Grand Raid Cristalp 2009

Das waere natuerlich auch moeglich mit der Zeit. Paul hat mir nur gesagt dass er ganz zum Schluss drueber ist, und fuer Locals wird ja gerne mal ein paar Sekunden aufgeschlagen. Die Sirene ist auf jeden Fall ein paar Sekunden vorher ertoent.

Hmm, mir kam es in La Vieille eher still vor. allerdings war ich zu dem Zeitpunkt auch nicht wirklich ansprechbar.....

Die Verpflegungsstaende waren echt super und nette Leute. Am Pass de Lona habens extra noch ein paar Schokis aufgetrieben, und am Basset de Lona gabs superfeinen Kuchen....

"an euch" ist gut. Ich versteh mich mit allen gut, bin ungern allein und hab mich immer irgendwo dazugesellt. Waren glaub ich zwei Deutsche mit denen ich in La Vieille zusammen gegessen hab. Von Bier hab ich keine Ahnung? Haette der erste oder der letzte oben ein Bier auftreiben sollen :=) ??

Fotos... mein einziger Sturz resultierte daraus, dass ich nach Eison beim Fotographen im Wald fuers Foto ein bisserl hupfen wollte, aber nicht geshen hab dass da ja auch noch eine Kurve kommt, und zu spaet draufkam dass eine 90° Kurve im Wald mit 15-20km/h nicht fahrbar ist. Naja der Waldboden war zum Glueck sehr weich....
Weitere Fotographen hab ich nicht gesehen, online sind die Fotos ja noch nicht.
 
Lag vielleicht daran, dass es bei mir schon stramm auf 16:00 zuging... Hab dann in den letzten 17min noch einige überholt, habs auch nicht verstanden, warum die dann nicht auf die Tube gedrückt haben - es ging ja um alles... Und das haben die Leute an den Hütten einen spüren lassen.

Das mit dem Bier weiß ich auch nicht so geanu, sie meinte nur da hätten 2 gesessen, einer (du) hätte gemient In dne Klamotten bist du hier hoch? Und dann beim Aufbrechen hätte es ne spontane Bierwette um den Pas de Lona gegeben.

Ich hab mir erst im Ziel eins gegönnt, obwohl ich schoin kurz davor war, an der Verpflegung an der Staumauer nach einem Wein zu fragen, die waren echt super gut drauf dort. Aber die steile Abfahrt musste ja auch noch gemeistert werden.

Vom letzten Jahr gab es viele Fotos von den Seen und von den Bachdurchfharten vorm Ziel, aber da stand bei dir offentsichtlich auch schon keiner mehr. Die im Wald war auch die einzige, die ich bemerkt hatte.
 
Ohne Fotos gehts auch, hab ihn einfach reinkopiert und 3 Handybilder im Anhang...

ES IST VOLLBRACHT! Wir stehen in der Finisherliste des 20. Cristalp - man muss nur weit genug blättern ;-)

Es war aber auch dramatisch, ein ungeahntes: hoch tief hoch tief hoch – aber lest selbst:

Was habe seit Mai ich nicht alles für einen „Quatsch“ gemacht, ich bin:
- absichtlich an hunderten von Biergärten vorbeigefahren
- auf Arbeit gejoggt
- Spitzhaustreppen hochgejoggt und das Bike hochgetragen
- mehrmals hintereinander Mount Keule oder Malschendorf oder/und Weistropp befahren
- 1700hm in einer Tour am Elbhang gesammelt
- bei der Bike Point-Dresdenumrundung angetreten (und gefinished J )
- Rennrad gefahren ;-)
- nach Aue gebikt
- 2 Kisten Erdinger alkoholfrei gekauft und getrunken
- den Elbradweg bis kurz vor Thorgau und zurück gefahren
- die 40g Regel versucht einzuhalten (OK, so um die 10x, maximal 15x habe ich sie gebrochen)
- eine Mountainbike-Tagestour über 208km gefahren
- Freitag abends gen Alpen, Sa Tour, So Halbtagestour und nachmittags zurück
- 3 Monate nicht Fußball gespielt, ohne verletzt zu sein

Ich habe praktisch mein "normales" Leben auf den Kopf gestellt und fast 4 Monate mit einem Ziel im Hinterkopf gelebt:

Beim Cristalp die letzte Zeitkontrolle 16:00 Uhr in La Vielle zu überstehen (bzw. überhaupt bis dorthin zu kommen)!

Aber alles von vorn. Vielen vielen Dank für die fixe Idee an:
- Henri Lesewitz, der mit seinem Buch „Held am Sonntag“ die Grundlage zum Cristalp lieferte
- Kai aus dem Bike Point, der zur richtigen Zeit am richtigen Ort das richtige TShirt trug (sowie Claudi, die dieses als Cristalp-TShirt erkannte…, als wir mal wieder irgendwas aus dem Bike Point brauchten)
- Ballhaus Watzke mit ihrem Braurezept fürs Altpieschner, das in Kombination mit Buch und TShirt für eine fixe Idee in meinem Kopf sorgte
- Weiterhin an Andrea, die diese fixe Idee mir als gar nicht so fix einredete und dafür sorgte, dass aus dieser Idee ein Ziel wurde.
- Claudi, die dieses Ziel als mein „Coach“ mit Trainingsplänen, „Schweinehundbekämpfungen“, Organisation, Trainingsstrecken usw. reifen lies
- Friedel und Ulfried, die uns auf dem Weg in die Schweiz begleiteten und umsorgten sowie Ulfried speziell, der viele Trainingskilometer mit mir gefahren ist


Die Aufregung…

… war Mittwoch Mittag am Größten. Abends war Packen angesagt, Donnerstag früh ebenso. Mittags mein letzter Weg in den Bike Point, wo ich ein Ersatzlaufrad für mein geschrottetes bekam. Danke für das Entgegenkommen!

Die Anreise…

… verlief problemlos. Es war heiß, schweineheiß. Übernachtung bei Dani bei gefühlten 35 Grad in Stuttgart. Die Weiterfahrt in die Schweiz verlief ewig, und ehe wir unsere Startnummern, Bikecheck und Cristalp-TShirt hatten, war es schon 17:00 Uhr durch. Eine weitere Stunde benötigten wir bis Verbier und ehe wir in unserer Ferienwohnung waren, verging auch noch eine Weile.

Die geplanten 2 Stunden einfahren reduzierten sich auf 25min. Schnell noch etwas essen, alles für morgen vorbereiten und lieber nicht nachdenken, was ich nach dem Aufstehen mache, während die anderen 3 Richtung Heremence aufbrechen würden, um Claudi dort für ihre 68km Strecke zum Start zu bringen… Ein letzter Blick aus dem Fenster Richtung morgigen ersten Anstieg und ich entdeckte folgendes:

Cool! Gegen 22:00 Uhr Nachtruhe. 3:45 Uhr klingelte der Wecker, Frühstück. 5:15 Uhr brachen Claudi, Ulfried und Friedel nach Heremence auf.

Während Claudi also die 1000 Höhenmeter (hm) auf den Mandelon in Angriff nimmt, warten Ulfried und Friedel auf mich, um danach gen Eison weiter zu fahren und uns noch einmal beiseite zu stehen, so der Plan.

Ich wollte 6:15 Uhr in Richtung Start gehen. Und ehe ich mir Gedanken über den Tag machen konnte, erledigte ich lieber noch den Abwasch und hatte am Ende zu tun, den Start der Profis 6:30 Uhr mitverfolgen zu können… Ruhig, gelassen und voll konzentriert fuhr ich ca. 6:47 über die Zeitnahme, mein Cristalp hat begonnen! Gleich die 684hm am ersten Anstieg haben einen entscheidenden Einfluss auf meine Psyche, so viel war mir klar. (Rechne ich mit meinen normalen 600hm/h, schaffe ich nicht einmal die erste Hälfte der Strecke im Zeitlimit). Von der ersten Kurve an suchte ich mit hoher Trittfrequenz immer die Ideallinie (Kurven schneiden). Nach 57min überquerte ich den Gipfel, schneller als gedacht. Gut fühlte sich das an. Auch die geplanten 8:10 Uhr und 8:50 Uhr-Zeiten waren geschafft, noch war die Strecke einfach. Es war bewölkt, und leicht neblig, viel vom Umland war nicht zu sehen. Mal abgesehen davon, dass ich eh keine Zeit hatte, großartig in der Gegend herum zu gucken. Vor Nendaz wurde es auch technisch anspruchsvoll, es ging über Wurzeltrails und steiniges Geläuf hoch und runter und eine extrem steile Skipiste bergab. Heremence erreichte ich 10:33 Uhr (errechnet hatte ich 11:00 Uhr, geplant 10:45 Uhr). Super!

Claudi, die laut Aussage von Ulfried und Friedel übel aufgeregt war (wegen mir bzw. ob ich es schaffen würde oder nicht), ist auch gut losgekommen. Eine beruhigende SMS erreichte sie nach meiner ersten wichtigen Zeithürde (jede Zwischenzeit wurde kostenlos an vorher zu hinterlegende Handynummern versendet).

Friedel und Ulfried hatten hier die Gelegenheit, die Profis zu sehen (die ersten kamen 8:45 Uhr durch…). Nun versuchten sie sich am Weg mit dem Auto nach Eison, was auf Grund von Straßensperrungen usw. gar nicht mal so einfach war.

Nun standen also auch für mich die 1000hm zum Mandelon an. Viel trinken, immer etwas essen, Kurven schneiden. In 10min schaffte ich immer noch über 110hm, es läuft! Auf der Straße entdeckte ich zu meiner Überraschung immer wieder mal meinen Namen und einige Aufheiterungen (z.B. „Kette rechts“ im Anstieg oder mal ein Pfeil nach rechts, wo im Hintergrund eine Riesenstaumauer zu sehen war oder Anfeuerungen…). Claudi hatte also die Sprühdose mitgenommen! Auch der Mandelon war kein Problem, die Schiebestrecke oben bin ich in 22min durch. Eigentlich wäre das großteils fahrbar, aber wenn alle schieben… Schon allein aus Angst vor einem Platten auf dem spitzen Gestein… Am Ende dieser Passage standen 3 verrückte Zuschauer an einer anspruchsvollen Stelle, die sich vor Begeisterung die Stimme aus dem Leib brüllten, als ich die ohne abzusteigen meisterte J. Überhaupt waren die Zuschauer super gut drauf, sie scheinen zu wissen, was ein Starter auf sich nimmt und würdigten dies auch! OK, der Mandelon war Geschichte, die Beine fühlten sich gut an. Evolene, der nächste und laut MTB-Forum entscheidende Punkt stand an. 13:33 Uhr bin ich durch, voll verpflegt. 7min Plus auf meine geplante Zwischenzeit. Knapp über 3000hm in den Beinen - auf nach Eison!

Claudi lies ihrerseits nach dem Start erst einmal alle vorbei ziehen, um sich dann in Ruhe mit Sprühflasche und der Straßenbeschriftung zu beschäftigen ;-) Am Mandelon wurde sie von den ersten Profis der 121km eingeholt. Die wären dort ohne Rücksicht aufs Material drüber gebrettert ohne Ende…

Claudi riss sich beispielsweise die Seite ihres Tubeless-Reifen auf, aber Pannenmilch und die für diesen Tag extra aus dem Bike Point geliehene zweite Luftpumpe sorgten dafür, dass sie es problemlos zur nächsten technischen Hilfsstelle schaffte…

Bis Eison ging es wieder mal heftig bergan, zumindest die ersten Meter aus Evolene heraus und den letzten Kilometer nach Eison hinein. An der engen 180-Grad Kehre vor der Verpflegung mit anschließender 5m Steilrampe standen Ulfried und Friedel.

Vor mir befand sich eine Frau. Ulfried in typischer Manier: „Komm Hart’l, hier ist noch niemand abgestiegen, noch nicht mal Claudi!“. Die Frau konnte nicht mehr vor Lachen, musste absteigen und Ulfried hat sie dafür auch noch hochgeschoben - unglaublich, die Gentlemen von heute ;-) (ich bin übrigens gefahren ;-) Ich habe meine neue Flasche mit ISO-Pulver entgegengenommen und meinte nur: „Die Claudi muss doch mindestens 20min mit Sprühen beschäftigt gewesen sein, und die Dose ist mittlerweile bestimmt leer! Ich bin bissl geschafft, aber noch 1:24h Restzeit – das kann ich packen!“. Mein Höhenprofil stimmte nicht ganz, denn Verpflegung und Zeitkontrolle lagen auf über 1700m und nicht bei 1593m, wie angegeben. Aber umso besser, denn erstens hatte ich so weiniger Höhe bis La Vielle (letzte Zeitkontrolle) vor mir und zweitens hatte ich noch mehr Zeit rausgefahren, es blieben mir ja noch 1:24h gegenüber den geplanten 1:10h! Die Kraft ließ dann doch etwas nach, und als es in Eison von der Hauptstrasse weg einfach mal ein paar Treppen hoch und dann einen Trail weiter ging, hieß es absteigen und laufen. Laufen ging aber irgendwie nicht mehr richtig, die Oberschenkelinnenseiten schmerzten und mussten erst einmal gedehnt werden…

Claudi war unterdessen 15:30 Uhr bis La Vielle gekommen, hat sogar noch einige der anderen teilnehmenden Dresdner begrüßen können. Nur zog sich das Versenden meiner SMS-Zwischenzeiten ewig hin (ca. 1h Verzug wie sich im Nachhinein rausstellte) – sie hatte schon lange nichts mehr gehört und aus Eison hätte längst eine Zeit kommen müssen. Was tun: warten oder weiter fahren?

Ich war mittlerweile recht gelassen unterwegs. Laut GPS waren es noch ca. 3km bis zum letzten Kontrollpunkt. 600hm/h sind nicht mehr drin, aber die brauche ich auch nicht mehr. Irgendwo auf 2200m wird’s schon liegen, 15:20 Uhr – alles gut. Wieder ein Schriftzug für mich: „Die 16:00 Uhr stehen!“ – mit Smiley. Auch mal ein Stück schieben, verlierst ja nur Zentimeter im Vergleich zum Fahren.

DENKSTE! 2150m ERREICHT UND WEIT UND BREIT NICHTS VON EINER VERPFLEGUNGSSTELLE… Laut GPS muss die längst durch sein! OK, vorn ist die nächste Kehre, mal gucken, vielleicht ist sie ja dort. 15:40 Uhr. Nichts zu sehen. Angst macht mir, dass auf dem GPS noch einige Kehren auf den nächsten Metern eingetragen sind, geht das etwa noch höher? Vorn ein paar Autos, ist es vielleicht dort? Nein, wieder nichts, Weit über mir sehe ich eine weitere Kehre. ********!!!! Wie weit, wie viel, wie hoch, was fährst du im Moment? Unter 6km/h. Das sind kaum mehr 150hm und 1,5km bis 16:00 Uhr. In dem Moment brach etwas in mir zusammen, ich dachte: Das wars jetzt! Urplötzlich bist du jetzt draußen, ohne Vorwarnung … Alles unterschätzt… Das kann doch nicht wahr sein! Was tun? Alles geben, aber woher nehmen? In einem MTB-Forum hieß es zum Thema Cristalp vor Kurzem: "Einfach nicht zu sehr unter Druck setzen und den Tag bereit sein zu sterben. Dann klappts auch! Du hast ein Ziel und du kannst das!!!!"

Claudi sitzt 15:51 Uhr auf einem Vorsprung kurz vor der letzten Kehre vor La Vielle. Ihr Befinden: Puls 130 – vom Nichts tun! Nur warten, bangen, zittern. Nur noch 9min, keine Spur von Hart’l… 300hm weiter unten sieht man eine größere Gruppe schieben, nur wenige fahren. Wenn er dort dabei sein sollte, schafft er es auf keinen Fall!

Was tun? Das tun: Du hast nicht die letzten 4 Monate umsonst trainiert! Diese Worte in den Ohren, noch 17min auf der Uhr, 2 Gänge raufschalten, Dämpfer ausschalten, beschleunigen – und (natürlich nur im übertragenen Sinn) bereit sein zu sterben!

Claudi sitzt immer noch am Felsen, ihre Gedanken: Aller 20s kommt hinten ein Biker um den Felsen auf dem Weg zur letzten Kehre, wieder kein Hart’l! Doch da plötzlich – ein ambitioniert kämpfender Biker kommt mit kräftigem Tritt. Schon der Fahrstil lässt erahnen, hoffen - das muss Hart’l sein! Noch 2min – er ist es! Ich brülle mir die Seele aus dem Leib: „Zieh an! Zieh! Zieh! Zieh!“ Er schreit: „Wo ist das Ding, wo?“ „Gleich hier um die Ecke! Zieh! Gib alles! Alles auf eine Karte!“

Schmerzen. Atemnot. Gefühlter Maximalpuls + 10. Den Rest hat das fantastische Publikum dort oben gemacht. Zunächst stand ein Mann nach der Serpentine, der mich für 5 oder 6m geschoben hat – so konnte ich noch weitere 2 Gänge hochschalten. Dann kam Claudi, aber ich war schon zu schnell, als dass sie auch noch hätte schieben können. Dann sah ich die Almhütten und die Massen davorsitzen, den Teppich für die Zeitnahme dahinter – Wiegetritt und das erlösende „BEEEP“… Das war der absolute Wahnsinn dort - die Leute haben dermaßen euphorisch gebrüllt, so etwas habe ich noch nie erlebt! Die haben dich nach oben gepeitscht und durch die Zeitnahme getrieben - Wahnsinn!

15:59:24 Uhr durch die Zeitnahme! YEEEEEEEEEEEEEEESSSSSSSS

Das sind 36s Vorsprung auf 9:15h Fahrtzeit!!!! Es hätten genausogut 36s zu spät sein können… 36s!!!! Das ist so unglaublich… Aber ich habe mir das verdient! Ich habe mehrmals vorher gesagt: 15:59:59 will ich durch diese Kontrolle – aber dass das am Ende verdammt in diese Richtung geht - in IT-Kreisen heißt es immer: Pass auf was du dir wünschst, du könntest es bekommen…

Dann war ich fix und alle, aber glücklich. Ich habe den Begriff "auf Anschlag fahren" für mich neu definiert... Nach mir kamen noch ca. 5 Fahrer durch, ehe geschlossen wurde. Ich nehme an, dass zum Start die Zeit des letzten genommen wurde, der über die Startlinie gefahren ist und dann in La Vielle aufaddiert wurde. Nach ca. 3-4min ertönte eine Art Schiffssirene und alle weiteren Fahrer wurden rausgenommen und den Berg wieder runter geschickt… Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon eine SMS an die Edelfans in der Heimat verschickt und eine Gemüsebrühe getrunken.

Zu fünft machten wir uns nun nach ausgiebiger Nahrungsaufnahme auf, um den gefürchteten Pas de Lona zu erklimmen. Irgendwie waren wir uns einig, ab der Zeitnahme komplett zu schieben – der Druck war ja raus. Dachten wir zumindest, denn plötzlich kam ein Trial-Motorradfahrer von oben, der uns aufhielt und erst einmal abtastete, ob wir denn überhaupt noch einen Chip und uns nicht durchgemogelt hätten. Dann kam es zu einer langen Diskussion. Der wollte uns nicht weiter lassen! Ein zweiter kam dazu. Die Frau, die in Eison vor mir vor Lachen absteigen musste, heulte schon wie verrückt, hatte das Bike schon gen Tal gedreht… Der 2. zückte das Telefon und ließ uns letztendlich doch durch, am Gipfel auf knapp 2800m war es schon kalt, windig und dunkle Wolken hingen davor – vielleicht war es wegen dem Wetter.

In der Steilpassage hingen die Leute, pausierten, quälten sich wieder ein Stück vor, pausierten wieder. Der Boden fluffig und locker, das Gelände extrem steil, das Bike will eigentlich ständig ins Tal zurück rollen, übel! Man kann es nichts Bekanntem aus der Heimat vergleichen (die Steilpassagen von Malschendorf kann man dagegen nicht mal als Hügel bezeichnen…). Der reinste Kraftakt. Claudi meinte am Fuße des Steilstücks, dass ich losmachen soll, sie wüsste nicht ob so sie nicht doch noch raugenommen wird. Sie hielt sich tapfer und hatte höchstens 50hm Differenz. Die Motorradfahrer wollten ihr zunächst den Rucksack abnehmen, bis sie so aus Spaß meinte: mein Rad wäre mir lieber! Kurzerhand band einer der beiden das Rad auf seinen Rucksack und fuhr damit geradeaus den Steilhang hoch! Von der Verpflegungsstation am Gipfel kam ihr auch noch eine Betreuerin entgegen und so hat sie es bis hoch geschafft.

Ich wusste in dem Moment auch nicht, was geschehen war – ist sie jetzt noch drin oder draußen? Aber ihr Bike stand oben, sie war auch nicht mehr weit und so dachte ich mir: Jetzt wartest du, jetzt bringen wir sie noch heim, dass hat sie sich verdient! Außerdem ist das bestimmt ein riesiges Erlebnis, zusammen als letzter über die Ziellinie zu fahren (aus Biesenrode wusste ich, dass die letztplatzierten noch gehörig gefeiert wurden)!

Nach kurzer Verpflegung und warmen Tee machten wir uns auf den Weg über das Hochplateau. Wenn du das siehst, den Gebirgssee (Lac de Lona), den Gletscher dahinter, deinen Weg dazwischen – dann weißt du wofür du das alles gemacht hast! Unbeschreiblich schön! Unbeschreiblich. Ein letzter Anstieg zum Basset de Lona, nochmal verpflegen, hier gab es sogar Schokolade. Und dann noch 1200hm bergab nach Grimentz – ins Ziel! Die offiziellen Fotografen waren längst abgezogen, so konnten wir nur noch einige Bilder mit dem Handy machen.

Nach einer schwierigen Abfahrt vom Stausee aus und einigen Bachquerungen klingelte Claudis Handy, unser Betreuerteam kam sich mittlerweile ziemlich einsam vorm Zielbereich vor J

Ulfried und Friedel hatten die Siegerehrung gesehen (Siegerzeit übrigens 6:05h…) und sich dann für uns positioniert. Sogar die Werbung wurde schon abgebaut. Alle Fans hatten ihre Teilnehmer würdig in Empfang genommen. 17min lang kam niemand mehr ins Ziel. Die Band hatte bereits ihr letztes Lied gespielt und war dabei, die Lautsprecher abzubauen... Wenn die Verpflegungsstation abwäscht, die Parkplätze wieder frei sind, die Straßensperren aufgehoben sind, die Bierkasse geschlossen ist und die Bikewaschanlage nur noch Gutscheine für den Bach verteilt…

…Dann ist der Jubel im Festzelt am größten, lautesten, schönsten… Denn dann wurden wir für die Zieleinfahrt angekündigt!

Wir haben es genossen! Nach mir kam nur noch eine Frau über die 121km ins Ziel (genau die, die erst lachte, dann weinte, und nun auch wieder weinte) – ich bin also definitiv letzter – aber sowas von stolz! Und das Festzelt hat uns gefeiert wie verrückt – ich bilde mir ein, dass sie sogar von ihren Tischen aufgestanden sind. Aber das habe ich nicht mehr richtig mitbekommen… Uns wurden gleich Blumen in die Hand gedrückt und das Mikro vor die Nase gehalten JGänsehaut und Tränen!

Wenn du den Pas de Lona besiegt hast, und den Gletscher und den See siehst – dann sind jegliche Qualen vergessen – ich kann mich da nur wiederholen!

Bei meinem „Siegerbier“ durfte ich mir dann von Ulfried noch folgendes anhören ;-) „Dass alle drahtigen und durchtrainierten Kerle vor Dir waren – gut. Aber dass auch alle Kirschen, die sonst High Heels tragen und viel besser aussehen als Du auch noch vor Dir waren, das ist schon hart“. Und im nächsten Moment wieder ernst: „Wenn man schon mit Hart‘l Rad gefahren und Berge hochgekommen ist, kann man manchmal kaum noch das Trikot von hinten erkennen. Wenn dieser dann bei der Cristalp einfach mal am Limit gerade so als … ankommt, bekommt man Fragen.“

Ich hatte 121km auf dem GPS und 4654hm. Hatte aber zwischendrin 2x kurz den Empfang verloren (km werden dabei weiter gezählt, hm nicht). Und zum Pas de Lona hatte ich andere Sorgen, als zu gucken, ob mein GPS fleißig mitzählt ;-)

971 Starter traten über die 121km an, ich belegte Platz 366 meiner Altersklasse, 818. gesamt. Letzter Mann! Meine Zeit: 12:25.36,4h. Nach mir nur eine Frau, alle anderen 152 sind nicht durchgekommen.

Bei Claudis 68km gab es 1606 Starter. Sie belegte Platz 1560 und 44. Ihrer Altersklasse in 12:20.57,1H. Laut Ergebnisliste gab es noch einen Finisher ca. 45min später, aber unterwegs haben wir niemanden mehr getroffen (obwohl der 2h eher am Pas de Lona war) – wer weiß. 45 sin hier nicht angekommen.

Auf dem Heimweg habe ich noch einen Cristalp-Wegweiser in Verbier entdeckt, der nun nicht mehr an Ort und Stelle steht…


Es ist jetzt Dienstag, 14:23 Uhr. Ich werde mich jetzt mal aufs Bike schwingen und meine Hausrunde drehen. Ohne Pulsuhr J

Und wenn ich mich nicht irre, ist heute sogar Maß-Biertag im Watzke J
 

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tche -> klasse geschrieben.. ich hab mich auch nach Henry Leseitz's Buch dort angemeldet....und ihn dann noch persönlich im Zielbereich nach dem rennen getroffen und ein foto mit ihm gemacht -ich denke er hatte seid damals auch noch eine rechnung mit dem rennen offen :)
 
Glückwunsch!

Vor allem Respekt für die stringente Vorbereitung (200km Tagestour), vielleicht sollte ich sowas auch mal ernst nehmen :D
 
Und? Kannst du dir schon vorstellen DAS nochmals zu machen?

Bei mir hat´s 3 Monate gedauert :D

Edit: Schön geschrieben. Der GRC ist halt nicht nur körperlich fordernd, sondern min. 50% sind Kopfsache! Du hättest 1000 gute Gründe gehabt 36 Sekunden langsamer zu sein!
 
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Danke! Das Ganze nochmal? Nee (momentan).
1. So bleiben die Eindrücke, die man sammeln konnte - ich meine besser geht's doch nicht, oder?
2. Nochmal so eine Vorbereitung? Ich weiß nicht (bin ja nie vorher Rennen gefahren - nur einen Alpencross pro Jahr, hatte nie mehr als 2000km / Jahr. Wir haben uns immer als "die langsamsten Alpencrosser aller Zeiten" betitelt. Und dann versucht man sich von 0 auf 100 zu bekommen.)

Vielleicht die 68er Runde ;-)

@albcute: dieses Jahr? Und ist er wirklich mitgefahren?
 
Cool.

Habe meinen überarbeiteten Bericht mal an die bike geschickt. und Hernri hat geantwortet, dass er demnächst an einer Zusammenfassung 20 Jahre Cristalp arbeitet.

Hab immer noch ein breites Grinsen im Gesicht :-)
 
Genau :-)

Obwohl: Der Muskelkater hielt sich in Grenzen. Konnte nur den Sonntag nicht richtig aufstehen und hinsetzen.
 
Der meiner Meinung nach schönste und beeindruckendste Alpenmarathon! Die Langdistanz hat mir immer das Rennglück versagt (1x Dünnpfiff, 1x Schnee, 1x Regen über die fast ganze Distanz), die Kurze ging dafür immer sehr gut! Wunderschön und gnadenlos hart!
 
Der meiner Meinung nach schönste und beeindruckendste Alpenmarathon! Die Langdistanz hat mir immer das Rennglück versagt (1x Dünnpfiff, 1x Schnee, 1x Regen über die fast ganze Distanz), die Kurze ging dafür immer sehr gut! Wunderschön und gnadenlos hart!

Dann fahr bitte naechstes Jahr nicht die Langdistanz, damit wir gutes Wetter haben :D.

Ich fand den Parcours bis auf den Pas de Lona recht human - viele harmonische Anstiege die nicht so schlimm sind. Lang ist er schon... :)
 
Dann fahr bitte naechstes Jahr nicht die Langdistanz, damit wir gutes Wetter haben :D.

Ich fand den Parcours bis auf den Pas de Lona recht human - viele harmonische Anstiege die nicht so schlimm sind. Lang ist er schon... :)

Meine letzte Teilnahme war 2007 auf der Kurzen, also daran solls nicht liegen. Konnte mich damals noch deutlich verbessern. Seither habe ich jedoch die Rennlust verloren...
 
Hat der Henri von der Bike ein Buch ueber den GRC geschrieben?

Er hat mich nach dem Rennen auf der Straße runter nach Sierre augegabelt und noch mit runter genommen (nach etwas ueber der halben Strecke, die ich schon rollend hinter mich gebracht hatte - leider deutlich nach dem fiesen Gegenanstieg mit 15-20kg Rucksack wenn die Beine nicht mehr treten wollen - noch dazu mit Luftverlierendem Schlauch und Loch im Reifen - von der rasanten Abfahrt nach Grimentz, wo mir der Latexschlauch wohl die Nerven gerettet hat, Butyl haette da sofort aufgegeben und nicht 30min spaeter)

Wie ist denn der Titel vom Buch?

Edit: dank google weiß ich bscheid.
Lohnt sich das Buch "Held am Sonntag"? Ich glaub ich werde es mir einfach gleich mal bestellen.
 
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Ich habe diese Seiten schon vor dem GRC2009 studiert und bin nun kurz zurückzukommen um Resultate zu sehen.
Aber als ich den Bericht von "tche" gelesen habe, musste ich mich grad am Forum anmelden um MERCI zu sagen.
Ich bin den GRC2008 in 12:08 gefahren und kriege noch heute Gänsehaut wenn ich daran zurückdenke. Deine Worte haben mir grad wieder die Tränen in die Augen getrieben. Ich bin damals als absolutes Greenhorn auf die Strecke gegangen, direkt die Langdistanz gefahren ohne auch nur 1 Meter der Strecke zu kennen. Obwohl ich im Wallis geboren wurde und 20 Jahre dort gelebt habe, war ich noch nie im Leben überhaupt in Verbier ;-)
Mann hätte ich viele Tipps für euch gehabt. Auch ich bin 2008 in für mich unmenschlicher Zeit in Richtung LaVieille unterwegs gewesen, habe ein Bidon durch die Nase erbrochen und vor lauter Krämpfen nur noch fahren, jedoch nicht mehr schieben können. Auch ich habe die Zeitlimite viel früher erwartet ( ungefähr dort wo das Kreuz steht und nicht 3 Kehren weiter oben ) und mich erst mal auf den Boden gesessen und leise vor mich hingewimmert. Im Ziel habe ich Frau und Kind umarmt und nur noch ganz leise "nie mehr" "nie mehr" gesagt. Aber schon auf der Rückfahrt ins Oberwallis habe ich schon von 2009 geschwärmt ;-)

nochmals merci an tche. Klasse geschrieben.
aus gesundheitlichen und zeitlichen ( familiären Gründen ) wollte ich 2009 gar nicht an den Start. Als ich dann gehört habe dass nach 20 GRC schluss sei, habe ich mich dann doch noch für die mittlere Strecke entschieden. 2010 bin ich wieder dabei. Hoffe viele von euch dort (wieder) zu sehen.

WenzelBeer.jpg


Gruss Wenzel
http://www.bikesportsimplon.ch/98_mambo/index.php?option=com_content&task=view&id=101&Itemid=104
 
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Der nächste ist der letzte? Dann muss ich wohl auch noch mal. Da kann ich ja nicht auf die 25. Auflage warten! Meine lezte war 2000, 10 years after passt also schon... :D
 
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