Laktatschwellen(anarobe)?

Plasmo

KGB Ost
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28. April 2002
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Hab mal mehrere Frage an die Sportwissenschaftler unter uns.

Nämlich:

Wie lange kann man theoretisch über der anarobe Schwelle fahren?

Bei Zeitfahren oder ähnlichen fährt man doch sicher immer knapp an bis über der anaroben schwelle (wenn man vollgas geht).
Man kann doch sicher keine 30-60min über der anaroben Schwelle richtig Druck machen oder seh ich das falsch (ist sicher eine Trainingsfrage)?


Und - hat die anarobe Schwelle auch was mit dem Maximal Puls zutun, wie hoch diese ist?

Habe schon ein bisschen gegoogelt aber nicht wirklich Antworten auf meine Fragen bekommen.

Vielen Dank schon mal...


Ciao.
 
Über längere Zeit ist es nicht möglich, sich oberhalb der anaeroben Schwelle zu belasten. 110% hält man etwa 20-30 Minuten durch, 105% etwa 40 Minuten. Bsp.: Deine IAS beträgt 200 Watt: du kannst 220 Watt etwa 20 Minuten fahren, 210 Watt etwa 40 Minuten. In dieser Zeit steigt bei solchen Belastungen die Laktatkonzentration auf etwa 6 - 8 mmol/l und es entsteht bei diesen Stoffwechselvorgängen zu wenig Energie, um länger arbeiten zu können.
Genau an der IAS kannst du dich etwa 60-80 Minuten belasten, danach sind die Kohlenhydratreserven leer, Nachschub ist bei so hoher Belastung auch nur bedingt möglich.
Wer also 1 Std. Zeitfahren machen will, kann nicht höher als die IAS.
Schönes Beispiel: 10km-Lauf. Der Topathlet läuft in 30 Minuten, der wenig Geübte in 50 Minuten. Der Gute ist besser trainiert und kann dann auch noch etwa 105-108% der IAS laufen, der Schlechtere ist weniger gut trainiert und kann maximal 100% IAS laufen, quasi doppelter Vorteil für gut Trainierte...

Vom Maximalpuls lässt sich nicht auf die anaerobe Schwelle schließen. Der ist genetisch vorgegeben und ändert sich nur mit dem Alter, nicht aber mit dem Trainingsstand. Die anaerobe Schwelle ist übrigens nur eine Leistung, keine Herzfrequenz!

Gruß,
Dominik
 
wie finde ich denn die anaerobe Schwelle ?aber über den puls kann man doch vermeiden diese zu übertreten , oder?
mathias
 
Zum Schock aller:
Die HF ist nur gut geeignet für Belastungen im Grundlagenbereich. Je intensiver die Belastung sein soll, umso ungenauer ist das Arbeiten mit der HF. Da ist leistungsgesteuertes Training viel besser.

Herausfinden kannst du die anaerobe Schwelle durch einen Laktatstufentest, der von einem erfahrenen (!!!) Auswerter analysiert wird.

Zwar lässt sich dann auch eine HF für deine anaerobe Schwelle bestimmen, aber s.o. ...


Gruß,
Dominik
 
@domme

würde mich doch mal interessieren, wo du diese Zahlen her nimmst? Bisher dachte ich immer, oberhalb der individuellen anaeroben Schwelle kann man sich nur einige Minuten belasten. Beim 10 km Lauf hab ich schon oft gelesen, dass der genau an der Schwelle oder kurz darunter gelaufen wird. Bei mir trifft das auch 100% so zu.
Zu deiner Trainingstheorie: der gut trainierte verschiebt die Schwelle in Bezug auf die erbrachte Leistung d.h er kann an der Schwelle einfach schneller fahren (laufen) ich glaube nicht, dass er durch Training mit 105% von IAAS fahren kann. Ich hab noch nirgends gelesen, dass eine Ausdauerwettkampfbelastung über der IAAS betrieben wird. Aber vielleicht hast du ja ein paar interessante Litaraturhinweise. Ich persönlich halte ziemlich viel von Hottentrott/Zülch, die sowohl für Laüfer als auch für Biker zu empfehlen sind.

Gruss Ralf

PS: Ich laufe zwar nur 34 min. auf 10 km, aber die laufe ich immer noch ziemlich genau an der IAAS wie vor 4 Jahren, als ich noch 40 min. brauchte.
 
@BF-Biker:
Da ist ein Kniefall nötig: 34min auf 10km, Respekt!!!
Ich beziehe mich immer auf das Schwellenmodell nach Stegmann und die Arbeiten, die dazu gemacht wurden. Die zugehörigen Studien hatten nie den Zweck, herauszufinden, wie lange man bei bestimmten Prozentsätzen der IAS laufen/radeln kann, sondern diese Intensitäten wurden gemacht, um heftige Hormon- und Immunreaktionen hervorzurufen. Aufgabe für die Sportler war: fahre so lange wie möglich bei 110%/105% IAS. Heraus kam eben, dass die Sportler (und ich war 6mal live dabei...) im Mittel nach 20-30 Minuten fertig waren (bei 110% IAS).

Du hast recht, wenn du sagst, dass der gut Trainierte einfach schneller laufen/radeln kann. Aber bei gleichmäßigen Belastungen oberhalb der IAS ist die Laktatkonzentration eine Funktion der Zeit. D.h. bei gleicher Belastung oberhalb der IAS, steigt die Konzentration kontinuierlich an, obwohl die Belastung gleich bleibt!

Aber schau dir mal die Zeiten an: Wer länger als 40 Minuten unterwegs sein will, kann nicht höher als die IAS! Da sind wir uns beide ja einig! Wer unter 30 Minuten Belastungszeit hat, kann sich höher belasten, muss aber dann völlig übersäuert aufgeben. Ist aber egal, wenn man schon im Ziel ist. Da kann es sozusagen "stinksauer" sein.:D
Hottenrott/Zülch finde ich auch recht gut...


Entsprechende wissenschaftliche Literaturhinweise:
Sports Med. 1995 Oct;20(4):251-76. Related Articles, Links Blood hormones as markers of training stress and overtraining.
Urhausen A, Gabriel H, Kindermann W.

Eur J Appl Physiol Occup Physiol. 1994;69(1):16-20. Related Articles, Links
Plasma catecholamines during endurance exercise of different intensities as related to the individual anaerobic threshold.
Urhausen A, Weiler B, Coen B, Kindermann W.


Gruß,
Dominik
 
Wenn Du an der IAS (nach Stegmann) läufst, dann hältst Du 95% (hoffentlich) 60 Minuten durch, Laktat-Tiere vielleicht auch 100%.
Alles was über 100% liegt akkumuliert Laktat, d.h. es steigt stetig an (die Schwelle ist ja das MAXIMALE LAKTAT-STEADY-STATE!). Wer 105% eine Stunde läuft dem wurde seine Schwelle falsch bestimmt!!! So einfach ist das.
 
Hab da die eine oder andere Zusatzfrage an unsere geschätzen Kenner!

Also: Gehe ich recht in der Annahme, dass man einen Mtb Marathon (Rennen) sinnvollerweise bestenfalls an der anaeroben Schwelle fahren kann?

Wenn man zb einen 10km Lauf über der anaer S läuft, bedeutet das, dass zwar der Puls deutlich darüber liegt, aber die "Leistung" nur gering höher ist?

Ich frag deshalb, weil ich viel mehr MTB fahre als Laufen trainiere. Neulich überredete mich einer, bei 10k mitzulaufen, und ich hatte einen Durchschnittspuls von 183 ... und bin bald mitte 30.

Vielen Dank, wenn jemand aushelfen kann
Gruß
 
jetzt noch ein paar ernsthafte antworten...:
Original geschrieben von Ultimate Jo
1. Gehe ich recht in der Annahme, dass man einen Mtb Marathon (Rennen) sinnvollerweise bestenfalls an der anaeroben Schwelle fahren kann?

2. Wenn man [...] über der anaer S läuft, bedeutet das, dass zwar der Puls deutlich darüber liegt, aber die "Leistung" nur gering höher ist?
1. ja, wenn "bestenfalls" bedeutet vorwiegend knapp darunter.
2. der puls wird langsam aber unerbittlich ansteigen, aber die leistung (= geschwindigkeit) bleibt konstant. und selbst knapp über der schwelle ist hoch beanspruchend.

und ein ganz grundsätzlicher kommentar:
Wie lange kann man theoretisch über der anarobe Schwelle fahren?
die ursprüngliche frage is imho so nicht zu beantworten, da ein theoretischer wert eben nicht anzugeben ist.
man kann im schnitt bei einer bestimmten population eine durchschnittliche zeit angeben, aber eine vorhersage treffen im sinne von schwelle = x, geschwindigkeit = y, d.h. zeitfahrtempo = z ist unmöglich.
zu viele faktoren spielen da mit, so dass eine eindimensionale sichtweise zu kurz greift.
anders gesagt: wenn ich meine schwelle kenne, dann weiss ich nur ungefähr wie schnell/wie lange, aber schon sehr kleine unterschiede machen eine große wirkung.
ich kann mich mit plus-minus 10 watt unterschied in ganz kurzer zeit in den keller fahren, und 10 watt sind wirklich kaum zu spüren.
fazit: ausrechnen ist ein grober anhaltswert, aber wirklich wissen geht nur mit erfahrung, ausprobieren, testwettkämpfen etc.
 
Original geschrieben von dubbel
jetzt noch ein paar ernsthafte antworten...:

die ursprüngliche frage is imho so nicht zu beantworten, da ein theoretischer wert eben nicht anzugeben ist.
man kann im schnitt bei einer bestimmten population eine durchschnittliche zeit angeben, aber eine vorhersage treffen im sinne von schwelle = x, geschwindigkeit = y, d.h. zeitfahrtempo = z ist unmöglich.
zu viele faktoren spielen da mit, so dass eine eindimensionale sichtweise zu kurz greift.
anders gesagt: wenn ich meine schwelle kenne, dann weiss ich nur ungefähr wie schnell/wie lange, aber schon sehr kleine unterschiede machen eine große wirkung.
ich kann mich mit plus-minus 10 watt unterschied in ganz kurzer zeit in den keller fahren, und 10 watt sind wirklich kaum zu spüren.
fazit: ausrechnen ist ein grober anhaltswert, aber wirklich wissen geht nur mit erfahrung, ausprobieren, testwettkämpfen etc.

hier wurde schonmal die methode angesprochen die schwelle experimentell zu ermitteln. d.h. eine bestimmte strecke mit bestimmten puls fahren und diesen bei unterschiedlichen läufen dann jeweils zu variieren. bei welchem puls man am schnellsten ist, dort befindet sich die anerobe schwelle (mit hf als anhaltspunkt dafür). hat das schonmal jemand verifiziert oder hat erfahrunge damit? immerhin ist soas dann ja stark tagesform- und von anderen randbedingungen abhängig. wie genau könnte solch eine methode sein?
 
Hi domme,

ich fahre seit ca. zwei Jahren mit dem Radel. Anfangs nur vier bis fünf mal in der Woche 25km, seit etwa einem hablen Jahr vier bis fünf mal in der Woche zwischen 40 und 120 km.

Ich verfolge keinen wirklichen Trainingsplan. Ich habe auch noch kein Buch gelesen oder ähnliches. Ich fahre ein modifiziertes Mtb (für die Straße umgebaut).

Mein Bruder hat sich vor einem Monat einen TACX Basic Rollentrainer gekauft. Ich bin mal mit meinem Bike drauf gefahre. Das beste, was ich geschafft habe, waren 330 Watt über eine Stunde bei einer durschnittlichen Trittfrequenz von 85. Ich wiege 80 kg und bin 27 Jahre alt. Bevor ich mit dem Radfahren angefangen haben, war ich begeisterter Nichtsportler der direkt neben einem McDonalds gewohnt hat und alle folgen dieser ernährung zu tragen hatte :D.

Da ich keine Ahnung habe, ob der Wert schlecht ist, gut oder mittelmaß, wollte ich dich mal fragen, da du ja, wenn ich richtig verstanden habe, Leistungsdiagnostiker bist (wann hat einer wie ich schon mal die Möglichkeit, einen Leistungsdiagnostiker direkt zu fragen :) ). Ich denke, mit den 330 Watt dürfte ich zur Zeit ziemlich an meiner IAS liegen. Werde demnächt mal 340 Watt probieren :D. Ich weiß, daß du im Prinzip wahrscheinlich nichts über meine Leistungsfähigkeit sagen kannst, ohne eine Diagnostik gemacht zu haben. Ich will ja eigentlich auch nur wissen, ob genannte 330 Watt über eine Stunden ein zumindest durchschnittler Wert sind.


grüße

zwuli
 
Da die Werte der Tacx Basic schon recht genau sein sollen(laut Testbericht) sind 330 Watt bei einer Stunde ein sehr guter Wert für ambitionierte Hobbysportler! Wie hoch war dein Puls(Tut eigentlich nichts zur Sache, da ich deine Hfmax. usw, nicht kenne), wenn ich mal rein aus Interesse fragen darf!
 
@zwuli
Da kann ich Pifo71 nur zustimmen: 330 Watt bei 80kg ist richtig gut! Das sind 4,1 Watt pro Kilogramm. Die durchschnittliche Maximalleistung (!!!) eines Mannes in deinem Alter beträgt etwa 3,5 Watt/kg (würde als im Stufentest etwa 300 Watt maximal treten)!!! Du solltest dir vielleicht eine Lizenz holen...;)

@SpOOky fish
Die Methode zur Bestimmung der Dauerleistungsgrenze anhand der Leistung (nicht HF!!!) ist die Grundlage der heutigen Laktatdiagnostik und wurde mitte der 70er Jahre von Prof. Mader vorangetrieben. Ob das mal jemand mit der HF ausprobiert hat, weiß ich nicht. Kann ich mir aber auch nicht vorstellen, da man ja weiß, dass die HF leicht beeinflusst werden kann; und somit sind dann kontrollierte Studien kaum möglich.
 
Original geschrieben von domme
Über längere Zeit ist es nicht möglich, sich oberhalb der anaeroben Schwelle zu belasten. 110% hält man etwa 20-30 Minuten durch, 105% etwa 40 Minuten. Bsp.: Deine IAS beträgt 200 Watt: du kannst 220 Watt etwa 20 Minuten fahren, 210 Watt etwa 40 Minuten. In dieser Zeit steigt bei solchen Belastungen die Laktatkonzentration auf etwa 6 - 8 mmol/l und es entsteht bei diesen Stoffwechselvorgängen zu wenig Energie, um länger arbeiten zu können.
Genau an der IAS kannst du dich etwa 60-80 Minuten belasten, danach sind die Kohlenhydratreserven leer, Nachschub ist bei so hoher Belastung auch nur bedingt möglich.
Wer also 1 Std. Zeitfahren machen will, kann nicht höher als die IAS.
Schönes Beispiel: 10km-Lauf. Der Topathlet läuft in 30 Minuten, der wenig Geübte in 50 Minuten. Der Gute ist besser trainiert und kann dann auch noch etwa 105-108% der IAS laufen, der Schlechtere ist weniger gut trainiert und kann maximal 100% IAS laufen, quasi doppelter Vorteil für gut Trainierte...

Vom Maximalpuls lässt sich nicht auf die anaerobe Schwelle schließen. Der ist genetisch vorgegeben und ändert sich nur mit dem Alter, nicht aber mit dem Trainingsstand. Die anaerobe Schwelle ist übrigens nur eine Leistung, keine Herzfrequenz!

Gruß,
Dominik


thx domme.

Meine Antworten wurden größtenteils beantwortet!

Sagmal, wegen dem leistungsgesteuerten Training...
Hatte mir mal überlegt evtl. den Polar Kraftleistungsmesser zu zulegen. Ist für intensiv Training wirklich besser geeeignet, weil bei hoher Belastung hinkt der Puls wirklich stark hinterher.
Eigentlich, wenn man sich kein Leistungsmessgerät leisten kann, finde ich bei intensiv Balstungen das man nach seinem Körpergefühl fahren sollte (oder auch Rolle).
Das Teil von Polar soll ja nich so genau sein, hat jemand evtl. Erfahrungen damit gemacht?

Am besten wäre ja die SRM-Kurbel da warte ich dann aber doch lieber bis ich so'n Ding mal gestellt bekomme ;).


Ciao.
 
Wenn du nur Mtb fährst lass die Finger vom Polar Kraft-Leistungsmesser. Der reagiert sehr empfindlich auf Erschütterungen. Selbst auf dem RR gibt es Abweichungen von 15-20% !!!
 
Ja, das habe ich auch schon gehört. Vergleichsmessungen mit anderen Leistungsmessern und Ergometern (z.B. Cyclus2, Fa. Avantronic) haben ergeben, dass das Polar-Teil teilw. Hausnummern misst...

Leider gibts noch nix günstigeres! Ein Aufruf an alle Ingenieure: ist das denn wirklich so schwer, eine Leistungsmessung ans Rad zu bauen??? Man hat mir gesagt, dass die Bauteile teilw. Cent-Kram sind?!
 
Original geschrieben von domme
[B
@SpOOky fish
Die Methode zur Bestimmung der Dauerleistungsgrenze anhand der Leistung (nicht HF!!!) ist die Grundlage der heutigen Laktatdiagnostik und wurde mitte der 70er Jahre von Prof. Mader vorangetrieben. Ob das mal jemand mit der HF ausprobiert hat, weiß ich nicht. Kann ich mir aber auch nicht vorstellen, da man ja weiß, dass die HF leicht beeinflusst werden kann; und somit sind dann kontrollierte Studien kaum möglich. [/B]

die hf ist nun mal die einzige handhabare größe mit der man als normalbiker mehr oder weniger genau rückschlüsse auf die erbrachte leistung ziehen kann. dashalb wird sie ja herangezogen.
 
Original geschrieben von domme
Leider gibts noch nix günstigeres! Ein Aufruf an alle Ingenieure: ist das denn wirklich so schwer, eine Leistungsmessung ans Rad zu bauen??? Man hat mir gesagt, dass die Bauteile teilw. Cent-Kram sind?!
dehungsmeßstreifen, verstärker, paar kabel und ne flashkarte sind wirklich nicht teuer...
aber das problem ist die richtungsspezifität, d.h. es ist leicht zu messen, was ich an kraft produziere, aber sehr, sehr schwierig, den anteil zu ermitteln, der davon für vortrieb genutzt wird.
 
..., aber sehr, sehr schwierig, den anteil zu ermitteln, der davon für vortrieb genutzt wird.

Stelle mir Dehnmessstreifen wie ein Streifen Kaugummi vor. Kann der nicht so eingebaut werden, dass er irgendwie geführt ist? Außerdem: Kraftmessung kann doch noch anders erfolgen: die Kistler-Messplatte macht das doch auch ohne?
 
Original geschrieben von domme
Stelle mir Dehnmessstreifen wie ein Streifen Kaugummi vor. Kann der nicht so eingebaut werden, dass er irgendwie geführt ist? Außerdem: Kraftmessung kann doch noch anders erfolgen: die Kistler-Messplatte macht das doch auch ohne?

nein. DMS wird irgendwo eingebaut, wo die kraft mit nur wenig verformung wirkt, d.h. an der pedalachse o.ä.

und die kraft, die auf die pedale wirkt, hat wenig damit zu tun, was an der nabe ankommt.
und weil die nabe rotiert, kann ich da nix verkabeln.

oder piezokristalle (à la Kistler) rein, mit denen ich dreidimensional messen kann, gleichzeitig den kurbelwinkel erfassen, winkel mit den drei komponenten der kraft in beziehung setzen, daraus den vektor ermitteln.
dann hab ich's, aber das wird teurer als SRM und ich hab mehr peripherie drumrum.
wurde auch schon gemacht...
 
Hallo zusammen,

ich habe Eure threads heute Nacht mal verfolgt und würde mich gerne mal einklinken. Ich fahre zwar kaum Rad, habe aber, wie Dominik, seit Jahren Erfahrung in der Leistungsdiagnostik. Ich entwickle seit 5 Jahren Software zur Berechnung der IANS (ind. anaerobe Schwelle) mit Trainingsplanableitung. Dominik's schöne Ausführungen kann ich voll unterstützen.

In Sachen "Schwellenwertmodelle" zur Bestimmung der IANS (leider zum Teil irreführend als IAS=ind. aerobe Schwelle bezeichnet) gibt es in der Tat einiges zu sagen. Wie bereits einige Male bei Euch angedeutet wurde, gibt es in Deutschland und erst recht im Ausland bis dato keine Standardisierung auf ein einziges Schwellenwertmodell für die Bestimmung des aerob-anaeroben Übergangs. Bis heute sind etwa 10 verschiedene Schwellenwertmodelle im Umlauf über die sich die Universitäten streiten. Dies zieht die gesamte Laktatleistungsdiagnostik, die an sich sehr verlässlich ist, in einen schlechten Ruf. Einige böse Zungen behaupten gar, dass bei schon 2 existenten Lösungen keine die richtige sein kann und daher das Prinzip ungültig ist.

Dabei ist kann man eigentlich folgendes festhalten:

- die Herzfrequenz ist zu anfällig und stark tagsformabhängig
- sie sollte lediglich der Trainingssteuerung, nicht aber dem Leistungstest, dienen
- Das Training sollte sich am letzten Stufentest orientieren
- dafür ist dem Probanden ein ausführliches Ergebnis-Protokoll auszuhändigen
- die Auswertung sollte individuell erfolgen, ein 4 mmo/l Madermodell erfüllt damit nicht die Voraussetzung, es ist eine sogenannte "Fixe Schwelle"
- individuell heisst, das zwischen a) Anfängern b) Trainierten und zudem zwischen a) Läufern und b) Radlern und c) Schwimmern usw. unterschieden werden muss.
- Ein Schwellenwertmodell kann bei einer Testmethode sinnvoll sein, bei einer anderen aber versagen
- Die Traininingsbereiche (Zonen) sollten nicht an der HFmax orientiert werden, da HFmax ausser vom Alter nicht signifikant mit dem Training verbessert wird (im Gegensatz zur VO2max)
- Die Zonen sollten sich besser an der IANS und zwar leistungsbezogen orientieren
- Die Zonen sollten sich, zur Verbesserung der anaeroben Kapazität, auch in in den anaeroben Bereich (IANS + x %) erstrecken (kurze, harte Sprints) -> Diagnostiker muss dies erlauben
- Wer zum Retest kommt, sollte für den intraindividuellen Längsschnitt mit dem gleichen Modell und gleicher Zonenberechnung ausgewertet werden


Eine Leistungsdiagnostik sollte nur jemand betreuen, der Erfahrung hat. Leistungsdiagnostiker gibt's zuhauf.

Zur IAS (hier ind. aerobe Schwelle):
Sie entspricht dem minimalen Laktatäquivalent oder aus Basislaktat also dem kleinsten Quotienten aus Laktat und Leistung auf der gesamten Kurve. Dies ist nicht unbedingt = Laktatminimum und daher nur mathematisch zu bestimmen. Aber dafür gibts ja Software ;-)

Ein Schwellenwertmodell basiert übrigens genau auf diesem Basislaktat: Man addiert 1,5 mmol/l auf das Basislaktat und erhält die IANS nach DICKHUTH (1998).

Das häufig zu beobachtende Laktatminimum in der Laktatkurve nennt man auch Laktatsenke. Es rührt von der Tatsache, dass die Laktat-Eliminationsrate des Körpers bei kleinen anfänglichen Belastungen erst hochgefahren werden muss, während die Laktatbildung schon im vollen Gange ist. Erst nach einer gewissen Zeit zieht die Elimination nach und, im Falle eines aeroben Energiebedarfs, holt diese die Laktat- Bildung auch ein: das resultierende Blutlaktat sinkt ab. Um diese Senke zu vermeiden, sollte man sich vor dem Test 5 min auf kleinster Teststufe warmfahren, um die Elimination anzutreiben.

Zur berühmten Stegmann Schwelle:
Diese "Berühmtheit" ist in der Tat sehr jung und wird zur Zeit weiterentwickelt. Man (Prof. Stegmann et al.) setzt die Idee auf die Tatsache auf, dass die Bildung und die Elimination im anaeroben Fall auseinanderdriften und das Resultat (das gemessene Laktat) mit der Zeit anwächst. Es kommt nach einer Ausbelastung im Stufentest sogar zu einem "Overshoot" des Laktats: Der Pegel steigt auch ohne Belastung weiter an. Je schneller dieser Pegel (in min) wieder den Ausbelastungszustand erreicht hat, desto höher ist die IANS: Es wird von diesem Punkt eine Tangente an die Laktatkurve projeziert: der Berührpunkt ist die IANS. Die mathematischen Hintergründe nehmen ein paar Seiten im Skript ein und sollen hier nicht interessieren. Die softwaretechnische Berechnung war aufwenig aber interessant.

Wichtig ist die Erkenntnis, die Erholung in die Berechnung der IANS einfliessen zu lassen. Kein anderes Modell tut dies zur Zeit (Ausnahme: Der Senkentest mit Senkenschwelle).

Wie eine zusammenhängende moderne Auswertung eines Leistungstest aussehen kann, liest sich hier

http://www.winlactat.de/Versions/20/2.htm

der Hautpseite www.winlactat.de

Beispieltrainingsplan und Analysereports sind dort zu finden.

Wir führen auch günstige Seminare und Tests für Biker und Läufer vor Ort durch. Zudem bietet die Umgebung (Harz) einiges für Biker. Ich stehe für Informationen und Anregungen gerne zur Verfügung und organisiere auch Treffen mit hiesigen Bikergruppen.

Im Anhang ein typischer Längsschnitt.

Gruß
Joachim
 
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