05.06. 20:00 Quito, 2700m

Bin noch das Stückerl zwischen El Quinche und Quito schuldig geblieben, ...

... dabei warens zwanzig recht coole Kilometer auf einer stillgelegten Bahnstrecke. Natürlich fahren wir nicht bis ins Zentrum von Quito mit dem Bike, das bringts eher weniger. Zudem hört man so viele Horrorgeschichten von dieser Stadt, dass ein bisserl Vorsicht durchaus angebracht scheint. Ein Reiseradler der uns auf der Bahntrasse entgegenkommt, wurde einen Tag vorher in Quito ausgeraubt: Steht mit dem Radl an einer Ampel an einer belebten Kreuzung, zwei Leute stürmen auf ihn zu, schubsen ihn vom Bike, reissen alles an sich was sie kriegen können (in seinem Fall Rucksack mit Geld und Reisepass) und verschwinden nach zehn Sekunden direkt im Gewühl. Kein Spaß.

Statt dessen wird im "Case de Ciclista" in Tumbaco Halt gemacht. Von diesen netten Einrichtungen gibts ein paar in Südamerika, verteilt über den ganzen Kontinent. Meistens sind das grosse Häuser bzw Grundstücke, die ehemaligen Weltberadlern gehören. Radler können hier umsonst übernachten, am Drahtesel basteln, anderer Biker treffen, oder einfach nur abhängen. Wir hängen auch ab, ganze zwei Nächte lang. Es gibt einiges zu erledigen in Quito, neue
Reifen, neue Kette, Carepaket aus Deutschland abholen mit Bremsbelägen von Canyon, Bluetooth-Tastatur von slichti.
Außerdem hatte ich einige Trailtips für die Berge rund um die Stadt, von denen leider im Endeffekt keiner funktioniert: Das Wetter in Ecuador ist zur Zeit einfach zu doof. Ab dreieinhalbtausend Metern gibts geschlossene Wolkendecke mit nassem Regenkrempl und drei Metern Sichtweite. Drunter gehts einigermassen, da nieselts nur den ganzen Tag. Aber da sind die Berge halt reichlich unspannend. Ich warte zwei Nächte auf Besserung, aber außer Spesen ist nix gewesen. Na was solls, radeln wir eben morgen früh weiter in Richtung Cotopaxi-Vulkan. Auf der "Avenida de los Volcanes" wird zwar auch keine Sonne scheinen, aber man kann ja auch nicht ewig rumsitzen.
Der Kontakt zu den ecuadorianischen Mountainbikern verläuft derzeit ein bisserl schlaftablettig. Ich hab noch in Kolumbien versucht, den lokalen Experten ein paar Infos zu entlocken. Viel kam nicht dabei raus, ausser "lets meet in Quito to talk". Antwortverzögerungen von über einer Woche sind die Regel. Anderer Länder, andere Sitten, nicht dass ich mich beklagen dürfte ;-]. Aber so funktioniert das auf einer Mountainbikereise eben nicht gescheit. Klarerweise erfahre ich dann in Quito, dass ich zwei Tage zuvor in Otavalo an einem frisch gebauten Fünfzehnhunderthöhenmeterdownhilltrack vorbeigefahren bin und statt dessen im Tal nebendran eine Piste runterbrezeln durfte. Da hätt man vorher ja wirklich mal ein Wörtchen per email fallen lassen können, hab extra noch genau meine Route beschrieben und explizit erklärt, wie das mit dem "Bikereisen" so funktioniert. Wenn man mal dran vorbei ist, dann ist man eben dran vorbei. Rückwärts gibts nicht und ein "lets meet in quito for a pizza" bringts in so einem Fall halt nicht.
Egal, was solls, weiter im Text. Bin ja nicht primär wegen der Trails hier sondern wegen dem coolen Kontinent im allgemeinen. Wenn was geht, solls mir recht sein. Wenn nicht, dann eben nicht.
Was grad nicht wirklich geht, ist Specki. Seit einer Woche untermalt mein Radl jeden Uphillmeter mit einem gruslig lauten Knarzen. Das geht soweit, dass ich mittlerweile nur noch mit Ohrstöpsel und lauter Musik bergauf fahren möchte. Habe im Casa de Ciclista fast alles auseinandergebaut, was mir dazu eingefallen ist: Pedale ab, Kurbel raus, kompletten Hinterbau runter, alle Lager auf, alles sauber machen und neu fetten, alle Schrauben am
Sattel, neue Kette, neue
Reifen, selbst das Schaltwerk hatte ich in Verdacht. Im Endeffekt hat alles nix geholfen, Specki knarzt nach wie vor gewaltig bei jeder halben Pedalumdrehung mit Schmackes. So hartnäckig hatte ich das bisher noch nie... noch jemand irgendeine Idee? Hmm... die Kassette hatte ich noch nicht runter, vielleicht ists was am Freilauf? Oder an den Speichen? Bin fast mit meinem Latein am Ende.