Frankfurt (O) - Frankfurt a.M. in drei Tagen mit dem Rad 😉

cjbffm

26 Zoll lebt!
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Preuße in Punkfurt^^
Es war ein sonniger, warmer Frühlingstag (Quelle: Meine Mutter), als ich in Frankfurt am Main auf die Welt kam. Spätestens im Grundschulalter hörte ich von meinen Eltern, daß es noch ein anderes Frankfurt gäbe, an der Oder. Ich schlug natürlich gleich im Atlas nach und stellte fest, daß das andere Frankfurt ganz schön weit weg lag und außerdem in der DDR. - Nichtsdestotrotz oder vielleicht gerade aus diesen Gründen keimte gleich die Idee in mir auf, mal von 'meinem' Frankfurt aus zu dem an der Oder zu fahren.

Nun war ich kürzlich vier Wochen lang in Potsdam und es lag nahe, die alte Idee in die Tat umzusetzen. Und wenn man schon in Brandenburg ist, warum nicht das ganze umdrehen und von der Oder an den Main fahren? - Beschlossen.

So finde ich mich am Sonntagmorgen am Potsdamer Hauptbahnhof ein, um mit dem Zug um 6 Uhr 30 in etwas mehr als 90 Minuten nach Frankfurt (Oder) zu fahren. Mit der ODEG geht das nicht nur schnell, es ist auch jede Menge Platz für Rollstühle, Kinderwagen und Fahrräder (in dieser Reihenfolge) in den Zügen. - Anscheinend bin ich heute morgen der einzige, der mit seinem Fahrrad an die Oder fährt, ich habe ein großes Fahrradabteil ganz für mich alleine und auch in Frankfurt sehe ich kein anderes Fahrrad am Bahnsteig..


Nachdem ich am Bahnhof heraus habe, wo jetzt Norden ist (ein Blick auf die Sonne hätte ja schon geholfen...) fahre ich erst mal zu dem Fluß, der hier den Main ersetzt. Auf der Brücke nach Slubice ist nur wenig los.


Und die Oder glitzert herrlich im Sonntagsmorgensonnengegenlicht. - Von 'den Main ersetzen' kann allerdings nicht die Rede sein, denn während der Main auf dem Hauptteil seines Verlaufs kanalisiert und gestaut ist, sieht die Oder trotz Verbauung durch Buhnen vergleichsweise frei und wild aus und ist ein echter Strom.


Kurz in Polen.


Und wieder zurück, die Oder rechterhand, stromabwärts.


Obwohl ich Hochhäuser überhaupt nicht mag, muß ich mir doch die Skyline von Frankfurt (Oder) genauer ansehen. -
Die Oder rauf.


Und die Oder runter. - Mir fällt wieder einmal dieser blaue, weite, klare und hohe brandenburgische Himmel auf.


Ich beschließe, zumindest einmal am Oderufer entlang zu fahren und mir dann die historischen Gebäude anzusehen. Die ehemalige Franziskanerkirche ist seit Anfang der 70er Jahre ein Konzertsaal und heißt seitdem Konzerthalle Carl Philipp Emanuel Bach. Carl Phillipp Emanuel war ein Sohn des Johann Sebastian und studierte ab 1734 im brandenburgischen Frankfurt.


Gleich daneben steht die Friedenskirche, die schon seit vielen Jahrzehnten nicht mehr als Kirche genutzt wird.


Ich fahre am Oderufer nach Süden, weil ich noch das andere Ende der Stadt sehen möchte und komme auf den Platz an der Universität, der vom mächtigen Bau der Marienkirche beherrscht wird.


Gerne würde ich mal die Kirche von innen sehen (dort gibt es Bleiglasfenster aus dem 14. Jahrhundert) oder den Turm besteigen, aber ich bin eine Stunde zu früh dran und für längere Aufenthalte habe ich heute keine Zeit.


Ein paar Meter weiter, und ich stehe auf dem Marktplatz, wo mir das Nordportal der Marienkirche auffällt.


Das Rathaus ist Baustelle.


Und gegenüber ist die Stadt- und Regionalbibliothek in einem der wenigen alten Gebäude hier untergebracht.


Als ich mir beim Bäcker am Markt Proviant kaufe und etwas mit den Damen hinter der Theke plaudere, trete ich auch gleich ins Fett, indem ich nach dem Weg in die Innenstadt frage. - Die Angesprochene weiß zunächst kaum was ich möchte, und meint dann, wir seien doch schon mitten drin - am Marktplatz.
Wenn ich nicht vorher schon beiläufig erwähnt hätte, daß ich aus dem größeren der beiden Frankfurts komme, wäre mein Imageschaden sicher geringer ausgefallen... :D

Ich sehe mir die Innnenstadt daher noch genauer an, und stelle fest, daß die Karl-Marx-Straße offenbar die Haupteinkaufstraße hier ist. Nach Süden mit Oderturm, wo sich auch ein Einkaufszentrum befindet, das ich aber nicht weiter beachtet habe.


Und auch in Richtung Norden verstecken sich einige Geschäfte hinter Autos und Bäumen. (Von gleicher Stelle aus.) - Habe ich schon den klaren, hohen Himmel gewürdigt?


Gleich hinter dem Oderturm gibt es noch ein Stück alter Stadt. Es ist der Gebäudekomplex der Post.


Nun ist es schon weit nach neun und ich muß daran denken, daß ich heute noch ein ganzes Stück Weg vor mir habe. Ich fahre also westwärts aus der Stadt hinaus und bin ziemlich enttäuscht davon, daß die Innenstadt so wenig altes, dafür viel zu viele und viel zu breite Straßen zu bieten hat.


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Zunächst scheint es auch nicht besser zu werden mit dieser Stadt. Ich sehe Grundstücke, deren Bebauung noch nicht aus Ruinen auferstanden ist.


Und manche Straßennamen lassen vermuten, daß man hier die Gegenwart noch nicht vollständig hereingelassen hat. - Und damit meine ich nicht die Straße, die nach dem Kleisterheini benannt ist, den ich deswegen so nenne, weil ich ihn sehr für seine Sprachkunst schätze, die darin besteht, in meterlangen, klar gegliederten Schachtelsätzen komplizierte Dinge einfach nachvollziehbar zu beschreiben. - Zumindest ich finde das, andere empfinden gegenüber dieser Art des sprachlichen Ausdrucks eine tiefe Abneigung - vermutlich deswegen, weil es ihnen unmöglich ist, seinen darin ausgedrückten Gedanken zu folgen. :D


Aber jetzt, wo ich die innere Stadt verlassen habe, komme ich in Stadtviertel, die besser durch den letzten Krieg gekommen sind...


...und schließlich in diese Siedlung, durch die ich meine Route gelegt habe, weil mir die Straßenführung in den Plänen aufgefallen war.


Ich befinde mich in der Nuhnenvorstadt und vor der Gartensiedlung Paulinenhof, die vor etwa 100 Jahren als Eisenbahnersiedlung erbaut wurde. https://de.wikipedia.org/wiki/Wohnsiedlung_Paulinenhof.

Zwar ist die Siedlung leider nie vollständig ausgeführt worden und hatte gegen Ende des zweiten Weltkrieges ein paar Verluste an Gebäuden, aber dennoch ist es heimelig schön hier. - Der geneigte Leser sei auch endlich auf diesen herrlichen hohen Himmel hingewiesen, wie ich ihn bei uns höchst selten sehe. - Wenn überhaupt.




Besonders schön finde ich, daß jede Mietpartei einen eigenen Garten hat!


Ich werfe noch einen Blick zurück auf das westliche Torhaus und fahre Richtung Stadtwald. Auf dem Weg dorthin gäbe es noch das eine oder andere zu entdecken, doch ich habe ja noch ein Stück Weg vor mir.


Bevor ich die Stadt endgültig verlasse, mache ich aber vor dem Eingang zum Wildpark noch eine Pause unter der Eiche, denn bisher habe ich heute noch nichts richtiges gegessen.



Ich fahre zunächst nördlich der Bahnlinie, wo es recht still und gemütlich ist und die Kiefern in einem dicken Teppich aus Farn stehen.


Hinter Briesen führt meine Route von der Bahn weg und parallel zur A12, was mir völlig ungewollt so etwas wie Heimatgefühle verleiht (bei uns ist alles voller Autobahnen) und einen deutlichen "Nichts-wie-weg-hier-Reflex" auslöst. Aber hinter Berkenbrück ist der Abstand zur Autobahn wieder groß genug. - Zum Ausgleich dafür geht es jetzt entlang der Landesstraße nach Fürstenwalde hinein. - Nicht meckern, ich habe es ja selbst so geplant.

Nach einem Gewerbegebiet, dessen Schönheit ich nicht erkenne, beginnt die Wohnbebauung. Rechts ab ist die Turmstraße, die ihren Namen nicht ohne Grund hat, stehen hier doch gleich zwei ehemalige Wassertürme. Der ältere ist von 1904 (hier so aufgenommen, daß der häßliche Treppenhausanbauturm nicht so zu sehen ist)...


Und über den neueren ist nichts herauszufinden, nicht einmal, ob das je ein Wasserturm gewesen ist oder ob er nur als städtebaulicher Gag neben den Wasserturm gebaut wurde. - Vielleicht kennt hier im Forum ja jemand die wahre Geschichte?


- Ach! Jetzt, bei der Nachrecherche zu meiner Fahrt, fällt mir auf daß ich ja bis Fürstenwalde auf einem Abschnitt eines (offiziellen) Jakobswegs - oder auf einer lokalen Teilroute des Jakobswegs - unterwegs gewesen bin. Sonst fallen mir doch die Wegweiser mit der gelben Jakobsmuschel auf tiefblauem Grund immer ins Auge, denn auch bei uns gibt es diese Schilder entlang der Via Regia, der Hohen Straße. - Heute habe ich kein einziges davon gesehen. - Vielleicht sollt man mit seinem Blick weniger am Navi kleben.

In einem Park mache ich erst mal eine verfrühte Mittagspause. Beim diesem Anblick kommt mir doch direkt die Assoziation 'Kalter Hund - Heißer Hund - Dummer Hund' in den Sinn, denn ich habe beim packen nicht daran gedacht, daß es heute richtiges Sommerwetter geben würde. - Aber ich habe einen Löffel mit.


Vom Fürstenwalder Dom...


war nach dem Krieg nicht mehr viel übrig.


Gerne würde ich mir auch von innen ansehen, was man bis 1995 (!) aus ihm gemacht hat, aber leider ist er geschlossen.

Also sehe ich mir noch das alte Rathaus an...


...und das barocke Bürgerhaus gegenüber, an dessen Fassade ein paar junge Brandenburgerinnen den Fremden begrüßen.



Allzu lange mag ich mich nicht aufhalten und verlasse die Stadt nach Süden über die Fürstenwalder Spree.


Kurz vor Petersdorf, an der Straße Zum Weinberg, habe ich beim Blick nach Osten eine Aussicht wie ich es aus dem Taunus, dem Odenwald oder dem Spessart kenne. - Von wegen in Brandenburg ist alles flach!


Dieser Eindruck hört damit noch nicht auf, denn jetzt fahre ich durch die Rauener Berge. Zwar nicht mitten hindurch, aber doch stutze ich an einer Weggabelung. Links geht es recht tief runter, rechts recht hoch hinauf, dazu der Weg, die Bäume - als hätte jemand ein Stück Taunus ausgestochen und hierher versetzt.


In Kolpin muß ich wieder mal Wasser nachtanken, durch Neu Boston bin ich rasch durch und mache nicht mal ein Foto vom Ortsnamen.

Aber ich achte auch viel lieber auf die Landschaft, die gerade immer schöner und noch herrlicher wird. Mir ist klar, daß es fast unmöglich ist, meine Eindrücke angemessen in Fotos wiederzugeben, aber einige Versuche gebe ich mir, die erwartungsgemäß mangelhaft ausfallen. - Ich kann nur sagen: Leute, fahrt selbst hin, nehmt euch mehr Zeit als ich hatte und seht es euch selbst an! Es ist wirklich herzzerreißend schön hier! :heul:



Und beachtet mal diesen klaren, hohen Himmel. - Ich glaube, auf den habe ich noch gar nicht hingewiesen? 🤔

Kurz vor Kummersdorf werfe ich einen Blick nach Süden, nach Philadelphia, von dem aber nichts zu sehen ist, obwohl es nur einen Steinwurf von hier entfernt liegt. - Die Gründer des Ortes wollten ursprünglich nach Amerika auswandern, sind wohl hier hängengeblieben und haben kurzerhand ihr Dorf nach der Gegend ihrer Sehnsucht benannt.


Vor der Schleuse hat ein ungeübter Führer eines Hausbootes offenbar seinen Kummer damit, sein Gefährt in die richtige Richtung zu lenken. - Was paßt, denn ich bin nun in Kummersdorf. (Um mal einen Flachwitz einzuflechten.;))


Vor Wolzig komme ich an einem merkwürdigen Baum vorbei, den andere hier schon selbst gesehen oder von ihm gelesen haben. Auch ich erinnere mich dunkel an letzteres. Es ist die Wolziger Wurzelkiefer. Und sie steht so schön im Licht, daß ich sie gleich von allen Seiten fotografiere. - Und genau genommen sehe ich hier doch zwei Kiefern, oder?



In Dolgenbrodt sehe ich linkerhand die Dahme und einen grünen Strand, worauf ich dort eine spontane Rast mache. Das heißt, ich weiß gar nicht wirklich, daß es die Dahme ist, denn bei den vielen Gewässern verliert man rasch den Überblick. Aber ein Schild weist auf den Dahmeradweg hin, was meine fehlenden Ortskenntnisse ausgleicht.
- Aber ob Dahme oder nicht, es ist einfach herrlich hier. Das Wasser, das Grün, völlige Ruhe, entspannte Menschen um mich herum. - Hach, hier könnt' ich es lange aushalten.



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Die Uhr zeigt inzwischen fast halb vier, und ich habe von 152 geplanten Kilometern nicht ganz die Hälfte hinter mir. - Das könnte knapp werden. Der direkte Weg wäre zwar 30 Kilometer kürzer gewesen, hätte mich aber mitten durch den Süden Berlins geführt. - Und Stadt kann ich auch zu Hause haben. Also führt mein Weg in einem großen Bogen um die große Stadt herum - und zwischen all den Ortschaften, Seen, Flüssen und Kanälen eine Route zu finden, war spontan und ohne Ortskenntnisse nicht ganz einfach.

An dieser Dorfkirche aus dem 14. Jahrhundert nehme ich mir noch etwas Zeit, um sie auf den Chip zu bannen. An sich müßte ich vor den alten Mauern in Ehrfurcht erstarren und sie mir genauer ansehen. Aber Erstarren können meine Beine heute abend immer noch, wenn sie mich heimgebracht haben.


Das Licht verändert sich - und sag', liebe Leserin, lieber Leser: Ist dieser Himmel nicht seelenschmerzerzeugend schön, hoch, weit und klar?

Jetzt vollende ich meine Zusatzschlenker und fahre noch nach Königs Wusterhausen, wo ich das Schloß besuchen möchte, das ich bisher nur von Abbildungen kenne. Als ich davorstehe, hat es eher die Abmessungen einer Gartenhütte im Schloßpark von Sanssouci.


Dagegen sehen sogar die Kavaliershäuser vor dem Schloß vornehmer aus. - Vor allem bei diesem herrlichen Licht und unter diesem Himmel. 😍


Aber dieses kleine Schloß war dem späteren Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ganz besonders deswegen ans Herz gewachsen, weil er die Prunksucht seines Vaters verachtete. - Da sieht man, welch entgegengesetzte Ansichten selbst unter engen Verwandten vorkommen und ich denke gleich an meine eigene Verwandtschaft. - Aber ruhig, davon bin ich noch immer fast 60 Kilometer entfernt, da werde ich heute noch früh genug drauf gestoßen.

Der Nottekanal, der Nottekanal, der Nottekanal - geht immer nur geradeaus und man hat links und rechts kaum Sicht auf das, was hinter den Büschen ist.
- Aber dieser graandiose Himmel!! - Stop! Anhalten!! Auf die Brücke und Foto machen!11!


Also fahre ich jetzt brav gute 8 Kilometer nur durchs Grün, das sich erst in Mittenwalde wieder lichtet. Dort nehme ich fotografisch noch das Berliner Tor mit, dessen Torturm 25 mal 8,45 mißt. Wie schön doch diese Backsteinbauten sind.



Hier könnte ich mich auch noch etwas umsehen, dann wäre allerdings eine Übernachtung fällig. Also weiter, weiter.

Um mal wieder von der Straße weg zu kommen, habe ich mir hinter der Stadt die Route auf Feldwege gelegt. Allerdings nicht entlang des Zülowkanals, sondern am Großmachnower Weinberg links ab und nach ein paar Metern gerate ich auf einen Weg, der mehr Wiese als Weg ist. Ich muß darauf achten, nicht zu langsam zu werden, denn dann könnte ich stecken bleiben. Zum Glück gibt es hier keinen Modder.
Ein gutes Stück links von mir, Richtung Kanal, steht eine Gruppe Kraniche und ich hoffe, sie nicht zu stören. - Tue ich auch nicht, und alle Naturschutzgebietsschilder stehen links von mir, ich bin also richtig. Eines der Schilder verrät, daß dies hier das NSG Zielowniederung ist.


Und wer brüstet sich damit? - FFB, der örtliche Großflughafen. - Ich könnte jetzt ähnliche Geschichten von daheim erzählen, wo ein anderer Flughafen sich groß damit tut, (angeblich)etwas für Flora und Fauna zu tun. Es ist derselbe, der eine ganze eiszeitliche Binnendünenlandschaft mit Krüppelkiefern, mit seltenen Tieren, Amphibien und Pflanzen unter dem Beton der Landebahn Nordwest begraben hat.... 🤢

Als wohltuenden Ausgleich (?) habe ich wenig später bei Groß Machnow diesen Ausblick.


Und für alle, die noch immer nicht genug von dem herrlichen, gigantisch schönen Himmel haben - hier spiegelt er sich im Rangsdofer See.


In Großbeeren komme ich noch an diesem phallischen Denkmal vorbei, welches an die sinnlos in einem sinnlosen Krieg elendiglich verreckten Männer erinnert, die Söhne dieses Ortes waren. Das hört sich nicht schön an, ist aber doch in Wahrheit so.


Am Bahnhof muß ich mich auf einem Radweg durch einen Bundesstraßenknoten winden, und kurz vor Güterfelde durch auf- und abfahren an einer Bundesstraßenauffahrt vorbeimogeln. Das sind zwar alles ausgewiesene Wege - doch halt, das soll eine Radroute sein? Ernsthaft? Auf losem. grobem Schotter geht es nach Stahnsdorf hinein.
Der Himmel ist inzwischen nicht mehr hoch und hell und klar.


Daß ich in Stahnsdorf bin, weiß ich nur deswegen, weil ich eine junge Frau danach frage, die gerade ihren Hund ausführt. Mein Navi hat nämlich die dumme Eigenschaft, zwar viele Straßennamen anzuzeigen, die Ortsnamen aber nur in den allerseltensten Fällen. Und wenn man nicht gerade an einem Schild vorbeikommt oder einen anderen Hinweis erwischt, weiß man oft nicht wo man gerade genau ist.

Nun, da ich es weiß, kann ich mich auf die nächste Etappe meiner Fahrt einstellen. Es gibt in Stahnsdorf drei Berliner Friedhöfe, die alle aneinander angrenzen. Zwischen zweien davon führt ein Weg hindurch, der mich direkt Richtung Potsdam führt. Es ist der Weg zwischen dem Wilmersdorfer Waldfriedhof und dem Südwestkirchhof Stahnsdorf.

Zunächst glaube ich noch, das besondere sei, daß ich jetzt - ungeplanterweise - bei Dunkelheit durch den Wald fahren muß. Von Stahnsdorf bis zur Autobahn sehe ich "Alte Potsdamer Landstraße" auf der Karte eingetragen, also scheinbar nichts besonderes. Und der Wald beginnt nach der Passage der Friedhöfe.
Was ich aber vorfinde, hat nicht mit einer Landstraße zu tun, es war wohl mal eine, hat heute aber nur den den Namen.
Hier ist nämlich nur (noch) ein rundum zugewachsener Sandweg, eine Art grüner Tunnel, zwei bis drei Meter breit und ebenso hoch. Zwei Kilometer sind es bis zur Autobahn, die Hälfte davon eingeengt zwischen den beiden Friedhöfen durch diesen Dschungel.

Ich kämpfe und trete und konzentriere mich einerseits darauf, überhaupt etwas im Schein meiner Lampe zu erkennen, andererseits niemanden, der eventuell hier ebenfalls unterwegs ist, zu übersehen und drittens, hier nirgendwo im Sand stecken zu bleiben, denn ob der Weg durchgehend befahrbar ist, weiß ich nicht und kann ich unter diesen Bedingungen auch nicht erkennen.

Ich komme gut durch, der Lärm der Autobahn kommt näher, und als ich den Wald erreiche, hat der Weg auch wieder eine normale Breite. Jenseits der Autobahn muß ich noch zwei weitere Kilometer durch Babelsberger Wald, und dieser Weg ist sehr ausgefahren, aber auch sehr breit und trotz Lampenlicht halbwegs übersichtlich. - Diese Strecke bin ich außerdem schon mindestens einmal gefahren.

Uff! - Nein, es war keine Angst dabei, aber ich bin trotzdem froh, diesen Teil der Strecke hinter mich gebracht zu haben und erreiche endlich die ersten Häuser von Potsdam.


Das letzte Büchsenlicht ist längst vergangen, es ist inzwischen kurz nach zehn. Nur noch weitere acht Kilometer, dann bin ich zurück. Und ich bin froh und glücklich, weil meine Beine alles mitgemacht haben und ich noch gut stehen kann. Und ich mußte nicht den Joker ziehen und von einem der auf dem Weg liegenden Bahnhöfe aus zurückfahren.

152 Kilometer lang war die geplante Route, 174 bin ich heute gefahren und ich hätte die 200 ohne weiteres voll machen können. - Ziel fast erreicht - Check!


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So, jetzt ist Montag, der 21. August. Gestern bin ich von FF nach P gefahren und mir und meinen Beinen geht es wider Erwarten sehr gut. Heute cruise ich noch in der Stadt hin und her und fahre Abends zum Flatowturm im Babelsberger Park, wo ich mir einen ansehnlichen Sonnenuntergang verspreche. Von Ansehnlichkeit kann aber leider keine Rede sein, und als ich zurückkehre, habe ich 50 Tageskilometer vollendet und meine Beine sind immer noch gut für mehr. - Dann kann ich ja morgen Richtung Frankfurt am Main aufbrechen.

- Tja, liebe Leserin, lieber Leser. Es wird Zeit, etwas zu gestehen. Der Titel dieses Threads ist (leider) reines Clickbaiting, denn den Rest des Wegs nach Frankfurt am Main habe ich zwar mit dem Rad zurückgelegt, aber nicht auf dem Rad. Es ging anderntags für 49 Euro über Magdeburg, Halle, Leinefelde, Kassel-Wilhelmshöhe nach Frankfurt am Main Hbf, und gegen 10 Uhr abends war ich dann daheim.

In Zukunft möchte ich auch mehrtägige Langstrecken fahren, nur jetzt fühle ich mich noch nicht so weit.

Und, aller-, allerliebstes Brandenburg, ich werde wiederkommen! Es war sehr schön mit dir!!


- - - - - F I N - - - - -


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Machs Juti und kannst ja jetzt wieder durch den Taunus, Hunsrück, Spessart und all die wunderschönen anderen Flecken mit genauso so schönen Himmel, dazu aber noch vollgepackt mit kleinen Bergen, grossen Hügeln, Weinbergen und Felsen in deiner Ecke besuchen.

Gruss Ingo (checkb)
 
Ja, für kleine Berge und große Hügel muß ich meine Knochen, Sehnen und Muskeln noch etwas aufhübschen. Aber ich bin dabei und mein Ziel wäre ist eine 'Durchlängung' des Taunus, also vom Rhein bis gegen Butzbach, von Südwest nach Nordost.

Aber B r a n d e n b u r g - Du bist sooo schön!11!
Dagegen kackt alles ab, was ich hier in der Nähe habe.

Klingt vielleicht komisch, ist aber so.
 
sehr schön geschrieben. Wenn du dann Brandenburg "durch" hast, wird sich Meck-Pomm nicht zieren, von dir entdeckt zu werden. Da gibt es auch hohen, weiten Himmel :D- und zauberhaft gehügelte Muränenlandschaften. Entlang des Oderbruchs soll auch traumhaft sein, zum Teil wild und verwunschen.
Und ja - auch der Osten hat seine Reize ☀️
 
So rasch werde ich Brandenburg nicht 'durch' haben, denn es ist sehr groß und vielfältig. Dort gibt es noch jede Menge zu entdecken.

Und ja, ich empfehle jedem, der es nicht hören will :D, mal in die Mark zu fahren. Jedenfalls jedem, der Natur, Ruhe, nette Menschen und schöne Landschaften liebt. - Einfach :love::love::love::love:
 
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