachlauf -> abhängig von LW, Gabel-Offset und Radgröße
  • Radstand -> = FC + RC = Reach + (Einbauhöhe Gabel + Steuerrohr) x sin(LW) + KS
  • bei höheren Geschwindigkeiten: Radgröße (wegen Trägheitsmoment der Laufräder)

b) beim Fahrer (gefühlte Wendigkeit):
(entscheidend ist Handling, daher individuelle Unterschiede je nach Fahrstil, Terrain, Können, …)
  • FC/RC -> (Radstand - KS) / KS
  • Reach -> FC - (Einbauhöhe Gabel + Steuerrohr) x sin(LW)
  • Stack -> (Einbaulänge Gabel + Steuerrohr) x cos(LW)
  • Tretlagerhöhe
  • Cockpit

Insgesamt:
Gefühlte Wendigkeit (Fahrer) > Objektive Wendigkeit (Bike)
(Das ist eine Folgerung aus den Beschreibungen vieler Fahrer!)

Schlussfolgerungen:
1) Wendigkeit ist kein rein objektives Kriterium eines Bikes, subjektive Einflüsse sind wichtiger
2) Bike-Größe bei einem Modell teils wichtiger als Unterschied verschiedener Bike-Modelle

Beeinflussung bei vorhandenem Bike:
  • Winkelsteuersatz/Gabellänge -> beeinflusst objektive und gefühlte Wendigkeit (siehe Faktoren oben)
  • Gabel-Offset -> beeinflusst objektive Wendigkeit
  • Cockpit -> beeinflusst gefühlte Wendigkeit
(falls vorhanden: Flipchips für KS-Länge, Tretlagerhöhe, etc.)
Danke! wunderbar gegliderter übersichtlicher und leicht lesbarer beitrag!
 
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