Frage zur hydraulischen Übersetzung Formula R0 Racing

Registriert
8. April 2013
Reaktionspunkte
216
Ort
Graz
Ich fahre seit heuer im Frühjahr eine Formula R0 Racing. Eines vorweg, die Bremsleistung ist sehr gut. Da ich immer sehr interessiert daran bin wie die Dinge, die ich am Bike habe, tatsächlich funktionieren, habe ich mir auch zu der Bremse so meine Gedanken gemacht.

Die Konstruktion der R0R ist ja ein bisschen besonders. Erstens verfügt sie über die nicht-kreisrunden Nehmerkolben, um eine größere Fläche zu ermöglichen. Und zweitens hat sie als Geber den Pull Master Cylinder. Das Bremsgefühl ist ein völlig anderes, als ich von den von mir in letzter Zeit gefahrenen Bremsen kenne. Der Druckpunkt ist relativ schnell da, das liegt am geringen Kolbenweg/Luftspalt der Nehmer. Dann ist der Druckpunkt aber relativ weich, zumindest für mich. Das könnte erstmal auf Luft im System hindeuten. Der Druckpunkt bleibt aber absolut konstant, auch auf langen sehr steilen Abfahrten.
Die Bremse wurde trotzdem von mir sehr sorgfältig entlüftet. Dabei stieß ich auf das Phänomen, dass die Bremse mit ausgebauten Belägen und eingesetztem Stahlbleedblock einen sehr definierten und harten Druckpunkt aufweist. Sobald ich die Beläge einsetze und an die Scheibe ranpumpe, wird die Sache weich und relativ, zum Stahlblock, undefiniert. Man sieht aber, dass sich die Beläge und damit auch die Kolben, während dieser Phase weiterbewegen - sie werden komprimiert.

Jetzt meine Frage, kann das tatsächlich sein, dass die Bremse so stark ist, dass es die Beläge und die Scheiben so stark quetscht? Ich habe die Shimano Road IceTech Sinterbeläge drin, an IceTech-Scheiben.

Ich habe mal versucht das hydraulische Hebelverhältnis der Bremse zu berechnen oder besser gesagt anzunähern. Dazu hab ich mir jeweils einen Satz Geber- und einen Nehmerkolben besorgt und diese so gut es geht vermessen.

Der Nehmerkolben ist 26,20 mm lang und 23,90 mm breit. Ich glaube nicht, dass er wirklich oval ist, sondern aus zwei Kreishälften mit 23,90 mm Durchmesser und einer 2,30 mm langen geraden Verbindung besteht. Das ergibt eine Fläche von 503,60 mm², die Fläche eines Kreises mit einem Durchmesser von 25,32 mm. Formula selbst gibt eine äquivalente Kreisfläche eines Kreises mit 25,40 mm Durchmesser an - das wären 506,7 mm², passt also.
Der Geber ist für mich das Mysterium. Es handelt sich um einen gezogenen Kolben, der mittels U-Dichtung im Zylinder dichtet.

formula-technology-brake-pull-master.jpg


Folgende Abmessungen hab ich ermittelt.
Dichtung unbelastet ~

vwv3DnX9S5gZKpqpD6V2SjALh2FyZx1bKDX2Q2ikXVVDFqZaJdF-IVOIvjDpcU7TKiqBkguNgIu214ULbjccxEQTQppXKUIcAQnjRN1U0IIEKpdmLcmUkJA3jl7NXqmwY9kNTSuQLsNdOalz00ieZZ_r3NhRFzyI5QqBt5jRfN_eefVWU853nRMxtUhydug0_11I3ngUfztstQKJtp_9ulI0N46TD62HfylpMPfdpuunZkW9_3jE_KE5PX-4p36NJcaIP68rDgpQJUgWMSxYsPiboUODGZNcd2s-VUKebvurv16c7kHM8aABQRxue9FMtWaLvy6lgLnoXqhkixcVquDdWW19XmHj98w147QbdLfeBjmkkEI8UgiohEzxb878xEKn-Fl4iinJtESHvTkAi9t3T3bJO2pa8lyw0RAinsCQY0okwkbro9za17XndP_BzJ3gG5-vtePt1DekG3TSShNDGjBjljGrQD7UkzQL1ts2LNfVLExFJNusbAkY3t2H2HcCqmABH-QSxYg3SGtGVudFCv0F_XJWYWqTbDfB_w4H__4K4Sz7zlGh-r42rTGlVr3YU9c8rsi0ZhehoIJFsDwPAYCN3rTl2_w4P_xALYwcwDyF98HMFR0NlJgsvgm2r6FXuVjh9tKDJEngKsphGao4vzD0QOVYflzvmZUV5lf5vL2eogfiAhsm3w=w1222-h917-no


Kolben Innendurchmesser

Hmiw9DU1Gqj1yOfK2qx9KA8-ftha_BcSpuLQoy9UKYvLMZ0LEiQe--VmWm71c9WqYg9TTrRcb1Vr3rqKWhfFqep8-IFMv0VcAX3R1RHJRQsx4O0gtAj6lbX8gDiuKm9hBXipKaw92w_Y6i5bwQdg3VSVeHUie87IhZH4ZX452OWpyJI7NetYM3jpmlHd6MctF52ZTN97skUbfyslQv7x8Dg3cQCmhx2xAvmzbqpRNhcG5DRahRFOdfui40gH7pKmi-qrAdFYr48eaqOh8btmPpODgA6DB2xyQx-qFnYc0DoAnugdDp-lWpRXJD317Pub3xWV_r3egNm4_EffX4bqStlkTZm7oUzFZoFuk6GrpLXSRdsOx0zAMXwt4v-NA7p7Zyl_x-EUxo3ML9Ry_GwQ41nTHoJLnNNMAyRKST523I-FpgF7pXDyFHqe20ceiylQFzTKK_P9dekD0wzbXExiXtEu9y55hrTxEau424bGulA5k7Wxs-u-lhSXpv07FKkgCFTYUaqJaa3p3u4uEs0eTe-lKP8PQ60dr3ssNH2weViJJExOishj4Ww9nHn9ucZGIpTo-Mh_lxHBs9Rblp7rWZoCVYYsbr1jqno01dP-ycWtmPSFyBbczdr7ZVdN568oxlbNRIDy42yGNuQwEsxncj2t_Pv-4axQGHXNETvitHP0Z1M-xZKUDbcawA=w1222-h917-no


Kolbenboden, Dichtungsauflagefläche

aBwmt-oY0ax46-L7Tkes0W_96VlVSHk6GXwCc2hKu42UAzm3As7ziv0YmK09RTa8Mo4_UKiptVs00bg6uQOJ4J2tV8xwYYo7I3w6NAjjHWsA-7AEHzNZkHZxuoSUQSu5SYOpURcN5NiZcc6G1FqOcLN-R_KW2WJBLI-A3An1BmdlfijG09TMli6Xsdr4Ci20W9NQmLl9bTzbkJZ0Kp4jVuF2nifSxByN-H-GlpBzsM1f_2Y9FyB37A-augn258PoE35Ng80IRZQUa2j29vu2MQ4jsj814zAFqXAGrX6NefLHI0tKqCGS8KI8dQyFLAMlnqMhyudxzSoP4aDbTFLL18n89kefFOIghn2atpssOQhVjprzohqO6ds01mv0usDc0aiAq4US38-UJYi94HbRTtujfnbLTxcYHddYOt5MNqpD834852abnWmjKcjniBf7euWq1HxBuFGdVUyn0-OQTnOJJ0E120nXsmkxxQEzFXTH1_Do5x2qEOyJDKpNUf06svaZE-xmPIKBcP4BB9desDW0Ue2Vz3vlcKgVASIpOatDxNWpgwswNFmIu-hpWxAHjPFLu8hRsqlBxRS-gKvNvywU87_GpZmB-2a4Q9eucnQRejIGggZ_qeCwTrBk14rznGhjjdHgRHqXEHrFtX_wqQdKK-fSnWUNCfPibnhladPW02kYDwpCrDqaUg=w1222-h917-no


Von diesen Werten ausgehend würde ich den Innendurchmesser des Zylinders auf 12,00 mm schätzen.
Damit ergibt sich eine effektive Geberkolbenfläche von (12,00² - 7,00²) * Pi = 298,45 mm². Dies entspricht einem Kreis von 9,75 mm Durchmesser.

Dies ergäbe eine Übersetzung von (2 * 503,6) / 298,45 ~ 6,75. Das erscheint mir zu hoch. Üblich sind doch eher Werte um die 4,00 bis 5,80. Die knapp 6 der Diretissima sind ja schon besonders.

Jetzt meine Frage an die Kundigen hier, @BommelMaster @Mr. Tr!ckstuff etc. Ist meine Annahme mit den 12 mm Zylinderfläche fehlerhaft? Zum Messen müsste ich einen Geber zerlegen. Das will ich aber nicht unbedingt, da die Kolben angeblich schwer wieder rein zu bekommen sind. Vielleicht hat Klaus sie ja zufällig schon mal vermessen? ;-)
Das eher weiche DP-Verhalten spricht ja für eine Bremse mit sehr großem Hebelverhältnis, aber so groß?

Hab ich wo einen Denkfehler?

Ich bin für jede Art von sinnvollem Kommentar dankbar!
 

Anzeige

Re: Frage zur hydraulischen Übersetzung Formula R0 Racing
Was du bei der Übersetzungsrechnung vergessen hast, ist die mechanische Übersetzung von rund 5,8 (hab das mal grob gerechnet mit bildschirmabmessungen im internet)

dazu kommt, dass man die Kolbenfläche am Nehmer nur einmal reinrechnet, und nicht 2mal. Der "Gegenkolben", dient nur als Kraftabnehmer, bringt aber nur durch seine Existenz NICHT die doppelte Kraft auf.

man rechnet also richtig:

mechanische Übersetzung X hydraulicshe Übersetzung

das gäbe in deinem Fall:

(langer Hebel/kurzer Hebel) x (Fläche Nehmerkolben/Fläche Geberkolben)

Die Geberkolbenfläche hast du falsch gerechnet, das sind nicht 298,45 sondern ( (12/2)^2 - (7/2)^2 ) * 3,1416... = 74,6

_____________

5,8 x 506,7/74,6

Übersetzung gesamt = 39,4

das ist nicht wenig, aber auch nichts, was das System Scheibe und Belag extrem zerquetscht.

Hast du den Druckpunkt in eingebautem Zustand gedrückt? manchmal passiert es, dass dieser extrem weich wird, wenn die Scheibe und der Bremssattel nicht fluchten aufgrund einer schiefen Bremsaufnahme.

oder es sind schief abgefahrene Bremsbeläge oder oder...
 
Zuletzt bearbeitet:
So isses. Was noch hinzu kommt: der Winkel zwischen Finger-Längsachse und Verbindungslinie Hebel-Drehpunkt zu Fingerauflage ist bei dieser Pumpenarchitektur mit relativ weit vom Lenker entfernten Drehpunkt stumpf und wird umso stumpfer, je näher der Druckpunkt am Lenker liegt. Dadurch ergibt sich der Sinus des Winkels zwischen den beiden Linien zu deutlich unter eins, was den resultierenden Druck spürbar reduziert bzw. die Druckzunahme degressiv macht.
 
Was du bei der Übersetzungsrechnung vergessen hast, ist die mechanische Übersetzung von rund 5,8 (hab das mal grob gerechnet mit bildschirmabmessungen im internet)

dazu kommt, dass man die Kolbenfläche am Nehmer nur einmal reinrechnet, und nicht 2mal. Der "Gegenkolben", dient nur als Kraftabnehmer, bringt aber nur durch seine Existenz NICHT die doppelte Kraft auf.

man rechnet also richtig:

mechanische Übersetzung X hydraulicshe Übersetzung

das gäbe in deinem Fall:

(langer Hebel/kurzer Hebel) x (Fläche Nehmerkolben/Fläche Geberkolben)

Die Geberkolbenfläche hast du falsch gerechnet, das sind nicht 298,45 sondern ( (12/2)^2 - (7/2)^2 ) * 3,1416... = 74,6

_____________

5,8 x 506,7/74,6

Übersetzung gesamt = 39,4

das ist nicht wenig, aber auch nichts, was das System Scheibe und Belag extrem zerquetscht.

Hast du den Druckpunkt in eingebautem Zustand gedrückt? manchmal passiert es, dass dieser extrem weich wird, wenn die Scheibe und der Bremssattel nicht fluchten aufgrund einer schiefen Bremsaufnahme.

oder es sind schief abgefahrene Bremsbeläge oder oder...


Ah, ich Trottel. Durchmesser statt Radius...


Das mit dem mechanischem Hebelarm war mir bewusst. Ich hab auch da gemessen - 69 mm zu 10,5 mm gibt ca. 6,5. Auch über die von @Mr. Tr!ckstuff erwähnte Geometrieveränderung beim Ziehen hab ich mir Gedanken gemacht. Die ist aber schwer zu messen, da hängt viel anatomische Varianz drin.

Was ich nicht ganz verstehe, ist der Grund die Nehmerfläche nur einmal zu nehmen. Es bewegen sich ja beide Kolben, leisten also Arbeit, oder sehe ich das falsch? Im Prinzip ist es wurscht, so lange ich es immer gleich mache, aber ich verstehe es trotzdem nicht ganz.

Danke mal für die Antworten.

Stimmt ihr mir so weit zu, dass der weiche Druckpunkt zu erwarten ist und alles ok?
 
Zuletzt bearbeitet:
Was ich nicht ganz verstehe, ist der Grund die Nehmerfläche nur einmal zu nehmen. Es bewegen sich ja beide Kolben, leisten also Arbeit, oder sehe ich das falsch? Im Prinzip ist es wurscht, so lange ich es immer gleich mache, aber ich verstehe es trotzdem nicht ganz.
Wenn es um die arbeit geht, hat jeder nur den halben weg eines einzelnen kolbens. Das verdrängte volumen muss ja für beide reichen. Halber weg mal zwei kolben ergeben also die gleiche arbeit wie ein kolben mal ganzer weg.
Wenn die kolben anliegen, zählt für die kraft nur noch der druck auf die kolbenfläche. Der eine kolben ist wie @BommelMaster bemerkte, nur gegenhalt für den anderen. Auf ihn wirkt ja der gleiche druck -> gleiche kraft wie auf den erst betrachteten kolben -> ruhe im system.
 
Was du bei der Übersetzungsrechnung vergessen hast, ist die mechanische Übersetzung von rund 5,8 (hab das mal grob gerechnet mit bildschirmabmessungen im internet)

dazu kommt, dass man die Kolbenfläche am Nehmer nur einmal reinrechnet, und nicht 2mal. Der "Gegenkolben", dient nur als Kraftabnehmer, bringt aber nur durch seine Existenz NICHT die doppelte Kraft auf.

man rechnet also richtig:

mechanische Übersetzung X hydraulicshe Übersetzung

das gäbe in deinem Fall:

(langer Hebel/kurzer Hebel) x (Fläche Nehmerkolben/Fläche Geberkolben)

Die Geberkolbenfläche hast du falsch gerechnet, das sind nicht 298,45 sondern ( (12/2)^2 - (7/2)^2 ) * 3,1416... = 74,6

_____________

5,8 x 506,7/74,6

Übersetzung gesamt = 39,4

das ist nicht wenig, aber auch nichts, was das System Scheibe und Belag extrem zerquetscht.

Hast du den Druckpunkt in eingebautem Zustand gedrückt? manchmal passiert es, dass dieser extrem weich wird, wenn die Scheibe und der Bremssattel nicht fluchten aufgrund einer schiefen Bremsaufnahme.

oder es sind schief abgefahrene Bremsbeläge oder oder...

Das mit der nicht perfekten Ausrichtung der Komponenten zueinander könnte tatsächlich sein. Das müsste sich mit einer Scheibe einzeln kontrollieren lassen. Die Bremsbeläge sind 2 Fahrten alt, das sollte es also nicht sein.
 
Zurück
Oben Unten