Was wahr ist, darf man sagen!

Die zweite Nacht ist deutlich besser, als die erste. Leider merke ich direkt nach dem Aufstehen, dass ich immer noch Magen habe. Oh Mann! Also nehm ich nach dem Frühstück, dass relativ sparsam ausfällt gleich nochmal eine Immodium. Schließlich sind wir heute wieder den ganzen Tag unterwegs und wollen auch aus Kathmandu rausfahren. Hoffentlich wirkt das Zeug!
Unser erstes Ziel heute ist Pashupatinath.
Wir folgen Ramesh, der Kathmandu wirklich wie seine Westentasche kennt, durch verwinkelte Straßen und Gassen, abseits der Hauptverkehrsstraßen. Zwischendurch halten wir an einem kleinen Laden und einige von uns kaufen sich dort ein Buff. Der Dreck, der in der Luft von Kathmandu hängt, ist wirklich belastend für die Atemwege (auch für die Einheimischen, die sich des Drecks darin immer wieder sehr geräuschvoll entledigen...uärgh!) und wir hoffen, dass die Tücher wenigstens ein bißchen Abhilfe schaffen.
In Pashupatinath angekommen, stellen wir die Räder ab und betreten den Ort zu Fuß. Da Ramesh keine Lizenz hat, darf er uns auch nichts erzählen und bleibt bei den Rädern.
Bei Pashupatinath handelt es sich um eine sehr bedeutende hinduistische Pilgerstätte. Hier wird Shiva, die Gott des Lebens verehrt. Die Stätte liegt am Ufer des Flusses Bagmati, dessen Wasser als heilig gilt. Am Ufer befinden sich auch die sogenannten Ghats (Leichenverbrennungsstätten), unterteilt nach Arya Ghats (Verbrennungsstätten der höheren Kasten) und Surya Ghats (Verbrennungsstätten für niedere Kasten). Außerdem steht dort auch ein Hospiz.
Für Hindus gilt es als höchstes religiöses Verdienst, sich hier nach dem Tod verbrennen zu lassen. Dem Glauben nach befreien sie sich dadurch aus dem leidvollen Zyklus der Wiedergeburten.
Auf mich wirkt der Ort anziehend/faszinierend und abstoßend zugleich und zwar in gleichem Ausmaß.
Wir bewegen uns am gegenüberliegenden Ufer der Ghats (dieser Bereich darf nur von Hindus betreten werden). Der Fluß ist unglaublich dreckig, das Wasser ist trüb und es schwimmt eine Menge Müll darin rum. (In einem Reiseführer hab ich dazu einen Eintrag gelesen, bei dem ich schmunzeln mußte: Die reinigende Wirkung des heiligen Wassers kann nur spiritueller Art sein...

, trifft zu!) Und es stinkt. Nicht nach verbranntem Fleisch oder so, nein. Aber schon nach Qualm und Rauch und das beißt ganz schön in der Nase.
An unserem Ufer sitzt u.a. eine Familie und macht Picknick, zumindest sieht es oberflächlich betrachtet so aus. Außerdem bewegen sich hier eine Menge merkwürdige Gestalten, die irgendwie unheimlich wirken. U.a. die Sadhus , schmächtige Männer mit verfilzten, manchmal meterlangen Haaren oder sehr langen Nägeln. Die Gesichter sind mit roter, gelber und weißer Farbe geschminkt. Sie leben in Askese und verehren Shiva in seiner Gestalt als zerzauster Yogi. Sie schlafen unter freiem Himmel oder in einem der kleinen Tempel und leben von Spenden (die sie auch mit Nachdruck einfordern, wenn man sie fotografiert!). Aus kleinen Tonpfeifen rauchen sie Cannabis um sich in einen meditativen Zustand zu versetzen....weswegen sie öfter in der Gesellschaft von Junkies zu sehen sind.
Am anderen Ufer dagegen wird gerade ein zur Verbrennung vorbereiteter Körper herangetragen, gefolgt von seinen Angehörigen. Etwas oberhalb befindet sich das Hospiz, vor dem gerade eine tote Frau der rituellen Reinigung mit dem heiligen Wassers unterzogen wird. Anschließend wird auch sie zur Verbrennung vorbereitet werden.
Irgendwie schon merkwürdig: Der Tod im Mittelpunkt der Öffentlichkeit. Wir Westler haben da doch ein anderes Verständnis von Pietät. Ich glaube, ich würde etwas überrascht gucken, wenn ich auf eine Beerdigung ginge und 2 Grab-Reihen weiter sitzten Leute und machten Picknick oder fotografierten uns voller Neugierde.
Pasupatinath von
*monesi* auf Flickr
Pasupatinath Hospiz von
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Pasupatinath von
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Pasupatinath von
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Nach ca. 1,5h verlassen wir diesen Ort und irgendwie bin ich darüber doch erleichtert!