Der Herbst hält unverkennbar Einzug. Heute, Samstag, war es neblig trüb mit Aussicht auf späteren Sonnenschein und es nieselte ein wenig. Da hat man den Wald fast für sich alleine. Ideale Voraussetzungen für einen ungestörten Trip.
Die ersten Fahreindrücke sind schon mal positiv. Ob man sich auf dem Ratt geometrisch wohlfühlt oder nicht, ist eine persönliche Angelegenheit und wird hier nicht betrachtet. Ich gehe bei meiner Beschreibung davon aus, dass es passt wie ein Maßanzug oder ein paar Schuhe und das ohne Kunstgriffe bei der Einstellung des Cockpits. Hier sollten grundsätzlich nur wenige Handgriffe und cm nötig sein um die richtige Sitzposition zu finden. Nur dann kann ich mich auf viele schmerzfreie Stunden ungetrübten Fahrgenusses freuen.
Bei meiner Physis, 172/83cm Schrittlänge, hat mir der M-Rahmen des Anthem nach Einstellen der Sitzhöhe und Sattelneigung ohne weitere Veränderungen gepasst. Dabei sitzt der
Sattel mittig auf der ungekröpften Stütze. Die verbaute Vorbaulänge von 70mm und die 30mm Spacer darunter habe ich ohne Änderungen übernommen. Nur der Lenker wurde gegen einen Carbonlenker gleicher Breite mit 10mm Rise und 12° Backsweep getauscht. Damit entspricht das Cockpit in den Abmessungen fast auf den Millimeter genau dem bisherigen. Auch die Position des Körpers in Relation zum Geläuf ist stimmig.
Rahmen:
Optisch kann ich den Rahmen freiweg als gelungen bezeichnen. Proportionen, Bauteile und Formgebung sind gut designt, ohne Ecken, Kanten und Misstöne. Die Linienführung ist angenehm fließend und schmeicheln schon dem Auge. Da machen auch die leicht geschwungenen Ketten- und Sitzstreben keine Ausnahme. Nichts da, was stört. Die Designer haben einen guten Job gemacht. Auch über die Farbgebung kann man nicht meckern. Ist zwar nicht unbedingt meins, trotzdem angenehm anzusehen. Das Material ist da wo es hingehört, alles hat seinen Platz.
Was ich mir für den Preis allerdings gewünscht hätte, wäre ein Carbon Hinterbau. Das wäre dem Gewicht sehr zuträglich und sollte noch drin sein. Immerhin, das 2017er hat da schon mal eine Carbonwippe.
Sehr gut, die verdeckte Kabelführung. Sauber bis ins Detail verlegt und gut ausgeführt. Da klappert und scheuert nichts. Ein Abkleben des Rahmens an den üblichen Stellen kann man sich fast sparen, ich hab's halt trotzdem gemacht. Nur dem Steuerrohr hätte meiner Meinung ein wenig mehr Aufmerksamkeit der Designer gut getan. Das bringt uns zum Overdrive2 System. Gott sei Dank wurde das mittlerweile so abgeändert, dass auch handelsübliche Federgabeln dort Verwendung finden können. Eine weise Entscheidung. Mit solchen restriktiven Alleinstellungsmerkmalen, das sollte sich doch schon herumgesprochen haben, verscherzt man es sich mit der Kundschaft. Technisch klar ein Schritt zu besserer Stabilität, in der Ausführung jedoch nicht so prickelnd. Auch jetzt noch, in Verbindung des nur mit Distanzhülse zu montierenden Vorbaues, eine eher halbgare Lösung und optisch nicht der Bringer. Irgendwann fliegt der Vorbau raus und es kommt ein breiter von Fouriers dran.
Ohne Schutzmaßnahme kann es hier auf Dauer zu Beschädigungen des Hinterbaues und der Bremsleitung kommen. So geschützt sollte nix passieren
Fahrwerk:
Die verbaute 120mm Revelation ist eine alte Bekannte. Die brennt jetzt nicht wirklich ein technisches Feuerwerk an Innovationen ab, tut aber was sie soll und das gut und zuverlässig.
Der Hinterbau mit, nach Werksangabe 100mm Federweg, einige Tests haben zwischen 108 und 111mm gemessen, arbeitet völlig unauffällig. Ich bin mittlerweile bei 190psi bei 75kg angekommen. Damit wippt er während der Fahrt kaum und quittiert Hindernisse kurz und knackig straff. Traktion ist jederzeit und auch im Wiegetritt vorhanden und wird nur durch den verwandten
Reifen limitiert. Ein Wegsacken des Hinterbaues an Steigungen, wie in manchen Tests zu lesen, konnte ich nicht feststellen, bin aber auch kein Profi und habe andere Prioritäten. Insgesamt gehört das Fahrwerk eher zu den sportlich straffen. Schließlich ist es gentechnisch ja auch ein XC Bike mit Rennambitionen, welches hier sehr erfolgreich in Richtung Trail aufgebohrt wurde. Muss ich mich auch wieder erst daran gewöhnen nach bisher gefahrenem 150mm/120mm Fahrwerk. Fällt jedoch nicht schwer, da dieser Prozess durch die Bank angenehm verläuft.
Bergauf und in der Ebene läuft das Teil für mich genau so sauber wie bergab und das wirklich richtig gut. Es fährt geradeaus wo es soll, ohne Wanken und Weichen und ist in den Kurven angenehm neutral. Schnell genauso leichtfüssig, wie langsam richtig handzahm. Enge Kurven, schnelle Richtungswechsel,
bremsen und beschleunigen, alles kein Problem, kein Kippen oder Ausbrechen. In der Tat kein „intelligentes“ Fahrwerk dass sich seinen Weg selbst sucht und öfters mal da endet wo es der Fahrer nicht beabsichtigt hat. So wie du das Hindernis ansteuerst, so wird es auch genommen. Super Handling trotz 650er Bereifung und ohne die bekannten Nachteile der 29er Fraktion. Da weine ich dem 26er keine Träne nach, hätte ich nicht gedacht.
To be continued