Speichenspannung völlig daneben nach Reifenmontage? Wie kann das sein?

shibboleth

Mointainbiker
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Hi,

ich hab in den letzten Tagen mein erstes Vorderrad aufgebaut. DT HX531 32-Loch mit DT 350 Hybrid und Alpine III-Speichen. Hab mir richtig lange über mehrere Tage Zeit genommen, das Laufrad so 6-7 mal abgedrückt (recht rabiat auch) und neu zentriert bis sich nichts mehr änderte an der Speichenspannung und dem Rundlauf. Hatte Höhen- und Seitenschlag beides auf 0,2mm genau und die Felge sauber mittig zentriert, was ich nicht übel finde für den Anfang, und auf der Bremsseite hatte ich ~1100N und auf der anderen um die 700N im Mittel, und zwar richtig schön homogen. Also eigentlich alles toll, war richtig stolz...

Jetzt wollte ich gerade einen Reifen aufziehen um mal kurz die Hausrunde zu fahren, mache also einen Schwalbe Magic Mary drauf (Tubeless) und jetzt ist der Rundlauf zwar immer noch ok (Seitenschlag so 0,3mm, Höhenschlag kann ich schlecht messen), die Speichenspannung ist auf der Bremsscheibenseite aber auf 560-670N abgefallen und für die rechte Seite gibt die Tabelle vom ParkTool TM-1 gar keinen Wert mehr an... also fast 50% Spannungsverlust, und zwar unabhängig vom Luftdruck und sogar ganz ohne Luft. Damit mag ich jetzt jedenfalls ungern über Wurzeln brettern...

Das seltsame: ich habe noch einen LRS (vom Profi) mit HX581 (27.5") und DT 350 und Alpine III, und da ist die Spannung auch mit montiertem Reifen (selbes Modell nur in 27.5") total im grünen Bereich.

Was kann hier schiefgelaufen sein? Bin ein wenig verwundert...

Danke
shib
 
Hast Du den TM-1 für die verwendete Speiche an der Zugmaschine kalibriert? Ansonsten sind die über die beigelegte Tabelle abgeleiteten ABSOLUTwerte nicht mal eine Schätzung.
 
Öhm... ne, ich bin davon ausgegangen das die den ab Werk kalibriert haben wie es in der Anleitung steht :oops: aber klar, auf genau meine Speiche kalibrieren können die natürlich schlecht. Rein klanglich passte die Speichenspannung ohne montierten Reifen gut zu dem anderen 29er LRS den ich hier noch habe, von daher ging ich davon aus dass es wohl hinhaut... aber gut, kann natürlich alles sein...
Ne "Zugmaschine" hab ich nicht, hab kurz mal gegoogelt und man kann sich da wohl was basteln mit einem bekannten Gewicht um die 50kg und einem Gestell...
 
Am einfachsten fragst Du beim Bikeshop oder Schrauber Deines Vertrauens, ob er ein "vertrauenswürdiges" Tensio mit einer Kalibriertabelle für Deinen Speichentyp hat und lässt mal auf absolute Spannung nachmessen.
 
Ja, aber wieviele Newton (oder kg) sind zwischen den Zuständen ohne Reifen / mit Reifen ? Da die Federkonstante des verwendten TM-1 unbekannt ist, schwer herauszufinden. Die Anzeige eines Tensios ist höchst nichtlinear.

Praktisch gilt: hohe Speichenspannung -> mit/ohne Reifen hat prozentual wenig Einfluss, bei niedriger Speichenspannung ist der Einfluss hoch.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde zwar auch noch einen weiteren Testwert, neben der Tensioanzeige, ins Spiel bringen wollen : wenn du die Speichen greifst und an der Kreuzung gegeneinander verdrückst, hast du auch den Eindruck, dass die Spannung dermaßen niedrig ist? Also kannst du den Kreuzungspunkt der Speichen problemlos um mehrere Zentimeter verschieben?
Aber dass das TM1 mehr oder weniger kongruente Werte liefert, würde ich jetzt nicht absprechen wollen. Ich bin aber "leider" auch kein stolzer Besitzer eines solchen Tensios, kann also nur schwer nachprüfen, wie stark sich die Anzeigewerte bei diesem Gerät verändern, wenn man Reifen auf die Felgen zieht und Luft rein pumpt. Nehme ich meine Tensios, erwarte ich dort keinesfalls dermaßen starke Schwankungen - erst Recht nicht bei den hier genannten Komponenten, die nicht sonderlich weich/anfällig für derartige Einflüsse sein sollten.

Wenn die Speichen wirklich so locker sind, dass du auch per Hand feststellen kannst, dass kaum Spannung vorhanden ist, muss hier ernsthaft Fehlersuche betrieben werden. Etwas im Gesamtsystem - und es scheint dann eindeutig die Felge zu sein - ist dann nicht in Ordnung.
VG
Hexe
 
Wegen dem TM-1: ich hab jetzt in einem Rennradforum jemanden gefunden, dessen TM-1 ungefähr doppelt so hohe Werte anzeigt wie zwei verschiedene DT tensio 2. Könnte ein Anhaltspunkt sein...

@Knusperhexe Hier ein Video, das ist jetzt noch mit montiertem Reifen (ist noch Dichtmilch drin und ich bin in der Wohnung, wäre ne Sauerei den hier jetzt abzuziehen...), aber es ist kein Luftdruck drauf:

https://www.dropbox.com/s/xf1gk24ovj55ws4/IMG_3486.MOV?dl=0
Ich würde sagen, dass ohne Reifen weniger machbar ist bzgl. des Verdrückens, aber es geht trotzdem durchaus was. Das da im Video ist zuerst die Bremsscheibenseite, da ist es gut 1cm würde ich sagen, und danach kommt die rechte Seite und da ist es natürlich noch etwas mehr. Beim Verdrücken bewegen sich auch die Nachbarspeichen nicht unerheblich mit.
 
Also die Speichen im Video bewegen sich recht stark - das sind ja gut 3cm auf der Bremsscheibenseite, die doch recht gut gespannt sein sollte. Da stimmt wirklicht etwas nicht.
Aber: Ich ziehe meine Behauptung aus dem letzten Beitrag aber noch mal zurück. Die Felgen halte ich für sehr zuverlässig, sehr unwahrscheinlich, dass die integrale Probleme haben, da müsste schon recht viel schief gelaufen/kaputt sein.
Nein, ich glaube die Werte deines TM1 schon beim Aufbau haben dich in die Irre geleitet.
Solche Tensiowerte sind leider immer ein guter Weg, sich selbst in die Irre zu führen, geigeln sie einem doch gern mal eine scheinbare Wertung vor - einfach mal in die Speichen greifen und gegeneinander verdrücken zeigt recht schnell, ob nun Spannung vorhanden ist, oder nicht. Ganz grober Richtwert: Wenn die Speichenspannung bei ca. 1100-1200N liegt, sollte man die Speichen an der Kreuzung nur so ca. 1-1,5cm gegeneinander verdrücken können (unter Einsatz "normaler Kraft" - ich weiß, noch so ein schwammiger Begriff...). Oder, auch gut zur Kontrolle: Versuch mal die Speichen so voneinander weg zu drücken, dass sie sich an der Kreuzung nicht mehr berühren. Gelingt es dir, die Speichen mühelos voneinander zu trennen, ist die Spannung zu niedrig.
Ich denke, du hast einfach zu wenig Speichenspannung drin, von Anfang an. Beim Aufziehen des Reifens ist es dir erst so richtig aufgefallen. Insofern du das passende Werkzeug besitzt, kannst du die Spannung der Speichen auch mit aufgezogenem Reifen erhöhen, bis sie dir "vernünftiger" erscheinen. Knall sie aber nicht unendlich fest. ;)
Vg
Hexe
 
Und nochmal ein Videoschnipsel:

https://www.dropbox.com/s/f2dcj6317rtwms2/IMG_3487.MOV?dl=0
Ich denke also, dass du und codit Recht haben und mein TM-1 zeigt weitaus zu hohe Werte an... denn das Auseinanderdrücken is total leicht, zwei Finger und wenig Kraft reichen.

Dann ziehe ich den Reifen morgen nochmal runter und bringe auf alle Nippel gleichmäßig mehr Spannung, denn der Rundlauf ist ja schön im Moment und als Basis eignet sich das sicher so... dann noch mal abdrücken und gucken was passiert. Vielleicht lasse ich mir nächste Woche den DT tensio 2 auch mal kommen und checke damit gegen... oder kann man sich sowas generell auch sparen und einfach nach Gefühl machen? Ich hab so ein bisschen mein Systemgewicht im Hinterkopf... 135kg Mensch und ca. 17kg Bike macht >150kg. Würd da gerne alle Sicherheitsmaßnahmen nutzen die ich kriegen kann. :)

Der Reifen ist übrigens eine Super Gravity-Karkasse, die in einer Super Trail-Packung verpackt war. Ist mir gerade erst aufgefallen. Da hat bei Schwalbe wer gepennt...

Tausend Dank euch jedenfalls füe eure Hilfe, ich weiß das sehr zu schätzen! Bin beruflich auch im Handwerk unterwegs, allerdings in einem anderen, und da wird mehr gemauert und geheimniskrämert als geholfen... also echt, vielen Dank!
 
Problem gelöst, Ursache wie vermutet!:i2:

Nachtrag: schau Dir mal den Tensio von Centrimaster an. Ist günstiger als der DT, aber (für Hobbybauer wie mich) gut geeignet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Mannomann, Tensiometer und Drehmomentschlüssel. Manche wollen scheinbar mit Gewalt Raketentechnik, aus der doch simplen Fahrradtechnik machen.
Drei Tage lang zentriert und x-mal abgedrückt. Sag mal, regnet es bei dir?

Ich hab mich die Tage mit einem Hobby-Musikinstrumentenbauer unterhalten. Der wollte sich doch allen Ernstes für seine Drehmaschine eine Halte- und Führungsvorrichtung für die Tieflochbohrer bauen, so mit Kurbel für den Vorschub und einstellbarem Druckventil für die Luftzufuhr und so. Ich hab ihn dann gefragt, wieso manche mit Gewalt Raketentechnik aus dem vollkommen simplen Handwerk des Musikinstrumentenbaus machen wollen, wir Profis würgen die Bohrer da einfach per Hand rein und merken am Handgefühl wie schnell wir vorgehen können beim Bohren, ich hab echt keinen blassen Schimmer wieso irgendwer da eine qualitative Kontrolle für brauchen soll, sowas hat man doch im Gefühl, genau wie die Einstellung des Luftdrucks. Und dass sich der Bohrer bei 2000 Touren der Drehmaschine festfrisst und einem dem Arm bricht? Nää, sowas kommt doch nicht vor wenn man das kann... Ich hab ihn dann ausgelacht und im Forum auf instrumentenbauer-news.de einen Post dazu geschrieben, danach hab ich mich direkt besser gefühlt. :love:

Nee, im Ernst: lass mich doch... will halt keinen Müll bauen und mich dadurch dann auf die Fresse legen oder unnötig eh schon knapp verfügbares Material schrotten. Freut mich total für dich, dass du das alles super kannst. Ich halt noch nicht. Schlimm?
 
So, ich hab jetzt nochmal die durchschnittliche Speichenspannung meines Whizz-Wheels-Vorderrads mit dem TM-1 gecheckt, das hat die gleichen Speichen drin und für die Spannung dürfte die aufgrund der Felgengröße geringfügig andere Länge ja unerheblich sein, weil das gleiche Gewicht dran ziehen soll und auf der gleichen Länge "gemessen" wird. Die Umrechnungstabelle hab ich einfach ignoriert und auf diese „gemessene“ Anzeige am TM-1 hab ich dann mein Laufrad auch angezogen. Das waren 1 3/4 Umdrehungen pro Nippel. Die beiden „Spannungsproben“ von Hexe fühlen sich jetzt bei beiden Laufrädern ungefähr gleich an und wie von ihm als Soll beschrieben, das teilweise Neu-Zentrieren ging viel leichter und genauer und die Felge reagierte auch deutlich besser auf die Nippelumdrehungen. Zudem läuft das Rad jetzt "satter" und länger wenn ichs im Zenrierständer drehen lass, aber das könnte jetzt auch Esotherik sein. Nur der Felgenstoß ist jetzt ein wenig ausreißerisch beim Rundlauf, aber ich hab entschieden das jetzt zu ignorieren - der Rest läuft richtig gut.

Den Reifen zieh ich da jetzt nicht drauf, da ich den sowieso nicht am Vorderrad fahren würde... hab was passendes bestellt und wenn das da ist mach ich mal ne Reifenprobe.

Laut TM-1-Tabelle müsste mein Laufrad jetzt übrigens mit etwa 1800-1900N vorgespannt sein und folglich implodieren. :)

Danke für eure Hilfe, werde berichten wie sich's nun verhält mit montiertem Reifen.
 
Ja, ist auch meine Erfahrung mit dem TM-1, ziemlich daneben, bei mir allerdings in die andere Richtung. Etwas zum Kalibrieren ist schon sinnvoll und muss auch nicht super aufwendig sein. Ich nutze eine 200kg digtale Zugwaage, eine an der Werkbank angebrachte Halterung und ein Spannschloss. Die Gegenseite (Haken) klemme ich im Schraubstock ein - geht einwandfrei. Die sonst üblichen Rahmen sind sicherlich noch ein bissl besser, aber das reicht mir so. Habe mir vor jedem Aufbau angewöhnt, die höchste Zielspannung mit der zu verwendenden Speiche dort einzustellen und den Skalenwert zu checken. Auf diesen wird dann vorgespannt und gut ist. Die (meist niedrigeren) Werte der Gegenseite interessieren mich dann auch eigentlich nicht großartig (außer natürlich Gleichmäßigkeit), da ich an der Höhe eh nix ändern kann und will.
 
So, um das mal noch abzuschließen...

Ich habe nun nach einem freundlichen Tipp eines Users hier für lächerlich wenig Geld aus 'nem Aluprofil und einer Waage eine Zugmaschine gebaut und damit und mit einer der verbauten Speichen mein TM-1 "kalibriert". Die gemessenen Absolutwerte hab ich dann an meinem Whizz-Wheels-LRS geprüft und sie ergaben Sinn, d.h. der LRS war so vorgespannt wie er sein sollte. Nebenbei bemerkt hätte mein Laufrad, wenn ich nur nach der Tabelle des TM-1 vorgegangen wäre, mit der Werks"kalibrierung" auf der Bremsscheibenseite weniger als 600N gehabt statt der 1100N aus der Tabelle. Witzig! ;)

Habe dann beim Vorderrad die Nippel durch Messingnippel ersetzt, weil ich durch meine Raketenwissenschaft zu viel rumgedreht habe und die Nippel darum nicht mehr so dolle waren... und das Hinterrad direkt auch noch eingespeicht. Beide Laufräder dann gestern bzw. heute zentriert und sie sind nun auf dem Bike, mit montierten Reifen, und die gemessschätzte Speichenspannung ist nun genau da wo sie sei soll. Interessant, wie mit steigender Spannung der Spannungsverlust bei Reifenmontage weniger wird, nebenbei scheints mir auch als ob die Reifen leichter drauf gehen. Naja.

Gleich gehts mit dem neuen LRS auf die Hometrails, die extrem verwurzelt sind... ich halte mal gnadenlos drauf und gucke was passiert. ;)

Danke nochmal für alle Tipps!
 
Oder du hast durch deine übermäßige Speichenspannung die Felge in ihrem Durchmesser etwas komprimiert.
Tja, das wird tatsächlich der Fall sein, der Reifendruck macht ja genau das auch: Resultat: die Speichenspannung nimmt ab.
Allerdings reden wir hier von Größenordnungen, die man beim Reifenaufziehen nicht merken sollte...
 
Gnadenloses Wurzeldraufhalten haben die Laufräder gut weggesteckt. Und das mit den leichter draufgehenden Reifen war eher so ein Gefühl, Arbeit wars trotzdem... naja. ;)
 
Hab ich. :)
War heute noch in Willingen mit den Rädern. Völlig unauffällig und stressfrei... die ganz großen Drops auf der DH sind mir eh zu heftig, aber sonst alles gefahren und die Räder hats kein bisschen interessiert. Denke also die halten dann wohl. :)
 
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