Mir fällt eine kleine Fortsetzung der Story ein. Sie ist von dem Buch "Der Lotse" von Frederick Forsyth inspiriert.
Nach der Begegnung im Wald bin ich erst einmal auf Urlaub gefahren. In die Nähe von Berlin - Familie besuchen und ein bisschen biken. Da ich das Stereo ohnehin noch einfahren will, hab ich es einfach mitgenommen. Ich kann im Zug eh nur ein Bike mitnehmen und die Wahl fiel aufs Stereo.
Eines Tages war ich auf einer langen Tagestour unterwegs und geriet in die Dämmerung und schließlich in die Nacht. Zeit, nach Hause zu fahren. Doch ich verliere so langsam die Orientierung in den weiten Wäldern Brandenburgs. Leider war auch der Akku meines iPods leer, auf dem ich eine Kartenapp habe um zu navigieren. Während es immer später wird, realisiere ich, dass ich im Kreis zu fahren scheine. An der Stelle war ich doch schon mal....
Mittlerweile ist ein heftiges Gewitter aufgezogen. Der Regen verwandelt den Waldboden in eine Schlammpiste und die Blitze tauchen den Wald in ein bedrohliches grelles Licht. Ich bin völlig durchnässt und durchgefroren, da es wegen des Gewitters verdammt kalt geworden ist.
Doch während ich einen schmalen Trail entlangfahre, taucht neben mir plötzlich etwas auf. Es scheint ein Biker zu sein. Sein Bike ist eines der allerersten Mountainbikes - ein uraltes Specialized. Er selbst trägt einen alten, notdürftigen
Helm, eine Art Jeans und eine Lederjacke. Seine Hände stecken in Lederhandschuhen. Die ganze Ausrüstung scheint aus den 70ern oder 80ern zu stammen. Ich bremse das Stereo ab, damit er mithalten kann - es tut gut, einen anderen Biker zu treffen. Doch er holt mich mühelos ein, obwohl der Trail steil bergab führt. Sein weißer Schal flattert im Fahrtwind. Ich rufe ihm zu, dass ich mich verirrt habe, doch er antwortet nicht. Er gibt mir Handzeichen, ihm zu folgen. Völlig verdattert, doch froh über die Hilfe folge ich ihm bis zu einem kleinen Gasthaus am Rande eines Dörfchens. Ich sehe mich um, doch der Biker ist verschwunden.
Völlig durchnässt, von Kopf bis Fuß mit Schlamm bespritzt betrete ich die Wirtsstube. Da ich mein Bike nicht draußen stehen lassen wollte, habe ich es im Eingangsbereich an die Wand gelehnt. Außer der Wirtin und ihrer Tochter ist niemand im Raum.
"Menschenskind, Sie sehen ja aus!" ruft die Wirtin. "Kommen Sie erstmal rein. Sarah, mach unserem Gast mal nen warmen Tee!"
"Oh danke..." erwidere ich und erkundige mich nach dem Weg zurück in den Ort wo meine Familie wohnt.
"Bei dem Wetter? Nee nee, dat wird nix, wa! Sie bleim heute nacht lieber hier und morgen fahrn Se zurück, wa! Ihr Rad könn Se hier in der Stube abstellen, dann klauts keener!" meint die Wirtin.
Da gerade in dem Moment ein ohrenbetäubender Donner die Gaststube erzittern lässt und ein darauffolgender Blitz eine grelle Lightshow in dem Raum entstehen lässt, beschließe ich, das Angebot anzunehmen, zuhause anzurufen um Bescheid zu geben und morgen in Ruhe zurückzufahren.
Außerdem betritt in dem Moment die Tochter der Wirtin mit zwei Tassen Tee und ein paar Klamotten den Raum. Während sie und ihre Mutter noch etwas aufräumen, ziehe ich mich um. Es tut gut, endlich die nassen, schlammigen Sachen lozuwerden! Während die Wirtin sich zurückzieht, bleiben ich und ihre Tochter noch etwas in einem Nebenraum sitzen und unterhalten uns. Mein Blick fällt irgendwann auf das Bild eines jungen Mannes, vielleicht Mitte/Ende 20. Er trägt eine Lederkluft, einen
Helm und hält ein altes Specialized neben sich.
"Wer ist denn das?" frage ich Sarah.
"Oh....das ist Chris" antwortet sie "Er hat hier im Ort gelebt....einer der ersten Mountainbiker. Er fuhr hier, als das mountainbiken damals von Amerika nach Deutschland kam. Ist kreuz und quer durch die Wälder gefahren. Früher war das hier das reinste Radlerparadies. Aber in den weiten Wäldern haben sich öfters mal Leute verirrt und hätten alleine nur schwer den Weg zurück gefunden. Doch Chris ist an Tagen wo viel los war, abends immer rausgefahren und hat diese Verirrten hierher geführt. Er war Stammgast hier und bei allen beliebt. Bis er bei einem Rennen tödlich verunglückt ist....
Manche Leute hier im Dorf erzählen sich, dass Chris Geist immer noch dort draußen ist und jenen hilft, die in Not geraten. Doch das ist natürlich nur eine Legende...."
"Jaaa....vielleicht." erwidere ich nachdenklich.
Dann gehe ich schlafen und falle völlig übermüdet in einen tiefen erholsamen Schlaf.