Fitnessbiker schrieb:Meine Meinung als Nichtraucher: Wer rauchen will, soll es tun. Da Passivrauchen alles andere als angenehm ist, sollten Nichtraucher stärker geschützt werden. Um die Zahl der Jugendlichen zu senken, die damit anfangen, deutliche Erhöhung der Zigarettenpreise auf min. 10,- Euro je Schachtel, keine Automaten mehr und Verkauf nur noch an Erwachsene. Werbeverbot für Tabak. Verwendung der Steuern für mehr Prävention an Schulen, so ein Besuch in einer Lungenklinik mit ein paar anschaulichen Bildern von Raucherbeinen und netten verkrebsten Lungenflügeln kann schon helfen.![]()
Auch wenn ich weitgehend mit Dir einer Meinung bin hier ein paar Richtigstellungen/Ergänzungen aus meiner Sicht:
Zehn EUR pro Schachtel stört eher die Gewohnheitsraucher. Einsteiger werden davon nicht abgeschreckt. Grund: Es vergeht eine lange Zeit bis aus Gelegenheitsrauchern regelmäßige Raucher werden. Die Grundlagen werden sicher meist in der Kindheit/Jugend gelegt. Die Sozialisation der Jugendlichen beginnt mit der ersten geschnorrten Zigarette, geht über die Selbstgedrehte an merkwürdigen Urlaubsmitbringseln vorbei und endet erst beim Gewohnheitsraucher mit eigenem Einkommen. Kinder und Jugendliche (die oft heutzutage obendrein ein höheres FREI VERFÜGBARES Einkommen haben als ihre Eltern), kennen wenn sie jeweils einsteigen ohnehin nur das (hohe) Preisniveau zu dem sie einsteigen. Eine echte Hürde stellt das nicht dar. Vielleicht werden ein paar Zigaretten weniger geraucht aber darauf kommt es nicht an. Es werden, wie gesagt, die Grundlagen gelegt.
Das europäische Ausland hat Beispiele parat, was passiert, wenn die Zigaretten verteuert werden: In England (Schachtel kostet 8 EUR) ist mittlerweile jede dritte Zigarette geschmuggelt. Tendenz steigend.
Das Automatenverbot wird kommen. Nützen wird es nichts (siehe Abgabeverbot von Alkohol an Kinder/Jugendliche). Auch abgeschafft werden sollen die 10er Packungen, die in der letzten Zeit rasanten Zulauf haben. DAS ist nämlich ob des scheinbar günstigen Preises eine von Jugendlichen häufig gekaufte Abpackung.
Werbeverbot für Tabak gilt bereits heute weitgehend. Ausnahme: Kinowerbung und Sport (Event). Absurder Versuch, es aus der Formel eins zu verbannen zeigte sich vor ein paar Jahren. "East" stand da statt "West" auf den Autos. Es geht auch ganz ohne Worte: Eine Rote Karosse mit weissem Dreieck zeigt gut auf, wie stark die Marke ist. Erhoffe Dir vom Werbeverbot im Kino keine Wunder...
Wichtiger ist das Product Placement. "Harte Kerle" und "erotische Frauen" rauchen noch heute. Es gibt keinen amerikanischen Film, wo nicht als Hauptdarsteller ein Benzinfeuerzeug der Marke Zippo vorkommt. Es ist einfach unglaublich cool und es wirkt obendrein rückwärtsgewandt - alte Filme werden ja nicht umgeschnitten nur weil das Rauchen mittlerweile verpöhnt ist. Und wie soll das dann weiter gehen? Songs verbieten, wo das Rauchen vorkommt? Bilder und Bücher verbrennen?
Fitnessbiker schrieb:Verwendung der Steuern für mehr Prävention an Schulen, so ein Besuch in einer Lungenklinik mit ein paar anschaulichen Bildern von Raucherbeinen und netten verkrebsten Lungenflügeln kann schon helfen.![]()
Prävention wird hierzulande grundfalsch aufgefasst. Ein paar Raucherlungen zu zeigen kann wirklich nur auf dem Mist von irgendwelchen Nichtrauchern gewachsen sein, bzw. von Eltern und Pädagogen, die den Schuß echt nicht gehört haben. KEIN Raucher wird durch Schockeffekte vom Rauchen abgehalten. Das liegt daran, dass insgeheim jeder Raucher weiss, dass er besser daran täte aufzuhören. Es wird weggewischt weil man mit dem Wissen, den eigenen Körper ständig und nachhaltig zu schädigen nicht leben kann und will. Das ist ein bekanntes Phänomen namens selektiver Wahrnehmung.
Aufhören IST schwer. Viele schaffen es nicht und haben deshalb den Eindruck, es sei übermenschlich schwer. Das schwierigste ist das Überwinden der Angst vor den Schwierigkeiten, die das Aufhören machen würde. In diesem Zusammenhang erfordert das Weiterrauchen nur ein wenig Selbstbetrug und somit unglaublich wenig Energie.
Suchtprävention sollte so ablaufen, wie ich das im anderen Thread beschrieben habe. Durch Aufzeigen positiver Alternativen. Das geschieht hierzulande nicht.
1. Kein Raucher schafft es, aufzuhören wenn er er nicht wirklich will. Weder kann man jemandem zuliebe aufhören, noch schafft es die reine Vernunftsebene, einen Süchtigen zu erreichen.
2. Ich hätte nicht immer weiter geraucht, wenn ich eine Chance gesehen hätte, das Aufhören auch durchzuhalten. Das kam mir aber übermenschlich schwer vor. Die Angst vor den Schwierigkeiten haben mich weiter rauchen lassen.
3. Raucher nehmen mit Fatalismus zur Kenntnis, dass sie ihren Körper schädigen und schon seit Jahren geschädigt haben. Warum nicht weiter rauchen? Es hilft doch nichts JETZT noch aufzuhören nach 20 Jahren. DAZU führt Schocktherapie, zu sonst nichts.
Viel viel besser ist es, Mut zu machen. Perspektiven aufzuzeigen. Es IST sinnvoll jetzt noch aufzuhören. Das gilt für jeden Zeitpunkt. Folgendes hab ich schon mal im rikman-Thread zitiert:
- Nach 20 Minuten:
Puls und Blutdruck sinken auf normale Werte, die Körpertemperatur in Händen und Füßen steigt auf die normale Höhe.
- Nach acht Stunden:
Der Kohlenmonoxid-Spiegel im Blut sinkt, der Sauerstoffspiegel steigt auf normale Höhe.
- Nach 24 Stunden:
Das Risiko einen Herzinfakt zu bekommen, geht schon von diesem Zeitpunkt an leicht zurück.
- Nach 48 Stunden:
Die Nervenenden beginnen mit der Regeneration. Geruchs- und Geschmacksorgane verfeinern sich. Sie können wieder besser riechen und schmecken.
- Nach zwei Wochen bis drei Monaten:
Der Kreislauf stabilisiert sich. Die Lungenfunktion verbessert sich.
- Nach ein bis neun Monaten:
Hustanfälle, Verstopfung der Nasennebenhöhlen und Kurzatmigkeit gehen zurück. Die Lunge wird allmählich gereinigt, indem Schleim abgebaut wird. Die Infektionsgefahr verringert sich, der Körper mobilisiert seine Energiereserven.
- Nach einem Jahr:
Das Risiko, dass der Herzmuskel mit zu wenig Sauerstoff versorgt wird (Koronainsuffizienz), ist nur noch halb so groß wie bei einem Raucher.
- Nach fünf Jahren:
Das Risiko, an Lungenkrebs zu sterben, ist schon um 50% gesunken. Das Risiko, andere Krebsarten zu bekommen (z.B. Mundhöhle, Luft- oder Speiseröhre, Harnblase, Nieren), ist nur noch halb so groß wie bei einem Raucher. Das Herzinfaktrisiko sinkt in einem Zeitraum zwischen fünf und 15 Jahren auf das eines Nichtrauchers.
- Nach zehn Jahren:
Das Lungenkrebsrisiko ist weiter gesunken. Es ist kaum noch höher als bei einem Nichtraucher. Zellen mit Gewebeveränderungen, die als Vorstufe eines Krebses aufzufassen sind, werden abgebaut, abtransportiert und ersetzt. Das Krebsrisiko für Mundhöhle, Luft- oder Speiseröhre, Harnblase, Nieren, Gebärmutter und Bauchspeicheldrüse sinkt weiter.
- Nach 15 Jahren:
Das Risiko einer Koronainsuffizienz ist nicht mehr höher als bei einem lebenslangen Nichtraucher.
Quelle: Aufatmen - Erfolgreich zum Nichtraucher, Präventionsratgeber 3, Deutsche Krebshilfe e. V.
Lange Mail - schweres Thema.
Goldfisch