Frage zu Speichenspannung/Umgang mit dem Tensiometer.

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Moin liebe Laufradbauer,
ich habe soeben das Vorderrad für meinen AM-Laufradsatz zusammengebaut und zentriert. Das Laufrad besteht aus einer Spank Oozy Trail 295, Hope Pro II, Speichen VR DT Revo, VL DT Comp.

Ich habe zum ersten Mal einen Speichentensiometer (Park Tool TM-1) benutzt und habe nun ein mittig zentriertes Laufrad mit jeweils gleichseitig gleichmäßigen, aber rechts vs links sehr unterschiedlichen Speichenspannungen. Vor allem weiß ich nicht ob ich die linke, also die Disc-Seite nicht viel zu sehr überspannt habe und wollte dazu einmal um eure Meinungen bitten.

Ich bin wie folgt vorgegangen:
- Einspeichen, lose Vorspannen, Speichenköpfe eintreiben, Vorspannen, Höhenschlag zentrieren, grob einmitten
- Spannen der linken Seite (DT Comp) auf angestrebte Speichenspannung von 1200 Nm (22 auf der Park Tool Skala)
- Spannen der rechten Seite (DT Revo), ebenfalls auf 1100-1200Nm (17-18 auf der Skala)
- danach war die Felge deutlich nach rechts gezogen
- Einmitten der Felge

Nun habe ich ein mittiges Laufrad mit rechts 1100-1200 Nm und links mit Werten um die 1650 Nm (25 auf der Park Tool Skala). Geht das klar oder hab ich da was falsch gemacht? Sind diese Vorspannungs-Zielwerte eine Min- oder Max-Angabe?
Danke schonmal für eure Antworten. Besten Gruß, Phlpp
 
Aber wo genau liegt der Fehler? Wenn ich rechts und links die gleiche Spannung draufgebe ist die Felge nicht mittig. Und zwar um 5-6mm, also deutlich.. Falsche Speichenlänge? Oder liegt es an den unterschiedlich dicken Speichen links/rechts?
 
Hast Glück, dass die Fratelli Legierung soviel Spannung verträgt. Andere weiche Felgen hättest du schon den Boden hochgezogen.
"Sweet Spot" bei der Oozy 295 ist 1200-1300N auf der hart gespannten Seite. Bei 28 Speichen etwas höher (1350-1450N).
 
Aber wo genau liegt der Fehler? Wenn ich rechts und links die gleiche Spannung draufgebe ist die Felge nicht mittig. Und zwar um 5-6mm, also deutlich.. Falsche Speichenlänge? Oder liegt es an den unterschiedlich dicken Speichen links/rechts?
grundsätzlich ist die steilere Speichenseite (vorne die Disc-Seite) auch stärker gespannt. Konstrukteure versuchen bisweilen, diese Differenz durch verschiedene Geometrien etwas abzuschwächen. An den Naben durch verschiedene Flanschdurchmesser oder an der Felge durch dezentrale Nippelbohrungen. Natürlich auch durch verschiedene Speichenstärken oder Anzahl der Speichen. Der Idealfall wäre natürlich gleiche Spannung auf beiden Seiten, geht aber selten. Du hast ja ein Tensio: spann die Disc-Seite bis auf max zulässigen Wert der Felge. Zentriere über die Non-Disc-Seite das Rad mittig. Messe mit dem Tensio die Spannung der rechten Seite. Sie sollten mindestens 500-600N gespannt sein, drunter wirst du Probleme bekommen, weil die Speichen im Betrieb voll entlastet werden könnten, was irgendwann zum Bruch führt. Musst du die Disc Seite stärker gegenspannen um diesen Wert zu erreichen (das Rad muss ja mittig bleiben) solltest du natürlch den max-Wert (ich lese oben bei tienvanqbac 1200-1300N) rechts nicht überschreiten. Geht das alles nicht musst du über eine andere Speichenwahl nachdenken. Nabe und Felge sind ja schon gesetzt.
 
es ist doch normal das rechts und links die Speichenspannung unterschiedlich ist. Das sieht man auch schön im Spokomat
 

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Aber wo genau liegt der Fehler? Wenn ich rechts und links die gleiche Spannung draufgebe ist die Felge nicht mittig. Und zwar um 5-6mm, also deutlich.. Falsche Speichenlänge? Oder liegt es an den unterschiedlich dicken Speichen links/rechts?

Servus, die unterschiedliche Zugkraft liegt nicht an der Dicke der Speichen, sondern am unterschiedlichen Speichenwinkel. Vereinfacht steht die Felge bezüglich Mittigkeit genau an der Stelle, wo die Speichen die Felge genausostark nach links, wie nach rechts ziehen. Um aber gleich stark zur Seite ziehen, muss eine steilere Speicher eben eine höhere Zugkraft haben, weil durch die steilere Ausrichtung ein größerer Teil der Kraft radial in Richtung Nabe wirkt und nur ein kleiner Teil axial, also entlang der Nabeachse wirkt. (Denkhilfe: Stünden alleSpeichen vollständig senkrecht, würden sie gar keine Seitenkraft übertragen, ein solchen Laufrad seitlich also quasi keine Steifigkeit aufweisen!)
Bei einem Vorderrad für Felgenbremse ergibt sich aufgrund der symmetrischen Flansche entsprechend auch auf beiden Seiten die gleiche Speichenspannung, auch bei unterschiedlich dicken Speichen (-> die aber auf dem Tensiometer natürlich trotzdem andere Skalenwerte anzeigen und erst über die Tabelle in Zugkräfte umzurechnen sind).

Zurück zur Eingangsfrage: Whizz Wheels, die ja schon über einen gewissen Erfahrungsschatz bezüglich Laufradbau verfügen sollten, geben auf ihrer Homepage an, dass bei ihren Vorderrädern (vermutlich symmetrische gemeint) die Speichenspannung min. 90 kg beträgt und bei Hinterrädern auf der Zahnkranzseite min. 100 kg.
Entsprechend würde ich beim Disc-Laufrad vorne auf der Disc-Seite mal annehmen, dass 100 kg ebenfalls ausreichend sind. Zusätzlich geben die meisten Felgenhersteller eine maximale Speichenspannung an (bspw. DT Swiss meist 1200 N, soweit ich es bisher gesehen habe). Beim Zentrieren gehe ich daher so vor, dass ich Seiten- und Höhenzentrieren bei geringen Speichenkräften mache und dann nach dem beschriebenen Setzen der Speichenköpfe die Speichenspannung schrittweise auf der einen, dann wieder der anderen Seite immer weiter erhöhe. Das geht dann solange, bis das Rad mittig steht und die oben genannten min. 100 kg auf der stärker gespannten Seite an den Speichen anliegen. Zumindest bei meinen bisher gebauten Rädern bin ich mit diesem Verfahren gut gefahren, es hat alles gehalten.

Wenn das Verfahren so interessiert und Englisch kein Problem ist: Roger Musson hat zum Einspeichen ein gut verständliches und anschauliches Buch geschrieben, wo das Verfahren, ~ wie gerade angerissen, erläutert wird. Mir haben die Erläuterungen deutlich weitergeholfen, das Buch ist als .pdf für wenig Geld von Herrn Musson zu bekommen. Es gibt aber natürlich noch zahllose andere Bücher zum Thema, ich habe jetzt nur das eine erwähnt, weil es mir gefallen hat und ich andere nur vom Namen her kenne.

Frohes Gelingen
 
Hättste einen ordentlichen Speichenrechner genommen, so hätte der Dir auch gleich ausgespuckt, daß die Speichen links/rechts unterschiedliche Spannungen haben :D spokomat z.B.
Insgesamt ist es aber hilfreicher erstmal zu verstehen, was man so treibt, bevor man Teile davon an irgendwelche Hilfsmittel (Speichenrecher oder auch Tensio) abgibt.
 
Moin, veieln Dank für eure Tipps und Erklärungen. Habe die Laufräder mittlerweile fertig und die empfohlenen maximalen Speichenspannungen drauf. Habe auch die ersten Abfahrten hinter mir und es fühlt sich alles sehr gut an und scheint zu halten.
Beste Grüße!
 
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