Hallo Geminde,
es hätte eigentlich ein ganz normaler Sonntag werden können. 100 km Rennrad standen auf dem Plan, als ein zaghaftes Klingeln an der Haustüre das Frühstück unterbrach. Mein Freund Erhard stand aufgerödelt mit einem seiner Fullys im Hof und meinte: âIch habâ da ne tolle Strecke.â
Also: Plan übern Haufen geworfen, Tacho aufs Fully und warm angezogen ging es los.
Ãber den Schulzenberg und diverse andere Erhebungen nach Hartershausen. SchlieÃlich landeten wir in Bimbach, fuhren zur Kerbelshütte und vor der Kapelle links auf den ausgespülten Feldweg. Mit angepasstem Tempo rollten wir dem I-West entgegen, bis exakt bei Kilometer 39,85 sich, eine doch deutlich stärker ausgeprägte Wasserrinne als ursprünglich vermutet, uns in den Weg stellte. 15 cm Tiefer als der eigentliche Wirtschaftsweg und dahinter ein rund 30 cm hoch aufgetürmtes Bollwerk aus Erde und Kalkkies, das sich dem Tauwasser in den Weg stellte. Wie sich sehr schnell herausstellen sollte, auch mir. Tally, meine über 140 mm Federweg verfügende Fox-Federgabel schluckte noch bereitwillig einen Teil der Bastion, aber eben nur 140 mm, was sich in den kommenden Millisekunden als deutlich zu wenig herausstellen sollte.
Und dann kam er, mein Manitou-Swinger-AIR-X4-SPV-bewaffneter Hinterbau. Für rund 140 mm Federweg eine ganz schön langes Wort. Er will von all dem nichts mitbekommen haben, er säÃe ja hinten. Egal, mir fehlte die Zeit um das auszudiskutieren, denn schon hatte Tally sich dafür entschieden, das Gelände kurzzeitig zu verlassen und Manitou folgte ihr ohne länger über die Folgen nachzudenken. Das war auch der Zeitpunkt, zu dem allen Beteiligten klar wurde, dass das, was der Tacho verkündete, der bis zu diesem Moment eigentlich relativ unbeteiligt dem Hergang beiwohnte, 28,80 Stundenkilometer waren. Diese Visualisierung erzeugte Unbehagen bei allen Beteiligten. Egal, jetzt galt es, einen geeigneten Platz für die unmittelbar bevorstehende Landung zu suchen. Wir entschieden uns für eine Notwasserung.
Was aus der aktuellen Flughöhe nicht deutlich zu erkennen war, unter dem dünnen Wasserrinnsal befand sich eine geschätzte 30 cm dicke Schlammschicht. In diese tauchte nach rund 7 m Landeanflug mein bis dahin jungfräulicher Cratoni-MTB-
Helm ein. Jetzt wurde mit spontan klar, dass sich darin auch noch mein Kopf befand. Zu dieser Knautschzone gesellte sich dann sehr schnell meine rechte Schulter. Zeitgleich sorgte das rechte Knie dafür, dass das Bike einen etwas früheren Landepunkt aufsuchte. Geschmeidig wie ein Leopard, so heiÃt doch der Kampfpanzer unserer Verteidigungstruppen, oder?, rollte ich mich, die Situation voll unter Kontrolle, ab. Das Material, aus dem das Flugfeld bestand, hatte sich zwischenzeitlich durch die Lüftungsschlitze meines Helmes bis auf die Schädeldecke durchgedrückt. Nur meine Helmmütze hielt es davon ab, mir mein blondes Resthaar einzucremen. Das Helmvisier hatte sich gemeinsam mit den Brillengläsern im Morast eingegraben, um vermutlich der Ausrollphase nicht beiwohnen zu müssen. Der Tacho, halb aus der Halterung geschlüpft, versuchte anscheinen Gleiches. Waren es Schuldgefühle, die ihn dazu trieben?
Gänzlich zum Stillstand gekommen, blickte ich gen Himmel und sah? Genau, Erhard! âWas machst Du den da?â waren seine ersten aufmunternden Worte. Als ob der das ganze nicht von einem Logenplatz selbst beobachtet hätte. Ich sortierte zunächst meine Knochen während Erhard die vergrabenen Utensilien aus dem Schlamm holte. Wir bauten alles wieder zusammen und setzten unsere Fahrt fort. Also ein ganz normaler Sonntag.
Und die Moral von der Geschichtâ, 140 mm reichen eben nicht!
Auch von mir eine schöne Woche...
