CHT schrieb:
...ich weiss nicht, was Du da für ein Blödsinn erzählst: ' Wieso ist Titan weniger steif als Alu? Steifigkeit wird gemessen in Größe des E-Moduls, da ist Ti doch doppelt so groß, oder was? Ich glaube, dass sich da draussen irgendwelche Legendenbildungen ausgeprägt haben, die sich aus den Köpfen der Leute nicht mehr herausbringen!?
Tut mir leid für Dich, aber ich denke nicht, dass ich das geschrieben habe.

Ich habe lediglich gängige Leichtbaupraxis widergegeben. Bevor du das, was ich oben geschrieben habe, so herunterziehst, solltest du erstmal folgendes bedenken:
+ Titan hat eine Dichte von ~4,5 g/cm^3 bei einem E-Modul von ~110 GPa
+ Alu dagegen eine Dichte ~2,7 g/cm^3 bei einem E-Modul von ~72 GPa
Ziel der Konstruktion ist allgemein maximale Steifigkeit bei minimalem Gewicht. Am Beispiel eines Rohres kann man damit folgendes festhalten: Zur Maximierung von Torsion- und Biegesteifigkeit ist das Produkt aus E-Modul und Flächenträgheitsmoment zu maximieren, die Wandstärke spielt hierbei eine untergeordnete Rolle, wenn man Knicken und Beulen zunächst ausschließt. Bei vorgegebenem Gewicht ist der Rohrdurchmesser umgekehrt proportional zu Dichte*Wandstärke. Gleichzeitig nimmt das Flächenträgheitsmoment mit der 4. Potenz mit dem Durchmesser zu. Damit ist dieser zu maximieren.
Mit Masse ~ Dichte*Fläche ~ Dichte*Radius*Wandstärke gilt also für das Rohr:
E-Modul*Flächenträgheitsmoment/Masse ~ E-Modul/Dichte^4*Wandstärke^4
Für die Torsionssteifigkeit ist natürlich der Schubmodul heranzuziehen.
Schließt man Beulen wieder aus, so kommt man beim Rohr mit gleicher Wandstärke und gleichem Gewicht zu einem Steifigkeitsverhältnis von Alu/Titan=5 (!). Bei einem etwas größeren aber realistischeren Wandstärkenverhältnis von Alu /Titan=1,5 ist das Steifigkeitsverhältnis allerdings schon wieder ausgeglichen. Schon klar, dass niemand einen Alurahmen mit 0,5 mm Wandstärke bauen würde, weil er damit eben nicht alltagstauglich wäre. Wenn man sowas aber mal über Schalentheorie durchrechnet, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass das durchaus machbar ist. Allerdings ließe sich ein solcher Rohrsatz quasi "mit dem Daumen" eindrücken. Aber ich will damit auch nur das Potential aufzeigen, das die verschiedenen Werkstoffe für diesen Einsatzzweck haben. Wenn man allerdings CfK mit den Metallen vergleicht, ergeben sich erst wirklich erstaunliche Unterschiede. Mit besonderen Bauprinzipien wie Sandwichbauweise in der Schale kann man in Sachen Steifigkeit alle Metalle auf die Plätze verweisen. Allerdings ist der Aufwand bei der Fertigung mehr als übertrieben. Ich habe auf diesem Gebiet einschlägige Erfahrungen. Mir ist nicht bekannt, ob es auf dem Markt tatsächlich solche Konstruktionen gibt.
Aber wie bereits oben geschrieben, steht v.a. der Materialpreis von Titan gegenüber Alu in keinem Verhältnis. Wer etwas besonderes will, darf den Aufpreis aber auch gerne bezahlen. Wenn es zu den Materialien nicht verschiedene Sichtweisen gäbe, hätten wir wohl auch nicht diese Materialvielfalt. Die Unterschiede sind wie oben gezeigt nicht sonderlich groß.
CHT schrieb:
Aber hier fehlt mir in der Diskussion:
Sprödigkeit, Duktilität, Dauerschwingverhalten, Langzeiteinfluß durch UV-Licht und anderen Umwelteinflüssen (Sonneneinstrahlung --> Versprödung von Kunststoffen wie Carbon) oder Steinschlagresistenz?
Was ist mit den Streckgrenze? Ca. 20% bei Ti 3/25, ca. 10% bei Stahl, ca. ?% bei AA6xxx, AA7xxx, Al- Scandium?, ?% bei Carbon
Beispiel: Einem Freund ist ein Look-Carbon-Rahmen für über 2000Euro umgefallen, mit einer Steinkante auf den Rahmen, mit der Folge ---> Schrott.
Hey, wie oft knallen mir extrem dicke Steinbrocken gegen meinen Rahmen?ziemlich oft! Ich hab' nur ein paar Kratzer, ein Carbon-Rahmen wäre spätestens nach ein paar Mal Schrott! Bitte erzählt mir jetzt nicht, dass wäre nicht so!
Klar, Recht hast du! Aber ich denke auch, dass es auf den Einsatzzweck ankommt: Wer sehr rauh und womöglich noch ohne Federung fährt und dazu 100 kg wiegt, der sollte wohl auch eher zu Stahl als zu Carbon greifen, weil ihm im Grenzfall dann doch das plastische Werkstoffverhalten entgegenkommt. Aber davon muß ja nicht jeder ausgehen.
Die Schwäche des CfK bezüglich Umwelteinflüsse und Schlagzähigkeit sind natürlich ein Handicap, besonders beim Offroadeinsatz. Keine Frage. Das gilt wie oben geschrieben auch für so manche Alu-Konstruktion. Die Frage ist eben immer, welche Wandstärke mir die zusätzliche Steifigkeit noch wert ist.
Wenn ich mich irgendwo irre, darfst du mich gerne korrigieren!
