Stimmt's?
Von Christoph Drösser | © DIE ZEIT, 20.08.2009 Nr. 35
"Rollen schwere Radler schneller bergab als leichte?", fragt Eckart Theinert aus Gevelsberg
Das Bergabrollen ist vergleichbar mit dem freien Fall, das heißt, jeder Körper wird von der Erdanziehung zu Tal gezogen, wenn auch auf der schiefen Ebene nur mit einem gewissen Bruchteil der Erdbeschleunigung. Das bedeutet zunächst einmal: Lässt man alle bremsenden Kräfte wie Reibung und Luftwiderstand außer Acht, so würden alle Radfahrer, egal ob dick oder dünn, groß oder klein, gleich schnell den Berg hinabrollen, denn die Erdbeschleunigung ist für alle dieselbe.
Aber die Sache wird kompliziert durch verschiedene physikalische Größen, die bremsend wirken. In den beweglichen Teilen des Fahrrads herrscht ebenso Reibung wie zwischen Fahrrad und Straße. Je schneller die Fahrt wird, umso mehr werden diese Reibungskräfte jedoch von einer anderen Bremskraft dominiert: dem Luftwiderstand. Und der hängt bei gleicher Windschlüpfigkeit von der Angriffsfläche ab, die Fahrer oder Fahrerin dem Wind bieten.
Nehmen wir der Einfachheit halber an, Radler A sei doppelt so schwer wie Radlerin B. Würde er dem Wind auch eine doppelt so große Angriffsfläche bieten, würden beide auch mit Luftwiderstand dieselbe Geschwindigkeit erreichen. Aber das ist in der Regel nicht der Fall. Denn die Masse wächst ja mit dem Volumen. Und wenn die Masse auf das Doppelte anschwillt, wächst der Querschnitt (und damit der Luftwiderstand) nur um den Faktor 1,6.
Und das bedeutet: Die doppelte Masse erfährt nicht den doppelten Widerstand durch die Luft, sie wird daher weniger abgebremst als die einfache Masse. Der dickere beziehungsweise schwerere Radler rollt tatsächlich schneller bergab. Letztlich aus demselben Grund, aus dem kleine Regentropfen langsamer zu Boden fallen als große.
Christoph Drösser