5.2
Art. 30 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG,
Art. 13 Abs. 3 Satz 1 BayWaldG
Verfassungskonform kann das 1998 eingefügte „geeignete“ nur in dem Sinne verstanden werden, dass das Betretungsrecht bereits nach Art. 27 Abs. 3 Satz 1 unter den Voraussetzungen des Art. 33 BayNatSchG durch den Eigentümer oder nach Art. 31 Abs. 1 BayNatSchG durch die Naturschutzbehörde wirksam untersagt worden sein muss.
Der Begriff des „geeigneten Weges“, wie er nun explizit in Art. 30 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG zur „Klarstellung“ zu finden ist, ist sprachlich derart unbestimmt, dass er ansonsten gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstoßen würde, der seinerseits Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips ist (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV und Art. 20 Abs. 3 GG), würde man ihm einen eigenen Regelungsgehalt zubilligen.
Anders als in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Art. 37 Abs. 2 Satz 3 BayNatSchG und allen anderen Gesetzesstellen, die ein „geeignet“ enthalten, fehlt hier schlicht ein Bezug, der dem Wörtchen „geeignet“ eine Bedeutung verleihen könnte. So verlangt das Adjektiv „geeignet“ immer eine Präposition, z. B.: „geeignet für“. Der Gesetzestext enthält diesbezüglich keine hinreichend klare Formulierung des Tatbestandes, weil sich die vermeintliche „Klarstellung“ ausschließlich aus dem Wissen um das gegenständliche Urteil ergibt. Vor allem aber kann sich die „Klarstellung“ nicht auf eine gesetzeskonforme Auslegung des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BayNatSchG stützen, da man bisher überhaupt noch keine Auslegung vorgenommen hatte, sondern lediglich der Annahme einer bestimmten Bedeutung gefolgt ist.
Auch wenn eine Auslegungsbedürftigkeit einer Norm der Bestimmtheit nicht entgegensteht, so wäre die nun kreierte Formulierung ungenügend, da weder Erholungsuchende noch Waldbesitzer die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach ausrichten können (vgl. BVerfG, Urteil vom 24.4.1991 BVerfGE 84, 133/149; vom 24.6.1993 BVerfGE 89, 69/84 f. m.w.N.). Der hinreichenden Bestimmtheit stünde auch entgegen, dass eine abschließende Klärung, ob nun ein gesetzliches Betretungsverbot für einzelne Waldwege bestünde dem Erholungsuchenden selbst, auch unter Inanspruchnahme fachkundiger Hilfe, nicht möglich ist.
Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung fordert, dass die Norm, die gegenüber dem Staatsbürger einen Eingriff ermöglicht, nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt ist, so dass der Eingriff messbar und in gewissem Umfang für den Staatsbürger voraussehbar und berechenbar wird. Das Gesetz muss die Tätigkeit der Verwaltung inhaltlich normieren und darf sich nicht darauf beschränken, allgemein gehaltene Grundsätze aufzustellen, und es damit dem Ermessen der Verwaltung überlassen, die Grenzen der Freiheit im Einzelnen zu bestimmen. Dieses Gebot zwingt den Gesetzgeber aber nicht, den Tatbestand einer Rechtsnorm mit genau erfassbaren Maßstäben zu beschreiben.
Die aktuellen Ausführungen der Bayerischen Staatsministerien machen aber ganz klar deutlich, dass der Gesetzgeber die vermeintlich mit der Einfügung des Wortes „geeignet“ in Art. 30 Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG einhergehende Einschränkung des Grundrechts auf Erholung offensichtlich nicht hinreichend bestimmt hätte, würde man darin eine weitere Konkretisierung der Schranken des Grundrechts sehen.
Vielmehr nutzt die Exekutive diesen Umstand dahingehend aus, dass sie losgelöst von den bestehenden gesetzlichen Normierungen mit tatbestandlichen Festlegung von Voraussetzungen für Sperrungen, wie sie hinsichtlich der Eigentümerverträglichkeit der einschlägige Art. 33 BayNatSchG enthält, die Grenzen der Freiheit im Einzelnen nun umfassend selbst zu bestimmen versucht.
Dies führt in der Folge nicht nur dazu, dass dann auch der in Art. 34 BayNatSchG enthaltene staatliche Grundrechtsschutz auf Behördenebene regelmäßig ins Leere läuft,
sondern mit der Kennzeichnung bzw. Sperrung nach Ansicht der Exekutive „ungeeigneter Wege“ auch zu weiteren unzulässigen Grundrechtseinschränkungen.
Es sei nochmal daran erinnert, dass der Text entstand, weil ein Waldbesitzer mit Genehmigung des Landratsamtes rechtswidrige Sperrschilder aufgestellt hatte.
Prozess in Aichach
Mountainbike-Streit: Waldbesitzer verliert gegen Radler
Augsburger Allgemeine vom 17.04.2018
"Waldbesitzer könnten solche Wege auch nicht mit Schildern sperren, wie es im Kühbacher Forst mit Genehmigung des Landratsamtes der Fall ist. Möglich sei das nur mit einer konkreten Begründung wie zum Beispiel Fällarbeiten. Sonst würde ja das Betretungsrecht einfach ausgehebelt, begründet Hellriegel."
Fortsetzung folgt ...