Titan Desert (09.10. - 15.10.2021) in Marokko
Das Titan Desert hatte ich schon länger auf meiner ToDo Liste. Es handelt sich dabei um ein Etappenrennen über 6 Tage durch die Wüste in Marokko. Anfang September hatte ich mich dann spontan dafür entschieden und mich angemeldet. Normalerweise findet das Rennen immer im Mai statt, aufgrund Corona wurde es dieses Jahr in den Oktober verschoben. Bereits am Tag nach der Anmeldung kamen bei mir erste Zweifel, ob es tatsächlich eine gute Idee war - 6 Tage durch die Wüste, Staub, Sand, Hitze über 40 Grad und meine Vorbereitung war alles andere als ideal dafür. Aber es war zu spät und aufgeben war keine Option. Ich dachte dann immer, dass ich im Juni 2021 bei der TransPyr gestartet bin, das waren auch 7 Etappen über die Pyrenäen vom Atlantik zum Mittelmeer, in Summe 750 km mit 18.000 hm. Da bin ich auch gut durchgekommen, somit wird es auch irgendwie durch die Wüste klappen.
Anreise: Die Logistik ist bei diesem Rennen natürlich etwas aufwändiger. Für mein Bike hatte ich den DHL Biketransport vom Veranstalter gebucht. Hierfür wurde ca. 3 Wochen vor dem Rennen ein Bikekarton geliefert und 2 Tage später das Bike wieder abgeholt. Für die Teilnehmer wurden Charterflüge von Madrid bzw. Barcelona angeboten. Ich habe den von Madrid gebucht, sodass ich zunächst nach Madrid geflogen bin um dann mit dem Charterflug nach Ouarzazate zu fliegen. Am Check-In war es schon sehr spannend, da nur Teilnehmer angestanden sind und so die Konkurrenz beobachtet werden konnte. Ich dachte mir, da ist gefühlt keiner langsamer als ich, die sehen alle so fit aus. In Marokko angekommen, sind wir bei 35 Grad aus dem Flugzeug ausgestiegen. Dann ging es mit dem Bus noch ca. 2 Stunden durch Marokko zum Startort nach Boumalne Dades. Am Startort war wie an jedem Startort ein Camp aufgebaut. Im Camp hatten immer 3 Teilnehmer ein Haimas (etwas größeres Zelt, mit jeweils einer Matratze und einer Decke). Meine 2 Mitstreiter waren Sebastian (der einzige Deutsche neben mir) und Tom aus Belgien. Wir haben uns sehr gut verstanden und hatten die 6 Tage sehr viel Spaß. Das ganze Camp Leben mit den Zelten, den sehr einfachen sanitären Anlagen, etc. war schon ganz schön abenteuerlich. Nachdem ich dann noch gecheckt hatte, dass mein Bike auch gut angekommen ist, war ich sehr beruhigt.
1. Etappe: Boumalne Dades - Boumalne Dades 102 km/1956 hm
Die erste Etappe war ein Rundkurs und wir sind Im Atlas Gebirge unterwegs gewesen. Am Anfang war das Feld (ca. 410 Starter) sehr unruhig und alles sehr schnell, nach 25 km hat sich das Feld dann weit auseinander gezogen und alles hat sich etwas normalisiert. Die Strecken waren gut gekennzeichnet, aber in Marokko darf auch neben den Wegen gefahren werden. Das bedeutet, dass teilweise Gruppen 30 Meter weiter rechts und andere 30 Meter weiter links von dir fahren. Jeder ist auf der Suche nach dem besten Weg mit möglichst wenig Sand und großen Steinen. Die Strecke war aber sehr schön, es ging überwiegend nur durch die Natur und selten durch Dörfer. Die Menschen in der Region leben überwiegend ganz einfach und der Esel ist das wichtigste Nutztier. Kurz vor der Hälfte kam der längste Anstieg mit ca. 500 hm auf 7 km. War aber alles sehr gut fahrbar, oben angekommen, hatte man einen traumhaften Blick in das Atlas Gebirge mit tollen Farben. Anschließend kam die schnelle, aber wie immer wenig technische Abfahrt. Das Highlight der Etappe war die Durchfahrt durch einen ca. 5 km langen Canyon mit mind. 12 kleineren Bachdurchquerungen. Am Ende war es dann ein ständiges auf und ab. Hier musste ich dann doch sehr leiden, da mein Körper die Hitze (ca. 36 Grad) und das schnelle Tempo noch nicht ganz vertragen hat und ich von Krämpfen geplagt wurde. Ich war froh und glücklich als ich die erste Zieldurchfahrt nach 6:37h geschafft hatte. Das war Platz 225 im Gesamtklassement und Platz 68 AK.
2. Etappe: Boumalne Dades - Ait Yahya 127 km/2626 hm
Am zweiten Tag kam dann schon die Königsetappe. Nach meinen Erfahrungen am ersten Tag, hatte ich dann schon ganz schön Respekt vor diesem langen Tag. Das Wetter war etwas angenehmer, da es überwiegend bewölkt war und wir somit in der Spitze nur bei ca. 30 Grad waren. Es waren an diesem Tag zwei längere Anstiege zu bewältigen, und wir sind bis auf 2.330 Meter gefahren. Die Landschaft war atemberaubend, die Abfahrten haben total Spaß gemacht und die Anstiege waren gut zu fahren. Dennoch wurde es ein langer Tag für mich. Bei diesem Rennen gibt es bei den 3 Waterpoints pro Tag auch nur Wasser und einmal Iso, aber nichts zu Essen, das muss jeder selbst für die Etappe mitnehmen. Nach 8:35 h war ich dann endlich im Ziel mit Platz 199 im GK und Platz 56 in der AK.
3. Etappe: Ait Yahya - Tafraoute 99km/664 hm
Die 3. Etappe war die sogenannte Marathon-Etappe. Diese Etappe hat die Besonderheit, dass die Teilnehmer abends nicht ihre Tasche bekommen, sondern alles für die Nacht, also Schlafsack und Isomatte, weitere Kleidung und auch die Radkleidung und die Riegel/Gels für den kommenden Tag mit transportiert werden musste. Der Schlafsack wurde an den Lenker festgezurrt, der Rest kam in den Rucksack, der natürlich dadurch deutlich schwerer war. Wir sind dann weg vom Atlasgebirge in Richtung Süden gefahren. Nun wurde es teilweise sandiger und es ging ansonsten durch die Steinwüste. Jeder Teilnehmer war somit immer auf der Suche nach dem bestem Weg. Die Wolken des Vortages waren weg und die Sonne hat mit knapp 40 Grad gezeigt was sie kann. Ich war nach 4:59 im Ziel, dies bedeutete Platz 167 im GK und Platz 46 in der AK. Die Schlafgelegenheiten waren dann noch einfacher. Es war nur ein Unterstand mit alten Teppichen über den Steinen und dem Sand. Mit der Isomatte und dem Schlafsack ging es aber ganz gut, wenn man keine Ansprüche stellt.
4. Etappe: Tafraoute - Erg Chebbi 130 km/1017 hm
Den Schlafsack und die Isomatte konnten gespendet werden, falls man die Sachen nicht einen weiteren Tag mitschleppen wollte. Ich habe davon gerne Gebrauch gemacht, was auch gut war, da der heißeste Tag mit bis zu 42 Grad vor uns lag. Der Start wurde deshalb auch 30 Minuten vorverlegt, sodass wir die ersten 30 Minuten in die noch ganz tief stehende Sonne gefahren sind. Es war traumhaft schön. Auch diese Etappe ging quer durch die Steinwüste mit vielen Sandpassagen. Bei diesem Rennen muss nicht immer die ausgewiesene Strecke gefahren werden, sondern es müssen nur die 3 Checkpoints und die 3 Wasserstellen angefahren werden. An diesem Tag gab es verschiedene Möglichkeiten ins Ziel zu kommen. Ich bin versehentlich einem anderen Teilnehmer nachgefahren, der fern ab aller anderen Teilnehmer gefahren ist und ich schon ein ganz schlechtes Gefühl hatte, dass dies ein großer Fehler war. Nach 20 Minuten hatten wir andere Reifenspuren und dann auch andere Fahrer die auch Abkürzungen suchten gefunden, und dann ging es über zwei kleinere Berge ohne irgendwelche Wege oder Trampelpfade und wie der Zufall es wollte kamen wir 200 Meter vor dem Checkpoint 2 wieder auf die Strecke. Dadurch konnte ich ca. 25-30 Minuten gegenüber den anderen Teilnehmern die die ausgewiesene Strecke genommen haben sparen. Ich denke aber dass ich im Gegenzug aber deutlich mehr Kraft lassen musste. Der Tag wurde aufgrund der Hitze sehr lang. Das Wasser in den Trinkflaschen war gefühlt auch schon bei 40 Grad und an den Verpflegungsstellen gab es frisches Wasser, aber die Plastikflaschen standen auch schon mehrere Stunden in der Sonne und dementsprechend war es auch sehr warm. Nach ca. 100 km ging es dann über eine kleine Kuppe und man konnte in der Ferne die ersten richtigen Sanddünen erkennen. Da das Camp an den Dünen war, hatte ich die Hoffnung schon bald da zu sein. Leider sind die Dünen 10 km später immer noch nicht größer geworden und ich dachte ich komme nicht voran. Mein Körper hat auch schon angefangen mit der Hitze Probleme zu bekommen und ich versuchte nur noch irgendwie von außen zu kühlen und möglichst viel zu trinken. Nach wirklich sehr harten 7:32 h war ich als 158 im GK und als 45 in der AK völlig kaputt im Ziel.
5. Etappe: Erg Chebbi - Erg Chebbi 107 km/749 hm
Nach der Hitzeschlacht des Vortages stand nun die nächste auch wieder besondere Etappe auf dem Plan. Dies war nun die Navigations-Etappe, welche wieder ein Rundkurs war. Dies bedeutete die Strecke war nicht gekennzeichnet und es gab auch keinen GPS Track, wie bei den anderen Etappen. Wir haben alle erst am Abend vorher die GPS Koordinaten von den 3 Checkpoints und den 3 Wasserstellen bekommen, mehr nicht. Nach ca. 13 km einrollen, mussten wir ca. 5 km durch die Sanddünen. Diese 5 km war für mich der härteste Teil des gesamten Rennens. Ich musste davon 4,8 km das Bike schieben, sowohl die Dünen rauf, als auch die Dünen runter. Da der Sand so tief war, rollte rein gar nichts und es musste ca. 1:20 geschoben und getragen werden mit den Schuhen voller Sand. Ich war nach den 18 km am ersten Checkpoint eigentlich schon völlig fertig, aber die restlichen Kilometer mussten gemacht werden. Da ich keine Ahnung vom navigieren hatte, musste ich mich immer an andere Fahrer halten und hoffen, dass diese den richtigen Weg eingeschlagen haben. Teilweise sind einem andere Teilnehmer entgegen gekommen oder in völlig andere Richtungen gefahren. Alles sehr verwirrend. Die kleine Gruppe der ich gefolgt bin, war leider zu schnell für mich, aber ich musste bis zum nächsten Waterpoint dranbleiben, was mir dann irgendwie geglückt ist. Nach der kurzen Pause bin ich dann einer größeren Gruppe mit ca. 30 Fahrern gefolgt. Irgendwann meinte ein anderer Fahrer, dass vorne einer navigiert, der schon mehrfach bei der Rally Paris Dakar mitgefahren ist und weiß wie man hier gut durchkommt. Das war schon mal ein gutes Gefühl aber wir waren im nichts und ich dachte nur keine Panne und irgendwie immer an der Gruppe dranbleiben. Die letzten 30 km waren parallel zu den Sanddünen und man konnte sich nicht mehr verfahren. Somit konnte ich mein langsameres Tempo fahren und bin nach 6:41 h im Ziel gewesen. Platz 146 im GK und Platz 39 in der AK. Am Abend wurde berichtet, dass 10 Teilnehmer aufgrund Navigationsprobleme abbrechen mussten und 9 Teilnehmer per GPS geortet und dann gerettet werden mussten, da sie sich völlig verfahren hatten.
Etappe 6: Erg Chebbi - Maadid 74 km/617 hm
Dann kam bereits die letzte Etappe. Die Stimmung bei allen Teilnehmern war bereits vor dem Start sehr gut, da die größten Hindernisse überwunden waren. Es war eine sehr schnelle Etappe, ich musste aber schon in der ersten Stunde feststellen, dass meine Beine nicht so richtig wollten und ich das Tempo der anderen nicht halten konnte. Mein Ziel war nur noch sicher und gesund ins Ziel zu kommen. In der Mitte der Etappe musste ich dann leider feststellen, dass ich hinten immer mehr Luft verlor. Somit musste ich mehrfach anhalten und nachpumpen und zum guten Glück aber keinen
Schlauch reinziehen. Ich habe die atemberaubende Landschaft sehr genossen und durch eine Abkürzung gegenüber vielen anderen etwas Zeit gutgemacht. Nach 3:56 h war ich überglücklich im Ziel. Direkt nach der Zielüberfahrt haben die Chefs des Orgateams jedem Teilnehmer persönlich gratuliert und den legendären Titan-Marmorstein überreicht. Es war sehr emotional, alle haben sich sehr gefreut, teilweise wurde vor Glück geweint. Es war geschafft.
In der Tageswertung war das Platz 192 im GK und Platz 55 in der AK. In der Gesamtwertung war ich am Ende nach 38:22 h auf Platz 172 und in der Altersklasse auf Platz 51. Mit diesem Ergebnis bin ich überglücklich, da ich niemals erwartet hätte in der ersten Hälfte zu landen. Das Rennen gewonnen hat übrigens der MTB Profi Konny Looser aus der Schweiz.
Das Ziel war bei einem schönen Hotelressort mit Pool und einer tollen Abendveranstaltung.
Fazit: Für mich war es das beste Mountainbike-Erlebnis was ich bisher gemacht habe. Das Rennen ist wirklich top organisiert und die Landschaft in Marokko ist atemberaubend. Das Camp Leben ist auf das nötigste ausgerichtet, aber alle fühlen sich wie eine große Familie. Das habe ich so bisher noch bei keinem anderen Rennen so erlebt. Wer in einer traumhaft schönen Landschaft Rennen fahren möchte und das Abenteuer liebt, dem kann ich das TitanDesert nur empfehlen (5 von 5 Sterne).