Da ein Forum keine Einbahnstraße sein sollte, möchte ich meine Toureindrücke mit euch teilen.
Mittwoch Mittag, Anreise. 800km für eine 3,5 Tagetour - kann man machen. Ich verstehe aber jeden, der da den Kopf schüttelt. Eigentlich hatte ich vor, die Nacht in Taufers zu verbringen. Die Parkplätze im Ort sind allerdings voll, so das ich zunächst etwas planlos einen Stellplatz suche. Ich fahre zurück nach Mals und steuere den Parkplatz am Schwimmbad an. Der ist kostenlos und es stehen schon zwei Fahrzeuge hier, die verdächtig nach Mehrtagestourenfahrer ausschauen.
Es regnet die ganze Nacht durch, ich schlafe ziemlich unruhig und werde gegen 5Uhr endgültig wach. Sachen packen, Frühstück - Abfahrt.
Zunächst fahre ich immer dem ausgeschilderten Radweg folgend in Richtung Santa Maria. Der Weg ist gut, die Anstiege moderat und so fährt sich dieser Teil schnell weg. Hinter Santa Maria wird es das erste Mal anstrengend und es geht hoch zum Döss Radond.
Bis zur Alp Mora wird es dann wieder entspannter und die Landschaft entschädigt sowieso für Alles! Kurz hinter der Alp muss das Rad getragen werden. Mich stört das nicht weiter - Radtragen liegt mir.
Bis zur Fuorcla del Gal kann sich der Trail nicht für bergauf oder bergab entscheiden, was mich für den Moment etwas nervt. Überhaupt habe ich das Gefühl, mein Körper will heut nicht so wie der Kopf. Bis an den Lago di Livigno geht es dann gut bergab, der Trail ist entspannt und kaum fordernd. Bis zum Lago di Fraele zieht es sich dann doch noch etwas. Die Höhenmeter bis zum See hatte ich nicht auf dem Schirm und ich merke, dass ich dringend eine Pause benötige. Je näher ich dem Stausee komme, um so voller wird es. Besonders die großen Gruppen E-Biker fallen mir auf. Ich will hier wieder weg!
Der letzte Anstieg des Tages zur Alpe Trela ist recht zornig und ich muss immer wieder schieben. Die Alpe liegt sehr schön und ist grundsätzlich empfehlenswert. Leider wissen das alle anderen Ausflügler auch und so ist es recht voll. Ich zähle die Räder nicht aber es stehen sicher an die 30 E-Bikes am Zaun. Zwei große Gruppen tummeln sich auf der Terrasse und machen das, was große Gruppen halt so machen. So bleibe ich nicht unnötig lange und ziehe etwas nachdenklich weiter. Es geht noch ein paar wenige Höhenmeter bergauf, ehe mich der letzte Trail in Richtung Isola / Trepalle führt. Der Weg ist von der Sorte "jetzt nicht übertreiben". Technisch einfach, kann man hohe Geschwindigkeiten fahren.
Ich habe am Morgen ein Zimmer im Bait de Angial gebucht, weil ich auf Livigno irgendwie keine Lust hatte. Eine gute Entscheidung, die Unterkunft kann ich uneingeschränkt empfehlen. Tolle Zimmer, gutes Essen, ruhige Lage!
Nach dem sehr guten Frühstück, geht es die ersten KM auf einem Trail in Richtung Livigno. Ich mache aber irgendwas falsch und lande direkt am Ufer des Torrente Vallaccia. Eigentlich verläuft der Track ein paar Meter höher und soll ein schöner Trail sein. Hier unten geht es stockend vorwärts, da ich immer wieder die Flussseite wechseln muss.
Der erste Anstieg bis zum Lago dell Alpisella ist bitter und kostet Körner. Wie auch am Vortag tummeln sich hier reichlich Tagesfahrer, die sich teils lautstark nach oben peitschen. Die Landschaft am Lago ist traumhaft und nachdem der Track vom Forstweg auf den Trail abzweigt, kommt richtig gute Laune auf..
Da meine Tour eine Acht beschreibt, bin ich nun wieder am Stausee / Lago di Fraele. Es ist hier nicht weniger voll als am Vortag, so dass ich das Teilstück schnell hinter mir bringen möchte.
Hinter dem See geht es zunächst mäßig steil in Richtung Valle Forcola. Hier wird es deutlich ruhiger und ich fühle mich gleich viel besser. Ich habe irgendwo gelesen, dass der Trail bis zur Malga Pedenolo wenigstens teilweise fahrbar sein soll. So, so!? Ich schiebe die vielen Kehren bergauf. Auf Grund der sehr beeindruckend Landschaft, ist das aber kaum eine Qual. Es ist toll hier!!
Im oberen Teil kommt mir eine Gruppe Biker entgegen. Das ich für´s Platzmachen kein "Danke" bekomme, verkrafte ich ganz gut. Was mir aber tatsächlich gegen den Strich geht, ist die "Fahrtechnik". Die Spitzkehren werden ohne Rücksicht, mit blockiertem Hinterrad genommen - was für Pappnasen. Mein Unmut darüber steigert sich, als ich hinter der Malga die vielen "Chickenways" entdecke. Der eigentliche Trail scheint vielen zu langweilig, so das sich zahlreiche Abkürzungen in die Wiese fressen. Ich versuche meinen Frust darüber nicht die Oberhand gewinnen zu lassen und ziehe weiter.
Landschaftlich wird es nun immer spannender und spätestens ab der Bochetta di Pedenolo lacht mein Herz. Bis zur Bochetta die Forcola geht auf dem Trail erst ein wenig bergab, dann wieder etwas bergauf, bleibt aber immer traumhaft. Oben angekommen liegt die letzte Abfahrt vor mir und in der Ferne kann ich bereits das Stilfserjoch erkennen. Der Trail bis zum Umbrailpass ist einfach nur toll! Schnell bin ich am Pass und tanke für die letzten HM noch ein paar Kohlenhydrate. Auf die Passstraße habe ich keine Lust und entscheide mich für den Trail zur Dreisprachenspitze. Das ist sicher deutlich anstrengender aber ich habe noch gut Zeit und lasse es entspannt angehen. Oben angekommen verweile ich noch ziemlich lange, auch weil mir der Trubel am Stilfserjoch noch zu viel ist. Irgendwann wird es einigermaßen ruhiger und ich komme in der Tibethütte unter.
Am nächsten Morgen starte ich in Richtung Goldseetrail. Ich zweige nach wenigen Metern ab und steuere den Piz Cotschen an. Eine einsame Wanderin staunt einigermaßen als wir uns begegnen. Zugegeben, bergauf komme ich mir hier ein wenig deplatziert vor. Der Weg verlangt Aufmerksamkeit und einen sicheren Tritt. Der Gipfel ist schnell erreicht und am Morgen auch vollkommen einsam. Leider ist es etwas bewölkt, so dass die Sicht etwas getrübt bleibt. In der Abfahrt kann ich mehr fahren als angenommen. Da ich alleine unterwegs bin, verhalte ich mich aber sehr defensiv und trage auch vieles. Alsbald schwenke ich wieder auf dem Goldseetrail ein. Der Weg überrascht mich, habe ich ihn doch als flüssiger fahrbar in Erinnerung. Bis zur Furkelhütte müssen einige Geröllfelder passiert werden. Von der Hütte will ich runter nach Gomagoi und hier in den Bus nach Sulden. Ich baue aber ziemlichen Bockmist und wähle ab Prader Alm den Weg Nr. 12. Ein
100% Reinfall - extrem steil, extrem eng und immer wieder zugewachsen. Bis ich unten bin, ist der Bus weg und ich müsste eine Stunde warten. Darauf habe ich keine Lust, fühle mich außerdem ganz gut und entschließe aus eigener Kraft nach Sulden zu fahren. Während der Auffahrt bemerke ich ein unschönes Klappern am Vorderrad und muss feststellen, dass sich die Bremsscheibe gelockert hat. Dank Centerlock lässt sich das Problem zunächst auch nicht beheben und ich überlege, wie realistisch es ist, vom Madritschjoch nur mit der Hinterradbremse abzufahren
Im Laerchenhof, direkt an der Seilbahn ist man aber sehr hilfsbereit und so gelingt es mir mit einer Rohrzange, dass Problem zu beheben. Für die nächsten HM investiere ich gerne die 15€ und nehme die Seilbahn. Ab der Bergstation steige ich voll motiviert auf das Rad, werde aber schnell in die Realität zurückgeholt und schiebe in Richtung Joch. Am zweithöchsten Punkt meiner Tour macht das Wetter leider lustige Sachen und so kommt für die letzten 100HM die Regenjacke zum Einsatz. Soll ja nicht umsonst dabei sein! Oben angekommen ist mir kalt und nass, so dass ich den Moment leider wenig genießen kann. Die Idee, noch einen der naheliegenden Gipfel mitzunehmen, streiche ich ganz schnell. Muss ich halt nochmal her!
Helm auf, Handschuhe an - nix wie runter. Nach etwa 5 Minuten Abfahrt scheint die Sonne - ich nehme es humorvoll und drehe mich etwas wehmütig um. Gegen 17 Uhr komme ich an der Zufallhütte an und mache eine ausgedehnte Pause. Ursprünglich hatte ich vor, hier noch eine Nacht zu bleiben. Die Hütte sieht einladend aus und die umgebende Landschaft ist sowieso ein Traum. Aber irgendwie entschließe ich mich, dennoch bis in´s Vinschgau abzufahren. Mal auf der Straße, mal auf dem Talweg rolle ich bergab. Der Talweg ist im oberen Teil recht anspruchsvoll und nach dem langen Tag nicht mehr mein Fall. Als kleines Dessert gönne ich mir noch den Montanitrail, ehe ich in die Vinschgaubahn steige und zurück nach Mals fahre.
Unterm Strich - drei fantastische Tage!! Ich würde es wieder so machen. Wenns geht, würde ich um den Bereich der Stauseen bei Livigno einen Bogen machen. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau.
Danke für die tollen Tipps aus dem Forum!