Malevil Cup 2009
Eigentlich ist der Freitag, der 10. Mai 2009 ein Tag wie jeder andere. Früh aufstehen, Büro, das Telefon klingelt, Hallo? Mein schei$$... funktioniert hier nicht - ich hab aber nix gemacht - ehrlich! Ja ja ... Alltag halt - wie immer ... aber Halt! irgendwas ist anders - genau - es steht seit langem endlich mal wieder ein Rennwochenende vor mir.
Gegen 15:30Uhr verlasse ich fluchtartig das Büro und kurze Zeit später sitze ich bei Grege in seinem jahreszeitlich perfekt und gleichbleibend mollig warm angeheizten Oberklassewagen und wir fahren bei strahlendem Sonnenschein und gefühlten 43°C gen Süden und ich bin glücklich.
Meine Gedanken schweifen zurück an letztes Jahr und wie alles mit dem Rennen in Tschechien begann ... nach einer recht kurzweiligen Fahrt kommen wir pünktlich zum Pasta essen auf der Ranch an. Schnell noch angemeldet und dann ab ins Restaurant wo die Berliner Marathon Fraktion bereits einen Tisch ergattert hat.
Mit Star- und Aushilfsrider Hobbes, Anto, Illu und Ti-Bend gibt es einige neue Gesichter am Tisch. Wo ist eigentlich Schnegge? Anscheinend gibt´s noch einiges an dem neuen Gefährt zu optimieren

Nach einem angenehmen und kurzweiligen Blabla entscheiden wir (Grege und ich) uns auch aufgrund der Wetteraussichten das Abenteuer Anna auf uns zu nehmen. Während der Fahrt in die Unterkunft kracht und blitzt es vortrefflich.
Die Unterkunft ist entgegen aller Befürchtungen in einem guten und gemessen am Preis sehr attraktiven Zustand. Von Anna is nix zu sehen oder zu hören. Letzte Tuningmaßnahmen an den Bikes werden in der Unterkunft durchgeführt und als ich endlich meine Nummer an meinem Bike befestigen kann merke ich, dass ich mich wirklich auf das Rennen freue und was mir die letzten 6 Monate gefehlt hat.
Nach einer erholsamen Nacht werden wir gegen 7 von der aufgehenden Sonne geweckt. Schnell ein Rennfrühstück erster Klasse ... italienische Kekse, nen PowerBar und los gehts zum einrollen.
Um kurz vor 8 ein halbe Stunde vor dem Start - der Startbereich wird bereits aufgebaut - nehme ich mit Grege die erste Startreihe in Beschlag. Wenigstens einmal vorne dabei sein lautet die Devise. Nach und nach füllt sich der Startbereich und es finden sich auch mehr und mehr Bekannte Gesichter aus dem letzten Jahr ein.
Pünktlich 8:30 Uhr geht es los und ich erwische einen recht guten Start. Es bieten sich einige Lücken und während der ersten beiden Minuten habe ich auch noch genügend Luft um in diese Lücken reinzufahren. Am ersten Anstieg schießt Markus vorbei, Runterrauf und Rennschnecke lassen es anscheinend sehr ruhig angehen, denn das Loch zwischen mir und den beiden wird nicht größer als 20m. Neueinsteiger Anto ist bergan wie zu erwarten sehr zügig unterwegs. Wo sind eigentlich Pirat und Grege?
Ich nutze die ersten kleinen Abfahrten um wieder zu Schnegge und Runterrauf aufzuschließen. Auf den ersten 30km läuft es ganz gut auch wenn ich merke, dass ich viel zu schnell unterwegs bin. Ich ignoriere es einfach erstmal und glaube fest an den Erfolg von Grege's Marathonregel Nummer 1- volle Pulle losfahren und dann irgendwie ins Ziel retten. Irgendwann bin ich hinter Markus und Anto an Position 3 bei unserem kleinen Privatmarathon. Ich wundere mich so vor mich hin wieso die anderen eigentlich hinter mir sind und was da gerade falsch läuft, als in einem kleinen Uphill die Konsistenz meines Vorderreifen sich irgendwie ungünstig entwickelt.
Wenige Augenblicke später sitze auch ich am Rand und beginne meine Bastelsession ... wo waren eigentlich gleich nochmal die
Reifenheber? Mist ... die sind bei Anna :kotz:
Schnegge is schon vorbei, da kommt Runterrauf vorbeigerauscht und fragt, ob ich was brauche ... na klar
Reifenheber wären nicht schlecht
Dieses Problem wäre damit schonmal gelöst ... Grege und Pirat zischen auch vorbei und ich fummel immer noch an meinem Vorderrad rum ... ich hab oft drüber nachgedacht das mal auf Zeit zu üben aber wer will das schon ... also leg ich nen Reifenwechsel de Luxe hin und nach gefühlten 30min geht`s fast weiter ... schnell verborge ich noch in einem Anflug von völligem Wahnsinn mein
Multitool an einen germanischen Biker und erleichtert geht´s wieder auf die Jagd nach den anderen. (ED: das Tool wurde mir inzwischen doch tatsächlich in einem Päckchen wieder zugesandt. Dank IBC Forum!)
Als ich endlich wieder unterwegs bin mache ich mir so meine Gedanken, ob hinterherfahren nicht irgendwie doch anstrengender ist als "normal" mitfahren. Ich merke, dass ich dabei bin zu überpacen ... aber egal ich will hier nicht als letzter von uns ins Ziel kommen.
Nach einer endlos erscheinenden Ewigkeit erreiche ich Pirat und versuche ihn zum mitfahren zu animieren. Leider hab ich ihn nicht mitziehen können und er war so schnell wie er aufgetaucht ist auch wieder verschwunden. Ich wundere mich schon wieder und frage mich was da eigentlich los ist.
Kurz vor Oybin schließe ich endlich zu Grege auf und es machen sich bereits die ersten Krämpfe in den Beinen bemerkbar. Na Prima denke ich, nicht das ich damit nicht gerechnet hätte aber so früh? ... das Rennen geht eigentlich demnächst mit dem Anstieg zum Hochwald so richtig los und ich bin platt. Ich versuche an Grege dranzubleiben um irgendwie noch nen Gel abzustauben als auf einmal Runterrauf hinter mir auftaucht.
Inzwischen sehe ich gar nicht mehr durch ... Runterrauf hätte deutlich vor uns liegen müssen. Was ist da nur los? Ich höre mir eine abenteuerliche Geschichte von einem Massenirrtum an. Aber das war noch lange nicht alles ... RR überlegt die kurze Runde zu fahren und auszusteigen ... ich merke an, dass ich auch bereits durch bin und das Rennen wohl nur noch langsam zu Ende fahren kann.
Ein etwas längerer Stop an der Verpflegung in Johnsdorf wo mir zu allem Überfluss bei der Jagd nach dem Grege-Gel auch noch eine meiner Trinkflaschen entwendet wird und ich mache mich mit Runterrauf auf den Weg hoch zum Hochwald. Es dauert keine 30 Sekunden und Runterrauf is auch schon fast entschwunden .... und das wie immer nach vorne ... "alles klar" denke ich ... "ich kann nicht mehr und werde nur die kurze Runde fahren" ... wer Runterrauf kennt, kennt auch seinen unverwechselbaren Sinn für Humor. Es ist einfach alles wie immer
Ich bin mit mir beschäftigt und zahle den Preis für das viel zu hohe Anfangstempo. Nachdem ich mich irgendwie den Anstieg raufgeqäult habe gibts endlich wieder Spaß und Erfolgserlebnisse - Abfahren heißt überholen
Leider kann ich die Downhillpassagen nicht wirklich genießen, da ein nicht zu ortendes Klingeln meines Bikes mir irgendwie mehr Sorgen macht als mir lieb ist. Ich versuche es so gut wie möglich zu ignorieren und weiter geht´s in Richtung Lausche.
Ein endloses Runter und Rauf Gewitter und ein Ende ist nicht absehbar. An der Lausche gibts die angekündigte Änderung und es geht wie erwartet erstmal abwärts obwohl ich mich darüber sowas von garnicht freuen kann
Wie zu erwarten gehts nach dem Downhill mal wieder häääftig himmelwärts und ich will nur noch ins Ziel. Nur noch vom Willen das Ziel zu erreichen getrieben fahre ich immer weiter ... jedes Mal wenn ich meine Spezialisten überholt habe muss ich nen Hygenestop einlegen und ISO ablassen

So geht das rund 25km bis zur vorletzten Verpflegungspause.
Kurz vor diesem Stop sehe ich am Horizont ein rotes Biketrikot. Grege? Nein, das kann nicht sein ... ich versuche so weit wie möglich an das rote Trikot ranzufahren und an der Verpflegung wird sich zeigen ob es wirklich Grege ist oder jemand anderes. Fährt das rote Trikot ohne Stop weiter dann kann es nur Grege sein, hält es an ist es jemand anderes.
Wie insgeheim gewünscht fährt das rote Trikot weiter und für mich ist somit klar, dass das Rennen noch nicht vorbei ist. Ich halte kurz an um nicht zu viel Zeit zu verlieren und mache mich auf den Weg zum roten Trikot.
Am Stausee ist es endlich so weit. Ich bin fast dran. Kurz überlege ich, ob ich mich jetzt schon zeigen sollte ... ich verwerfe den Gedanken zu warten und ziehe auf der Abfahrt mit viel Schwung und der Bemerkung: "Hi Grege, bummeln war gestern, jetzt geht es wieder richtig weiter" an Grege vorbei.
Leicht auf und irgendwie verschreckt braucht Grege einen kleinen Moment bis er mir wieder am Hinterrad hängt. Es sind noch ca. 25-30km bis ins Ziel und der "schwächelnde" Runterrauf ist aller Wahrscheinlichkeit viel zu weit voraus als das wir ihn noch einholen könnten.
Wir fahren jetzt gemeinsam und für mich ist somit auch klar, dass der letzte Stopp jetzt wohl komplett entfällt. Diese Aussicht und Greges Hartnäckigkeit stimmen mich nicht gerade froh. Schnell lassen wir die letzte Verpflegung hinter uns. Es gibt zum Abschluss der kulinarischen PowerBar-Rundreise noch ein lecker PowerBar Gel und schon bläst Grege zum Zielsprint. Zielsprint? Es sind doch noch knapp 17km ...

Ich versuche alles um nicht jetzt schon abreißen zu lassen. Inzwischen bereue ich meine Taktik gleich an Grege vorbeizufahren anstatt es erstmal ruhig angehen zu lassen. Leider lasse ich mich nicht so gerne von hinten überholen
Währenddessen wir unentwegt vor uns fahrende Fahrer kassieren und ich in Gedanken im letzten Jahr bin als Pirat einen ähnlichen Zielspurt mit mir hingelegt hat erwische ich mich auch bei dem Gedanken vom letzten Jahr einfach eine gemeinsame Zieleinfahrt vorzuschlagen. Kein Stress, die Quälerei ist vorbei und nur noch schön locker ins Ziel rollen.
Um es vorweg zu nehmen, ich habe diesen Gedanken erst wieder auf der Heimfahrt mit Grege kurz hinter Dresden ausgesprochen
Immer wieder schaue ich auf mein Tacho und eigentlich müssten wir gleich im Ziel sein. Auf einer der immer wiederkehrenden Rampen in die ich mit viel Schwung reinfahre um überhaupt hochzukommen entsteht plötzlich ein Loch und Grege ist ca. 100m hinter mir. Endlich - Grege hat ein Einsehen und gibt auf denke ich. Auf dem Weg ins Ziel habe ich diesen Gedanken noch ca. 10x aber jedes Mal wenn ich bergab einen kleinen Vorsprung herausgefahren habe kommt Grege wie das berühmte Murmeltier wieder heran.
Die Streckenänderung mit der Verlängerung der Runde musste ja so kommen ... ich bin einfach nur noch platt. Zum Glück sollte das Loch auf Grege groß genug sein. Grege ist mal wieder weg und das Ziel ist zum greifen nah. Der letzte Anstieg, ein letzter eigentlich überflüssiger Blick und ... ach nein ... nicht schon wieder ... Grege ist direkt hinter mir - keine 20m. Zum Glück kann ich mich bis in die Abfahrt über den Golfplatz retten und Grege ist endgültig geschlagen ... oder?
Am Ziel warten bereits RR, Rennschnecke, Markus, Anto, Pirat

und Hobbes auf uns und der allerletzte Blick nach Grege ist endlich ohne rotes Trikot ungetrübt. Endlich im Ziel

Erschöpft aber glücklich darüber, dass es endlich vorbei ist lasse ich mir von den anderen über deren Eindrücke und Schicksalsschläge berichten. Insgesamt war es für mich trotz aller oder gerade wegen aller Widrigkeiten mal wieder ein wunderbares Rennen und ein Wunderbarer Tag. Ich freu mich komischerweise schon auf nächstes Jahr.
Der Malevil Cup ist für mich einfach ein ganz besonderes Rennen. Danke an alle die dabei waren und es zu dem gemacht haben was es für mich war ...
