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Bontrager SE5 Team Issue im Test
Grip für alle?

Bontrager SE5 Team Issue im Test: 2012 stellte Bontrager den ersten Reifen mit der Nummer 5 vor. Damals noch als reiner Downhill-Reifen G5 angeboten, hat der Hersteller das in Zusammenarbeit mit Aaron Gwin entwickelte Profil auch auf leichtere Reifen übertragen. Neben dem G5 bedient Bontrager mit den Modellen SE5 und XR5 auch den Enduro- und Trailbike-Markt. Helfen die Anpassungen an Karkasse und Gummi, aus dem Downhill-Reifen einen konkurrenzfähigen Enduro-Pneu zu machen? Wir haben die Enduro-Version SE5 Team Issue ausprobiert.

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Steckbrief: Bontrager SE5 Team Issue

2015 wurde der Bontrager SE5 Team Issue auf dem Sea Otter Festival angekündigt. Knackige 75 € pro Reifen wurden zu diesem Zeitpunkt aufgerufen. Der optisch identische Reifen zum G5 soll vor allem durch Anpassungen an Karkasse und eine Einlage im Reifen, sowie die Adaption auf die größeren Laufraddurchmesser besser für den Enduro- und Trail-Einsatz geeignet sein.

Mit 990 g Herstellerangabe für den 29″-Reifen in 2,3″ Breite liegt Bontrager im Durchschnitt – viel weniger Gewicht sorgt an einem Reifen für diesen Einsatzbereich meist schon für Einbußen bei der Haltbarkeit, viel mehr will man aber auch nicht mit auf den Berg schleppen. Unsere Waage bleibt bei 1.003 g und 1.018 g stehen. Das bewährte Profil ist mit einer einlagigen 60 TPI-Karkasse und drei Schutzeinlagen kombiniert. Diese sitzen unter der Lauffläche und an den Seitenwänden und sollen den Reifen vor Beschädigung schützen. Bei der Gummimischung setzt man anstelle einer 42a-Mischung, wie am G5, auf einen Aufbau aus 61/50a-Gummi.

Angeboten wird der Reifen in vier Ausführungen: Jeweils 2,3″ und 2,6″ Breite gibt es für 27,5″- oder 29″-Laufräder. Für die breiten Varianten muss man als Kunde 10 € mehr auf den Tisch legen. Alle Reifen der Team Issue-Reihe sind tubeless ready.

# Kein unbekannter, trotzdem ein seltener Anblick - Der Bontrager SE5 Team Issue läuft etwas unter dem Radar – zu Recht? Wir haben ihn ausführlich getestet

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Im Detail

In schlichtes Schwarz gehüllt, mit wenigen grauen Akzenten, aber ohne auffällige bunte Streifen, andersfarbige Karkasse oder bunte Buchstaben an der Seitenwand: Der SE5 präsentiert sich recht dezent. Auch während und nach der Montage gibt es keine Überraschungen – der Reifen rutscht schnell ans Felgenhorn und dichtet ab. Auf der Felge ergibt sich eine normale Ausformung und der Reifen baut gute 58 mm, entsprechend der ETRTO-Angabe.

Bontrager arbeitet bei seiner Nomenklatur mit System – 6 verschiedene Optionen gibt es, von 0 bis 5. Mit Profilklasse 0 wird flacher Untergrund ohne Hindernisse abgedeckt, 5 ist für härtere Trails, auf denen sich die Erde zwischen Steinen und Wurzeln versteckt. Selten gibt ein Reifenhersteller eine so detaillierte Beschreibung zu seinem Profil heraus wie Bontrager. Welcher Block sorgt wofür, welcher Schlitz erfüllt welche Funktion? Am getesteten „5“ Profil bekommen wir es erklärt:

# Bontrager SE5 Team Issue Profil - Welcher Stollen übernimmt am Profil welche Aufgabe?

Breit abgestützte A-Stollen, die auf der Vorderseite angeschrägt sind, sollen für guten Rollwiderstand sorgen und gleichzeitig bei jedem Neigungswinkel Traktion bieten. Eine scharfe Kante an der Rückseite soll sich beim Bremsen in den Boden graben und die Bremstraktion hoch halten. Die Stollen der B-Reihe sind in der Mitte verbunden. Vorder- und Rückseite gleichen der A-Reihe – Schräge vorne, Kante hinten. Lamellen in Fahrtrichtung erzeugen eine zusätzliche Kante, die sich in den Boden gräbt, zusätzlich können sich die Stollen etwas deformieren und sollen so Traktion bieten.

Die Seitenstollen der C- und D-Reihe sind am Übergang von Stollen zu Reifendecke jeweils abgerundet. Dadurch soll verhindert werden, dass Dreck hängen bleibt, das Profil zusetzt und so die Traktion verschlechtert. Eine Abstützung nach außen soll dafür sorgen, dass der Stollen nicht umknickt und der Reifen somit auf der Kante nicht plötzlich den Grip verliert. An den C-Stollen arbeitet man zusätzlich mit einer Lamelle, die mit einem V-Profil gezogen ist. Wie auch die Lamellen auf den B-Stollen soll die Kerbe im Reifen den Seitenhalt durch eine zusätzliche Kante pro Stollen vergrößern. Am sehr bekannt aussehenden D-Stollen setzt man auf ein Stollendesign, welches etwas weiter in die Mitte hineinragt. Somit sollte der Übergang zwischen Mittelstollen und Seitenstollen recht geschmeidig ablaufen.

Am restlichen Reifen setzt der Hersteller auf bewährte Technik. Eine einlagige 60 TPI-Karkasse weckt zwar keine Glücksgefühle, wenn man an die nächste steinige Abfahrt denkt, dafür ist der Reifen durch eine sogenannte „Core Strength“-Einlage verstärkt. Dieser Nylon-Einsatz an den Seitenwänden und unter der Lauffläche soll den SE-Reifen genügend Schutzwirkung in ruppigem Gelände und ausreichend Unterstützung in Kurven geben, damit der Reifen nicht einknickt.

Im Vergleich zu den leichteren XR-Reifen mit 120 TPI-Seitenwand sollte die Karkasse mit geringerer TPI-Zahl und demzufolge dickeren Fäden etwas weniger flexibel sein – das wirkt sich zwar negativ auf den Grip aus, sorgt aber für mehr Dämpfung.

Marke ModellUVPGewichtDurchmesserReifenbreite
BontragerSR5 Team Issue49,99 €1018 g29"2,3"
e*thirteenTRSr79,99 €933 g29"2,35"Testbericht lesen
MaxxisMinion DHR II TR EXO69,50 €825 g29"2,3"Testbericht lesen
OnzaIbex59,99 €925 g29"2,4"Testbericht lesen
SchwalbeMagic Mary SG62,90 €1165 g29"2,35"Testbericht lesen
SpecializedButcher Gripton46,90 €975 g29"2,6"Testbericht lesen
VittoriaMota59,95 €1020 g29"2,35"Testbericht lesen
WTBVigilante Tough/High Grip64,90 €1141 g29"2,3"Testbericht lesen
# In Zeiten wo 2,6"-Reifen an Neurädern fast schon als gesetzt zählen, ein ungewöhnlicher Anblick - Entsprechend der geringen Breite, wurde der Reifen auf einer Felge mit 25 mm Maulweite gefahren.
# Ähnlichkeiten hat der SE5 an den Seitenstollen vor allem mit Maxxis Minion DHF - Zu Erwarten war also gewohnt guter Kurvenhalt. Etwas breitere Stollen in der Mitte versprechen mehr Bremstraktion.

Technische Daten

Alle technischen Daten, Details und Standards des Bontrager SE5 Team Issue findet ihr in der folgenden Tabelle zum Ausklappen:

Größe27.5" x 2.3"27.5" x 2.6"29" x 2.3"29" x 2.6"
Durchmesser27,5"27,5"29"29"
Breite2.3"2.6"2.3"2.6"
TPI60 TPI60 TPI60 TPI60 TPI
Durometer61a/50a61a/50a61a/50a61a/50a
TypTubeless Ready/DrahtreifenTubeless Ready/DrahtreifenTubeless Ready/DrahtreifenTubeless Ready/Drahtreifen
Höchstdruck50 psi50 psi50 psi50 psi
ETRTO58-58466-58458-62266-622
PannenschutzCore StrengthCore StrengthCore StrengthCore Strength
Gewicht935 g1015 g990 g1080 g
Preis49,99 €59,99 €49,99 €59,99 €

Auf dem Trail

Schmaler Reifen, schmale Felge, nicht allzu hohe Stollen – montiert sieht der Bontrager SE5 wenig aggressiv aus. Aus Fahrerperspektive fast schon ungewohnt schmal, baut sich der Reifen zwischen den weit auseinander stehenden Standrohren der Boost-Federgabel am Trägerbike auf. Nachdem uns die meisten Testräder aber inzwischen mit dicken 2,5 – 2,6″-Gummis erreichen, freuen wir uns auf die Abwechslung.

Bergauf rollt der SE5 sehr angenehm dahin und hilft, Kraft für die Abfahrt zu sparen. Grip? Ausreichend, auch für Trail-Uphills. Auf losen Untergründen neigt der Reifen zwar etwas schneller zum Durchdrehen, allgemein ist das Verhältnis zwischen Abrollverhalten und Grip aber sehr gut. Trotz der geringen Breite kann man den Druck weit genug absenken, um bergauf komfortabel unterwegs zu sein.

Ganz ohne Grund haben wir uns nicht auf die Abwechslung gefreut: Breite Pneus auf Felgen mit gigantischen Maulweiten bieten schier endlosen Grip, das Fahrverhalten wird dafür aber oft weniger direkt. Gleichzeitig schrumpft der Grat beim Einstellen des Luftdrucks, also zwischen Springen und Wegknicken des Reifens und man muss sehr genau arbeiten und lange optimieren. Schmale Reifen können zwar durch die geringere Auflagefläche nicht ganz so viel Traktion aufbauen, punkten dafür aber mit spritzigem Fahrverhalten. Gleiches gilt für den Bontrager SE5 Team Issue – montiert auf einem Trail-Bike konnte uns der Reifen den ganzen Sommer bespaßen.

Vor allem dem breiten Einsatzspektrum des Reifens konnten wir viel abgewinnen – ob staubige, mit Steinen und Wurzeln durchsetzte Böden, rutschige Lehmabfahrten oder sandige Piste, der Reifen konnte immer wieder gute Leistung erzielen. Auf harten Untergründen sorgen die tendenziell höheren Reifendrücke und die niedrigen Stollen für Kontrolle: Einknicken der Seitenwand oder Umklappen der Stollen? Fehlanzeige – der Reifen fährt sich sehr sicher und lädt dazu ein, das Rad mit Schmackes um die Kurven zu knüppeln. Wenn sich der Verstand einschalten muss, um daran zu erinnern, dass Laufräder ganz schön teuer sein können, läuft meistens etwas sehr richtig.

# Wenn man sich keine Sorgen um den Bodenkontakt machen muss, fällt das Spielen sehr viel leichter.

In tiefere Böden dringt der schmale Reifen eher ein, als dass er aufschwimmt – auch wenn sich die Stollen nicht ganz so tief ins Erdreich drängen, generiert das Profil ausreichend Traktion. Das kommt dem Bontrager SE5 Team Issue sowohl bei staubigen Bedingungen als auch auf durchweichtem Erdreich zu gute. Gemessen am niedrigen Profil ist der Grip sehr gut. Wer schnell fährt, möchte auch schnell zum Stehen kommen – hier punktet der SE5 nicht mit Bestnoten. Vor allem wenn es lose wird, sollte man schlau fahren, seine Bremspunkte rechtzeitig setzen und auf den hohen Kurven-Grip des Reifens vertrauen.

Wie steht es aber um Haltbarkeit und Dämpfung? Bei der Dämpfung hat Bontrager am SE5 einen guten Schnitt für ein breites Nutzer-Spektrum gefunden – für Leichtgewichte war die Dämpfung auch in hartem Gelände ausreichend, wer aber ein paar Kilo mehr auf die Waage bringt, könnte mit dem Gedanken spielen, am Hinterrad einen G5 zu montieren oder ein Insert zu verbauen. Bei der Haltbarkeit muss der Reifen kleine Abstriche machen. Nach vier Tagen mit dem Trailbike im Bikepark-Einsatz stanzte ein Stein ein Loch in den Hinterreifen, das durch die Tubelessmilch nicht mehr abgedichtet werden konnte. Eine Maxalami konnte den Schnitt aber stopfen. Im Laufe des MTB-Reifen Tests ließ die Dämpfung am Hinterrad zudem etwas nach.

Das ist uns aufgefallen

# Ein Stopfen neben dem Seitenstollen musste während eines Bikepark-Besuchs abdichten - Der Hinterreifen ist zudem etwas weicher geworden.
# Die hohe Laufleistung im garstigen Gelände hat Spuren hinterlassen - Insgesamt ist die Haltbarkeit des Profils aber gut – die Stollen sind zwar entgratet, aber noch nicht komplett zerfressen

Fazit – Bontrager SE5 Team Issue

Das perfekte Produkt gibt es nicht, zu verschieden die Vorlieben und individuellen Anforderungen. Auf der Suche danach werden wir aber immer wieder von weniger stark verbreiteten Produkten überzeugt, die dem sehr nahe kommen. So auch vom Bontrager SE5 Team Issue. Fans von direktem Fahrverhalten, berechenbaren Reifen und spritziger Fahrweise können auch mit einem 2,3" breiten Reifen glücklich werden. Viel Grip, solide Bremstraktion und ein angenehmer Rollwiderstand treffen auf gute Pannenresistenz und angemessene Haltbarkeit. Das macht den Bontrager SE5 Team Issue zum guten Allrounder.

Pro / Contra

Pro

  • Fahrverhalten – Grip, Dämpfung, Bremstraktion
  • Guter Rollwiderstand
  • Preis-Leistung

Contra

  • Karkasse am Hinterreifen wurde etwas weicher
# Rundum glücklich? - Vor allem Fahrer die auf spritziges Fahrverhalten aus sind, bekommen mit dem Bontrager SE5 Team Issue ein sehr stimmiges Gesamtpaket.

Testablauf

Der Bontrager SE5 Team Issue wurde während dem mehrere Monate andauernden Testzeitraum auf einer DT Swiss EX471-Felge und einer Stan’s Notubes Flow MK3 bewegt. Vom Fliegengewicht bis zum kräftigeren Fahrer musste sich der Reifen in forderndem Gelände beweisen. Im Testzeitraum wurden verschiedene Drücke ausprobiert, um die optimale Performance aus dem Reifen herauszukitzeln. Gondel-unterstützte Uphills machte der Reifen an fünf Tagen mit, im restlichen Testzeitraum wurden sämtliche Anstiege aus eigener Kraft erarbeitet.

Hier haben wir den Bontrager SE5 Team Issue getestet

Tester-Profil: Christoph Spath
Körpergröße 190 cm
Schrittlänge 94 cm
Oberkörperlänge 49 cm
Armlänge 60 cm
Gewicht 70 kg
Chris fährt gerne alles, von Dirt Jump über Trail und Enduro bis Downhill, gerne schnell, in grobem Gelände und mit viel Luftstand
Fahrstil
flüssig
Ich fahre hauptsächlich
Downhill, Enduro
Vorlieben beim Fahrwerk
auf der straffen Seite, viel Druckstufe, Balance zwischen Front und Heck
Vorlieben bei der Geometrie
vorne lang, hinten mittellang, flacher Lenkwinkel

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