Idealerweise bräuchte es eine politische Grundsatzentscheidung, welche die aktuelle Entwicklung in gute Bahnen lenkt.
Mit aktueller Entwicklung meine ich den zunehmenden Nutzerdruck in der Natur, speziell in der Nähe von (Groß-)Städten. Die Zunahme ist auf verschiedene Faktoren zurückzuführen, wurde aber durch die Corona-Situation speziell in Stadtnähe noch verschärft.
Die Grundsatzentscheidung müsste sein, die Nutzung der Natur speziell in der Nähe der Großräume zu fördern, sie aber auch gleichzeitig sinnvoll zu lenken.
Das hieße dann, großräumige Wegenetze anzulegen, die für Nutzergruppen wirklich attraktiv und dabei idealerweise mit öffentlichen Verkehrmitteln zu erreichen sind. Dafür sollten Wege neu gebaut oder bestehende Wege ausgewiesen und ggf. angepasst werden, und zwar für ALLE Nutzergruppen, eventuell mit Nutzungsempfehlungen, aber ohne irgendwelche Verbote. Im Gegenzug sollten dann Gebiete, wo das aus Naturschutzgründen wirklich geboten ist, für ALLE Nutzergruppen eingeschränkt werden.
Diese Wegenetze sollten dann offensiv kommuniziert werden, vor allem sollte aber für den Unterhalt und speziell auch für die Akzeptanz gesorgt werden. Das hieße dann auch, gezielt gegen Stöckchenleger, Wild-Trailbauer, Rowdies aller Art, Naturverschmutzer etc. vorzugehen.
Für mich persönlich könnte das zwar einige Einschränkungen bedeuten, weil ich mich hier in unserer Ecke eigentlich ganz wohl fühle (was sich aber ändern kann, wenn die Entwicklung so weiter geht), aber wenn es bedeutet, dass sich die Situation für die Mehrheit und auch für die Natur verbessert, bin ich gerne bereit, mit den Einschränkungen zu leben.
Die Vorteile einer solchen Lösung liegen auf der Hand:
- Nachhaltigere Naturnutzung einer Vielzahl an Menschen, weil näher am Wohnort
- Besseres Erholungsangebot für viele Menschen
- Entlastung bisheriger Naherholung-Hotspots
- Befriedung der Situation an bisherigen Problemstellen
- Verbesserung des Naturschutz durch mehr tatsächliche Ruhezonen
Der politische Wille für eine solche Lösung muss allerdings erheblich sein, denn die Lösung müsste gegen viele Partikularinteressen durchgesetzt werden:
- Hobby-Jäger
- Hobby-Naturschützer
- Hobby-Trailbauer
- Bedenkenträger aller Art
- Grundbesitzer
Letztere könnte man allerdings kompensieren.
Im Grunde müsste man für die Planung von Wanderwegen genauso vorgehen wie im Straßenbau: Bedarfsanalyse, Abwägen von Nutzen und Beeinträchtigungen, Durchsetzen und ggf. Kompensation von Benachteiligten (nur das man im Straßenbau heute sehr oft daran zweifeln kann, ob es noch einen Bedarf gibt bzw. ob ein Neubau sinnvoll ist, während ein zusätzlicher Bedarf an Naherholung insbesondere in Stadtnähe eigentlich unstrittig sein sollte).
Wenn ich mir die Situation bei uns anschaue: Da gibt es Wege, die sind im Bayern-Atlas als offizieller Wanderwege ausgewiesen, die sind aber null gepflegt, im Sommer total zugewachsen, enden in verschlammten Karrenwegen oder in Windbruchzonen, wo man kaum mehr durchkommt. Andererseits gibt es viele häufig genutzte Wege, die sind nirgends verzeichnet, geschweige denn als Wanderwege ausgewiesen (teils ist die Nutzung durch Biker dabei deutlich erhöht, teils sind das aber wirklich Wanderwege, die quasi schon immer genutzt wurden und wo sicher immer noch mehr Fußgänger denn Radfahrer unterwegs sind).
(Wander-)Wege scheinen ein Thema zu sein, dass in vielen Regionen auf überhaupt keiner öffentlichen Agenda steht, außer dass es verschiedene Interessensgruppen gibt, die am liebsten jegliche Wegenutzung - ganz gleich von wem, wo und zu welchem Zweck - verbieten würden. Ich denke, das muss sich in der heutigen Zeit ändern.