Moin,
Original geschrieben von sterniwaf
Hallo
Ich finde es sehr interessant, das die Überzahl der Leute, die Fullys bejubeln, gerade erst umgestiegen sind und das neueste Modell fahren. Es wäre toll, wenn sich Leute melden, die ihr Rad schon mehrere Jahre fahren.
Mach ich.
Ich fahre mein Rocky Mountain Element seit '97. Und jetzt wird umgestiegen auf einen komplett federlosen Bock. (Rotor Propaganda)
1. Es war damals verflucht schwierig, die für mich passende Abstimmung zu finden. Ich habe den Rahmen nackt gekauft, eine andere als die Seriengabel gewählt ('ne Manitou statt der RS Indy) und den Bock selbst aufgebaut. Wegen der Größe (21") waren die Federelemente anscheinend für Fahrer um 90 kg ausgelegt. Mit meinen 70 kg war das Fahrgefühl jedenfalls Hardtail-mäßig.
Klar ist die Federungstechnik heute weiter, so dass man nicht mehr Federn und die Ölfüllung wechseln muss, sondern nur noch den Luftdruck ändern. Trotzdem muss das getan werden und dauert eine Weile, bis es passt.
Ich war beim Service, um die Reibung im Hinterbau testen zu lassen (ist in Ordnung), musste den Dämpfer einschicken (dünneres Öl), habe hinten die dritte Feder drin, die Gabel von Elastomer (ja, das gab's damals) auf Feder/Öl umgebaut. Inzwischen fahre ich allerdings eine Rond Quake, die Welten besser ist als die alte Manitou. Die Quake steht natürlich auch auf null Vorspannung mit komplett geöffneter Zugstufe.
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Ich will eine straffe CC-Bergziege, und genau das habe ich. Nicht komfortabel, aber sehr kletterfreudig. Allerdings glaube ich langsam, dass ein sorgfältig aufgebautes Hardtail nicht weniger angenehm zu fahren ist. Und eine weichere Abstimmung ist mir eindeutig zu indirekt.
2. Obwohl das Element bekanntermaßen eine hervorragende Kinematik hat (oder warum sollten die Jungs von RM dann dieses uralte Rahmendesign immer noch als ihr Top-Marathon-Fully vermarkten?), ist ein Hardtail immer direkter und flinker als ein Fully. Im typischen Odenwald-Singletrail (verdichtete Erde oder Schotter) ist ein Fully unnötig.
Inzwischen fahre ich viel im Pfälzer Wald, wo die Wege durchgehend mit Steinen durchsetzt sind. Eigentlich ein reinrassiges Fully-Gelände. Aber dafür wird der neue Starrbock extra-voluminöse Reifen bekommen (2,35"er), die durch höchstens 2 bar Druck genau die leichten Erschütterungen abfangen sollen, auf die eine straff eingestellte Federung (mit einem mehrgelenkigen, gleitgelagerten Hinterbau) noch gar nicht anspricht, die aber am meisten nerven.
Die harten Schläge kommen auch beim Fully durch, oder es ist eine Downhill-Sänfte, die bei einem Antritt erst mal in die Federung sackt.
Wenn die Kriegskasse wieder gefüllt sein wird - und ich die Notwendigkeit dazu sehe - kann ich mich übrigens durchaus damit anfreunden, dem Starrrad eine Federgabel zu verpassen. Allerdings denke ich dabei nur noch über die German:A Kilo nach, weil die die Kinematik (Lenkwinkel und Nachlauf!) beim Einfedern nicht ändert und bei harten Bremsmanövern höchstens bis zur Hälfte ihres Weges einfedert. So muss eine Gabel arbeiten!
3. In der 2000er-Saison war ich hauptsächlich auf einem gesponsorten Stevens-Hardtail (7.5.2) unterwegs und habe das Element geschont. Das Stevens wurde für CC-Rennen in der Hobbyklasse eingesetzt, aber auch für's Training habe ich es bald geliebt. Die Geometrie war deutlich kürzer als bei meinem Element (das ein 63 cm-Oberrohr hat), die Judy XC vorne hatte gerade mal 60 mm Hub - aber bergab habe ich die Kiste genauso schnell laufen lassen wie das Element, trotz der höheren Wendigkeit.
Irgendwie habe ich den Eindruck bekommen, dass meine Fahrtechnik gut genug ist, um (im CC-Umfeld!) auch auf'm Hardtail im Windschatten eines versierten Fully-Fahrers den Berg 'runterheizen zu können. Das Hardtail will aktiver gefahren werden, aber mit einem Blick für die beste Linie, schnellen Reflexen und guten Reifen (und ein bisschen Mut) muss man keineswegs langsamer 'runterrollen.
Vorsicht!
Alle diese Überlegungen basieren auf meinen subjektiven Eindrücken und Erfahrungen mit den angesprochenen Rädern. Und in meinen Revieren.
Ich glaube schon, das so ein Fully für Leute mit Rückenproblemen sinnvoll ist. Aber auch diesen Leuten würde ich mal einen modernen Stahlrahmen empfehlen.
Zu allererst empfehle ich geeignete Reifen mit dem passenden Luftdruck. Da es nix umsonst gibt, erhöht sich die rotierende Masse - genau dort, wo sich Leichtbau am meisten lohnt. Aber so langsam sprechen sich die Vorteile der breiten Walzen auch bei den Herstellern herum, so dass viele auch in der Größe 2,35" echte Leichtbaureifen anbieten. Da packe ich dann einen Latex-Schlauch rein und nur so viel Luft wie unbedingt nötig. Und der Zusatznutzen dürfte neben einer hervorragend ansprechenden Federung (mit 1 cm Federweg vorne und hinten

) Grip im Überfluss sein.
Ich freue mich jedenfalls schon darauf, das kommende Starrgerät in einem CC-Rennen neben einer Meute schnaufender, sitzender Fullypiloten im Wiegetritt den ersten Anstieg 'raufzudrücken.
Wenn ich schon einen Haufen Geld ausgebe, möchte ich auch alle Alternativen ausprobieren. Hier wird oft von den kleinen Stößen berichtet, die nerven. Mein persönlicher Eindruck ist: Ein moderener Stahlrahmen dämpft gerade diese fiesen "Rüttelhopser" perfekt. Trotzdem: Viel Spaß mit euren Fullys!
Es hängt wohl alles vom Einsatzzweck ab. Für Touren ziehe ich ebenfalls ein weich abgestimmtes Fully vor. Nur zum Heizen will ich's hart.
Viel Erfolg bei Eurer Gerätewahl,
Shefffield