Schnell & Billig - Makeover mit Mini-Budget am unidentifizierten C'dale

dizco

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4. Juli 2012
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Duisburg
Da war es mal wieder - so ein Beutestück, dass man für den Preis unmöglich entkommen lassen konnte, aber schon auf der Rückfahrt gewisse Zweifel entstehen ließ. Bei mir ist das schon so ein Zwang, steht kein Schnäppchen mit zumindest einem Hauch Potenzial auf der Terrasse muss halt etwas ran geschafft werden. In der Regel passiert das mindestens einmal wöchentlich - Vorzugsweise am Wochenende. Fündig werde ich im Prinzip immer, nicht immer Vintage, nicht immer MTB - hat schon leicht zwanghafte Züge und geht definitiv über den notwendigen Bedarf hinaus . Diesmal bin ich, über ein auf den ersten Blick unscheinbares 08-15 Mountainbike gestolpert.

In der Regel sind horizontal montierte Barends, massive Stahl-Seitenständer die fünffach verschraubt sind und Reflektoren an allen Speichen beider Laufräder kein Indikator für das Verkaufsangebot eines Fahrrad-Feingeistes. Auch Rahmendekore oder verräterische Modellbezeichnungen fehlten, dafür weckte der charakteristische Hinterbau mein Interesse . Kurzer Plausch mit dem Verkäufer, Preislich auf den Gegenwert von 2 Kästen Pils geeinigt, knappe Stunde später vor Ort um mit der "Dose" im Gepäck zurück nach Hause zu fahren.

Der erste Blick auf die Beute lösste allerdings wenig Euphorie in mir aus - Begeisterung sieht anders aus. Gefühlt hunderte Lackabplatzer im sowieso schon schlecht lackierten Rahmen, runtergerockter Flite dazu vermackte LX Komponenten die Ihre besten Zeiten lange hinter sich hatten. Optional ohne Beute wieder zurück? Keine Option. Also einladen und ab nach Hause.

Zu dem Zeitpunkt hatte das Teil jedenfalls kaum Chancen auf eine Zukunft in meiner Gesellschaft. Für ein Projekt in Zukunft zur Seite legen? Für einen kleinen Aufschlag weiter schieben? Oder doch ein wenig Arbeit reinstecken um die Früchte später zu ernten?

Eins war klar, in dem jetzigen Zustand wird es wohl schwer schnell einen Käufer zu finden - selbst der Hinweis auf den bekannten Hersteller dürfte die Nachfrage nicht exlplodieren lassen. Also Bedarf es einer wohl dosierten Portion "Leidenschaft" um das Teil wieder Begehrenswert zu machen: Optisch aufwerten, mit einigen (nicht unbedingt hochwertigen) Teilen aus der Restekiste aufhübschen, Rahmen schleifen und lackieren - und dafür bestenalls nicht länger als 8 Stunden benötigen. Unterm Strich also innerhalb kurzer Zeit mit einem Mini Budget die Verkaufs- und Gewinnchancen maximieren.

Auf dem Rückweg einen Abstecher zu "Action gemacht" und folgende Artikel mit genommen:

1 Dose Sprühlack für 1,99 Euro
1 Sortiment Schleifpapier, unterschiedliche Körnung für 1.99 Euro
1 Paket Schleifschwämmchen (3 Stck.) für 0.99 Euro

Die Kosten für den "Paintjob", wenn man es so nennen mag, betragen unter 5 Euro, recht überschaubar. Also ab nach Hause, das Teil in den bei Aldi neu erworbenen Montagständer (für 19,99 absolut zu empfehlen) eingespannt und eine kurze Bestandsaufnahme gemacht.

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Detailbild Oberrohr:
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Pro:
Rahmen hat keine Dellen und Risse
DX Daumies, LX Groupset
Flite
Federgabel funktionstüchtig
Schaltung sowie Bremsen funktionstüchtig

Contra:
Abblätternder Dosenlack in Orange
Zustand Komponenten, Flite

Beim Blick unter den Rahmen ist mir allerdings aufgefallen, dass keine Seriennummer erkennbar ist. Hmmm...Ohne Seriennummer wird die Identifikation des Modells schwierig. Original Lack nicht mehr erkennbar, Seriennummer weg(geflext?)...Rahmenform und Details sind nahezu identisch mit meinem M2000 aus 1992. Ansonsten gibt es nur folgende Anhaltspunkte:Shifter: DX Daumies, Kurbel,Umwerfer, Schaltwerk, Pedale, Naben -> alles LX. Ritchey Vantage Felgen. Rock Shox Jett wurde offensichtlich nachgerüstet, deshalb keine Infos zu orignaler Gabel, Vorbau usw. Was sagen die Cannondale Pro's dazu? Vermutungen?

Gegenüber der Kettenstrebe Innen hab ich nur diese Gravur gefunden, mit der ich allerdings nix anfangen kann.
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Ziele sind klar definiert. Zeitlich begrenzt mit wenig Mitteln ein stimmiges Bike zusammen schrauben um die Chancen / den Umsatz beim Verkauf zu erhöhen. Natürlich kann ich keine Wunder mit einer Dose Sprühlack von Action vollbringen, aber diesen Anspruch stelle ich mir in dem Falle ja auch gar nicht. Klar, das ist weit Entfernt von dem Herzblut den viele hier in Ihre Projekte stecken, aber ich Wette dass jeder hier genau diesen Prozess durchmacht, mal öfters, mal weniger oft.

Denn genau durch diese kleinen Projekte nähert man sich Schritt für Schritt den eigenen Fahrradträumen, man kauft, verkauft, wägt ab, montiert die feinen Teile fürs eigene Lager und ersetzt sie durch andere, weniger wertige Komponenten. Wie so oft im Leben ist der Weg das Ziel und mir macht es einfach Freude mich kreativ auszutoben, etwas neues zu erschaffen. Okay, beenden wir an dieser Stelle den philosophischen Teil.

Zeitlicher Aufwand bisher für die Demontage und grobe Reinigung ca. 90 Minuten. Federgabel und Vorbau wurden vorerst nicht abgenommen, scheint zwar ein funktionierendes Setup zu sein allerdings irgendwie zusammengefrickelt - ich hab aber erst mal Gabel + Vorbau in Plastiktüten verpackt und abgeklebt.

Auf der Terrasse nun bei bestem Wetter den Lack (an)schleifen, dabei schon mal festgestellt das die Bögen Schleifpapier von Action nicht besonders reißfest ist. Die schwerer zugänglichen Stellen habe ich mit den Schleifschwämmen bearbeitet. Eine absolut gleichmäßige Oberfläche konnte ich vor allem in den Bereichen des schon abgeplatzten Lackes nach insgesamt etwa 90 Minuten nicht hinbekommen - ansonsten hätte ich wohl noch grundieren müssen. Nun abstauben und entfetten.

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Rahmen nun mittels Sattelstütze an ein altes Baustrahler-Stativ gedengelt, Tretlager und Canti-Sockel abgeklebt, Sprühlack aus der Sonne und 1 Minute ordentlich schütteln.

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Farblich kommt das dem hier schon sehr nahe, aber doch ehr zufällig.

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Die zwei Lackierdurchgänge haben ca. eine Stunde Zeit gekostet. In der Summe sind wir so schon bei 4 Stunden Netto Arbeitszeit. Die Sonne scheint, zudem ist es windstill. Beste Voraussetzungen also, bevor Komponenten und Anbauteile wieder montiert werden können hab ich ca. 3 Stunden gewartet.

In der Zwischenzeit mal die demontierten Teile gesäubert, Kurbel und Pedale abgekärchert - eigentlich um den Dreck zu entfernen. Unter der dicken schwarzen Schicht kamen dann allerdings relativ großflächige orange Farbtupfer und Sprühnebel zum Vorschein. Das hätte der Vorbesitzer ruhig mal nicht ganz so schlampig arbeiten dürfen...Also auch hier schleifen, ausbessern, aufhübschen. Der schwarze Edding sorgt schnell für ein optisch schöneres Bild - Ist jetzt auch nicht viel weniger schlampig, aber bei dem geplanten Zeitrahmen muss man schon den ein order anderen Kompromiss eingehen.

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Wenigstens sind die LX Labels, die vorher unter schwarzem Lack versteckt waren wieder zu erkennen und es sieht einigermaßen passabel aus, solange man nicht genauer schaut. Zwar hab ich nicht während der ganzen Trocknungszeit Anbauteile gereinigt und kosmetische "Verschönerungen", aber sicher die hälfte der Zeit. Besonders nervig war es die alten Maxxis Drahtreifen von den Ritchey Vantage Felgen zu bekommen. Da brauchte man gute Nerven...

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Die Idee Bullbar & eloxierte Schnellspanner zu montieren wurden relativ schnell wieder verworfen...
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Vorbau, Spacer und die alte Sattelstütze durch was schwarzes ersetzt, so entsteht ein guter Kontrast zum kräftigen, hellblau. Dazu hätte ich ganz gerne passende schwarze LX Cantis installiert, allerdings hab ich keinen Gegenhalter für vorne gefunden. Zeitlich war auch nicht mehr viel Luft, deshalb die vorher genutzte Variante mit den Zubehör V-Brakes gewählt.
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So langsam nimmt es Form an. Wobei die verkackten Laufräder nur als Platzhalter dienen, auf die silbernen originalen Ritchey Laufräder mit LX Naben kommt der Satz Schwalbe Hurrican Bluewall. Proportional sehen die Hurrican mit 26x1.75 im Gesamtbild sehr schlank aus, das hätte ich lieber wuchtiger gehabt.
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Meinen selbst auferlegten Zeitplan hab ich nicht ganz eingehalten. Kette & Laufräder installieren und abschließend Schalt- und Bremszüge einstellen. Die hartnäckigen Maxxis Nylon/Drahtreifen und der zerborstene Reifenheber haben den Workflow irgendwie ins Stocken gebracht. Am nächsten morgen dann frisch motiviert den Rest in ca. 45 Min. erledigt.

Ergebnis:
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Fazit:
Die Transformation vom unansehnlichen und vernachlässigten Cannondale ist wohl gelungen. Ich denke, dass dieser "Artikel" an Attraktivität gewonnen hat, d.h. man kann schon sehr viel mit sehr wenig Mitteln erreichen. Ob es einen potentiellen Käufer anspricht oder um wieviel Prozent der erzielbare Preis nun ansteigt ist natürlich schwer zu sagen. Ich hatte jedenfalls ne Menge Spass und das Ergebnis weiß durchaus zu gefallen. Toll wäre ein Hinweis zum möglichen Modell, liebe Cannondale Freunde
 
Die Gravur ist die Seriennummer. Genau an der Stelle, wo man sie bei einem Cannondale diesen Alters erwarten würde.
 
Wenn die LX Teile orginal Ausstattung waren, dann höchstwahrscheinlich ein SM 700...
Ritchey Vantage Comp Felgen auf LX Naben sprechen dafür. Das 700er hatte LX Ausstattung, lediglich Schaltgriffe und Cantis waren DX...

Was für ein Steuerrohrmaß hat das Rad? 1" oder 1 1/4"?

EDIT:
Ich tippe mal...
1 1/4", somit ziemlich sicher 1993. 1994 hatte schon neuere Ritchey Felgen und Parallax Naben...
 
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