Im Zeichen des Posthorns

Ackebua

Im Winter gibt es Schnee.
Registriert
18. Juni 2002
Reaktionspunkte
5
Ort
Berlin-Pankow
Überschattet von den Ereignissen der Harztouristikreise war ich trotzdem nicht untätig und habe einige - genauer zwei - für meine bescheidenen Verhältnisse herrliche Ausfahrten in unsere schöne Gemarkung Brandenburg durchgeführt - und das auch noch bei blendendem Wetter - , von denen ich hier nun berichten möchte. Um Jochens Aussage aufzugreifen, will auch ich darauf hinweisen, daß, obwohl sich sicher wieder einige Kader/Leser gelangweilt fühlen könnten, ich dennoch die alte Tradition aufleben lassen möchte, gemütserregende Freizeiterlebnisse schriftlich festzuhalten. So auch dieses...

Meine Freitagstour überspringe ich absichtlich, da sie lediglich der Gewinnung körpereigener Stärke und Ausdauer diente und somit keinerlei Genuß für Auge und Geist darstellte.

Eine Gegend, die wissentlich noch nicht vom ESK bereist wurde (mich ausgenommen), obwohl sie so nah an unserer Bundeshauptstadt liegt, sollte am Sonntag eines meiner anzusteuernden Ziele dieses Tages werden. Der Glien, im Volksmund auch Krämer genannt, befindet sich nordwestlich von Hennigsdorf und ragt schon von weitem wie eine gründe Oase aus der Felder- und Dörferlandschaft des Havellandes heraus. Er bildet die Überbleibsel des einst riesigen Kremmer Forstes, an den jedoch noch einige weitere hübsche Wäldereien angrenzen, die herrlich zu befahren sind (Nauener Stadtforst, ...).

Ich setzte mich gegen 0900 des fortgeschrittenen Sonntages in west-nordwestlicher Richtung in Bewegung, passierte Lübars, die Tegeler Wiesen und tauchte wenige Minuten später in den Tegeler Forst ein. Dieser spie mich dann an seinem oberen linken Ende wieder aus und ich überquerte den einstigen antiimperialistischen Schutzwall, um schließlich die Tore zu Hennigsdorf zu durchschreiten. Kurzer Schlenker links, zack schnell die Straße runter und rechts wieder weg. Nun hieß es erst einmal gute 17 min immer entlang des Havelkanals westwärts auf einer schicken Schottertrasse, die an die typischen Wanderwege in den Alpen erinnert. Ein Schild am Wegesrand ließ mir jäh Enttäuschung ins Gesicht zaubern: "Hier entsteht ein Verbindungsstück des Havellandradweges mit dem Radfernweg Berlin-Kopenhagen". Will heißen, daß in naher Zukunft der schöne Schotter unter schnellem Asphalt verschwinden wird. Irgendwie schade... (na ja, man hat ja noch ein Rennrad)

Auf Höhe von Schönwalde bog ich rechts bei und verließ meinen treuen feuchtfließenden Begleiter. Ich fuhr ein Stück auf einem bereits fertiggestellten Stück dieses Havelradweges, dann wieder quer über ein Rapsfeld und gelangte nach einigen Verfahrern endlich nach Wansdorf. Von hier aus stach ich nun in den Krämer ein, der mich auch nach Waidmannsart herzlich Willkommen hieß und mich mit herrlichster Natur begrüßte. Ein paar Wege kreuz und quer, immer schön wellig und menschenleer, dann erreichte ich die alte Hamburger Poststraße, auf der gut 150 Jahre früher der Personen- und Postfernverkehr per Kutsche zwischen Berlin und Hamburg polterte. Natürlich ist auch dieser heute Forstfahrzeug-gerecht geebnet und teilweise beschottert. Ich befuhr dieses Zeugnis alter Deutscher Verkehrsgeschichte ein paar Kilometer und bog dann mal links, mal rechts bei, um auch von den schönen welligen Trails zu kosten. Es ist wahrlich ein Hochgenuß, den dieses liebliche Fleckchen Grün bietet. Ein wunderschöner Mischwald welligen Profils, üppig gewachsen mit uraltem Baumbestand. Auch die Tierwelt protzt mit ihrer Artenvielfalt und ließ mich so manches Mal innehalten, um die eine oder andere Begegnung mit Vertretern der hiesigen Fauna zu genießen. Ein schmaler Weg, der sich immer wieder über kleine Hügelchen und um enge Kurven schlängelte, führte auf eine Lichtung zu, als ich scharf an den Ankern zog. Ein Damwildkuh stand mitten auf meinem Weg und glotzte in der Gegend herum. Ich hatte Gegendwind, und so konnte sie mich nicht gleich wahrnehmen. Erst das Klacken des ausrastenden Pedals ließ sie hellhörig werden und sie schaute in meine Richtung. Ich räusperte kurz und machte so auf mein Vorhaben aufmerksam, daß ich doch bitte den Weg passieren wolle. Aber sie blieb stur stehen. Auch meine drohende erhobene Hand ließ sie nur gelangweilt in meine Richtung starren. Erst das posaunende Dröhnen entweichender Luft aus meinem Darmausgang ließ die dumme Kuh flüchten und mir den Weg frei machen.

Das Forsthaus Krämerpfuhl wurde rechts liegengelassen, ich überquerte die A10 und fuhr schnurstracks in Richtung Tietzow. Dort angekommen belas ich mich kurz in meinem mitgeführten Kartenmaterial, befragte einen heimischen Bürger und floh zurück in den duftenden Tann in südlicher Richtung. Inzwischen befand ich mich im Nauener Forst, wollte allerdings nicht bis Nauen vorstechen, da mich dort ein Netz aus Straßen, Eisenbahngleisen und Wassern in meinem Vorwärtsdrang hindern könnte. Ich zog noch eine größere Schleife und radelte dann wieder nordwärts, bis ich Paaren im Glien ereichte. Hier suchte ich die begehrte Brücke, die mich wieder über die schier unüberwindbare A10 tragen sollte, fand diese auch und befuhr nach ihrem Verlassen einen schönen alten Weg durch ein Naturschutzgebiet, bis ich endlich an den Havelkanal gelangte. Ab hier folgte ich der blauen Markierung und es ging ostwärts durch Baumgruppen, über Felder, dann wieder am Kanal entlang und wieder über Felder bis zur Schleuse. Ich nahm eine kleine Brotzeit zu mir, entledigte mich meiner vollen Blase und verfuhr mich wieder ein oder zweimal. Letztendlich kam ich wieder an diesen Schotterradweg, der mich auf meinem ursprünglichen Hinweg wieder in Richtung Heimat geleitete.

Schön wars in jeder Hinsicht. Bilder gibt es in Ermangelung technischen Geräts leider nicht. Dennoch hoffe ich, daß meine Ausführungen eine ungefähre Abbildung meines Ausflugs in Mutter Natur wiedergeben.

Eckdaten: 13 Grad, 122 Km, 05:20 h
 
Zurück
Oben Unten