14.07. 16:30 Kongmaru La, 5280m
Das brockig bockige Flussbett hinauf zum Kongmaru La schiebt sich so grottig, dass ich nach bald einer Stunde Gewürge eine andere Methode probiere. "Desparate times call for desparate measures" oder so, jedenfalls schnall ich mir meinen Krempl mal auf den Rucksack.
Fühlt sich anfangs ganz gut an, auch wenn das Tragessystem eines Bikerucksacks natürlich nicht für zwanzig unwuchtige Kilo gemacht ist.
Der Weg selbst bleibt seinerseits ziemlich brutal. Teils stöpselt man unten im Flussbett herum, teils kraxelt man auch steil an den Wänden hinauf, nur um bald wieder unter einigem Höhenmeterverlust die Seite zu wechseln. Verdammt nochmal kein Spaß.
Nach zweieinhalb Stunden hab ich kaum die Hälfte geschafft, da kommt die Essenseinladung einer Trekking-Gruppe gerade recht. Mein Bike wollen sie allerdings nicht schleppen. Komisch.
Ich häng's auch kurz mal einem vorbeisprintenden Ladakhi auf den Buckel, aber der hat nach fünf Minuten bereits fertig. Na gut... war ein Versuch. Mittlerweile bin ich von der Festschnallmethode wieder auf "normalen" Trage/Schiebemodus gewechselt. Kommt irgendwie doch besser... und man hat mehr Möglichkeiten, sich mal auszuruhen.
Um drei Uhr erreiche ich das "Kongmaru La Basecamp" etwa 550 Höhenmeter unter dem Pass. Bin schon ziemlich fertig mit der Welt: Das Ding an einem einzigen Tag von Leh aus zu schaukeln, war vermutlich doch ein wenig zu ambitioniert. Wollte ursprünglich auch im Dorf "Chokdo" übernachten, weil die Wettervorhersage eh nicht so besonders toll war. Statt dessen scheint schon seit dem frühen Morgen die Sonne vom blauesten aller möglichen Himmel, also zieh' ich's halt durch. Oder versuch es wenigstens. Hab keinen Übernachtungskram dabei und der nächste "Homestay" ist auf der drüberen Seite, also muss ich weiter... oder umdrehen und alles wieder runter.
Oder halt so! Mit Pferden hatte ich kein Glück, aber die lustigen Ladakhis im Basecamp haben noch ein bisserl Zeit, bis ihre Kunden heraufkommen. Und nachdem ich ihnen zeigen durfte, wie wenig so ein Radl wiegt, ist's am Ende nur noch eine Frage von ein paar Scheinchen. Für zehn Euro bekomm ich ein Zweierteam, das sich beim Tragen von Specki abwechselt und mir schon bald auf und davon stiefelt. Da denkst du, du bist einigermassen fit und akklimatisiert und gut drauf und weiss der Geier wie toll, aber die Ladakhis lassen dich stehen wie eine alte Bergschnecke. Na gut... hab auch schon 1800 Höhenmeter in den Beinen heute, die Hälfte davon mühsames Geschleppe. Hört sich nach wenig an, aber auf diesen Höhen hier sieht die Sauerstoff-Welt für uns Flachländer halt doch etwas schwieriger aus.
Jedenfalls bin ich auf dem letzten Anstieg zum Pass schon bald alleine unterwegs, das Sherpateam und mein Radl sind über alle Berge. Am Ende nehmen sie auf 90 Minuten über ne Viertelstunde ab, das ist irgendwie gemein. Ich lass mir allerdings jetzt auch etwas mehr Zeit und lege ein paar kurze Verschnaufspausen ein. Der Druck ist weg: Hab noch mindestens dreieinhalb Stunden Tageslicht und weiss, dass ich's heute über den Pass schaffen werde.
Als ich endlich nach fast 2400 Höhenmetern ziemlich zerknautscht oben ankomme...
... hat mein Trageteam schon lange Spaß im Sattel. Klar freuen die sich: Bisserl nachmittägliche Action statt im Zeltlager rumlungern und dazu noch ein Taschengeld... why not?! Ich freu mich auch, hätte ich doch für die letzten fünfhundert Höhenmeter mit Specki am Buckel sicher nochmal ne Stunde länger gebraucht.
So oder so, oben ist oben, alle sind happy. Was ein brutaler Schlauch, dieser Kongmaru La! Mit Sicherheit mein härtester Pass bisher in Ladakh. Apropos "Ladakh": "La" heisst Pass/Übergang, so viel ist klar. "dakh" bedeutete wohl in den Bergen mal sowas wie "Eigentum". Ich wusle also hier seit dreieinhalb Wochen durch das Land, dem die "Pässe gehören". Kommt ganz gut hin...